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Eine bodenständige Gemeinschaft

Der Andrang war so groß, dass vor dem Eingang der Hubertuskapelle noch einige Bänke aufgestellt werden mussten. Die traditionelle Kräuterweihe war in diesem Jahr etwas anderes als die vergangenen Weihen, gab es doch diesmal mehr zu feiern als nur dieses Ereignis.

Darauf wies auch der Kaplan von St. Marien hin, Christoph Schwerhoff, der in diesem Jahr die Kräuter der Anwesenden und am Altar segnete. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag“, verwies er auf den 875. Jahrestag der ersten urkundlichen Erwähnung Keylaers 1144 und gab den Quasi-„Startschuss“ mit der gemeinsamen Kräuterweihe und dem anschließenden Liederabend.

Die Wertigkeit der Dinge

Schwerhoff unterstrich in seiner Predigt die Wertigkeit der Dinge, mit der „Gott uns beschenkt hat“. Er machte deutlich, dass es nicht darum gehe, nur an das Geld zu denken. In dem Kontext beschrieb er den wahren Fall eines Mannes, der erst einen Priester gefragt habe, wie er die Firma seines Vaters übernehmen könne, um nach vier Wochen, während derer er aufschreiben sollte, was ihn glücklich mache, dann zu der Erkenntnis gelangt sei: „Ich werde diese Aufgabe nicht annehmen.“

Es gebe die Natur, über die man sich freuen könne, die einem geschenkt werde, wofür man nichts könne. Er betete dafür, „dass „wir auch ein Geschenk für andere sein können.“ Im Anschluss daran kamen die Mitglieder der Menschengemeinde Keylaer zusammen, um sich  Bratwurst und Reibekuchen zu holen, etwas Kühles zu trinken, beieinander zu sitzen, sich auszutauschen und zunächst den Klängen der Jagdhornbläser des Hegering Kevelaer Weeze zu lauschen.

Die Tradition bewahren

Reinhard Peters, einer der Köpfe des „Arbeitskreises Heimatfreunde Keylaer“, überreichte der Organistin Biggi Lehnen, Schwerhoff, dem Küster Claus Linders und Maria Verhülsdonk als Beschafferin der Kräuter vor dem Altar jeweils eine „Keylaer“-Tasche mit kleinen Utensilien wie eine „Keylaer“-Tasse, „um das Bewusstsein und die Tradition von Keylaer in die Zukunft zu tragen.“

Bei der Gestaltung der Festwoche sei man auf Ideen und Anregungen der Nachbarn von Keylaer eingegangen. Dazu hatte man sich schon im Dezember getroffen, dabei die Vorlage der Feierlichkeiten von vor 25 Jahren als Grundlage genommen. Dazu seien aber weitere Positionen wie die Besuche beim Wasserwerk oder auch die Radfahrertour dazugekommen. Die „kleine Festschrift“ zum Jubiläum trage dazu ebenfalls bei.

Gemeinsam mit Theo Janssen an der Ziehharmonika stimmten die Menschen dann an dem Abend ganz viele traditionelle Lieder an wie „Alle Vögel sind schon da“, „Bunt sind schon die Wälder“ oder „Das Wandern ist des Müllers Lust“.

Marianne Kösters freute sich darüber, dass auch „viele junge Leute“ da seien, um die „Tradition und Nachbarschaft“ hier zu pflegen. „Alte Volkslieder zu singen – wo wird das heute noch gemacht?“, fand es der Kevelaerer Klaus Otto Liethen „einfach nur gemütlich. Deshalb komme ich immer wieder her.“ Hildegard Peters aus Keylaer erinnerte sich noch daran, wie „mein Vater und mein Bruder die Hubertuskapelle wieder aufgebaut“ haben.

Und bei der Beschreibung des Typus Keylaer wählte Theo Keysers, Präsident der Hubertusgilde, aus der der „Arbeitskreis“ hervorgegangen war, seine Worte mit Bedacht: „Das hat was Eigenes hier in Keylaer – das ist schon was Urverwurzeltes“. Dort lebten „bodenständige Menschen, die sich gegenseitig unterstützen und die, wenn es sein muss, auch mal feiern können“.

Eine Bildergalerie zur Kräuterweihe finden Sie hier.

Kräuterweihe und Liederabend

Mit rund 120 Besuchern aus allen Kevelaerer Gemeinden war die Hubertuskapelle bei der Kräuterweihe am Samstagabend übervoll – und so wurden noch Bänke vor den Eingang gestellt. Der Arbeitskreis Heimatfreunde Keylaer (Reinhard Peters, Willi van Lick, Theo Achten, Michael Tenhagen, Hans-Gerd op de Hipt und Jürgen Adamaschek) hatte eingeladen, um im Rahmen des jährlichen Liederabends Gemeinschaft zu pflegen.
Im nächsten Jahr feiert Keylaer 875 Jahre Dorfgeschichte und Reinhard Peters wies bei der Begrüßung darauf hin, dass der Liederabend ein Überbleibsel und so bereits ein wenig Tradition des letzten Festjahres vor 24 Jahren ist.
Auch Kaplan Christoph Schwerhoff hatte in der vorangestellten Messe mit Kräuterweihe auf die gepflegten Traditionen aufmerksam gemacht, die charakteristisch für Keylaer seien. „So, wie in der Kräuterweihe, wird hier in Keylaer das Leben gefeiert, das wir genießen dürfen. Unter dem Wort dessen, der dieses Leben geschaffen hat, können wir teilnehmen an dem wahren Leben.“ Mit Verweis auf das Johannesevangelium zeigte Schwerhoff auf, dass Jesus das Brot des Lebens sei, welches nicht nur satt mache, sondern das das Leben lebenswert mache. „Nur wenn wir das Leben genießen können, dann können wir auch anderen gönnen zu genießen. Die Heimatfreunde Keylaer geben die Freude am Leben anderen weiter, weil sie dem dankbar sind, der dieses Leben schenkt.“
Bei Reibekuchen, Würstchen und Getränken wurde dann gemeinschaftlich in den Abend gefeiert. Theo Janßen, Tütten Thei junior, begleitete die Anwesenden wie jedes Jahr mit seinem Akkordeon und war deshalb extra angereist. „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“, „Lustig ist das Zigeunerleben“, „Wenn wir erklimmen“, „Jetzt kommen die lustigen Tage“, „Die Gedanken sind frei“ oder „Hoch auf dem gelben Wagen“ und andere „Mundorgellieder“ wurden geschmettert und erinnerten an Lagerfeuerromantik der Sechziger-Jahre. Aber auch Heimatlieder wurden gesungen. „Kävelse Moppe“ von Jupp Tenhaef, „Keylaer“ von Heinrich Tenhagen (dessen Sohn Michael mit im Arbeitskreis ist und auf dessen Grundstück der Liederabend stattfand) und letztlich das Heimatlied von Theodor Bergmann.
Ein weiteres musikalisches Erlebnis boten die Vorträge der Blashorngruppe „Hegering Kevelaer-Weeze“. Mit ihren zehn Mitgliedern boten sie den begeisterten Gästen einen Leckerbissen für die Ohren.
Was auffiel, waren die zahlreichen jüngeren Besucher, unter ihnen auch ein neun Jahre alter Junge. „Am Brunnen vor dem Tore“ sang dieser textsicher und mit kräftiger Stimme mit. „Das haben wir in der Hubertus-Grundschule gelernt“, erklärte er. So wird Tradition weitergegeben.