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Der Blick ins Ungewisse

Judith Schelbergen ist das, was man eine klassische Solo-Selbstständige nennen kann. Die 45-Jährige betreibt auf ihrem Hof am Achterhoeker Hungerwolfsweg ihre eigene „Kreativschmiede“, gibt Kurse und erschafft immer wieder neue besondere Kunstwerke – so wie Skulpturen aus Schweißkunst, Beton und Stein oder Rost- und Patinabilder, die fast immer in menschlichen Figuren und Naturholz gearbeitet sind.

Sich in Zeiten von Corona als Künstlerin behaupten und finanziell über Wasser halten zu können, das ist tatsächlich nicht so einfach, sagt die Künstlerin – zumal sie nicht immer das Gefühl hat, dass von außen wie angekündigt tatsächlich Unterstützung kommt.

„Für die Freischaffenden gibt es ja von Bundesseite her Geld – aber für mich gab es das nicht, weil ich nicht Mitglied in der Künstlersozialkasse bin.“ Das empfand sie als Ungleichbehandlung, da sie mit ihrer Arbeit genauso zum gesellschaftlichen Dasein und Leben mit beitrage wie die anderen – und machte auf facebook ihrem Unmut Luft. „Da hab ich mich tierisch aufgeregt und fühlte mich alleingelassen.“

Immerhin „wurde jetzt vom Kreis Kleve was gemacht für Solo-Selbstständige. Darüber habe ich jetzt was bekommen. Das hilft einem erstmal, aber wenn alles rundum wegfällt mit allen Kursen, das ist schon doof.“

Hoffen auf bessere Zeiten

Auch, was die Unterstützung der Kreditinstitute anbetrifft, hätte sie sich persönlich ein Mehr an Solidarität gewünscht. „Ich habe bei meiner Bank nachgefragt, ob es möglich wäre, die Raten für unser Grundstück etwas herunterzuschrauben.“ Da hieß es dann, sie solle doch ihr Auto verkaufen. „Da war ich ehrlich gesagt doch etwas wütend.“ chellbergen hofft, dass sich die Situation in absehbarer Zeit verbessert. „Ich hoffe ja mal, dass sich jetzt ein klein bisschen ändert, dass man im Mai kleine Kurse geben darf. Das wäre schon eine sehr große Hilfe. Denn mehr als Kleingruppen mache ich ja eh nicht. Ich hoffe, dass das funktioniert.“

Ständig riefen Leute bei ihr an, die „Sachen von mir gesehen haben und sich die Sachen angucken wollen.“ Dass das Ordnungsamt ihr jetzt erlaubt hat, ihr Atelier für den Verkauf wieder zu öffnen, sei für sie schon mal ein guter Schritt. Denn noch hat sie kein Online-Angebot gemacht. „Da bin ich nicht so firm drin“, gesteht sie ganz offen.

Schelbergen hofft, dass ihre „LandArt“ mit den vielen Künstlern auf dem Gelände Ende August tatsächlich stattfinden kann. „Das ist ja keine Großveranstaltung. Und wenn du die Leute über den Tag verteilst, wird es sicher gehen. Dann machen wir halt Einlassbeschränkungen.“ Ansonsten wäre das auch für die Künstler, die schon nicht mehr auf den ganzen abgesagten Märkten stehen können, „auch ein Schlag ins Gesicht. Wenn du keine Gelegenheit hast, zu verkaufen, ist das problematisch.“
Wenig zu tun

Als Galeristin des „wort-werk“-Geschäfts an der Busmannstraße hatte Eva-Maria Zacharias in den vergangenen Wochen naturgemäß nicht viel zu tun. „Die Ausstellungseröffnung, die ich Ende März vorhatte, habe ich schon verschoben“, erzählt die kunstbegeisterte Xantenerin, die in der Wallfahrtsstadt seit Jahren Künstlern über ihre Galerie ein Forum verschafft.

Auch für Ende April hatte sie eigentlich schon was geplant, aber das sei schon jetzt „auf unabsehbare Zeit“ verschoben. „Im Sommer hätte ich noch was gemacht, und im Herbst im Zusammenhang mit der interkulturellen Wallfahrt, wo die Religionsgemeinschaften zusammenkommen.“

Da wollte sie Werke von Frank Merks vom „Seewerk“ zeigen, der die Bootsgeschichte zusammen mit der „Aktion pro Humanität“ auf dem Kapellenplatz gemacht hatte. „Aber man kann da keine verbindlichen Zusagen treffen.“

Die Zukunft solcher Veranstaltungen – ob nun Vernissagen oder auch Kleinkunstgeschichten, „die da ein wesentlicher Punkt waren und so eine Bindung an die Besucher schaffen“, das macht ihr schon Sorgen,. „Das kann ich dieses Jahr wohl ganz vergessen“, sagt die engagierte Galeristin.

Denn „mit 30 Leuten, die sich da aus dem Weg gehen sollen, kann ich eine Veranstaltung in der Art nicht machen. Selbst ein Dutzend wäre schon zuviel.“ Konkrete Pläne machen sei da nicht drin. „Wenn sich das alles entspannt, würde ich sicher was machen. Ich bin da im stand-by-Modus.“

Sie habe schon überlegt, dem „Kunstfenster“-Konzept des Gelderners Peter Busch zu folgen, wonach in Fenstern und leerstehenden Ladenlokalen Kunst ausgestellt wird. „Da muss man vielleicht flexibel reagieren: Es ist aber auch die Frage, ob den Leuten der Sinn nach Kunst steht, wo sie eher versuchen, ihren Lebensbedarf und ihre sozialen Kontakte lieber in normale Bahnen lenken zu können.“

Neue Formen finden

Ihr eigenes Schaufenster will sie am 12. und 13. Mai auf jeden Fall schon mal mit Werken der früheren Kevelaererin und heutigen Berliner Schmuckdesignerin Annette Rischer-Spalink bestücken. Wie sich das mit der Öffnung des Ladens bei 60 Quadratmetern, die ihre kleine Galerie umfasst, so darstellt, das wolle sie noch sehen. „Da kann man außer mir vielleicht zwei Leute tolerieren. Ich bin ja nicht der klassische Einzelhandels-Laden.“

Sie überlege, ob sie das so mache wie bisher auch – eingeschränkte Öffnungszeiten und Ansicht der Kunstwerke auf telefonische Vereinbarung hin. „Wenn ich das dann weiß, reise ich gerne von Xanten an.“ Wenn jemand komme, könne sie dann auf einige Masken zurückgreifen. „Da hab ich ein paar für mich bei einer Künstlerin bestellt, die die macht und zur Verfügung stellt.“

Sie selbst befinde sich mit der Galerie noch in einer „komfortablen Lage, da sie immer als Liebhaberei galt, von der ich wusste, dass ich davon nie leben muss.“ Was natürlich ausfalle, sei der „ideelle Welt der Künstlerkontakte und dieser Austausch.“ Finanziell sei die Galerie aber für sie „nicht so ein Abgrund wie für andere“. Wenn das Ganze aber bis Ende des Jahres oder länger dauert würde, sagt Zacharias, „dann müsste ich mir das schon überlegen.“

Das Corona-Virus sei halt Schicksal. „Das haben Menschen immer schon aushalten müssen“, sei es halt eine ungewohnte Situation für eine Gesellschaft, für die Epidemien und Kriege seit Jahrzehnten immer so weit weg erschienen. „Jetzt trifft es die ganze Welt. Aber die Flüchtlinge und die Armen der Welt – die trifft es noch viel härter als uns.“