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Kardinal Marx schließt die Pilgerpforte

Es war ein beeindruckendes Bild, als der Münchener Kardinal und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Marx, den Schlüssel vom Kissen nahm, um die Pforte der Basilika zu schließen und damit symbolisch die Wallfahrt 2017 zu beenden. „Dieses Portal wurde für ungezählte Menschen gläubigen Herzens zur Pforte, durch sie in das Heiligtum einzogen, um sich in der Gemeinschaft der Gleichgesinnten – dankbar der Auserwählung durch Dich – zu erfreuen“, hatte er zuvor den Gläubigen auf dem gut gefüllten Kapellenplatz zugerufen.
„Gestärkt ziehen sie nun weiter auf dem Weg ihres Lebens, bis sie zu Dir gelangen in Herrlichkeit. Wir schließen heute diese Pforte für dieses Jahr, damit sie sich im kommenden Jahr wieder öffne – als Zeichen Deiner immer offenen, steten Barmherzigkeit.“
Zuvor hatte Marx gemeinsam mit dem früheren Wallfahrtsrektor und heutigen Weihbischof Rolf Lohmann, Kaplan Christoph Schwerhoff und den Christen in der vollbesetzten Basilika das Hochamt gefeiert.
Nach dem Gottesdienst in der Basilika und dem Gang zur Gnadenkapelle zogen die Christen in das Forum Pax Christi. Man habe viele „neue und anregende Dinge“ ausprobiert, dankte Schwerhoff in seinem Grußwort allen Mitwirkenden dafür, „dass unser Jubiläumsjahr so gut gelingen konnte. Auch seinem früheren „Chef“ Rolf Lohmann dankte er für sein Engagement gerade in diesem besonderen Jahr. „Wenn er nicht mit seiner Energie vorangegangen wäre, wäre ich nicht hinterher gekommen“, sorgte der Kaplan für Gelächter im weiten Rund. „Man könnte fast sagen, es ist so, als seiest Du nie weg gewesen.“ Der Umstand, ihn mitten während der Feierlichkeiten als Weihbischof nach Xanten abgeben zu müssen, sei ein „echter Wermutstropfen“ gewesen. „Schweren Herzens haben Dich die Menschen ziehen lassen“ – nicht nur die Kevelaerer, sondern alle Pilger, die mit diesem Ort verbunden seien.
Danach machte Kardinal Marx die Bedeutung von Kevelaer als Wallfahrtsort, als „Ort der Zukunft auch für die nächsten Jahrhunderte“ deutlich. „Wo soll ich sonst hingehen, außer zur Trösterin der Betrübten? Weil ich Kraft brauche, deshalb komme ich.“ Deshalb gebe es auch seit 375 Jahren „diesen faszinierenden Ort, wo die Menschen in ihrer Verzweiflung, ihrem Stress, ihrem Nicht-ein-noch-aus-wissen“ zur Trösterin der Betrübten kämen.
Er zog dabei eine unmittelbare Verbindung zu 500 Jahren Reformation und Martin Luther. „Was war das Leiden dieses Mönches? Er hat keinen Trost gefunden.“ Die Suche nach einem Gott, der Liebe ist, das sei nicht zu Ende.
Luthers Erfahrungsweg habe einen „geistigen Durchbruch“ zur Folge gehabt, der „uns auf die Sprünge helfen kann, den wirklichen Trost zu suchen“, und zwar nicht „auf einem Weg des Glaubens, der uns wieder in die Enge, die Angst, die Kleinkariertheit führt, sondern in die Freiheit.“
„Du sollst leben in Liebe“ sei der Ansatz der „ursprünglichen Predigt Jesu“, und „wir müsssen durchaus zugestehen, dass in der Kirche dieser tiefe Ansatz nicht immer gegenwärtig war.“ Die Trennung der Kirchen bezeichnete er als „große Tragödie der Kirchengeschichte“, für die beide Seiten verantwortlich seien. In dem Sinne sei das Reformationsjahr eine große Ermutigung gewesen, weil sich beide Kirchen bestärkt hätten, statt sich gegenseitig Vorwürfe zu machen.
Von Kevelaer könne „eine Dynamik der Hoffnung“ ausgehen. Man müsse eine „Vision, einen Impuls für das Miteinander“, für die Welt und die Armen entwickeln. „Aus allen Völkern und Hautfarben werden die Menschen gesammelt“, sei „Gott der Vater aller Menschen“, so Marx. „Da dürfen wir ohne Weiteres Patrioten und heimatverbunden sein, aber nicht kleinkariert, eng­stirnig, rückwärtsgewandt, chauvinistisch und nationalistisch.“