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Mehr als „trotzdem etwas Kultur“

Als das „trotzdem etwas Kultur“-Jahr bezeichnet der Kevelaerer Verein „wirKsam e.V.“ das Jahr 2020 in der Rückschau. Klar, zahlreiche Veranstaltungen mussten pandemiebedingt abgesagt oder verschoben werden oder fielen ganz anders aus, als ursprünglich geplant. Mag die Liste der geplanten Veranstaltungen angesichts des großen Engagements des kleinen Vereins auch lang erscheinen, so bleibt jedoch beim Rückblick ebenfalls festzustellen, dass Flexibilität und Kreativität der Miglieder und Organisatoren den interessierten Kevelaerer*innen „trotzdem“ nicht nur „etwas“ sondern eine Menge Kultur bescherten. Verschiedene Aktionen im KUK-Atelier, eine ganz besondere Edition der „Landpartie am Niederrhein“ und eine Performance am Museum stehen hier eindeutig auf der Haben-Seite.

Schaufenster

Als „Schaufenster und offener Ort für Künstler*innen und Kreative“ verstehen die „wirKsam“-Mitglieder das Kunst- und Kultur Atelier (kurz KUK-Atelier) am Johannes-Stalenus-Platz. Gestartet war das Jahr dort mit einem Mal-Workshop. Aminah Aengenheyster lud dazu ein, gute Vorsätze künstlerisch umzusetzen. Alle Teilnehmenden waren begeistert von diesem intensiven Workshoptag. Im Februar stand eine außergewöhnliche Performance des Duos „Emerican Void“ auf dem Programm. Die  beiden Emmericher Sander Bisselink (E-Gitarre, Looper, Effekte) und Oliver Kretschmann (Lichtkünstler) faszinierten ihr Publikum mit experimenteller Klang- und Lichtkunst und auch zahlreiche Passanten wagten einen Blick durch die großen Schaufenster.

„Bis Mitte März öffneten regelmäßig donnerstags abends Vereinsmitglieder das KUK-Atelier zur offenen Begegnung. Es wurde gejammt, diskutiert und natürlich auch einfach gemütlich gequatscht. Ab Mitte März pausierten diese Treffen bis in den Spätsommer hinein. Nach einzelnen kleineren Treffen September mit einer maximalen Besucherzahl von fünf und mit Maske, war dann bereits im Oktober wieder Schluss mit dieser persönlichen Form des Austauschs“, schreibt Anne van Rennings in der Vereins-Rückschau. 

„Night of Light“

Ursprünglich waren bereits fest weitere Veranstaltungen im Frühjahr geplant, etwa weitere Malworkshops und mehrere Konzerte, teils in Kooperation mit anderen Veranstaltern und Veranstaltungsorten. „Alle Veranstaltungen konnten glücklicherweise weitgehend kostenneutral auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Gemeinsam mit den Künstler*innen hoffen wir, bald wieder gemeinsam Live-Musik genießen zu können“, heißt es dazu.

Am 22. Juni beteiligten sich Vereinsmitglieder an der Aktion „Night of Light“, die deutschlandweit auf die schwierige Situation der Kultur- und Veranstaltungs-wirtschaft aufmerksam machte. Das KUK-Atelier leuchtete rot und in vielen Gesprächen mit Passanten wurde der Grund für diese Aktion erläutert. „Dank des großen Entgegenkommens unseres Vermieters konnten wir – trotz des Wegfalls der Veranstaltungen – das KUK-Atelier für den Verein und für die Künstler*innen erhalten“, freut sich der Verein über die Unterstützung seitens des Eigentümers des Ladenlokals.

Das blieb trotz abgesagter Verantaltungen nicht leer: „Solange es zulässig war und sich für die vor Ort Wirkenden gut anfühlte, stand die Tür offen und die Menschen nahmen dankbar die Gelegenheit zum Austausch an.“ Zur „Landpartie am Niederrhein“ stellten der Kevelaerer Fotograf Axel Hundertmarck und damalige Resident-Künstler Maris Hofmann eine Auswahl ihrer Werke im Schaufenster aus. Und es fanden immer wieder kleinere Netzwerktreffen mit Künstler*innen und Kulturschaffenden aus der Umgebung statt, „die tolle Projekte für die Zukunft versprechen“. Zum Late-Night-Shopping der Kevelaerer Einzelhändler boten Daniel Wouters und Roxolana Schulze freies kreatives Malen für Kinder an. Zum Jahresabschluss stellte im November die Fotografin Raphaele Feldbrügge unter dem Motto „Kevelaer im Licht“ eine Auswahl ihrer Werke aus. Im Dezember schließlich brachten verschiedene Vereinsmitglieder sich bei der Ausstellung „Kunstlokal“ mit ein.

Landpartie am Niederrhein

Vielversprechend begannen zunächst die Planungen für die „Landpartie am Niederrhein 2020“. Flyer und Plakat wurden im Februar gedruckt und Anfang März trafen sich Vertreterinnen der 20 Ausstellungsorte im KUK-Atelier zum ersten Austausch. Vieles war bereits geplant und so gingen alle in der fröhlichen Erwartung auf eine großartige Veranstaltung am 13. und 14. Juni auseinander. Nur zwei Wochen später ging es in den ersten Lock-Down. „Ein Wort, was wir bis dahin gar nicht kannten“, so Anne van Rennings. Ende April war dann klar: Wie gewohnt war die Landpartie nicht umsetzbar. Raphaele Feldbrügge und Anne van Rennings als Initiatorinnen und Organisatorinnen des seit 2016 in Kevelaer und Umgebung etablierten besonderen Ausstellungs- und Eventformats steckten den Kopf nicht in den Sand. Das Ergebnis ist bekannt: Das unverzüglich entwickelte, neue Konzept wurde mit dem Ordnungsamt abgestimmt und die Anmeldung erneut geöffnet. 24 Ausstellungsorte beteiligten sich und lockten einen ganzen Sommer nach Kevelaer und auf die Räder.

Performance

Als ein „Highlight des Jahres“ sehen die Vereinsmitglieder die Performance des Klangkünstlers Holger Maik Mertin. Auf Initiative von wirKsam e.V., konkret Daniel Wouters, wurde in Kooperation mit dem Stadtmarketing und dem Niederrheinischen Museum Kevelaer eine ganz besondere Performance unter dem Titel „Der transformierende Raum“ möglich. Der Perkussionist erkundete die Umgebung während einer dreitägigen Residenz, das KUK-Atelier war dabei gleichzeitig Rückzugsort und Basis. Unter dem Titel „Tiefenbegegnungen in historischen Gemäuern“ veranstaltete schließlich „wirKsam e.V.“ drei klassische Konzerte des Duos Lea Brückner (Violine) und Roman Salyutov (Piano) in Schlössern und Adelssitzen. Die ehmalige Kevelaererin Lea Brückner hatte beim Kevelaerer Verein um Unterstützung gebeten und war auf offene Ohren gestoßen. „Da helfen wir natürlich gerne, genau dafür ist wirKsam e.V. auch gegründet worden“, so Anne van Rennings.

Der Kevelaerer Verein möchte die Kreativarbeit vor Ort natürlich fortsetzen und setzt dabei neben der Unterstützung durch Sponsoren (Volksbank an der Niers und Sparkasse Goch-Kevelaer-Weeze) auch auf Unterstützung durch Mitgliedschaft.

Weitere Informationen gibt’s im Internet unter www.wirksam-ev.de.

Auf vielen Wegen zu den Menschen

Es gab eine Zeit vor Corona, auch in der Ehe-, Familie- und Lebensberatung des Bistums Münster (EFL). Auf diese Zeit schaut der Jahresbericht der EFL für 2019 zurück, den Leiterin Andrea Stachon-Groth nun vorgestellt hat, ohne dabei den Ausblick auf die künftige Zeit mit Corona, die die Arbeit in den EFL-Beratungsstellen weiter prägen wird, auszusparen.

Unverändert geblieben ist die hohe Nachfrage nach den Angeboten der EFL. 2019 haben ins-gesamt 13.699 Ratsuchende die 38 Beratungsstellen im Bistum Münster aufgesucht. Dies ent-spricht der in etwa gleich hohen Resonanz der Vorjahre: 2018 hatte es 13.030, 2017 insgesamt 13.424 Ratsuchende gezählt worden.

3.933 Paare haben eine gemeinsame Beratung in Anspruch genommen. 169 Ratsuchende nutz-ten die Online-Beratungsstelle und wurden dort in 871 E-Mail-Beratungskontakten und 82 Chat-Beratungen unterstützt.

Der größte Teil der Ratsuchenden (59 Prozent) ist katholisch. Stachon-Groth und ihrem Team ist aber wichtig, dass sie genauso für Menschen anderer oder ohne Religionszugehörigkeit ansprechbar sind. Finanziert wird die Beratungsarbeit zu zwei Dritteln durch das Bistum, zu 18 Prozent von den Kommunen, zu elf Prozent vom Land NRW. Die restlichen Mittel stammen aus Spenden.

Online-Beratung

Die Themen der Beratungen ergeben sich laut Stachon-Groth oft aus Veränderungen und Umbrüchen in der Lebenssituation, in der Beziehungsdynamik zwischen Partnern und Familienangehörigen. Einzelpersonen kommen häufig wegen Selbstwertproblemen, stimmungsbezogenen Problemen wie Depressionen oder nach kritischen Lebensereignissen.

Paare suchen Rat vor allem wegen Schwierigkeiten in der Kommunikation und Auseinanderlebens, während Familien wegen Problemen im Umfeld oder einer gestörten Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern die EFL kontaktieren.

„Wesentlich für unsere Arbeit ist weiterhin, den Begriff der Familie größer zu denken als im klassischen Sinne“, betont Stachon-Groth angesichts eines in den vergangenen Jahren immer vielfältiger gewordenen Familienbilds. Auch das bildet der Jahresbericht ab: Zusammenlebende Paare mit gemeinsamen minderjährigen Kindern machen noch 33 Prozent der Ratsuchenden aus, Alleinerziehende 13 Prozent sowie Stief-/Patchwork oder Adoptiv-/Pflegefamilien mit minderjährigen Kindern sechs Prozent.

26 Prozent der Ratsuchenden lebt allein oder als Paar mit erwachsenen Kindern. „Hier hält die Kirche ein Angebot bereit für Menschen, die sonst durchs Raster fallen, denn die Beratung einer Familie mit erwachsenen Kindern erhält keine Landesförderung“, sagt Stachon-Groth.

Bei ihrer Arbeit sehen sie und ihr Team sich nicht als Einzelkämpfer, im Gegenteil: „Wir ver-netzen uns immer stärker mit anderen Angeboten in der Seelsorge oder der Prävention, um die unterstützenden Dienste der Kirche als Gesamtpaket noch wirksamer zu machen.“ Ebenso begleite man Ratsuchende beim Übergang zu nicht kirchlichen Angeboten.

Kontinuierlich wolle die EFL außerdem ihre „Beratungsansätze und Methoden weiterentwickeln und wissenschaftlich auf den Prüfstand stellen“, unterstreicht die Leiterin. Seit einem gemeinsamen Fachtag im Herbst 2019 arbeite man daran gezielt mit universitären Einrichtungen.

Ein weiteres Ziel für die Zukunft ist nach Stachon-Groths Angaben, junge Menschen als Zielgruppe „auf unkonventionelle Art“ anzusprechen. Mit einer Impro-Theater-Aufführung über Beziehungsalltag habe man im Januar eine erste Idee erfolgreich ausprobiert, an die man anknüpfen wolle.

Nicht nur wegen der Corona-Einschränkungen wichtiger geworden sei das Thema Digitalisierung. „Aber durch die Umstellung unseres Angebots ist die Bereitschaft zu und die Erfahrung mit digitaler Beratung gestiegen“, weiß Stachon-Groth. Neben der Beratung gehe es dabei wesentlich auch darum, sich in der digitalen Welt gut zu präsentieren und dort erreichbar zu sein. Denn, betont Andrea Stachon-Groth abschließend: „Ziel unserer Arbeit ist und bleibt, möglichst breit alle Menschen zu unterstützen, die diese Unterstützung brauchen und möchten.“

Weitere Infos zur Arbeit der EFL und den kompletten Jahresbericht gibt es im Internet unter www.ehefamilieleben.de