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Vor 40 Jahren schrieb Martin Willing seinen ersten Artikel fürs Kevelaerer Blatt

Vor genau 40 Jahren bekam das Wohnzimmer von Zeitungsverlegerin Maria Köster an der Hauptstraße 55 bis 57 in Kevelaer eine neue Bestimmung. Wo die alte Dame bis dahin Kaffee getrunken hatte, klapperten nicht mehr Tassen, sondern ratterten die Tasten mechanischer Schreibmaschinen. Sie führten mit dem alten Heidelberger Zylinder und dem Tiegel im hinteren Gebäudeteil fast täglich eine viele Stunden währende Drucker-Symphonie auf.

Der damals 102 Jahre alte Betrieb, davon 100 Jahre im Familienbesitz der Kösters, hatte den Eigentümer gewechselt. Und wir – Martin Willing und ich – schickten uns an, das Hauptprodukt dieses Betriebs, das Kävels Bläche, in eine neue journalistische Zeit zu führen.

An unserer Seite waren unter anderem die freien Mitarbeiter Wilhelm Suckow, Jean Eich und Heinz Knops sowie Roland Wynhoff in der Druckerei, der die alten Maschinen mit ihrem meditativen Sound im Schlaf bediente. Er wusste all ihre Mucken und Macken zu heilen. Ich liebte die Geräuschkulisse. So kündete der Heidelberger Zylinder jedes frisch gedruckte Blatt mit einem satten Atem an: Buff, pfff, buff, pfff…

Martin Willing mit KB.

Maria Köster freute sich, dass alles weiterging. Ihr Sohn Dr. Hans-Peter Köster hatte sie überzeugt, dass das Blatt ohne Neuausrichtung keine Chance haben würde. Mitte der 1970er-Jahre hatten die ersten kostenlos verteilten Anzeigenblätter den Markt aufgemischt. Das KB, die älteste Zeitung weit und breit, war weder personell noch konzeptionell vorbereitet und bangte um seine Existenz.

Einen Kaufinteressenten kannte Hans-Peter Köster bereits, den Kommunalpolitiker Jörg Grahl aus Geldern. Sie wurden vertragseinig. Am 25. Februar 1981 gründeten Grahl, Werner Wins und Martin Willing zu gleichen Anteilen eine GmbH, die fortan das Kevelaerer Blatt herausgab. Wichtigster Aktivposten war der Zeitungstitel mit dem Abonnentenstamm. Grahl und Willing waren die geschäftsführenden Gesellschafter, Grahl zuständig für den kaufmännischen und Willing für den journalistischen Bereich.

Maria Köster überließ den Neuen das Erdgeschoss an der Hauptstraße in Kevelaer, quartierte sich im Obergeschoss ein und steckte immer wieder ihre Nase durch jene Tür, die jetzt zur Redaktion gehörte. Jeden Abend versicherte sie sich, dass der Laden abgeschlossen war, und sagte süß lächelnd denselben Satz: „Ich will ja nicht, dass ich, alte Frau, noch geklaut werde.“

Personendiebstahl wurde nie zu einer Gefahr. Die Probleme lagen woanders. Der Maschinenpark war herrlich und herrlich museumsreif. Die Arbeit ging viel zu langsam vonstatten. Die Manuskripte der Redaktion mussten auf der Bleisetzmaschine ein weiteres Mal „getippt“ und auf Zeilenmaß getrieben werden. Die Überschriften reihte der Setzer von Hand Buchstabe für Buchstabe spiegelbildlich und über Kopf aus dem Setzkasten auf einen Winkelhaken und passte sie wie den Maschinensatz in einen Seitenrahmen ein. Ein Puzzle für Meditationskünstler – Roland Wynhoff war einer! Er blieb uns lange treu und kümmerte sich um den Druck von Plakaten, Geschäftspapieren und Kleinakzidenzen.

In Blei gegossen werden musste auch der allererste Text, den Martin vor genau 40 Jahren für das Kävels Bläche schrieb. Da hatten er und ich unseren Premieren-Termin für das KB gerade erlebt. Dabei war die Verlagsgründung noch nicht vollzogen. Sie stand wenige Tage später an. Doch einer hatte nicht warten wollen. Artur Elders-Boll, Rendant der St.-Urbanus-Gemeinde Winnekendonk und immer mit einem Ohr am Puls der Zeit, hatte läuten gehört, dass wir das Köster-Blatt zu einer Profi-Zeitung entwickeln wollten. Prompt lud er uns zur Einweihung des neuen Pfarrheims ein.

Wir machten dieses große Fest für die Ortschaft Winnekendonk zu unserer allerersten Titel-Geschichte. Sie erschien am Samstag, 21. Februar 1981, unter der Überschrift „Im Glauben begegnen“. Das Aufmacher-Foto hat historischen Wert. Diözesanbischof Dr. Reinhard Lettmann steht mit einladender Geste vor den Gästen.

Maria Köster 1981

In der ersten Reihe sitzen, wie damals und mitunter heute selbstverständlich, ausschließlich Männer – Ortsvorsteher Hansgerd Kronenberg, Kämmerer Heinz Paal, Stadtdirektor Dr. Karl-Heinz Röser, stellvertretender Bürgermeister Theo Bogers, Pastor Jacob Kalscheur und Landrat Hans Pickers.

Unterhalb der Überschrift steht: „Von unserem Redakteur Martin Willing“. Er war zurück. Wenige Monate zuvor, am 17. November 1980, war Martin, hoch angesehener Lokalchef der Rheinischen Post in Geldern, nach einem bundesweiten Journalistenstreik der Gewerkschaften fristlos von der Verlagsleitung entlassen worden. Ich hatte, als damals jüngste Redakteurin der RP, wenige Tage später aus Protest gekündigt. Der Deutsche Journalistenverband wetterte gegen die Missachtung der Inneren Pressearbeit; Leserinnen, Leser und Mitglieder aller Parteien liefen einmütig in einer Demonstration mit Transparenten und Plakaten mitten durch Geldern Sturm gegen die Entlassung von Martin; Fernseh- und Radiosender berichteten.

„Lügenpresse“ war ein noch unbekanntes Wort. Das, was Martin unter seinem Kürzel Mr. W. bis dahin veröffentlicht hatte, war vor allem glaubwürdig gewesen und hatte für Qualitätsjournalismus gestanden. Doch das spielte keine Rolle mehr. Die Verlagsleitung nahm die Turbulenzen in ihrer Leserschaft in Kauf. Martin und ich waren draußen. Wir bewarben uns bei anderen Zeitungen – vergebens. Ein befreundeter Redaktionsleiter vertraute uns an, es kursiere unter Verlagen ein „schwarzer Brief“, der vor den „Revoluzzern“ aus Geldern warnte. Der Mann sagte: „Ihr habt keine Chance!“

Wir hielten uns mit kleinen Jobs über Wasser; ich kellnerte; die Verzweiflung wuchs. Doch plötzlich waren Menschen an unserer Seite. Oberkreisdirektor Dr. Hans-Wilhelm Schneider bot Martin eine Stelle als Kreis-Pressesprecher an. SPD-Urgestein Helmut Esters besorgte mir ein Studien-Stipendium. Wir waren zutiefst dankbar für Solidarität und Perspektiven.
Doch dann bekam Martin ein anderes Angebot, das er nicht ausschlagen konnte. Es deckte sich mit Martins eigenen Plänen.

Natürlich kannte er aus seiner RP-Zeit das KB, das den wenig klangvollen Namen „Aus Kevelaer und Umgebung“ trug. Martins Idee: Er wollte seine eigene Redaktion gründen und das KB übernehmen. Am Silvestertag 1980 wappnete er sich mit Entschlossenheit, lud sich bei Maria Köster ein, unterbreitete seine auch finanziell tragfähigen Pläne – und musste am Ende ohne Ergebnis abziehen. Kein Interesse! Später erfuhr er, dass Maria Köster sein Angebot nicht ernst genommen hatte.

Mehr Glück widerfuhr Jörg Grahl. Er verhandelte unabhängig von Martin mit Köster-Sohn Hans-Peter, der das KB den Bach hinuntergehen sah und seine betagte Mutter entlastet und versorgt wissen wollte. Grahls Beweggrund für den Kaufwunsch: Er war auf der Suche nach journalistischen Alternativen zur einzigen Tageszeitung im Südkreis. Einen Wunschkandidaten für die Redaktion hatte er auch, den geschassten RP-Lokalchef. Die beiden kannten sich aus dem kommunalpolitischen Geschehen und mehr noch vom Segelsport, der beide begeisterte.

Anfang Februar 1981 rief Grahl den Journalisten an und fragte, ob er in den KB-Verlag einsteigen wolle. Und wie er wollte! Martin sagte Hans-Wilhelm Schneider ab und warf sich ins Zeug. Draußen gewesen war er also nur für kurze Zeit. Ich schmiss mein Germanistik- und Philosophiestudium, das ich kaum begonnen hatte, und stieß zur KB-Redaktion. So tauchten wir für 27 Jahre tief ins Kevelaerer Geschehen ein. Nach einigen Jahren hatten wir gemeinsam mit unserem starken Team die Auflage vervierfacht und eine Haushaltsabdeckung von fast 50 Prozent erreicht. Traumzahlen für ein Verkaufsblatt!

Schon ab der ersten Märzausgabe 1981 wechselten wir von den Maschinen, die fast noch druckten wie zu Gutenbergs Zeiten, in einen Fremdbetrieb in Emmerich. Er haute in „Lichtgeschwindigkeit“ per Offsetdruck die KB-Auflage heraus und gehörte keinesfalls zufällig KB-Mitgesellschafter Werner Wins.

Uns blieb für den Quantensprung vom Mittelalter in die Moderne und von Adler-Schreibmaschinen zu unseren ersten Computern eine Einarbeitungszeit von drei Tagen. Natürlich bezahlten wir bei der Premiere Lehrgeld: Als ich bis tief in die Nacht einen aufwendigen Text geschrieben hatte und der Bildschirm nach kurzer Pause plötzlich schwarz war, vermuteten wir einen Defekt in der Stromzufuhr. Wir zogen den Stecker und drückten ihn wieder hinein.

So lernten wir schmerzlich kennen, dass Computer mit Bildschirmschonern ausgestattet sind. Sie schalten irgendwann auf Standby und lassen nur dann komplette Arbeiten im Nirwana verschwinden, wenn man den Rechnern den Saft abdreht…

Die monstergroßen Apparate waren vor allem wegen der herunterkühlenden Gebläse derart laut, dass wir die Redaktion zweiteilen mussten. Wer Dienst am Computer schob, verzog sich in den Getöse-Raum, ein gläserner Kasten, der schon damals alle Anforderungen für Distanz-Arbeiten in Corona-Zeiten erfüllte.

Riesencomputer im KB-Getöse-Raum, 1981 bedient von Delia Evers.

Die Festplatte bot 64 MB Speicherkapazität. Sie würde heute nicht einmal für zehn hochauflösende Fotos reichen. Später lernten wir das System, das noch ganz ohne 1:1-Bildschirmdarstellung auskam, immer besser kennen. Martin gelang über einen mathematischen Trick zur Überraschung der Weltfirma Compugraphic der nicht für möglich gehaltene Ganzseitenumbruch, lange bevor er Standard wurde.

Die Redaktion entwickelte sich prächtig, das Geschäftliche nicht. Die Ausgaben waren viel zu hoch. Martin bot Grahl und Wins Ende 1981 an, ihnen die Anteile auszuzahlen. Sie nahmen dankbar an und schieden aus. Die aufgelaufenen Schulden hatte Martin allein am Hals. Dafür war er frei. Das KB wechselte zur Druckerei Keuck in Straelen. Wir investierten in Belichter und Repro-Kamera, um Fremdkosten zu sparen, und luden uns damit weitere Arbeit auf. Ich stieg als Gesellschafterin ein und übernahm wenige Jahre später Redaktionsleitung und Geschäftsführung – bis zum Verkauf des KB 2008.

Dazwischen lagen 27 Jahre mit einem Kraftaufwand, der oft die Latte zur Selbstausbeutung riss. Manchmal produzierten wir rote und manchmal schwarze Zahlen. Unsere kleine Zeitung, dieser Anachronismus im deutschen Blätterwald, war immer eine Grenzgängerin, die sich knapp über Wasser hielt – auch dank der Sparkasse, die flexibel auf unseren Weg vertraute und nicht enttäuscht wurde.

Unsere redaktionelle Arbeit bescherte uns viel routiniertes Tun und immer wieder investigativen Journalismus, der Missstände auftat und uns juristische Auseinandersetzungen eintrug. Manchmal war allein der Streitwert so hoch, dass er im Fall einer Niederlage alles gesprengt hätte, was uns an Mitteln zur Verfügung stand. Keine einzige Auseinandersetzung haben wir verloren, auch dank des Deutschen Journalistenverbands, der das aufmüpfige Blatt aus Kevelaer regelrecht „lieb hatte“ und uns seine Presserechts-Profis an die Seite stellte.

Die nützten freilich nichts, als die Stadt Kevelaer drohte, uns den größten Anzeigenauftrag streitig zu machen, den der uralte Kulturträger namens Kävels Bläche so dringend brauchte: die Amtlichen Bekanntmachungen. Die unverhohlene Forderung von Verwaltung und Teilen der Politik: Wir sollten wohlgefälliger schreiben, sonst wären wir den Auftrag los.

Wir zögerten nicht. Wir parierten die Drohung – und kündigten der Stadt das Recht, die Amtlichen im KB zu veröffentlichen. So bewahrten wir unsere Unabhängigkeit. Das Wasser stand uns nun erst Recht bis zum Hals. Wir paddelten weiter, die Köpfe obenauf.
Was mich über die Jahre immer wieder verblüffte: dass Kevelaer weder im Weltlichen noch im Kirchlichen die saubere Stadt war, die viele in ihr sahen oder sehen mochten. Hier spiegelte sich im Kleinen wider, was uns an Skandalen aus der weiten Welt bekannt war.

Und doch blieb Kevelaer für Martin und mich auch der immer tief berührende Gnadenort, der mitten im Gewöhnlichen Menschen inspirierte. Kevelaer blieb die Stadt kultureller Buntheit mit Künstlern und Kunsthandwerkern, die Stadt geschäftlicher und gesellschaftlicher Vielfalt – und die Stadt des politischen Muts und der Zivilcourage. Menschen waren es, die uns reich machten.

Martin sagte einmal: „Wenn ich gewusst hätte, dass das KB über 27 Jahre mein Leben bestimmen würde, ohne Zeit zum Malen, ohne Zeit zum Musizieren, ohne Zeit zum Schreiben von Romanen, dann hätte ich es… trotzdem gemacht.“

Seltener Zufallsfund

Es fehlt an der Ecke zwar ein kleines Stück Papier, so dass eine der Jahresziffern fehlt, aber das Datum ist trotzdem zu erkennen: „Nr. 50, Samstag, den 12. Dezember 1970“ steht da auf der Seite der alten, von der Heizungswärme leicht „angebräunten“ Ausgabe des Kevelaerer Blattes.

Auf den vier Seiten des Fundes finden sich so wunderbare Anzeigen wie „Auto-Verbandskasten wird Gesetz“ mit einer Politesse und dem Slogan „Das Geschenk für jeden Autofahrer“, oder „Nach altem Brauch wurden am Sonntag, den 13. Dezember 1970 Zuckerplätze ausgedobbelt“, vom „Lux Theater Kevelaer“ mit Filmen wie „Die Hochzeitsreise“ (als Jugendvorstellung), Gespensterparty (ab 12) und „Hörig bis zur letzten Sünde“ (ab 18).

Und es findet sich ein Aufruf des damaligen Vorsitzenden des „Verkehrsverein Kevelaer und Umgebung e.v.“, Edmund Bercker „an die gesamte Bürgerschaft der Stadt Kevelaer“. Das Thema? „Wie Ihnen sicherlich bekannt ist, wird z.Z. in unserer Stadt über eine Verlegung der Kirmesfeier 1971 diskutiert“, stellt Bercker dort drei    Vorschläge der Bürgerschaft zur Wahl.

Verlegung der Kirmesfeier

Einmal ist es die „alte Regelung wie bis 1969“, „Samstagnachmittag Eröffnung der Kirmes“ mit Festkettenübergabe und -rückgabe am Dienstag – oder eben die Eröffnung der Kirmes am Donnerstag mit „Wecken und Eröffnung der Kirmes mit Übergabe der Festkette.“
Basis dafür sei eine „Befragung in der Mitgliederversammlung des Verkehrsvereins am 22.10.1070“, wo „60% der Anwesenden der Meinung“ waren, „daß sowohl aus wirtschaftlichen als auch aus familiären Gründen die Kirmes in Kevelaer bereits am Donnerstag (Christi Himmelfahrt) eröffnet werden müsste.“

Finder des besonderen Bläche-Exemplars ist Dirk Glasmacher, der die vier Seiten in seinem vor kurzem geschlossenen Lokal „Im Campus“ auf der Amsterdamer Straße entdeckt hat. Die Begebenheit liegt bereits gut einen Monat zurück, als er noch dabei war, den Betrieb zu renovieren, erzählt der 54-jährige Gastronom. „Wir haben nach Feierabend noch ein bisschen Dart gespielt, und da war nach einem Wurf auf einmal einer der Pfeile verschwunden.“

Bestimmt eine Stunde habe man dann nach dem Pfeil gesucht. Die Spieler vermuteten, dass der Pfeil hinter den kleinen Eckheizkörper geflogen ist. „Dann haben wir den aufgemacht, die Bretter weggenommen.“

Sein erster Gedanke war: „Hier hat länger keiner mehr sauber gemacht.“ Und dann hielt er plötzlich das angefeuchtete Stück Geschichte in Händen. „Da war ich natürlich überrascht.“ Der Pfeil der fand sich dann auch wieder. „Der steckte in der Jacke, die über dem Stuhl hing, im Arm“, muss er bei dem Gedanken selbst lachen.

Eigentlich, so Glasmacher, habe er die Zeitungsseiten laminieren wollen. „Dann hätte ich das gute Stück bei mir in der Kneipe in einem Rahmen aufgehängt.“ Jetzt, da er seinen Laden nicht mehr weiterführe, habe er sich dazu entschlossen, es dem Kevelaerer Blatt zu überlassen. Dem Finder von Herzen Dank – mal sehen, ob wir dafür einen angemessenen Platz finden, mit Sicherheit aber in unserem Archiv…

Zur Arbeit eines Zauberlehrlings

Seit nunmehr knapp fünf Jahren sitze ich in der Redaktion des Kävels Bläche an der Johannesstraße 11. Neben den eigenen Feststellungen „draußen“ erlebe ich auch hier Woche für Woche, was in Kevelaer so abgeht, bekomme teils neue Eindrücke, neue Ansichten über das Leben Kevelaers und seiner Ortschaften.

Ich sehe den weiblichen und männlichen „Kollegen“ über die Schulter, sehe und höre, was sie bewegt und sie antreibt, bekomme einen Hauch von journalistischer Arbeit mit – das ist spannendes Neuland für einen pensionierten Lehrer. Und bei der Nennung meines ehemaligen Berufes erklären sich auch die Anführungszeichen bei dem Wort „Kollegen“.

Man behandelt mich kollegial, keine Frage, ist zuvorkommend, sehr hilfsbereit, weil man um meine Unbedarftheit in Sachen Herstellung einer Zeitungsseite weiß, und so bleibe ich auch nach oben erwähnter Zeitspanne noch der berühmte Zauberlehrling, wobei Lehrling die Sache ziemlich genau trifft.

Neue Wörter und Begriffe schwirren um mich herum: „Layout“, „Zeilenumbruch“, „bedingtes Trennungszeichen“ – ja, sogar „Zwiebelfisch“ und „Hurenkind“… Der Überschrift getreu muss ich jetzt diese Wörter nicht erklären, oder? Vielmehr möchte ich doch darstellen, was ich „da oben im ersten Stock“ eigentlich tue. Nach der Darstellung meiner laienhaften Hilflosigkeit stellt sich wohl manchem die Frage: Was macht der denn Positives oder Produktives, wenn er von nix ‘ne Ahnung hat?

Nun – da bin ich wieder bei meinem ehemaligen Beruf. Deutsch war eines meiner Fächer und von daher bin ich so berufen wie nur was (und auch beauftragt), bei den hereinkommenden Texten meiner schreibenden Kollegen etwas genauer hinzusehen. Lektorat nennt man diese Beschäftigung – der Herr Lehrer ist jetzt Lektor.

Ehrfürchtig sehe ich nun, in welchem Tempo Texte geschrieben und verarbeitet werden müssen (Stichworte: Recherche und Layout), sehe dann auch, warum so mancher Drehfehler in den Wörtern auftaucht, sehe auch, wie „Kollege Computer“ auf brutalste Weise die Wörter trennt, wenn eine Zeile voll ist.

Beispiel: Nehmen wir den Namen „Schmitz“. Er passt nicht ganz auf die alte Zeile, also trennt das Schreibprogramm und schreibt „Schm“ in die alte und „itz“ in die neue Zeile. Und das geschieht häufig bei einsilbigen Wörtern, also kein Vorwurf an die Orthografie-Qualitäten meiner KollegInnen.

Das Problem mit den Kommata

Das Thema Orthografie möchte ich aufgreifen, denn man begibt sich dabei zuweilen in gefährliches Gebiet. Für mich als der „allwissende“ Lektor bleiben jedoch die amüsanten Aspekte übrig. Dazu zwei Beispiele: Es geht darin um das berühmt-berüchtigte Komma. Seit der Rechtschreibreform des Jahres 2005 eigentlich ein entschärftes Thema – sollte man glauben, weil man doch viele anscheinend überflüssige Kommata abgeschafft oder nur optional belassen hat.

Also Beispiel 1, das allgemein bekannt ist: „Komm wir essen Opa!“ Wem fällt bei so einem (fehlerhaft) geschriebenen Satz nicht gleich das Wort Kannibalismus ein? Lassen wir den armen Opa am Leben und fordern ihn zur Nahrungsaufnahme auf: „Komm, wir essen, Opa!“ Guten Appetit, alter Mann, aber bitte nicht die Kommata anknabbern.

Die Hoffnung aufs Überleben

Nun zum Beispiel 2, das mit einer kleinen Geschichte verbunden ist: Es war vor vielen Jahren in Deutschland – wie leider auch heute noch in vielen Ländern – gängige Praxis, dass Räuber, Diebe und Mörder kurzerhand von einem Richter zum Tode verurteilt und recht schnell danach exekutiert wurden. Da hat es aber mal einen Fall gegeben, wo für den Delinquenten doch noch ein Fünkchen Hoffnung bestand, wo er sich an den berühmten Strohhalm klammern konnte, dass die kommenden Tage doch nicht seine letzten sein würden.

Was war geschehen? Sein Diebstahlsprozess war für ihn höchst ungünstig verlaufen, nur das Urteil stand noch aus. Der vielbeschäftigte Richter musste jedoch dringend zu einem anderen Gerichtstermin und das bedeutete zwei volle Tagesreisen in eine andere Stadt und danach zwei weitere wieder zurück. Das war aber den Gefängniswärtern unseres Delinquenten zu lange, bedeutete es doch für sie, dass sie ihn „am Fressen“ halten mussten.

So ließen sie die Schöffen einen kurzen Brief an den Richter verfassen und per Eilboten abschicken und fragten an, was denn nun mit dem Mann zu geschehen habe. Und nun kommt durch ein fehlendes Komma der besagte Strohhalm wieder zur Geltung: Der Richter schrieb kurz und bündig zurück: „Hängt ihn nicht warten!“

Wir als Orthografie-gebildete Menschen eines fortschrittlichen Jahrhunderts erkennen sofort, dass weder die Schöffen noch die Wärter etwas mit dieser Antwort anfangen konnten. Die einen stellten sich das nicht vorhandene Komma so vor: „Hängt ihn, nicht warten!“ und der Delinquent wäre „geliefert“ gewesen.

Demgegenüber standen aber die werten Kollegen, die „lasen“ so: „Hängt ihn nicht, warten!“ Hoffen wir also, dass zur Klärung der Herr Richter bald zurückkehrte und unser Dieb seinen Fehler nicht mit dem Tode bezahlt hat.

Wir merken uns: Auch nach der Rechtschreibreform geht es nicht ganz ohne Kommas ab. Und zum guten Schluss meiner besserwisserischen Lektor-Überlegungen noch eine Lanze für die vielgeschmähte und in vielen (außer)europäischen Ländern unverständliche Großschreibung, die es aber auch bei uns nicht ewig gegeben hat: Eines von vielen Beispielen zu diesem Thema soll die Wichtigkeit der Großschreibung verdeutlichen: „DER GEFANGENE FLOH“.

Ich überlasse Ihnen / ihnen (ja wem denn nun?), welche Möglichkeiten oder Missverständnisse sich hier ergeben. Und wenn Sie, (Frau Meier), oder sie (die Leute) jetzt erschöpft sagen: „Es reicht mir mit der Rechtschreibung“, dann frage ich zurück: Wie das? Jetzt verstehen Sie sie doch, oder?

Maria Wassenberg ist die wohl älteste Abonnentin des Kevelaerer Blattes

Das Kevelaerer Blatt hat gerade erst sein 140-jähriges Bestehen gefeiert. Nicht ohne Stolz. Ist es schließlich Deutschlands älteste Wochenzeitung. In diesen Feierlichkeiten erreichte uns jedoch eine Nachricht, die auch uns staunen ließ: Maria Wassenberg ist mit ihren 96 Jahren die wohl älteste Leserin des Kevelaerer Blattes.

Seit nahezu „70 Jahren“ bezieht sie die wöchentliche Ausgabe des Kevelaerer Blattes. „Und freue mich jede Woche darauf, es lesen zu können“, verkündet die mit Humor gesegnete Seniorin aus Kapellen.

Nun mag man sich fragen, wo denn das Interesse an allerlei Neuigkeiten aus der Nachbarstadt liegt. Dafür aber hat die Seniorin, die immer noch in ihrem Elternhaus in Kapellen wohnt, eine plausible Erklärung. „Mich interessieren einfach alle Neuigkeiten der Menschen aus Kevelaer und Umgebung“, erklärt die redselige Frau.

Mobiler Eierhandel

Denn schließlich seien ihr im Laufe ihres Lebens eine Menge Menschen begegnet. Auch das hat einen triftigen Grund. In jungen Jahren hatte Maria Wassenberg einen mobilen Eierhandel, brachte die wertvolle und zerbrechliche Fracht höchstpersönlich zu ihren Kunden. „Und ihr Kundenstamm reichte sehr weit“, weiß Petra Baaken, die die älteste Bewohnerin Kapellens liebevoll umsorgt, zu berichten.

Gemeinsam mit ihrem Mann Paul, der Ende des Zweiten Weltkrieges die Betriebsleitung auf dem Derpmanshof übernahm, bewirtschaftete sie den landwirtschaftlichen elterlichen Betrieb. Da ein eigener Kinderwunsch nicht erfüllt wurde, adoptierte das Paar zwei Kinder.

Während einer Jagdversammlung im nahegelegenen Waldschlösschen im Ortsteil Wetten und einem Grundstückskauf in der Marienstadt wurde das Interesse für die stadteigene Zeitung geweckt. Paul Wassenberg abonnierte kurzum das Kävels Bläche. Und so flatterte Ende der 1950er Jahre das erste Kevelaerer Blatt ins Haus des Ehepaares Wassenberg. Und das ist bis heute, 2020, so geblieben. „Ich lese das Kevelaerer Blatt von vorne bis hinten“, versichert Maria Wassenberg, die auch nach dem Tod ihres Mannes nicht auf die wöchentliche Lektüre verzichten wollte.

„Das Blättchen gehört für mich dazu, ich freue mich auf jede neue Ausgabe“, beteuert die 96-Jährige, die sich zusätzlich immer noch für das allgemeine Weltgeschehen interessiert.

KB und Johannes Oerding

Dazu gehört die Tageszeitung ebenso wie das Radio. Und wenn dann noch ihr Lieblingssänger Johannes Oerding über den Sender läuft, dann ist die Welt für Maria Wassenberg in Ordnung. „Das sind Texte, die zu Herzen gehen…“, sagt die lebensfrohe und überaus zufriedene Maria Wassenberg.

Pflanzen Sie mit uns einen Wald!

Das KB ist die älteste deutsche Wochenzeitung und damit etwas ganz Besonderes, das es zu erhalten gilt. Herausgeber Rudi Beerden hat aber noch mehr in seiner Heimatstadt vor:

„Wir haben in den vergangenen vier Jahren viel für das KB erreicht: ein neues Erscheinungsbild, mehr Inhalt (vier Seiten extra), bessere und interessante Berichterstattung, tägliche Berichte in der digitalen Version, mehr Bürgernähe und vieles mehr. Sie als Leser haben uns das gedankt, indem alte Leser zum Bläche zurückgekehrt sind und neue hinzukamen.

Leider haben wir wie alle Zeitungen mit einem dramatischen Einbruch der Anzeigenerlöse zu kämpfen, sodass die bisherigen Anstrengungen, das KB wirtschaftlich zu erhalten, zunichte gemacht wurden.

Zurzeit beschäftigen wir uns damit, alternative Einnahmequellen zu erschließen, damit das KB in Zukunft weiter wie gewohnt erscheinen kann. Leider benötigt das Zeit, bis diese funktionieren.

Bis dahin kann jeder helfen! Wir wollen bis zum 31. März 2020 mindestens 500 neue Abonnenten gewinnen!

Wir wissen, und das macht uns auch ein wenig stolz, dass das KB nach der Lektüre an Nachbarn, Freunde oder Kollegen weitergereicht wird. Es wäre doch toll, wenn diese KB-Leser, anstatt umsonst zu lesen, ein eigenes Abo abschließen würden und dadurch dazu beitragen, dass sie ihr KB auch in Zukunft noch lesen können.

Sprechen Sie Verwandte, Freunde, Bekannte, Nachbarn, Vereinsmitglieder oder Unternehmen an und motivieren Sie diese, das KB zu abonnieren. Das hilft uns, die Einnahmesituation zu verbessern und damit das KB für Sie zu erhalten.

Sie können das KB auch verschenken und damit Woche für Woche Freude bereiten. Einfach nur so oder zum Geburtstag, zum Jubiläum, als Weihnachtsgeschenk, zur Hochzeit. Gründe gibt es genug, unsere einmalige Heimatzeitung vor dem Aus zu bewahren.

1980/1981 waren es Delia Evers und Martin Willing, 2015/2016 durfte ich dies tun, jetzt können Sie es machen. Lassen Sie uns das KB gemeinsam erhalten. Denn eines ist sicher: Wenn unsere Heimatzeitung erst einmal weg ist, wird sie unwiederbringlich weg sein. Das wäre nicht nur schade, das wäre Verlust von Heimat, Verlust von gesellschaftlicher Berichterstattung und Verlust der letzten journalistischen Instanz in Kevelaer, die gerade in diesen Zeiten extrem wichtig ist.

Und ich verspreche Ihnen, dass ich bei jedem 50. neuen Abo einen Baum in Kevelaer pflanzen werde, der uns alle überdauern soll. Helfen Sie mit, dass es ein kleiner Wald wird.
Als zusätzlichen Anreiz verlosen wir unter allen, die einen Abonnenten werben oder die ein neues Abo abschließen, Reisegutscheine von Schatorjé-Reisen für ein Wochenende in Hamburg und eine Tagesreise nach Amsterdam.

Lassen Sie uns gemeinsam die Herausforderung annehmen!“

Und so wird‘s gemacht, wenn man ein neues KB-Abo abschließen möchte: Entweder zum Hörer greifen (Telefon: 02832/4089987), auf www.kevelaerer-blatt.de (Abo & E-Paper) klicken oder einfach eine E-Mail (Stichwort „Abo“) an redaktion@kevelaerer-blatt.de schicken. Bitte den Namen (bei Geschenke-Abo auch den Namen des Begünstigten), Telefonnummer und IBAN angeben.

Wir feiern 140 Jahre Kevelaerer Blatt!

Das war eine würdige Party für die alte Dame: 140 Jahre ist das Kävels Bläche in diesem Jahr geworden und am Mittwoch, 20. November 2019, lud Herausgeber Rudi Beerden zu einem Festakt in den „Goldenen Löwen“ ein. Zahlreiche Vertreter aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft sowie einige zufällig ausgewählte Leser feierten mit und lauschten den Reden des stellvertretenden Landtagspräsidenten und Sprechers des Ausschusses für Kultur und Medien Oliver Keymis sowie des Kevelaerer Bürgermeisters Dr. Dominik Pichler. Außerdem erlebten sie Kevelaers ersten Poetry Slam.

Als Moderator führte der Entertainer Karl Timmermann souverän durch den Abend. Er erklärte: „Ich habe mal etwas recherchiert und festgestellt: Das Kävels Bläche ist die älteste Wochenzeitung Deutschlands!“ Timmermann begleitete außerdem im Verlauf der Feier gesanglich immer mal den Gitarristen und Sänger Levin Ripkens, der im „Löwen“ für die auflockernde Live-Musik sorgte.

Onlineangebote wachsen exponentiell

Das erste offizielle Wort hatte Gastgeber Beerden. Er richtete zunächst Grüße der Altherausgeberin Delia Evers aus, die an diesem Abend leider verhindert war. Der heutige Herausgeber freute sich, starke Zahlen berichten zu dürfen. So sei die Auflage des Kevelaerer Blattes in den ersten beiden Jahren nach der Übernahme von der Funke Mediengruppe im Jahr 2016 jeweils um etwa sieben Prozent gestiegen und im aktuellen Jahr stabil. Fast alle Zeitungen in Deutschland haben für diesen Zeitraum jährliche Auflagenverluste zwischen drei und zehn Prozent vermelden müssen. Die 2016 neu geschaffenen Onlineangebote des KB wachsen sogar weiterhin exponentiell, auch wenn sie noch immer nur einen kleinen Teil zum Umsatz beitragen.

Damit kam Beerden auch zur einzigen nicht so schönen Zahl: Trotz deutlicher Verbesserungen bei den Kosten ist das Kevelaerer Blatt weiterhin defizitär. In diesem Zusammenhang dankte Beerden schmunzelnd seiner Frau Veronika Ophey, dass sie bei der Frage, was ihn das KB koste, nicht weiter nachbohre. Maßgeblich für das Minus verantwortlich sei der eingebrochene Anzeigenumsatz, so Beerden. Der Herausgeber appellierte deshalb an die heimischen Unternehmer, den eigenen Nutzen einer Anzeige mit der Unterstützung für den Erhalt ihrer Heimatzeitung zu verbinden.

Für je 50 neue Abonnenten pflanzt das KB einen Baum

Und auch an die Leser appellierte Beerden, denn so mancher erhält „sein“ KB von Familie, Freunden, Nachbarn oder Kollegen. „Es wäre für den Erhalt der Zeitung gut, wenn jeder Haushalt, der das KB liest, auch ein eigenes Abo hätte“, so der Wunsch des Herausgebers. „Das sollte sich jeder leisten können“, befand er und rief eine Herausforderung aus: Er wolle 500 neue Abonnenten gewinnen. „Und für je 50 Abonnenten pflanzen wir in Kevelaer einen Baum“, versprach er.

Dominik Pichler betonte die Bedeutung des KB. Foto: AHu

Gewohnt launig näherte sich anschließend Bürgermeister Pichler der Bedeutung des KB mit den Methoden des Juristen. Er formulierte die Hypothese: „Das Kevelaerer Blatt ist in der heutigen Zeit vollkommen überflüssig“, um dann Argumente zu sammeln, die dies widerlegen. Dabei stellte er heraus, dass die in Kevelaer vertretenen Tageszeitungen nicht in dem Umfang aus Kevelaer berichten, wie es das KB leistet: In der NRZ „existiert Berichterstattung über Kevelaer allenfalls als Randnotiz“ und in der RP teile sich Kevelaer die zwei Seiten mit Weeze, „und manchmal stört ein Artikel aus Goch das Bild“.

Zwar decke zumindest die RP die „großen Ereignisse“ ab, aber der Blick mit etwas zeitlichem Abstand, die Einordnung ins große Ganze und die Vielfalt der Standpunkte finde nur im KB Raum. Als Bürgermeister sei er zwar nicht immer begeistert, wenn Gegenmeinungen auf großem Raum ausgebreitet würden, als Bürger gefalle ihm das aber um so besser. So biete das KB auch Gegenmeinungen zu dem, was in der Tagespresse verbreitet wird, „zuletzt im Zusammenhang mit Mobbingvorwürfen am hiesigen Gymnasium“.

Detailliert, mit Liebe, Zuneigung und kritischem Blick

Trotz all dieser Argumente wäre das KB damit nur eine Ergänzung der Tagespresse, „quasi ein Luxus“, so Pichler. „Doch das KB ist viel mehr.“ Und dann zählte der Bürgermeister umfänglich die vielen gesellschaftlichen Bereiche auf, „die zu klein sind für die Tagespresse“, verwies auf die Ortschaften, die weniger im Fokus der Tagespresse stehen, kurz: „Das KB berichtet vom prallen Leben. Es berichtet wie ein Chronist, häufig detailliert und mit Liebe und Zuneigung, manchmal auch mit kritischem Blick über das, was uns Kevelaerer und unser Zusammenleben ausmacht.“

Sein Resümee laute daher klar: „Auch in der heutigen Zeit ist das Kevelaerer Blatt als lokale Wochenzeitung für die Bürgerinnen und Bürger von Kevelaer und seiner Ortschaften ein unverzichtbarer Bestandteil der Presselandschaft, eine unverzichtbare journalistische Plattform der Meinungsbildung, eine unverzichtbare Chronik des Stadtlebens, ein rundum unverzichtbares Geburtstagskind.“

Dass die Leser das KB sehr positiv sehen, bestätigte anschließend Chefredakteur Björn Lohmann, der erstmalig Ergebnisse aus der großen Leserbefragung aus diesem Herbst präsentierte. Demnach gefalle das Kevelaerer Blatt acht von zehn Befragten gut oder eher gut, niemand habe „schlecht“ oder „eher schlecht“ angegeben. Ähnlich sieht es bei der Entwicklung aus: Sieben von zehn Befragten fänden, dass sich das KB verbessert oder stark verbessert habe, die übrigen attestierten eine stabile Qualität. Interesse abseits der Kernaufgaben einer Zeitung bekundeten die Befragten an Diskussionsveranstaltungen – was das KB in diesem Jahr bereits mit Debatten zur Landwirtschaft, zur Fahrradsicherheit und einer Leser-Uni zum Thema Bargeldnutzung intensiviert hat. Lohmann versprach, diese Aktivitäten wolle das KB auch im kommenden Jahr fortsetzen.

Levin Ripkens stimmte gemeinsam mit den Gästen das Heimatlied an. Foto: AHu

Weitere wichtige Erkenntnisse seien, dass das Kevelaerer Blatt im Vergleich zu Tageszeitungen überdurchschnittlich lange gelesen werde, jedes Exemplar überdurchschnittlich viele Leser finde – was später auch Gastredner Keymis bestätigte – und dass die Leser mehrheitlich über einen hohen Bildungsstand und ein gutes Einkommen verfügten. Mit diesen nun untermauerten Argumenten wolle man verstärkt auf Anzeigenkunden zugehen, so Lohmann.

Neben diesen Erkenntnissen stellte der Chefredakteur noch drei Punkte heraus, die großen Applaus fanden: „Ohne Rudi Beerden würde es das Kevelaerer Blatt heute nicht mehr geben“, „Das Team hat großen Anteil am Erfolg, weil es sich weit mehr engagiert, als es müsste“ und „Die vielen Menschen hier im Saal und unsere Leser tragen ebenfalls dazu bei, dass das Kevelaerer Blatt eine Zukunft haben kann.“

Lob und Erstaunen

Herzlich gratulierte der stellvertretende Landtagspräsident Oliver Keymis anschließend zum 140. Geburtstag des „Kävels Bläche“. Dann berichtete er von der Zukunft des Journalismus, denn just am Vorabend war Keymis zu Gast beim ersten Mediengipfel des NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet in der Staatskanzlei. Vor einem ausgewählten Kreis der NRW-Medienszene habe dort u.a. der US-Journalist und Gründer von Online-Plattformen wie Politico und Axios, Jim VandeHei, eine zukunftsweisende und durchaus mitreißende Rede darüber gehalten, welche Maßnahmen eine Onlinezeitung heute erfolgreich machten. „Ich habe dann noch einmal auf die Website des Kevelaerer Blattes geklickt und nach einigen Klicks gesehen: Das, was der erfolgreiche Online-Blattmacher aus USA empfiehlt, machen Sie ja alles!“, stellte Keymis mit einer Mischung aus Lob und Erstaunen fest.

In seiner launigen Rede, die von Kevelaer nach Nordrhein-Westfalen in die Welt und wieder zurück an den Niederrhein schweifte, ging er auf die Herausforderungen ein, vor denen alle Zeitungen gegenwärtig stehen – sinkende Werbeeinnahmen bei sinkender Leserbindung – ; aber auch auf die wichtigen gesellschaftlichen Aufgaben, die Medien erfüllen und die ihren Erhalt so notwendig machen.

Oliver Keymis lobte die Herangehensweise des KB. Foto: AHu

Dabei gab er Einblicke in die Situation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und hob auch die gesellschaftliche Bedeutung kultureller Angebote in den Medien hervor. „Entscheidend ist: bleiben Sie bitte so bodenständig und heimatverbunden, gehen Sie von ihren Leserinnen und Lesern aus. Im Lokalen steckt auch das Globale und eine kritische Öffentlichkeit garantiert eine lebendige Demokratie und Teilhabe vor Ort. In Kevelaer und überhaupt,“ zeigte sich Vizepräsident Keymis, der auch Vorsitzender des Ausschusses für Kultur und Medien im Landtag NRW ist, überzeugt.

Lustig, rührend oder appellativ

Jasmin Sell Foto: AHu

Ein eben solches Angebot feierte anschließend beim Festakt Kevelaer-Premiere: Das Kevelaerer Blatt hatte die drei renommierten Slam-Poeten Eva-Lisa aus Dortmund, Alex Paul aus Paderborn und Jasmin Sell aus Bochum zum Poetry Slam gebeten. Bei diesem Dichterwettstreit geht es darum, ein eigenes, thematisch freies poetisches Werk mit sechs Minuten Vortragslänge zu präsentieren – mal lustig, mal rührend, mal appellativ. Auch an diesem Abend waren alle Kategorien vertreten, mussten die Zuhörer oft herzlich lachen oder zustimmend nicken. Am Ende gewann mit dem „um 0,02 Dezibel lautesten Applaus“ – so Mitjuror Ripkens – Jasmin Sell den kleinen Poetry Slam. Die Gäste waren sich einig: Einen Poetry Slam könnte Kevelaer öfter vertragen.

Den Ausklang der Feier machte das gemeinsam gelungene Heimatlied „Wor hör ek t‘hüß“ (den Liedtext im Scheckkartenformat gibt‘s übrigens kostenlos in der KB-Redaktion), gefolgt von weiteren Musikbeiträgen und noch vielen Gesprächen.

Eine Bildergalerie zur Feier finden Sie hier.

Wie gefällt Ihnen das Kevelaerer Blatt?

Haben Sie schon teilgenommen? In der vergangenen Wochen haben wir unsere große Leserbefragung zum Kevelaerer Blatt gestartet, weil wir Ihre Heimatzeitung noch mehr an Ihren Wünschen und Interessen ausrichten möchten. Noch bis zum Sonntag, 15. September 2019, können Sie die Befragung auf unserer Internetseite ausfüllen unter www.kevelaerer-blatt.de/leserbefragung.
Damit sich die Teilnahme für Sie doppelt lohnt, gibt es auch einiges zu gewinnen: Karten für die Konzertpremiere der Band „High Fidelity“ im Kevelaerer Konzert- und Bühnenhaus, Frühstücksgutscheine von Kevelaerer Cafés, Exemplare des Buches „Du Mein Kevelaer“ von der in Kevelaer beheimateten Niederrhein-Journalistin Heike Waldor-Schäfer, bebildert mit Fotos des KB-Fotoreporters Axel Hundertmarck, KB Digital Schnupperabos und laminierte Posterseiten des Kevelaerer Blattes. Also nehmen Sie schnell teil – es lohnt sich!

„Gedanken stehen niemals still“

Es sind Zeilen, die berühren, und Fotos, die zum Träumen einladen. Seit einigen Wochen schon lassen uns Monika Behrens und Wolfgang Deselaers im Kevelaerer Blatt an ihren Gedanken in Form von Worten und Bildern teilhaben. „Sie sind tatsächlich im Alltagsstress entstanden“, gestehen Monika Behrens und Wolfgang Deselaers, die sich im Entstehen ihrer Gedichte und Fotos wunderbar ergänzen und damit den Alltag ein klein wenig verzaubern.
Mit Worten spielen

Gedichte und Geschichten schreiben, das ist der gelernten Kulturgeragogin wohl mit in die Wiege gelegt worden. Denn schon von Kindesbeinen an, sobald des Lesens und des Schreibens mächtig, verfasst sie kleine Geschichten und Gedichte. Verstärkt wird dieses, als sie einen Gedichtband erbt. „Da habe ich bei mir gedacht: Mit Worten spielen – das kann ich auch“, verrät die 42-jährige Mutter zweier Töchter, deren Kreativität kaum Grenzen zu kennen scheint. Denn auch im Umgang mit Pinsel und Farbe zeigt sich die künstlerische Ader von Monika Behrens. Bis vor Kurzem besucht sie einmal wöchentlich eine Künstlergruppe in Straelen. „Leider fehlt mir dafür im Moment die Zeit“, bedauert Monika Behrens.
Eine künstlerische Ader steckt auch in Wolfgang Deselaers. Auch er malt seit frühester Jugend, entwickelt aber zunehmend eine Liebe zur Fotografie. 1980 erwirbt er seine erste Kamera, sucht seitdem den richtigen Blick im richtigen Moment zu finden. „Was nicht immer so einfach ist“, gesteht der 55-jährige Diplom-Ökonom und leidenschaftliche Fotograf. Nun mag es reiner Zufall sein, dass sich zwei kreative Menschen wie Monika Behrens und Wolfgang Deselaers begegnen und sich auch noch gegenseitig in ihrem Schaffen bereichern. Es scheint aber fast so, als haben sich beide gesucht und gefunden.
Seit mehr als sechs Jahren ergänzen sich die kreativen Gedanken von Monika Behrens und Wolfgang Deselaers. „Gedanken stehen niemals still“, erklärt die Betreuerin im Katharinenhaus in Winnekendonk, die in ihre Gedichte sehr emotionale Gedanken einfließen lässt. „Das können bedenkliche wie auch fröhliche Gedankengänge sein“, führt sie weiter aus. Ihr Partner sucht und findet das passende Foto dazu.
„Manches Mal entstehen die Gedichte auch aus dem Foto heraus“, erklärt ebenfalls der Vater zweier Töchter. Unterwegs ist das Paar immer mit offenen Augen und einem Blick für das Wesentliche. Ob in der Natur, in Städten, auf dem Jahrmarkt oder Flohmarkt, immer ist die Kamera dabei.
Lisbeth und Co

Neuerdings wird das Paar von Lisbeth und ihren Freunden begleitet. Lisbeth und Co sind kleine Filzgeschöpfe in Form von Maus, Löwe, Frosch, Waschbär und vielen weiteren tierischen Gefährten. Gemeinsam mit Monika Behrens und Wolfgang Deselaers begeben sie sich auf Entdeckungsreise durch die Welt. Daraus ist jetzt ein kleines Buch entstanden: „Lisbeth’s Welt“, mit einer anrührenden Geschichte von Monika Behrens und Fotos von Wolfgang Deselaers. „Lisbeth’s Welt“ spiegelt genau den Leitspruch des sympathischen Paares wider: „Der Zauber ist in uns. In Herz und Hand.“ Lassen auch Sie sich, liebe Leserinnen und Leser, wöchentlich von unserer Kolumne mit Gedicht und Foto berühren und verzaubern. Viel Spaß dabei.

Kevelaerer Sonntagsblatt mitgebracht

Im Jahr 1908 hieß das Kevelaerer Blatt noch „Kevelaerer Volksblatt“ und es gab jede Woche eine kostenlose Beilage, das „Kevelaerer Sonntagsblatt“. Anlässlich der Gedenkfeier für Theodor Bergmann überreichte Marianne Hanenberg, geborene Baldeau, die am 6.10.1932 in der Neustraße 20 geboren wurde, an Verleger Rudolf Beerden einen kleinen Schatz, eine gebundene Ausgabe des Jahrgangs 1908 des Sonntagsblattes. Sie meinte, wenn sie einmal nicht mehr leben würde, lande das Exemplar voraussichtlich im Container und dafür sei es zu schade. Mit dem Buch verbindet sich nämlich noch eine besondere Geschichte. Ihr Vater Johann, der Gärtner und Totengräber gewesen sei, habe das Buch vor dem zweiten Weltkrieg im Garten vergraben. Er habe nicht gewollt, dass es von den Nazis „einkassiert“ werde und brachte es so in Sicherheit. Nach dem Krieg sei es dann wieder ausgegraben worden und stand seitdem im Bücherregal.
Marianne Hanenberg: „Ich möchte, dass es der Nachwelt erhalten bleibt und bei dem Kevelaerer Blatt ist es gut aufgehoben.“ Rudolf Beerden nahm das Geschenk freudig entgegen.