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Die gut besuchte Oowendmess mit Pastor Alois van Doornick in Kleinkevelaer. Foto: HvL
Plattdeutsche Abendmesse an der 7-Schmerzen-Kapelle in Kleinkevelaer

An de Kapäll in Kleinkävele

Am vergangenen Mittwoch lud der Kapellenverein Kleinkevelaer zu einer Mundartmesse an der Kapelle zu den sieben Schmerzen Mariens ein.

Länger im Amt als geplant

Über sich persönlich zu sprechen, ist Johanna Ambrosius‘ Sache nicht. „Das muss eigentlich nicht unbedingt“, drückt sie damit aus, dass sie gar nicht so wichtig sei, dass man über ihre Person was erzählen müsse. Die heute 63-Jährige stammt aus Uedem-Keppeln. „Ich kam vom Bauernhof“, verweist sie auf die Hofgeschichte, die sie mit allen verfügbaren Urkunden mal erforscht hat. „Die Älteste war so um 1800 herum, der Hof ist aber noch älter“, sagt Ambrosius und erzählt von einer glücklichen Kindheit mit vier Geschwistern zwischen Hühnern, Kühen und Schweinen.

Ambrosius ging in Goch zur Schule, machte dort 1977 ihr Abitur. „Ich kann meinen Eltern dankbar sein, dass ich die Chance bekam, Abitur zu machen“, sagt sie. Danach arbeitete sie in Kleve als Bankkauffrau. Auf der Twistedener Kirmes lernte sie ihren Mann kennen. „Bei einer Tante war ich auf der Silberhochzeit und dann ergab es sich so: komm doch auf die Twistedener Kirmes.“ Und dann kam es so, wie es eben manchmal ist: Gesehen und gefunden. Sie heiratete 1981 und zog nach Twisteden. Drei Jahre später wurde die erste Tochter geboren. Zwei weitere Kinder folgten 1986 und 1988. Ambrosius beendete ihren Job in Kleve, machte in einem Bauunternehmen die Buchführung, arbeitet seit Mitte der 90er Jahre im Steuerbüro Jansen / Stenmans. 

Plötzlich mittendrin

2005 wurde sie dann Ortsvorsteherin. „Meine Vorgänger waren es quasi ewig“, sagt  Ambrosius. Es gab ja nur drei: Elbers, Karl Heuvens, der plötzlich 2002 verstarb, und dann rückte Karl-Heinz Kehren nach, der 2005 aus gesundheitlichen Gründen das Amt zurückgab. „Dann hat man mich gefragt. Ich habe gesagt: um Gottes willen, das ist nicht meins. Mein Mann sagte dann: Du musst nicht immer gleich Nein sagen.“ Der Job sei gar nicht so umfänglich, hörte sie. Da wurde sie später eines Besseren belehrt. „Es ist schon deutlich mehr, wobei ich mich auf die anderen verlassen kann, wenn ich was habe.“ Was in einer Dorfgemeinschaft von gut 240 Leuten schon wichtig ist. Sie machte sich Gedanken, hörte ein paar Monate nichts, ehe man zu ihr kam und sagte: „Du machst das ja.“ 

Nachfolger zu finden, das sei nicht einfach. „Das letzte Mal habe ich auch gesagt, ich mache das nicht mehr. Man denkt, das kann auch mal jemand anderes machen.“ Aber auch für die vierte Amtszeit seit 2005 hat sie sich schließlich bereiterklärt – was für ein starkes Verantwortungsbewusstsein spricht. Viel zu bedeuten habe das aber nicht, macht Ambrosius klar. „Ich bin ja nur das Bindeglied zwischen der Ortschaft, den Kleinkevelaerern und dem Rat mit seinen Gremien“, sagt sie. „Entscheiden kann ich ja sowieso nix.“ 

Sie sei nach wie vor nicht parteigebunden. „Ich bekomme aber immer die Unterstützung, die ich brauche“ – auch aus dem politischen Raum. Ihre Aufgabe sei halt nur, Ansprechpartnerin zu sein, an die die Menschen sich wenden können, wenn sie ein Anliegen haben. Das sei ihre Rolle – die aber vielleicht ja doch gar nicht so unwichtig ist für die Identität einer Ortsgemeinschaft.

Die eigenständige Identität der Kleinkevelaerer*innen existiere genauso wie die Nähe zu Twisteden, was sich unter anderem an der Mitgliedschaft vieler Dorfbewohner*innen in den Twistedener Vereinen festmache. „Wir haben keine Schule, keinen Kindergarten, kein Geschäft“, sagt Ambrosius. Dafür hat die Ortschaft seit 2002 den Kapellenverein als stärkendes Identifikationsglied und einzigen Verein der Ortschaft – und die Kapelle, die als zentraler Dorftreffpunkt dient. „Wobei sie genau an der Grenze zu Twisteden steht. Und wenn schlechtes Wetter ist, steht das Zelt auf Twistedener Gebiet.“ 

Vorreiter der Müllsammelaktion

Die Verbundenheit beider Ortschaften zu betonen, das ist ihr wichtig – nicht nur, weil viele der Kleinkevelaerer*innen in den Twistedener Vereinen mit aktiv sind und seit 2016 ein Spielplatz für Kleinkevelaer auf Twistedener Grund steht. Trotzdem seien Kleinkevelaer und Twisteden zwei unterschiedliche Ortschaften. Es gebe einige Dinge, die für Kleinkevelaer stehen – so wie die erste Müllaktion „weit vor allen anderen. Da waren wir Vorreiter.“ Da dürfe dann auch mal „der Kasten Bier in der Kapelle stehen“ – und es kämen Leute, die sonst nicht zum Gottesdienst kommen würden. Gerade für Kinder sei diese Aktion schön, weswegen sie weitergeführt wurde. 

Auch der Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ im Jahr 2008, bei dem Kleinkevelaer im Kreis Bronze holte, gehört dazu. „Da bin ich Werner Neumann, dem Vorsitzenden des Heimatvereins Twisteden-Kleinkevelaer, ganz dankbar. Der hat sich ganz viel gekümmert.“ Auch die 475-Jahr-Ausstellung im Museum „Twester Hoeckskes Hüss“ im selben Jahr und das dazugehörige Buch, das sie zusammen mit Maria Groothusen „in vielen Stunden und Nachmittagen“ auf Anregung des Kapellenvereins zusammengestellt hatte, sind Teil dieser Identität.

Ahnenforschung, Hofchronik und Schützenprotokolle

Historisches zusammen tragen, das ist überhaupt eine ihrer besonderen persönlichen Interessen. „Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart auch gestalten. Das habe ich im Vorwort geschrieben“, fasst sie ihren Antrieb in einem Satz zusammen. Nicht umsonst habe sie viele Kirchenbücher aus Keppeln, Kevelaer, Twisteden, Walbeck, teilweise Goch und Wetten mal chronologisch mittels eines Software-Programms ihres Mannes erfasst, Ahnenforschung bei der eigenen Familie betrieben und eine Hofchronik angelegt. „Da bin ich ein paar Generationen zurück gekommen. Das fand ich natürlich schön.“ Aktuell arbeite sie an Schützenprotokollen.

Ihre zweite, noch größere Leidenschaft ist die Musik. „Was zu mir gehört, ist die Orgelspielerei. Mein Klavierlehrer war Organist in Kalkar. Der hat versucht, aus ein paar Klavierspielern den Organisten rauszuholen“, erzählt Ambrosius. So war sie keine 15 Jahre alt, als sie in Keppeln das erste Mal Orgel gespielt hat – „Sonntags im Gottesdienst um sieben und um zehn.“ Hinterher machte sie das auch in Kehrum, spielte 45 Jahre lang für die Kirche auch in Quirinus und in der Antoniuskirche. „Ich habe auch ewig den Twistedener Chor begleitet und an der Orgel Pastor Alois van Doornick begleitet, der Flöte gespielt hat.“ Zu diesem Hobby fällt ihr gleich noch eine passende Geschichte ein: „Bei der Einweihung der Kapelle im September 2002, einem wunderschönen Sommertag, war abends beim Aufräumen eine junge Frau da, die mich nicht kannte. ‚Das ist doch Johanna vonner Orgel und das ist der Mann von Johanna vonner Orgel‘“, habe sie zu ihr gesagt. Die Orgel gehört einfach zu ihr.

Wird es eine fünfte Amtszeit geben?

Was in Zukunft für den Ort wichtig sei? „Dass man sich wie bei der Müllsammelaktion trifft, dass Leute immer wieder mitmachen“, sagt Ambrosius. Froh ist sie über den Kinderspielplatz auf Twistedener Seite, wo André und Willi Elbers ein Stück Wiese zur Verfügung gestellt haben. „Der nächste Spielplatz oder Irrland ist über die Straße, da will man im Sommer nicht unbedingt, dass die Kinder dort rübergehen.“ Die Konstanten also weiter erhalten und vielleicht weiter entwickeln, wenn Corona mal zu Ende sei, das behalte sie im Blick. Ob sie in fünf Jahren weitermache? „Erst mal abwarten, was dann ist“, sagt Ambrosius.