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Knoase-Treff und -Saal sollen erhalten werden

Trägerverein sucht Mitglieder für Wetten

„Glücklicherweise hat die Stadt Kevelaer den Knoase-Treff erworben“, heißt es von Alois Bogers, dem Vorsitzenden des neuen Trägervereins von Knoase-Treff und -Saal in Wetten.

Das Aus für den Knoase-Treff

„Möchtet Ihr noch einen Kaffee?“, fragte Agnes Pacco freundlich in die Runde der Wanderer, die mit dem Kneippverein Gelderland zuvor eineinhalb Stunden in den Feldern in Berendonk und Wetten unterwegs waren und jetzt Kaffee und Kuchen genossen. „Sagt Bescheid, wenn Ihr was braucht“, bedeutete sie ihren Gäste, um anschließend auf dem Hocker an der Theke kurz mal für sich zu sein. „Mir geht es nicht gut“, machte sie klar. Ihr Gemütszustand hatte einen Grund: Sie gibt zum 1. August als Gastronomin und Pächterin des „Knoase-Treff“ auf.

Der Grund ist schlicht wie einleuchtend: Corona. Alle haben was abgesagt, keiner bestellt neu, ich habe keine Lust mehr, länger zu warten. Ich schaffe das nicht.“ Am Vorabend hatte sie noch Gäste eingeladen, zu vergünstigten Preisen Bier zu trinken. „Ich mache dann noch solange, bis die Flaschen leer sind. Als die Krise begann, hatte die engagierte, manchmal resolut wirkende Frau noch versucht, mit einem „Essen to go“-Service und mit Sonntagstischen die Gäste anzulocken. Aber auch das hatte nichts wirklich Zählbares gebracht. „Ein bisschen schon, aber die Nebenkosten wiegt das nicht auf“, sagt sie. „Und es reicht nicht, wenn die 20 Stammgäste ab und zu mal kommen. Die können den Umsatz nicht reinbringen, den man braucht.“ Ohne Einnahmen kommt sie so nicht mehr hin, auch wenn die Grundmiete nicht so teuer ist.

Als die Feiern für September und Oktober abgesagt wurden und die Perspektive nicht mehr erkennbar war, „da war für mich dann der Punkt erreicht.“ Verpächter Peter Tenhaef habe sich sehr korrekt verhalten. „Er war sehr nett. Ich konnte die Pacht nicht zahlen, und er hat gesagt: Ich lass dich aus dem Vertrag raus, und das ohne Verpflichtungen.“ Sie wolle keine Schulden machen. „Aber da kommen immer noch Abrechnungen, da bleibt sicher was hängen.“ Dementsprechend ist für sie klar: „Da muss ich Insolvenz anmelden. Ich bin nicht die erste und nicht die letzte, die das machen wird in der Gastronomie.“ Pacco ist umso trauriger, als dass es ihr „hier sehr viel Freude gemacht hat“ und nach den ersten Kappensitzungen auch das Jahr von den Reservierungen eigentlich schon gerettet war. Sie sei eigentlich „ein Powermensch, der nicht aufhört, bevor er nicht Erfolg hat“, sagt sie. „Aber dann kam Corona.“

„Corona hat alles kaputtgemacht”

Ähnlich wie sie sieht es Peter Tenhaef. „Zu Anfang tat sie sich etwas schwer, aber sie hatte für 2020 viele Veranstaltungen, die vorreserviert waren. Corona hat alles kaputtgemacht.“ Man habe von sich aus alle Pachten und Kosten auf Null gedrückt. „Da mussten wir als Lieferant und Eigentümer vernünftig reagieren. Das konnte sie ja nicht.“ Aber auch bei 450 Euro Pacht erdrückten einen die Nebenkosten in der Situation. Sie bekommen die Gäste nicht an die Theke. „In Wetten ist es vielleicht kurioser als in anderen Orten – und sie hat vielleicht ein Art, die bei den Gästen so nicht ankommt. Sie lässt sich nicht alles gefallen, ist kernig und gibt Antwort.“ Er habe dann letzte Woche von sich aus angerufen und gesagt: „Mach Schluss, ich entlasse Dich aus allen Kosten.“

Jetzt werde er erstmal abwarten, „wer der neue Ortsvorsteher von Wetten“ werden wird. Mit der alten Amtsinhaberin gebe es „kein herzliches Verhältnis“, auch wenn die Gräben mit der Zeit geringer geworden seien, sagt der Getränkegroßhändler. Anders sehe das mit dem Trägerverein aus. „Wir versuchen, mit dem Ortsvorsteher und den Geselligen Vereinen Wetten Gespräche zu führen, wie es am besten weiterläuft.“ Die Veranstaltungen zu Kirmes und Karneval würden auf jeden Fall „in unseren Händen liegen.“ Beide Events seien sichergestellt und werden abgestimmt mit den Geselligen Vereinen. Absoluter „worst case“ könne sein, Saal und Treff zu trennen. „Der Saal gehört der Stadt, das Zwischenstück mit den Toiletten und den Räumen uns beiden, die Gaststätte und der Rest uns.“ Eine komplizierte Situation. „Wenn alle Stricke reißen, würde ich das Vorderhaus vom Saal trennen und da Wohnungen reinsetzen.“ Aber so richtig will Tenhaef dieses Szenario nicht. „Dann hätten die Vereine nur den Saal und nicht mehr den Zugang vom Friedensplatz aus.“ An der Situation habe niemand wirklich ein Interesse. Ein neuer Pächter wäre ihm am liebsten. „Wir als Familie Tenhaef sind aufrichtig bestrebt, eine Lösung für alle zu finden. Ich stehe zu der Vereinsmeierei ja auch. Wir versuchen, da eine vernünftige Lösung zu finden und stehen da Gewehr bei Fuß.“

Der Kevelaerer Bürgermeister Dominik Pichler bestätigte, dass er sich am Dienstagabend mit dem Trägerverein zusammengesetzt habe, um die Situation zu beraten. „Wir haben da verschiedene Möglichkeiten und Optionen beleuchtet. Es war ein gutes Gespräch“, sagte Pichler dem KB. Man sei sich einig, dass man die Situation nicht auf die lange Bank schieben will. Der Trägerverein werde bald mit Tenhaef das Gespräch suchen. „Alle sind sich einig, dass ein öffentlicher Begegnungsraum für Wetten extrem wichtig ist.“

Aktiv gegen die Krise mit Lieferservice und Mittagstisch

Das Telefon klingelt, Agnes Pacco nimmt den Anruf entgegen: „Hallo, ja, das können wir machen. Wir bringen es in einer Dreiviertelstunde.“ Dann legt sie auf. „Das wird wohl der letzte Anruf für heute sein“, konstatiert die 67-Jährige, die seit gut einem Jahr den „Knoase-Treff“ führt – und sich derzeit mit einem Mittagstisch und einem Lieferservice versucht, über Wasser zu halten. „Ich mache das seit zwei Wochen“. Sie zeigt auf ihr Angebotsplakat. „Man muss was tun und nicht immer nur grübeln“, sagt die Kneipenwirtin, die in der Situation die Ärmel hochgekrempelt hat – auch wenn es ihr im Moment nicht immer leicht fällt, positiv zu sein.

Über Facebook, „Geldern digital“ und „Kevelaer digital“, habe sie für das Angebot schon Werbung gemacht. „Das Poster bringe ich draußen vor der Tür noch an, die Flyer sind in Druck und wir wollen diese dann dazu verteilen.“ Und das Desinfektionsmittel steht auch zur Nutzung bereit. Sonntags bietet sie einen Mittagstisch an. „Da kommen schon zwölf bis vierzehn Leute. Vorige Woche gab es Gulasch mit Kartoffeln und Rotkohl. Die Leute waren zufrieden und schreiben: Es war lecker. Ich hatte auch schon Gäste aus Kevelaer, die ihr Essen hier abgeholt haben und angekündigt haben, hier im Oktober feiern wollen.“

Bislang kann sie damit aber noch keinen großen Staat machen. Denn der Lieferservice findet momentan zu wenig Resonanz. „In der Woche sind es sieben bis acht Gerichte, die bestellt werden.“ Es sei wohl noch etwas Geduld angesagt, „bis es bei den Leuten ankommt, dass es dieses Angebot gibt.“ Sie versuche, das Angebot interessant, abwechslungsreich und so kostengünstig wie möglich zu halten. Das Wetter motiviere leider viele, zum Beispiel selbst zu grillen. „Und manche haben Kurzarbeit und sagen sich, wir holen für 4,50 Euro eine Pizza, da sind wir auch satt.“ So kommt es halt vor, dass sie dann auch Essensreste verschenken oder entsorgen musste.

Die Kosten laufen weiter

Bis zum Beginn der Corona-Krise war für die Gastronomin eigentlich alles in Ordnung. „Ich hatte so viele Reservierungen, das Jahr war für mich gerettet.“ Die Situation hat sich mit Corona komplett geändert. „Man lebt ja auch von dem Knoase-Saal. Aber da sind ja alle Gesellschaften, Beerdigungen und Veranstaltungen weggefallen.“ Die Kosten, die laufen aber weiter.

20 Jahre Gastronomie in Detmold und im Winnekendonker Bürgerhaus hat sie schon hinter sich. „Eigentlich habe ich schon ein Alter, wo ich mich aufs Sofa setzen und Geld beantragen könnte“, lacht die 67-Jährige. Aber an dem Knoase-Projekt, „da hängt mein Herz dran.“ Nicht zuletzt, weil die Wettener sie direkt angenommen haben. „Zuletzt bei der Kappensitzung hatte ich das Gefühl, ich gehöre hier dazu. Und ich fühle mich auch dazugehörig. Ich will das hier weitermachen.“ Wie so ein Betrieb zukünftig weiterlaufen soll, da sieht sie noch ganz viele Fragezeichen. „Ich befürchte, wenn man die Nachrichten so verfolgt, dass das mit der Gastronomie vor August/September nichts wird.“ Und in einem Kneipenbetrieb stehe man halt gerne näher zusammen. „Den Thekenbereich kann man also total vergessen. Wer will denn mit vielleicht 20 Leuten auf 120 Quadratmeter getrennt voneinander sitzen, ein Bierchen trinken und knobeln?“

Über die Erweiterung der Räumlichkeiten zum Saal hin könne man sicher eine Möglichkeit für Gastronomie schaffen. „Beim Essen kann man das so hinkriegen, dass man Zwischenräume schafft“, zeigt sie nicht ohne Stolz auf das Kneipen-Interieur. Da sind die Tische durch Blumen und andere Accessoires schon so voneinander getrennt, dass kleine Gruppen für sich dort durchaus sitzen könnten. Entsprechend habe sie der Beschluss der Bundesregierung schon enttäuscht. „Man könnte ja auch draußen Stühle hinstellen für Radfahrer, die da eine Pause machen wollen.“ Aufgeben, das kommt für Agnes Pacco aber nicht in Frage. Sie will solange aktiv bleiben, wie es geht. Und sie hofft darauf, dass die Wettener ihr Angebot mehr nutzen und sie damit unterstützen – damit der „Knoase-Treff“ auf lange Sicht existieren kann.