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Hat die Kirche beim Thema Missbrauch dazugelernt?

Das Petrus-Canisius-Haus erschien angesichts des Andrangs fast schon zu klein für die Ausrichtung dieses Abends, in dem eineinhalb Stunden lang offen über den sexuellen Missbrauch in den 1980er-Jahren durch einen Kaplan an St. Marien und den Umgang damit diskutiert wurde. Dabei schälten sich eine Reihe grundlegender Fragen über die Struktur und das Verhalten der Kirche und ihrer Glieder heraus.

Der amtierende Kevelaerer Wallfahrtsrektor Gregor Kauling, der mit dem Verlesen des Briefes der betroffenen Frau am Sonntag während der Eucharistiefeiern den Stein ins Rollen gebracht hatte (das KB berichtete), dankte allen Anwesenden zunächst für „das Interesse, miteinander im Gespräch zu sein, angesichts der schweren Thematik.“ Er machte deutlich: „Mir war klar nach der schweren Aufgabe der Veröffentlichung, dass dieser Abend nicht nur notwendig, sondern wichtig ist.“ In diesem Zusammenhang fiel von Kauling das Wort „Transparenz“.

André Fritz, Chefredakteur von Radio Kreis Wesel, übernahm die Moderation des Abends. Er stellte klar, dass im Zuge der Diskussion keine Opfernamen genannt würden, verwies auf die beiden Opferberater, die bei Bedarf zur Verfügung stünden, bevor er kurz noch einmal die Zusammenhänge des Falls darstellte, was wichtig für die spätere Debatte war.

Schockstarre in der Gemeinde

Wallfahrtsrektor Gregor Kauling beschrieb die ihm entgegengebrachte Stimmung nach der Veröffentlichung des Briefes so: „Ich habe eine Stille erlebt, in diese Stille hinein eine große Betroffenheit der Menschen, was unter uns – auch nach vielen Jahren – passiert ist.“ Er sprach sogar von „einer Art Schockstarre“. Viele Reaktionen im Nachgang hätten sich mit der Frage beschäftigt, wie so etwas passieren konnte in Bezug auf den langen Zeitraum des Falles, warum keiner gemerkt habe, „dass augenscheinlich Versäumnisse des Bistums zu sehen sind.“ Er wolle auch „nicht verschweigen, dass es auch Rückmeldungen gab, die nicht verstehen, warum ich in dieser Weise die Veröffentlichung getätigt habe.“

Kauling gestand während der Diskussion, dass es nicht leicht gewesen sei, mit dem Wissen um den Fall durch dieses Jahr zu gehen. Auf einen Umstand wies er dabei hin: „Es hat während des Pilgergottesdienstes eine konkrete Fürbitte für Opfer sexuellen Missbrauchs in der Kirche gegeben – und wie oft ich spätestens im Sommer von Gemeindemitgliedern angesprochen worden bin, dass es doch mal endlich gut sei, diese Fürbitte herauszunehmen, das hat mich auch erschüttert.“

Es gibt einen zweiten Fall

In den Gesprächen des Sommers sei er froh gewesen, als es hieß, das werde in eine Veröffentlichung hinein gehen. „Aber ich hoffe, dass sich unabhängig von dem Fall betroffene Jungen, Mädchen, Männer und Frauen melden.“

Der Interventionsbeauftragte des Bistums Münster, Peter Frings, machte deutlich: „Der Bischof hat ja bis auf Weiteres jede Form des Gottesdienstes für den Priester untersagt.“ Jetzt müsse man weitersehen. „Es wird in jedem Fall eine Entscheidung gefällt werden, wie es weitergeht. Ich gehe davon aus, dass der Priester nicht mehr weiter priesterlich tätig sein wird, aber das muss formal kirchenrechtlich noch deutlich festgelegt werden.“

Auf die Frage des Moderators, ob es weitere Fälle gebe, antwortete Frings. „Wir haben gestern Abend die Mitteilung bekommen, dass sich eine zweite Person gemeldet hat bei einer der Ansprechpartnerinnen, die gesagt hat, sie sei in diesem Rahmen sexuell missbraucht worden. Sie habe aber klar gesagt, dass sie wolle, dass keine weitere Details bekannt gegeben werden.“ Ob es noch weitere Meldungen geben werde, wisse er nicht.

Recht mit zweierlei Maß

Die Debattenbeiträge aus dem Publikum ließen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Der Mitarbeiter eines katholischen Kindergartens wäre längst schon entlassen worden, wenn er überführt worden wäre, für Priester gelte ein anderes Recht, meinte ein Mann gleich zum Auftakt. Dass er keine Messe mehr lesen dürfe, sei keine Strafe. Dass die Frau weiter habe erleben müssen, dass er Messen lese, sei eine Schande. „Kaum einer hat Verständnis dafür, dass es für solche Täter unterschiedliche Bestrafungen gibt“, meinte Irmgard Ripkens. Man müsse darüber nachdenken, „unsere Kinder zu stärken, viel eher sich zu äußern, wenn was Komisches passiert.“

Bernadette Baldeau als neue Präventionsfachkraft der Pfarrei St. Marien unterstrich in der Diskussion, dass genau das das Ziel des zukünftigen Schutzkonzeptes sei. Präventionsschulungen solle es in allen kirchlichen Einrichtungen des Bistums geben, ergänzte Peter Frings. Es gehe um einem Bewusstseinswandel, sagte Pastor Kauling.

Als ehrenamtliche Mitarbeiterin der Caritas, die an solchen Schulungen bereits teilgenommen hat, kritisierte Ingrid Jörgens die Schulungen. „Die sind nicht gut genug.“ Man müsse die Kinder lehren, sich auch gegen Autoritäten aufzulehnen.

Theo Verhülsdonk, damals in St. Marien Messdiener, sagte: „Ich finde es ein Skandal, wie damit umgegangen wird. Wir haben 2019 und die Kirche sagt, wir haben eine eigene Gerichtsbarkeit. Im Zivilrecht wäre mit dem Mann ganz anders umgegangen worden. So kann es nicht weitergehen.“ Er wolle nicht wissen, „wie viele Pfarrer hin- und hergeschickt werden, von denen das Bistum weiß. Ich gehe davon aus, dass der Fall bekannt war. Das halte ich für einen Witz!“

Ralf Blumenkemper sprach von „Wischi-Waschi, was da vorne erzählt wird.“ Er kritisierte, „ dass man sich hinter der Betroffenen zurückzieht, die sagt, sie hat die Öffentlichkeit nicht gewollt.“ Er fragte sich, warum die Kirche „nicht den Mumm“ habe, „diese Leute aus dem Verkehr zu ziehen? Laut der Pressemitteilung habe sich der Betroffene darauf eingelassen, „dass es so ist. Spätestens dann muss die Kirche handeln.“

Fritz Pesch stellte die Frage, inwieweit jetzt das Bistum den Vortrag der Frau dahin trägt, wo der Geistliche zur Zeit ist. „Sie wirken für mich ein Stück hilflos, sagen, wir wollen alles ändern. In den letzten Jahren ist aber schon so viel passiert, und es ändert sich nichts. Und das ist traurig.“

Wilfried Renard, der als Lehrer damals mit dem Geistlichen zu tun hatte, beschrieb, wie der Mann in der Bibliothek die Mädchen um sich versammelt und auch mal „ausgekitzelt“ habe. Er machte eine wichtige Feststellung zu dem Thema: „Das Generalvertrauen gegenüber dem Priester wandelt sich in Misstrauen.“

„Bin ich in der Kirche noch Zuhause?“

Warum die Kirchen nicht wenigstens jetzt den Opfern helfen, fragte Karin Koppers, die den Geistlichen acht Jahre lang als Kolping-Präses kannte. Und Birgit Pauly fragte: „Es gab acht Stellen nach Kevelaer für den Priester bis 2010. Ist bei den Folgepfarreien nicht nachgefragt worden, ob da was ist?“ Die Menschen verstünden nicht, warum man so einen Mann auf ein Kissen fallen lasse. Und die Tatsache, dass der Mann sich selbst nicht anzeige, bringe sie persönlich an ihre Grenzen, wo sie sich frage: „Bin ich in der Kirche noch zu Hause?“

Peter Frings hatte bei so geballter Wut einen schweren Stand. Das Ganze sei nicht an den Staatsanwalt gegangen, „weil die Frau das nicht wollte“. Die Auflagen, wo Absprachen getroffen wurden, seien „falsch und unklar“ gewesen. Es müsse präzisiert werden, was geht und was geht nicht – „zum Beispiel, was ist ein öffentlicher Gottesdienst.“

Wenn das klar gewesen wäre, „wäre es möglicherweise nicht an die Öffentlichkeit gegangen“, sagte Frings. „Aber es ist das Recht der Frau zu sagen, ich habe den Fall vorzubringen. Sie hat das entschieden.“ Er stellte die Frage: „Wie wollen Sie als Bistum eine Regelung mit einem Kleriker treffen, wenn ich den in eine andere Gemeinde versetze, wenn ich das nicht öffentlich machen darf?“ Denn dann werde es öffentlich.

Man versuche jetzt, „aus den Fehlern zu lernen“ und zu handeln, ohne über die Betroffenen hinwegzugehen und diese selbst bitten, sich an die Staatsanwaltschaft zu wenden. Gleichzeitig meinte er, man sei „an einem Punkt“, wo man in solchen klaren Fällen den Priester „aus dem Verkehr ziehen“ dürfe.

Widersprüchliche Aussagen

„Heute wäre es nicht mehr möglich, dass so ein Kleriker im Dienst bleibt. Er muss nur verurteilt sein. Wenn nicht, sieht das Kirchenrecht vor, dass der Fall nach Rom gemeldet und eine Auflage erteilt wird. Sie können aus dem Kirchenrecht heraus nicht entlassen werden.“ Ein paar Minuten später räumte Frings aber offen ein, dass es sicher „nach wie vor Kleriker gibt“, die Taten begangen haben, „eingesetzt sind, das ist unstreitig so.“ Und er erklärte: „Wir haben in der Kirche kein Strafrecht, das soll ja auch geschaffen werden. Wir können als Kirche ein eigenes Strafsystem aufbauen, das ist überfällig.“

Die strafrechtliche Frage der Verjährung werde man „nicht beantworten, weil das Recht so kompliziert ist“, gab er den Ball an die Staatsanwaltschaft weiter. „Wenn die sagen, es ist verjährt, dann ist es verjährt.“ Seit einigen Wochen gebe es Historiker, die den Zugang zum gesamten Bistumsarchiv bekommen, um sich alle Akten von allen Klerikern anschauen zu können.

Man helfe Betroffenen, indem über „Zartbitter“ Münster Hilfsanträge nicht mehr allein ausgefüllt werden müssen. Über einen Notar könne jetzt für Betroffene auch Akteneinsicht gewährt werden. „Ich kann nicht in Monaten aufarbeiten, was in der Kirche in Jahrzehnten schief gegangen ist“, machte er klar.

Dass Priester aus dem Dienst genommen würden, wenn sie verurteilt werden – dem widersprach Martin Schmitz, selbst Betroffener von sexuellem Missbrauch durch einen Priester und Mitbegründer der Selbsthilfegruppe Rhede. „Mein Täter ist mehrfach versetzt worden trotz einer Bewährungsstrafe. Es stimmt nicht. Es wird immer noch gesehen, wie man den Priester und Täter möglichst ruhig hält und dass es nicht an die Öffentlichkeit kommt.“ Die Reaktion des Bistums erfolge immer erst dann, wenn die Betroffenen an die Öffentlichkeit gingen. Das sei ein „Schlag ins Gesicht“ der Betroffenen und unverantwortlich gegenüber der Gemeinde. „Wer will denn die Messe von Verbrechern gelesen bekommen?“

Für den emotionalsten Moment des Abends sorgte eine Frau, als es um die juristisch korrekte Benennung des Missbrauchers seitens der Kirche als „Beschuldigter“ oder „Täter“ ging. „Ich habe einen Brief, einen Brief von dem Priester, dass er es zugibt“, rief sie aus, stand auf und verließ den Raum.

Der Friedhof als Kunstraum

Fast jeder Kevelaerer ist schon dort gewesen, sei es um seiner lieben Verstorbenen zu gedenken, die Grabstätten mit Blumen und Lichtern zu schmücken oder einfach dort spazieren zu gehen und in der Stille seinen Gedanken nachzuhängen. Aber es lohnt sich, genauer hinzuschauen, die alten und neuen, liebevoll und persönlich gestalteten Grabmäler zu betrachten und auf sich wirken zu lassen.

Über einen Zeitraum von einem halben Jahr fotografierte Axel Hundertmarck Grabstätten auf dem Kevelaerer Friedhof und war fasziniert von Vielfalt und Reichtum dieses stillen Ortes – ein echter Kunstraum. Diese Faszination ließ ihn nicht mehr los und es entstand der Wunsch, die Bilder und Eindrücke mit den damit verbundenen Gefühlen mit anderen zu teilen. Im Mutter-Teresa-Saal des Priesterhauses wurden nun über 300 dieser Friedhofsfotos präsentiert, musikalisch untermalt von Elmar Lehnen am Klavier. Der Einladung waren mehr als 40 Kevelaerer gefolgt und kamen in den Genuss einer abwechslungsreichen Entdeckungsreise über unseren Friedhof. „Ich war zwischendurch mal richtig weg“, so kommentierte eine Besucherin strahlend die meditative Stimmung durch das Zusammenspiel von Bildern und Musik.

Wie wichtig es ist, diesen besonderen Ort zu bewahren und die teilweise sehr alten Grabmäler zu erhalten, verdeutlichte im Anschluss Ernst Koppers, Vorsitzender des im März diesen Jahres gegründeten Vereins Denkmal/Grabmal.

Advents- und Krippenmarkt wird weiter optimiert

Sie waren vor drei Jahren angetreten, dem Kevelaerer Krippenmarkt ein frisches Gesicht zu geben, einen Advents- und Krippenmarkt zu gestalten, der auch für Kevelaerer selbst wieder einen Besuch – und einen längeren Aufenthalt – wert sein sollte. Das ist ihnen sicherlich gelungen. Mühe und ehrenamtliches Engagement, die dahinterstecken – mal ganz abgesehen vom finananziellen Engagement einiger Kevelaerer – , kann man nicht hoch genug einschätzen, auch wenn Gottfried Mülders, Winfried Janssen und Karl Timmermann, die jetzt ihre Pläne für den Advents- und Krippenmarkt in diesem Jahr erstmals der Presse vorstellten, gern mal ein wenig tiefstapeln.

Hatte sich zuvor aus dem Umbau des Mechelner Platzes schon ein Umzug einiger Bereiche auf den Luxemburger Platz und den Kapellenplatz ergeben, beweisen die Organisatoren in diesem Jahr erneut ihre Flexibilität und reagieren auf die Anregungen der Anwohner, Gewerbetreibenden und Besucher.

Wichtige Änderungen

Foto: Orga-Team

Die wichtigsten Änderungen betreffen das Krippenspiel, den gastronomischen Bereich, die Verkaufsstände und die Bühne.

Der überdachte Bereich im Forum Pax Christi bleibt unangetastet, hier findet der bekannte Krippenmarkt statt. „Hier sind wieder alle weitestgehend dabei“, erklärt Marktmeister Winfried Janssen. Die „Lebendige Krippe“ bildet weiterhin Anziehungs- und Mittelpunkt des Geschehens im Forum. Das Krippenspiel, das samstags und sonntags die Zuschauer lockte, wird erstmals um einen zusätzlichen Termin erweitert: Mittwochs wird es nachmittags eine Aufführung geben.

Die „Gastro-Meile“ zwischen Busmannstraße und Kapellenplatz wird neu gestaltet. Entlang des Petrus-Canisius-Hauses werden keine Verkaufsstände mehr aufgestellt, hier soll eine „Verweilzone“ entstehen, erklärt Janssen. Statt der unterschiedlichen Tische sollen hier Pavillons mit Bierzelt-Garnituren aufgestellt werden, die nun ein einheitliches Bild abgeben werden. Der Noah-Brunnen wird auch in diesem Jahr wirder „verpackt“, einerseits um ihn zu schützen, andererseits entstehe so wieder ein schöner „Thekenberich“, sagt Janssen. Zu den bisherigen Gastro-Anbietern Kanders, Moeselaegen und Brüggemeier gesellt sich in diesem Jahr Tim Janßen vom Hotel am Bühnenhaus mit einem kulinarischen Angebot hinzu.

Das Kinderkarussell an der Kerzenkapelle werde auf Anregung der Kirchengemeinde als Eigentümerin des Veranstaltungsareals entfallen; eine weitere Anregung aus einem Gespräch mit Pastor Gregor Kauling habe man ebenfalls gerne aufgenommen, sagen die Organisatoren: Die „Eingangsbereiche“ zum Adventsmarkt sollen optisch gekennzeichnet werden. Die Bühne auf dem Luxemburger Platz wird nach den Erfahrungen im vergangenen Jahr um 90 Grad gedreht, erklärt der Markmeister. „Die Fassade von „Christliche Kunst Bauer“ soll wieder voll zur Geltung kommen“, sagt Winfried Janssen.

Zudem verbreite sich der Schall dann in eine andere Richtung und solle so für die Gläubigen in der Kerzenkapelle weniger störend sein. Zusätzlich werde das Bühnenprogramm auf die Gottesdienstzeiten abgestimmt, verspricht Karl Timmermann, der gerade mit Hochdruck an der Zusammenstellung arbeitet. Das Krippenspiel unter der Mitwirkung der Lebenshilfe Gelderland und der Kita Wiesenzauber, die „Kultbands“ „Universum“ und „Drakes of Dixieland“, „Hausmusik mit der Familie Elmar Lehnen“, ein Jazz-Trio aus Schalke, ein Trommelkurs für Kinder, eine Aktion des Theaterchors Niederrhein und eine „Nostalgische Weihnacht mit Vinyl-Schallplatten“ kündigt er schon mal als einige der Höhepunkte an. Auch einige Kitas beteiligten sich wieder am Bühnenprogramm, wer diesbezüglich noch Interesse hat, könne sich gern bei ihm melden (T.: 02832/6987). Das Weihnachtsprogramm der Kirchengemeinde sei zwar noch in Arbeit, berichtet Karl Timmermann, dennoch werde man auch hier wieder zusammenarbeiten, beispielsweise würden Familienchor und Knabenchor auf der Bühne des Adventsmarktes erwartet.

Buden-„Sharing“

Die umfassendste Änderung in diesem Jahr zeichnet sich aber wohl zwischen Kerzenkapelle und Forum ab. Statt der drei Buden aus dem vergangenen Jahr werde man dort in diesem Jahr acht Buden aufstellen. Seit März habe man sich bemüht, Mitmacher zu finden“, sagt der Marktmeister, doch durch die lange Standzeit von drei Wochen sei das „eigentlich nur was für Profis“, die längst anderswo etabliert seien. So habe man sich vor etwa drei Wochen dazu entschlossen, einen Aufruf bei Facebook zu starten – und da ist richtig Bewegung ins Spiel gekommen“, freut sich Janssen.

Die Organisation des Bereichs liegt in den Händen von Gottfried Mülders und der berichtet, dass die Idee des Buden-„Sharings“ gut ankomme: Handwerker und Kunsthandwerker teilten sich eine Verkaufshütte und blieben nicht die ganzen drei Wochen vor Ort, sondern nur eine Woche oder mehrere Tage. Mülders war selbst erstaunt, „was da in Kevelaer so vor sich hinschlummerte“ an Kunsthandwerk. „Wir werden da eine Vielfalt von Angeboten haben“, verspricht er. So werde auch der Polychromeur Hans Rommen wiederkommen – „der war total begeistert im vergangenen Jahr.“ Und an einem der Wochenenden solle eine Korbflechterin ihre Arbeit zeigen.

Der Kevelaerer Advents- und Krippenmarkt findet vom 30. November bis zum 22. Dezember statt.

Die Veranstalter versprechen tagesaktuelle Informationen auf der Internetseite kevelaerer-krippenmarkt.de und über die entsprechende Facebook-Präsenz.

Natürlich wird es auch wieder eine Weihnachtsverlosung geben. Die Auslosung wird täglich ab 18 Uhr auf der Bühne stattfinden. Neu ist, dass die Gutscheine nicht mehr direkt ausgehändigt, sondern den Gewinnern zugeschickt werden.

 

Advents- und Krippenmarkt 2019 Lageplan. Grafik: Veranstalter

 

Besuch aus dem Himmel und bunte Laternen

„Wir haben heute himmlischen Besuch. Experten in Sachen Himmel sind bei uns. Kommt doch nach vorne.“ Bei der Abendmesse von „Holy wins“ am Vorabend des Allerheiligenfestes winkte Robin Rommen Martin Eyll als hl. Arnold Janssen, Martha Ehren als selige Schwester Eutymia und Wiktor Skienkiewicz als seligen Kardinal von Galen verkleidet nach vorne. Den Teilnehmern, darunter besonders viele Kinder, erzählten diese von ihrem Leben.

„Ich bin in Goch geboren, aber nachdem ich Priester und Lehrer geworden war, verspürte ich den Wunsch, in aller Welt zu missionieren. Die Menschen sagten: ‚Er ist entweder verrückt oder ein Heiliger.‘ Vielleicht bin ich ja beides“, erzählte ein glaubhaft als Priester verkleideter Martin Eyll. „Ich pflegte Kranke und Kriegsverletzte. Man nannte mich bald Engel der Liebe“, wusste Martha Ehren als Sr. Eutymia und „ich prangerte in dunkler Zeit die von den Nazis geplante und durchgeführte Ermordung von Behinderten und Kranken an. Da ich mutig den Mund aufmachte, wurde ich von den Menschen ‚der Löwe von Münster’ genannt. ‚Wie Gott es will’, dies war mein Lebensmotto, und wie Gott es will, so versuchte ich zu leben“, schilderte ein als Kardinal von Galen verkleideter Wiktor Skienkiewicz.

Alle drei himmlischen Besucher beschrieben auch, wie es denn so im Himmel sei. „Himmel ist: Ganz bei Gott sein. Jeder ist gleich viel wert, egal, auf welchem Kontinent er lebt oder welche Sprache er spricht“, „niemand ist verletzt, krank oder leidet Schmerzen“ und „niemand hat Angst vor Verfolgung und Krieg“, so wussten die drei himmlischen Besucher. „Na, das sind ja tolle Aussichten“, schloss Robin Rommen die besondere Allerheiligenkatechese ab.

Nach der durch Kaplan Christoph Schwerhoff zelebrierten und vom Chor „Klangfarben“ musikalisch bereicherten Holy-wins-Messe wurden im Brunnenhof die von den Kindern zuvor selbstgebastelten Holy-wins-Laternen angezündet und die darauf abgebildeten Heiligen, die gerade durch drei Kinder gespielt, allen schon ganz vertraut waren, so zum Leuchten gebracht. Ein Feld zeigte jeweils ein Selbstporträt der Kinder mit dem Schriftzug „Ich gehör zu seinem Team“. Die Kinder zeigten stolz ihre Laternen und brachten die Botschaft des Festes so lichtvoll zum Ausdruck.

Mit frohen Gesängen und einer kurzen Erklärung am Denkmal von Kardinal-von-Galen ging es mit den Laternen und Fackeln zum Antoniusheim, wo ein Heiligenquiz auf die Kinderschar wartete. Mit Eifer und Wissen errieten diese meistens auf Anhieb die richtigen Antworten auf die Fragen, die Catharina Liebeheim und Merle Danckwart vorbereitet hatten, und stürzten sich zur Belohnung auf die angebotenen Süßigkeiten.

Für die älteren Kinder ab dem fünften Schuljahr stand ein Film über den seligen Karl von Leisner mit Abendimbiss, Süßigkeiten und Austausch auf dem Programm, während die Erwachsenen den Abend mit einem gemeinsamen Imbiss und nach Belieben mit dem in der Basilika gezeigten Stummfilm verbrachten.

Mit einer sakramentalen Andacht in der Kerzenkapelle endete der Abend für alle Altersgruppen gemeinsam in der Beichtkapelle vor dem in Brotsgestalt verborgenen Jesus, dem König aller Heiligen. Weihrauch stieg empor und der Wettener Chor „Klangfarben“ unter Leitung von Biggi Lehnen sang, wie schon im Gottesdienst zuvor, wieder die jedes Jahr nur zu diesem Anlass zu hörende Holy-wins-Hymne: „Und ich gehör zu seinem Team. Holy wins! Die Welt sehnt sich nach Heiligkeit.Ich setz auf Sieg.“

Frau berichtet Pfarrer Kauling von sexuellem Missbrauch in St. Marien

In einem persönlich an Gregor Kauling, den leitenden Pfarrer von St. Marien Kevelaer, gerichteten Brief berichtet eine Frau davon, dass sie Mitte der 1980er-Jahre als Kind von einem heute noch lebenden, damals dort tägigen Kaplan G.H. über einen längeren Zeitraum sexuell missbraucht worden ist. Die Missbrauchshandlungen fanden im Rahmen der Beichte statt.

Der Brief wurde in Absprache mit der Betroffenen von Pfarrer Kauling in Gottesdiensten der Pfarrei St. Marien verlesen.

Der Vorgang war dem Bistum Münster seit 2010 bekannt. Die betroffene Frau hatte damals jedoch ausdrücklich verlangt, dass der Sachverhalt nicht öffentlich gemacht wird und auch, dass die Staatsanwaltschaft nicht eingeschaltet werden darf. Das Bistum hatte den Sachverhalt nach Rom an die Glaubenskongregation gemeldet. Nach Abschluss der dortigen Prüfungen wurden dem Geistlichen in einem Dekret seelsorgliche und priesterliche Tätigkeiten nur in einem vom Bistum zugewiesenen Bereich gestattet.

Die Betroffene hat sich Ende 2016/Anfang 2017 erneut beim Bistum gemeldet, weil der Geistliche, trotz entsprechender Auflagen, weiterhin öffentlich Gottesdienste feierte. Im Anschluss an diesen Hinweis wies der Bischof von Münster, Dr. Felix Genn, den Geistlichen schriftlich darauf hin, dass eine Zelebration nur eine Ausnahme sein dürfe und ihm nur erlaubt sei, wenn nicht mit einer großen Öffentlichkeit zu rechnen sei.

Pfarrer Kauling wurde an Weihnachten 2018 von der betroffenen Frau über den erlittenen sexuellen Missbrauch in Kenntnis gesetzt. Im Laufe des Jahres 2019 führte die Betroffene verschiedene Gespräche, unter anderem mit Pfarrer Kauling und mit Peter Frings, dem Interventionsbeauftragten des Bistums Münster.

Sind weiterere Personen betroffen?

Im Anschluss an eine Beratung durch eine Rechtsanwältin und in Absprache mit dieser hat die Betroffene nun den Schritt in die Öffentlichkeit gemacht. Es geht ihr vor allem darum, durch diesen Schritt mit dazu beizutragen, dass sich möglicherweise weitere Betroffene melden. Auch möchte sie deutlich machen, dass auch Frauen Opfer sexueller Übergriffe/Misshandlungen in der Kirche waren. Das Bistum Münster räumt ein, dass man es nach den ersten Hinweisen auf öffentliche Zelebration durch den Geistlichen versäumt hat, diesen mit der entsprechenden Konsequenz nachzugehen. Mittlerweile wurde dem Priester vollständig untersagt, in der Öffentlichkeit Gottesdienste zu feiern.

Bischof Genn hat gegenüber der Frau in einem persönlichen Schreiben bedauert, dass die seitens des Bistums ausgesprochenen Auflagen nicht konsequent eingehalten wurden. Der Geistliche war zwischen 1981 und 1988 Kaplan in St. Marien Kevelaer.

Der Interventionsbeauftragte des Bistums Münster, Peter Frings, betont, dass man den Aussagen der Betroffenen, die auch durch entsprechende Hinweise in der „Missbrauchsakte“ des Geistlichen bestätigt würden, glaubt. Außer dem nun öffentlich gewordenen Fall sind dem Bistum bisher keine weiteren Hinweise oder Meldungen bekannt.

Frings bittet darum, dass sich möglicherweise andere Betroffene bei den Ansprechpersonen für Verfahren bei Fällen sexuellen Missbrauchs melden bei Bernadette Böcker-Kock: Telefon: 0151/63404738 oder Bardo Schaffner, Telefon: 0151/43816695.

Gesprächsabend

Die Pfarrei St. Marien Kevelaer lädt zu einem Gesprächsabend ein, bei dem es um das Thema des sexuellen Missbrauchs und des Umgangs damit gehen soll. Dieser findet statt am Mittwoch, 6. November, um 19.30 Uhr im Petrus-Canisius-Haus Kevelaer, Luxemburger Platz 1. Gesprächsteilnehmer werden unter anderem sein: Pfarrer Gregor Kauling, Bernadette Baldeau, Präventionsfachkraft der Pfarrei St. Marien und Peter Frings, Interventionsbeauftragter Bistum Münster.

Einblicke in einen bemerkenswerten Film

Dass der schwedische Stummfilm „Die Wallfahrt nach Kevelaer“ von 1921 überhaupt in der Marienstadt gezeigt werden konnte, ist besonders Peter Essen zu verdanken. Der gebürtige Kevelaerer wohnt nun in Bonn und konnte dort vor zwei Jahren den besagten Stummfilm, mit Livemusik unterlegt, während der internationalen Stummfilmtage in Bonn sehen.

Essen gab Bürgermeister Dr. Dominik Pichler den entscheidenden Hinweis auf diesen Film. Vor der Aufführung gab es im Konzert- und Bühnenhaus eine Werkeinführung zum Film, die auch Peter Essen mit Interesse verfolgen konnte. Eigens war auch Filmarchivar Magnus Rosborn aus Stockholm angereist, der den Film hauptverantwortlich restauriert hat. Bernd Pool, Stadtmarketing- und Kulturleiter der Stadt und Dr. Bastian Rütten, Theologischer Referent an St. Marien, freuten sich auf den historischen Augenblick, den Film in Kooperation von Stadt und Wallfahrtsgemeinde in Kevelaer präsentieren zu können.

„Dieser Film ist einer meiner persönlichen Favoriten“, bezeugte Magnus Rosborn. „2002 habe ich ihn zum ersten Mal gesehen und ihn sofort geliebt. Dass ich einmal seine Restauration leiten werde und ihn nun in Kevelaer selbst vorstellen darf, hätte ich damals nicht für möglich gehalten.“

Rosborn stufte den Film als einen der wichtigsten Filme der schwedischen Filmgeschichte ein. Dass in dem lutherischen Land Schweden dieser Film mit so ausgesprochen katholischer Volksfrömmigkeit überhaupt produziert wurde, hänge damit zusammen, dass der schwedische Film damals seine goldenen Jahre hatte und berühmte Literatur gerne verfilmt wurde. Das Gedicht von der Wallfahrt nach Kevelaer sei in Schweden eines der berühmtesten Gedichte, die man von Heinrich Heine kenne.

Der Film selbst enthalte Originalaufnahmen rheinländischer Wallfahrten und sei im Herbst 1920 in Köln und teils auch in Kevelaer gedreht worden. Szenen von der Gnadenkapelle oder der Kerzenkapelle jedoch seien im Stockholmer Filmstudio aufwendig nachgebaut und dort gedreht worden.

Im Mai 1921 wurde der Film zunächst in Stockholm gezeigt, wobei er musikalisch durch einen Kirchenchor und eine Musikkapelle begleitet wurde. Während der Restauration und Digitalisierung des Films wurde er auch für die Neuzeit coloriert.

Der restaurierte Film wurde in Bonn und in Düsseldorf gezeigt; mit der Vorführung vor Kevelaerer Publikum werde nun, so Rosborn, der neurestaurierte historische Film zum dritten Mal einem Publikum gezeigt, und finde hoffentlich bald noch weiteres Publikum, besonders in Deutschland.
r. Bastian Rütten ging näher auf den Inhalt des Heine-Gedichtes und die theologische Einordnung ein. Dass Heine weder katholisch war noch je an einer Wallfahrt teilnahm, veranlasste den Dichter wohl dazu, bewusst die Außenperspektive einzunehmen und irrationale Volksfrömmigkeit auch ein Stück weit zu kritisieren.

Dass die Mutter am Ende des Gedichtes trotz des Todes ihres Sohnes einen Lobpreis auf Maria spreche, sei sehr widersprüchlich. Die scheinbare Naivität der Mutter werde von Heine auch kritisiert. Vielleicht, so Rüttens Mutmaßung, sei alles von Heine als Spottgedicht gedacht, wofür auch die Einfachheit der Reime steht, die Heines nicht würdig sei. Inhaltlich werde der Glaube in Riten erstarrt gezeichnet.

Dr. Rütten verriet, dass er und Basilikaorganist Elmar Lehnen in Worten und Musik den Film religiös betrachten und unter dem Aspekt der Pilger, der Fragenden, der Austherapierten sehen würden, die Ankerpunkte ihres Glaubens in Kevelaer finden.

Bereichert mit Musik und Texten

Bereits im März kündigten der Theologe Dr. Bastian Rütten und Basilikaorganist Elmar Lehnen über die Presse den 1921 in Schweden produzierten Stummfilm „Die Wallfahrt nach Kevelaer“ nach dem berühmten gleichnamigen Heine-Gedicht an.

Der Film von Regisseur Ivan Hedqvist war kürzlich im Schwedischen Filmarchiv restauriert und zum ersten Mal in Deutschland gezeigt worden. Gesehen hatten die beiden den Film zu dem Zeitpunkt noch nicht. Ein kleines Wagnis also, das der Musiker und der Theologe blind, aber vertrauend eingingen.

Schon vieles hatten die beiden seit langem befreundeten Hauptamtlichen an St. Marien angepackt und erfolgreich hinter sich gebracht. Die musikalische und textliche Bereicherung eines Stummfilmes war ihnen noch völlig fremd. Aber, so zeigten der Applaus und die begeisternde Beurteilung vieler, das Projekt war auch dieses Mal wieder geglückt.

„Zunächst sah ich den Film mit den Augen von 2019“, erklärte Elmar Lehnen. „Das religiöse Weltbild und die Frömmigkeit schienen mir gar nicht zeitgemäß. Aber nach einigen Gesprächen mit Magnus Rosborn vom schwedischen Filmarchiv konnte ich den Film mit den Augen von 1921 schauen. So kam schließlich die Faszination.“ Sein Freund Dr. Bastian Rütten fügte an: „Den ganzen Sommer über bin ich mit diesem Film schwanger gegangen. Er liefert unglaublich tiefe und mystische Bilder. Die Struktur des Filmes war mir schließlich sehr vertraut. Aber wir hatten dennoch für heute kein Logbuch, sondern haben zum großen Teil frei improvisiert, während wir auf zwei Monitoren den Film aus dem Moment heraus sahen und spontan kommentierten.“

Bei der Interpretation ging es letztlich um die großen und wichtigen Themen des Lebens: Unterwegs zu sein zu sich, zum Sinn des Lebens, um Sehnsucht und Erfüllung, um Leben, Liebe und Leichtigkeit des Seins, Tanz, aber auch um Schmerz, Enttäuschung und Tod. „Klein ist das Bild, dem wir vertrauen. Groß aber deine Liebe zu uns,“, versicherte Dr. Rütten.

Der Tod hatte, so der Ausgang des dem Film zugrunde liegenden Heine-Gedichtes, den Sohn am Ziel der Wallfahrt zu Maria, der Trösterin der Betrübten, dahingerafft und seiner Mutter genommen. Im Film wurde groß die Gnadenkapelle in Kevelaer eingefangen und zumindest auf der Leinwand geschah ein kleines Wunder: Die Trösterin der Betrübten wurde lebendig und schritt mit ihrem göttlichen Kind durchscheinend, fast unsichtbar über den im Filmstudio nachgebauten Kapellenplatz zu dem sterbend daniederliegenden jungen Pilger.

„Jungfrau Mutter Gottes mein, lass mich ganz dein eigen sein, Dein im Leben, Dein im Tod“, zitierte Rütten Gebetsschätze der Kirche und das Totengebet „Zum Paradies mögen Engel dich begleiten“, die Elmar Lehnen an der großen Seifert-Orgel kongenial begleitete. „Sei in Tod und Leben unser Segen du“, ließ es das Duo auch musikalisch anklingen.

„So hört jeder Film auch mit dir auf. Die Welt ist dieselbe, aber bist du auch derselbe geblieben? Es beginnen wieder deine Pilgerwege. Das Leben schreibt weiterhin Lebensgeschichte. Wir aber bleiben Pilger und Sucher eines Weges nach Mehr“, beendete Rütten die einstündige Meditation.

Die große vor dem Altar aufgestellte Leinwand blieb unbewegt, Musik und Texte verklangen und das Publikum gab seiner Faszination über diese einmalige Verbindung zwischen filmischer Kunst, Musik und Text Ausdruck mit langem Applaus. Elmar Lehnen und Dr. Rütten kamen natürlich am Ende von der Orgelbühne herunter und wurden mit Komplimenten und noch offenen Fragen überschüttet. Dass die meisten Szenen aus Kevelaer nicht direkt in Kevelaer gedreht, sondern im Filmstudio aufwendig nachgebaut wurden, fanden manche Besucher schade.

Zu interessant wären wirklich historische Aufnahmen aus der Wallfahrtsstadt selbst gewesen. „Vielleicht war Heine dem Priesterhaus einfach zu kritisch und unkatholisch und das Filmteam bekam nicht die erforderliche Dreherlaubnis“, wurde sinniert. „Heine lebte zur Zeit der Aufklärung und machte sich oft auch über Äußerlichkeiten des Glaubens lustig“, sagte Dr. Rütten. „Elmar und ich aber wollten eine Innenansicht des Glaubens zeigen, die spirituell ist und hoffentlich jedem Teilnehmer etwas mit auf den Weg geben kann.“

Peter Essen, von dem der ursprüngliche Hinweis auf diesen Stummfilm kam, zeigte sich nach der Vorführung begeistert: „Es war eine wirklich imposante Darbietung dieses Stummfilms in der Basilika. Die Orgelbegleitung empfand ich als geradezu genial. Besonders gefreut habe ich mich über die große Resonanz.“

Alle großen Themen gekonnt ins Wort gebracht

Ähnlicher Meinung war auch Ernst Koppers: „Es ist toll, dass dem Hinweis auf diesen Film sofort nachgegangen wurde und der Film zu uns nach Kevelaer gelangte und inmitten der stimmungsvoll ausgeleuchteten Basilika sehr gut zur Geltung kam. Elmar Lehnen brillierte mit bewundernswertem non-stop-Orgelspiel vom Anfang bis zum Ende und Dr. Rütten konnte alle großen Themen des Lebens gekonnt ins Wort bringen. Es war wirklich ein beeindruckendes Gesamtkunstwerk.“

Mehr Gift, weniger Ernte und zu wenig Bewusstsein

Extreme Hitze, wochenlange Trockenheit, heftige Stürme: Die Auswirkungen des Klimawandels werden in Deutschland immer mehr Menschen bewusst. In anderen Teilen der Erde ist der Klimawandel längst existenzbedrohend. Davon kann der gebürtig aus Kevelaer stammende Bruder Michael Schmitz berichten.

Er gehört der Ordensgemeinschaft der Salesianer Don Boscos an und lebt seit mehr als 25 Jahren im westafrikanischen Ghana.

Dort ist Bruder Michael, den die Einheimischen nur „Obolo“ (auf deutsch „starker, dicker Mann“) nennen, in der Kinder- und Jugendarbeit tätig. Zuvor hat er in einer ländlich geprägten Region ein technisches Ausbildungszentrum mit aufgebaut. Zwischenzeitlich habe er außerdem „in der Landwirtschaft und im Haus mitgearbeitet. Daher habe ich in der letzten Zeit einige der Probleme gut mitbekommen.“

Eines der Hauptprobleme sei, dass sich die Regen- und Trockenzeiten, die sich in dem von tropischem Klima geprägten Land eigentlich verlässlich abwechseln, verändert haben. „In den 90-er Jahren war es noch so, dass sich der Regen im Februar und März gut entwickelte, nun kommt es vor, dass der erste Regen Ende März fällt, aber nicht regelmäßig“, berichtet Bruder Michael, „nach einigen Wochen kommt dann wieder etwas Regen, doch nicht genug für Saatgut und Gemüsepflanzen.“ Deshalb sei es 2019 zu erheblichen Ernteausfällen gekommen.

Für die Menschen vor Ort habe das konkrete Auswirkungen. „Mais ist eines der Hauptnahrungsmittel“, sagt Bruder Michael, „durch die Ausfälle in der Trockenzeit steigen die Preise auf das Doppelte.“ Doch es komme noch mehr auf die Landwirte zu, befürchtet er: „Mit der Trockenzeit kommt seit drei Jahren mit dem Morgentau Ungeziefer in den Mais und frisst die jungen Blätter.

Auch die Novizen der Salesianer Don Boscos arbeiten sich in die Landwirtschaft ein.

Deshalb muss mit Insektiziden gespritzt werden, damit nicht alles verloren ist. Dasselbe gilt für Obstbäume wie Mango oder Schokonussbäume, die vor der Blüte gespritzt werden müssen.“ Das koste Geld, außerdem sei noch nie untersucht worden, ob die Chemie Rückstände an den Früchten hinterlasse.

Vom Staat gebe es nur unregelmäßig Unterstützung. „In größeren Städten gibt es ein Büro der Landwirtschaft, das die Regierung finanziert. Wenn jemand von den Hilfe benötigt, kommen auch schon mal einige der Fachleute vorbei. Auch helfen sie mit Giftspritzen und Pflanzenschutzmitteln aus. Doch die regelmäßige Beratung ist nicht gegeben.“

Leider sei der Klimawandel den Menschen in Ghana kaum bewusst, bedauert Bruder Michael. Generell sei ein Umweltbewusstsein kaum ausgeprägt. „Jeder in Ghana weiß, dass in den 90-er Jahren die letzten Urwaldbäume gefällt und nach Europa verschifft wurden.

Heute werden Thickbäume angebaut, die schon nach 20 bis 25 Jahren gefällt werden können. Viele Bäume werden von Indern gekauft und gehen auch nach Indien“, erzählt der Ordensmann. Außerdem würden alte Autos, unter anderem aus Deutschland importiert, aufgefahren, ohne Rücksicht auf Sicherheit und Abgaswerte.

Auch das beliebte Baden im Atlantischen Ozean, an den Ghana im Süden grenzt, sei nicht mehr uneingeschränkt empfehlenswert. „Es ist eine schöne Gelegenheit, sich abzukühlen“, sagt Bruder Michael, „doch wenn man aus dem Wasser kommt, hängen überall am Körper Plastiktüten in allen Farben. Denn für alles, was man auf dem Markt oder woanders kaufen kann, gibt es Plastiktüten, passend für alle Waren in acht verschiedenen Größen.“

Auf dem afrikanischen Kontinent seien es derzeit vor allem die Länder Burundi und Ruanda, in denen sich Umweltbewusstsein auspräge und die hoffentlich andere positiv beeinflussen könnten.

Deutschland auf einem guten Weg

Erstaunt haben den Missionar bei seinem Heimaturlaub in Kevelaer die Erfahrungen, die er in Deutschland machen musste: der heiße und trockene Sommer, der ihm in Vergleich zu Ghana keine Abkühlung bot, verbogene Bahnschienen, aufgelöste Straßenbeläge. Umso wichtiger findet er Initiativen wie Fridays for future oder Klima-NotstandsErklärungen in einigen Städten.

Damit sei Deutschland auf einem guten Weg. Nicht verstehen kann Bruder Michael allerdings so manches Verhalten im privaten Umfeld wie etwas ausgiebiges Rasensprengen bei Trockenheit.

Für die Zukunft wünscht er sich von allen Menschen einen weiteren Blick: „Wir müssen uns die Hände geben und den Menschen in den ärmeren Ländern unter die Arme greifen. Nur gemeinsam können wir diese globale Welt der Natur retten und den nächsten Generationen ein gutes Leben weitergeben und vorleben.“

Das Pilgerportal ist geschlossen

Mit einem Gottesdienst in der vollbesetzten Basilika und dem Schließen der Pilgerpforte wurde die Wallfahrtssaison für das Jahr 2019 offiziell beendet.

Die Feier begann mit dem Einmarsch der Priester von St. Marien, der Mitglieder der Consolatrix Afflictorum, den Honorationen der Stadt sowie Wallfahrtsrektor Gregor Kauling und Bischof der Diözese Roermond, Harrie Smeets. „Es freut mich, dass soviele Pilger heute gekommen sind, um das Hochfest zu feiern“, begrüßte Kauling ausdrücklich die Gäste aus den niederländischen Kevelaer-Bruderschaften von Twente, Haaksbergen und Oldenzaal.

Bischof Smeets (2.v.l.) kam zur Schließung des Pilgerportals nach Kevelaer.

Der Basilikachor und das Orchester unter der Leitung von Romano Giefer boten mit der „Krönungsmesse“ von Wolfgang Amadeus Mozart eine klangvolle Demonstration ihres Könnens.

In seiner Predigt beschrieb Bischof Harrie Smeets am Beispiel von zeitgeschichtlichen Personen wie Edith Stein oder Josef Stalin, wie nah schon in einer Generation „Heilige“ und „Ungeheuer“ beieinander liegen.

Davon ausgehend leitete er über zu dem Guten und Bösen, das jeder Mensch denkt, fühlt und tut. Ein US-Athlet habe mal gebetet: “Guter Gott, Dein Wille geschehe.“ Nichts anderes sei wichtig: „Sein Wille in meinem Leben. Darin liegt der Weg der Heiligkeit.“

Dem niederländischen Bischof fiel die Aufgabe zu, nach der Segnung und dem gemeinsamen Gebet mit dem im Regen stehenden Pilgern und Kevelaerern die Pforte der Basilika zu schließen. Die kommende Wallfahrtssaison wird erst wieder am 1. Mai 2020 beginnen. Dazu wird der Bischof von Limburg nach Kevelaer kommen.

Von der Basilika zog die gesamte Kirchengemeinde in Richtung der Trösterin der Betrübten, wo Smeets und Kauling nochmal Gebete sprachen. Im Anschluss zog der gesamte Zug, begleitet von den Klängen des Musikvereins Kevelaer, in das Forum Pax Christi ging Dort zog Gregor Kauling in einer kurzen Rede eine Bilanz des abgelaufenen Pilgerjahres. Diesmal seien zwei Kardinäle und 42 Bischöfe aus 13 Nationen nach Kevelaer gekommen, bilanzierte der Wallfahrtsrektor.

Ausdrücklich dankte er Bürgermeister Dominik Pichler, „wie Sie sich für diese Stadt einbringen. Das zeugt von Leidenschaft und Herzblut.“ Zudem habe der theologische Referent der Wallfahrt, Dr. Bastian Rütten, davon gesprochen, dass „wir ein Experimentierfeld sind, miteinander Neues zu wagen. Das haben wir nicht sensationell, doch an kleinen Punkten getan“, hob Kauling die „Gespräche am Weg“ oder die Lichterfeier mit ansprechenden Texten als Beispiele hervor.

Als sein persönliches Highlight benannte Kauling, „dass ich im strömenden Regen bei der Motorrad-Wallfahrt einem jungen Menschen die Firmung schenken konnte.“ Zugleiuch gab er ein leidenschaftliches Plädoyer für den Erhalt der Motorradwallfahrt ab. „Es braucht einfach Logistik, Ordnungsdienste, Menschen mit Leidenschaft. Ich hoffe, dass wir das hinbekommen.“

Nach der Schließung gönnten sich Wallfahrtsrektor Kauling und Bischof Smeets ein Schnäpschen.

Hinsichtlich der Einsegnung des Gradierwerks sprach er von „Heilung empfangen für den Leib und am Kapellenplatz für die Seele. Was kann es Schöneres geben, für eine Stadt, die eine Wallfahrtsstadt ist auf dem Weg zu Gott.“

Mit Blick auf das Attentat von Halle, sei der Abend in der Basilika für ihn „ermutigend“ gewesen, „dass so viele Menschen zusammengekommen sind, einfach nur betend Ausdruck zu geben, dass wir uns damit nicht abfinden.“

Gerade Kevelaer habe „eine Lichtfunktion“ ,sagte Kauling. „Maria kennt ein anderes Programm: das Programm des Friedens und der Liebe zu leben. Das lassen wir uns auch nicht zerstören.“ Das heiße aber auch, „dass wir den Mut haben, aufzustehen. Denn es ist, wir können es wirklich sagen, genug!“

Ich bin da, wo Du bist

Kauling offenbarte auch den Leitgedanken für das kommende Wallfahrtsjahr: „Ich bin da, wo Du bist.“ Das sei der Übersetzungsversuch des Gottesnamens. „Wir wissen, dass im jüdischen Sinne der Name unaussprechbar ist. Aber wenn ein jüdischer Religionsphilosoph wie Buber das so aussprechen kann, dann schenkt das vielleicht Trost und passt in unsere Zeit.“

Zum Abschluss erteilte der niederländische Bischof den päpstlichen Segen.

Im Forum Pax Christi zog Gregor Kauling eine Bilanz des abgelaufenen Pilgerjahres.

Ein mobiler Adventskalender hält Einzug

Das 21. Jahrhundert macht auch vor der St. Antonius-Kirchengemeinde nicht Halt. Dementsprechend will die Gemeinde jetzt, was die herannahende Adventszeit betrifft, neue Wege beschreiten.

Mit einer sogenannten „Wartezeit-App“ sollen Gläubige und Nichtgläubige die Chance erhalten, einen mobilen Adventskalender für sich zu nutzen. „Das hat es in anderen Gemeinden auch schon gegeben“, wollen Anne Teller-Weyers und die anderen Mitglieder des Pfarreirates da kein neues Rad erfinden.

Eigens für das Projekt „Wartezeit“ wurde ein Prepaid-Handy angeschafft, über das der Versand der Nachrichten mit Berücksichtigung aller datenschutzrechtlichen Bestimmungen erfolgt. Wer WhatsApp auf seinem Smartphone installiert hat, kann ab dem 1. November eine Whats­App-Nachricht mit dem Wort „Advent“ an die Mobilfunknummer: 0162/7055300 senden. Die Nummern der Interessenten werden dann anonym in einer Broadcast-Gruppe gesammelt .

Keine Nummer anderer Nutzer zu erkennen

Jeder Teilnehmer erhält eine kurze Nachricht, dass die Anmeldung erfolgreich war. Durch die Anwendung des Broadcast-Verteilers ist es möglich, dass Nutzer keine Mobilfunknummern anderer Nutzer sehen können und auch keine Nachrichten an andere Nutzer schicken können. Vom 1. bis zum 24. Dezember werden dann alle, die sich in dem System mit angemeldet haben, einen adventlichen Impuls in Form eines Textes, einer Frage oder einer Bibelstelle erhalten. „Das Ganze wird relativ weltoffen gestaltet und nicht nur heilig“, versichert Teller-Weyers.

Deshalb werden dort auch solche Fragen gestellt wie „Was würdest Du tun, wenn Du einen ganzen Tag nur für Dich alleine hättest ?“ und anderen Gedanken. „Das Angebot richtet sich an alle, die an sowas Spaß haben, nicht nur an die Mitglieder von St. Antonius“, sagt Teller-Weyers.

Ergänzt werden diese Anregungen durch Bilder unter anderem von der St. Antonius-Pfarrei oder auch „durch herbstliche oder adventliche Motive aus dem Kreisgebiet, die wir selbst geschossen haben.“ Der Service ist kostenfrei und natürlich jederzeit kündbar. Wer sich abmelden will, der muss einfach nur einen Nachricht mit dem Wort „Stop“ schreiben und wird dann aus dem Verteiler entfernt.“

Die Aktion sei der aktive Versuch, die Kirche nach außen hin zu öffnen, sagt Teller-Weyers. „Und sie kann sicher dazu beitragen, in dieser Zeit einmal einen Moment der Ruhe zu finden und für sich Besinnung zu genießen.“ Nach Ablauf des Adventskalenders werden alle Mobilfunknummern unaufgefordert gelöscht.