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Zehn Fragen an ... Schwester Maria Magdalene. Interview der Woche im Kevelaerer Blatt anlässlich 130 Jahre Klarissenkloster Kevelaer

„Würden wir nach den Regeln der heiligen Klara leben, hätten wir keine Klimakrise und keine Kriege“

Im Oktober 1892 begannen sieben Schwestern ihr Leben nach den Regeln der Heiligen Klara zu führen und gründeten in Kevelaer das Klarissenkloster durch den Konvent der Klarissen aus Münster. Seitdem gehören sie unmittelbar zum Wallfahrtsort und sind ein Stück Stadtgeschichte. In diesem Jahr feiern die Klarissen das 130-jährige Bestehen des Klosters und stellten sich den Fragen des Kevelaerer Blattes.

Ein Ort der Stille, der Kraft und des Gebets

Vor 125 Jahren beginnt die Geschichte des Klarissenklosters mit der aus Münster stammenden Schwester Maria Bonaventura Sprickmann-Kerkering als erster Äbtissin. Der Dechant des Marienwallfahrtsortes wünschte sich damals schon länger eine kontemplative Ordensgemeinschaft. Diese wurde von der Gräfin von Schaesberg finanziell unterstützt.
Seitens des Münsteraner Klarissenklosters wurden dann zähe Verhandlungen mit den Behörden in Düsseldorf, mit dem Dechanten Josef van Ackeren, mit dem Bischof Herrmann von Dingelstadt und der Kirchengemeinde St. Antonius geführt, heißt es in der Festschrift zum Jubiläum.
Die Kapläne dort wollten das Kloster unbedingt an der St. Antonius-Kirche sehen, doch die Äbtissin setzte sich durch. Das Klostergebäude wurde an der Twistedener Straße – dem heutigen St. Klara-Platz, gegenüber dem Eingang zum Kreuzweg – errichtet.
Am 25 Oktober 1892 können die Münsteraner Gründerinnen nach Kevelaer übersiedeln – sechs Schwestern und vier Novizinnen. Vier Tage später weihte Bischof Hermann die Klosterkiche ein und segnete das Kloster. 1893 traten die ersten Postulantinnen ein. Der Bau des Klosters wurde in den folgenden Jahren vollendet.
Im Januar 1914 verstirbt die Gründerschwester, ihre Nachfolgerin M. Johanna Riddder nimmt mit den Schwestern im zweiten Weltkrieg dann belgische Klarissen aus Boom/Antwerpen vorübergehend in ihr Konvent auf. Unmittelbar nach dem Ende des Krieges kann sie so ein weiteres Klarissen-Tochterkonvent in Köln eröffnen, neue junge Schwestern können in Kevelaer wieder aufgenommen werden.
Nazizeit und Kriegszerstörung
In der Nazizeit kommen die Schwestern um die Räumung des Klosters herum, obwol die Gestapo sie schon im Visier hatten. „Dagegen blieb die ständige Angst, dass die Schwestern bis zum Alter von 45 Jahren dienstverpflichtet werden sollten“, heißt es in der Chronik. Um dem zu entgegen, fertigten die Frauen für die Wehrmacht Handschuhe und Fliegerhauben.
Im April 1942 wurde die kleine Glocke der Klosterkirche geholt – doch trotz Fliegeralarms versammeln sich die Schwestern Tag und Nacht weiter zum Gebet. Die Kölner Klarissenschwestern kamen nach der Zerstörung ihres Klosters am 3. April 1943 nach Kevelaer zurück.
Am 27. September 1944 ereilte das Kevelerer Kloster das gleiche Schicksal. Bei einem Bombenangriff wurden die Kirche, der Pfortenflügel und mehrere Teile des Klosters zerstört. Zwei Schwestern starben, eine wurde schwer verletzt geborgen, andere zum Teil leicht verletzt.
Im Priesterhaus kamen die Überlebenden bei den „Schwestern von der Göttlichen Vorsehung“ unter. Die alten und kränklichen Schwestern fuhren am 15. Oktober 1944 auf Einladung der Äbtissin aus Dresden-Klotzsche dorthin, um „in Sicherheit“ zu leben.
Und die anderen Schwestern gingen zum Bocholter Klarissenkloster, das am 22 März 1945 dann in Schutt und Asche gelegt wurde. Sie kamen in einer Bocholter Schnapsbrennerei unter, bis der Krieg schließlich am 8. Mai endet.
Zeit des Wiederaufbaus
Am 24. Mai 1945 kehrten die Schwestern nach Kevelaer zurück, wo sie vor einem vollständigen Trümmerhaufen standen, da die Engländer auch die restlichen Gebäude des Klosters zerstört hatten.
Für die Übergangszeit kamen sie bei den Familien Salomon und Dormann-Franssen unter, der damalige Pastor Coenders überließ ihnen in seinem Haus einige der Räume. Noch enger wurde es, als die in Dresden verbliebenen Schwestern im September wieder zurückkamen, aber bei den Schwestern beförderte das den Mut zum Wiederaufbau.
Von 1946 bis 1954 wurde an dem Wiederaufbau gearbeitet, bis der Dechant Heinrich Maria Janssen alle hergerichteten Räume segnete und die Klausur schloss, ein reguläres Ordensleben wieder einsetzen konnte. Ab 1948 traten wieder Postulantinnen ein, der neue Altar wurde 1961 in der Klosterkirche konsekriert.
1973 schlossen sich die Klarissenklöster in Deutschland zu einer Föderation zusammen, Kevelaer ist seit 1991 Sitz der Föderationsleitung. Als die Pfarrkirche St. Antonius abbrannte, stellte das Konvent der Pfarrei für fünf Jahre die Kirche zur Verfügung, was die Nähe zum Leben der Gemeinde vertiefte. Und aus Österreich, Düsseldorf und dem Gründungskloster in Münster, das 2001 abgerissen wurde, kamen insgesamt ein Dutzend neue Schwestern in den Konvikt.
In den Folgejahren wurden mehrere Gebäudeteile des Klosters, zwischen Dezember 2005 und Juli 2006 die Kirche und der Gebetsraum komplett renoviert. Am 28. Mai 2006 wurde die in der Glockengiesserei der Abtei Maria Laach fertiggestellte neue Glocke von Weihbischof Heinrich Janssen gesegnet – ein Geschenk des Architekten Ernst Quartier mit Ornamenten, die von der Schwester Chiara Amata entworfen wurden.
Bis heute sind die Grundlagen des Klosterlebens – Arbeit, Chorgebet, Meditation, ein bescheidenes, glaubensorientiertes Leben ohne Reichtümer – im Sinne der Ideen des Franz von Assisi und von Klara Favarone erhalten geblieben.
„Der Kern bleibt – die Formen wandeln sich“, formuliert die Äbtissin des Klarissenklosters, Sr. M. Magdalene Bauer, die bereits seit 46 Jahren ihr Leben im Sinne der heiligen Klara in dem Kloster lebt, die Herausforderung, das in das Heute zu übersetzen.
„Was lebt, muss sich verändern“, sieht auch sie den Wandel der Zeit. Man wolle aber weiter das Kloster als „Gebetsort“ und „Ort der Stille“ für Menschen bewahren. „Ich glaube, die Menschen spüren Gottes Präsenz hier. Und die Gespräche sind für sie eine große Hilfe – die Tatsache, dass Menschen da sind, die ihr Anliegen im Gebet vor Gott tragen, gibt ihnen Kraft. Gebetsorte sind Kraftfelder, wer sich dort hineinbegibt, erfährt nicht immer Heilung, aber immer Heil.“