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Demo gegen Großwildjagd in Afrika

“Wir sind laut , wir sind hier – für die Befreiung von Mensch und Tier”, “Hop-hop-hop”-Großwildjagd stop” oder “Wir fordern Rechte für jedes Tier – Tierquälerei verachten wir” skandierten die 21 Demonstranten, die sich am Freitagvormittag an der Industriestraße  zum Protest zusammengefunden hatten. Aktivisten der Tierrechtsschutzorganisation PETA und von “Fridays vor Future” demonstrierten gegen vom Geschäftsführer der Photovoltaikanlagen-Reinigungsfirma PVR organisierte Jagdreisen ins südliche Afrika. Der weist die Vorwürfe zurück.

In den Händen trugen die Demonstranten Schilder wie “Ich bin keine Jagdtrophäe”, “Stoppt den Jagdterror”, “Jagd ist Mord” und “Gott schuf die Tiere nicht als Objekt eueren Lustmord”.

Zu der Demonstration aufgerufen hatten die Bewegung “Fridays for future” und deren Sprecher Jannik Berbalk. “Es geht hier erstens um “green washing” und um das Leben der bedrohten Tierarten”, erläuterte er. “Es geht hier um die Jagd nach bedrohten Tierarten, die auf der roten Liste stehen – Löwen Giraffen, Nashörner und so weiter.”

Inhaber Ulrich Schurer vermittele auf einer Internetseite “Reisen nach Namibia, Afrika und Mosambik, um dort Tiere abzuschlachten, die auf der roten Liste stehen, von denen nur noch wenige Tausend existieren.” Gleichzeitg habe er hier eine Solarfirma, “wo er die Philosophie verkauft, dass er Wald, Natur und Umwelt schützen möchte. Das passt nicht.”

Der Gocher Manuel Stift vertrat die Tierrechtschutzorganisation PETA. “Wir wollen darauf aufmerksm machen, dass Jagd völlig unnötig ist, dass Tiere bei der Jagd schmerzhaft leiden und richten uns allgemein dagegen, dass Tiere getötet werden in der Jagd. Es sollten die Reisen sofort beendet werden.”

Unter den Demonstranten fand sich auch Eckehard Lüdtke vom ADFC: “Ich hatte das über die whatsapp-Liste von “Fridays for future” mitbekommen, geguckt, was der Mann da als Nebengewerbe hat und finde das ausgesprochen unmoralisch”. “Sich ins Flugzeug zu setzen, sechs bis sieben Tonnen C02 zu verbrauchen, Löwen und Krokodile abzuschießen und dann wieder zurückzufliegen, das ist nicht meine Welt. Das kommt mir vor wie aus der Kolonialzeit.” Wenn man Tiere aus dem Bestand nehmen müsse, weil die überhand nähmen, “sollen die das in Namibia machen von Staats wegen.”

Hans Blauert fand es “toll, dass so viele junge Leute da sind. Wenn man die Videos zu den Jagen sieht, ist es Kompensation von Selbstwertgefühl und Charakter. Das ist ein Sport für reiche Leute, andere totzuknallen, um sich anschließend besser zu fühlen. Ich sage das so polemisch, wie ich das meine. Das muss verboten werden.” Das “mit Hege und Pflege der Tiere und den Arbeitsplätzen der dort Ansässigen” zu begründen , sei “wirklich grotesk. Wenn man die mit anderen Mittel unterstützen würde, mit der Pflege von Naturreservaten, wären die mindestens ebenso gut versorgt mit Arbeit und Brot als mit so scheinheiligen Überlegungen.”

“Artenschutz ist Menschenschutz”, meinte seine Frau Claudia. “Das ist “greenwashing”, es wird vorgegaukelt, es sei eine Sache zum Wohl von Tieren und Menschen, aber eigentlich ist das nicht der Fall.” Das sei noch eine Regel aus der Adelszeit und somit auch “eine politische Sache”, die man gesetzlich klären müsse.

PVR-Geschäftsführer Ulrich Schurer war nicht vor Ort, aber telefonisch an seinem Wohnort Sonsbeck zu erreichen. “Das ist meine persönliche Angelegenheit”, sagte er dem KB. “Ich bin Jäger, jage auch in Afrika – und das in dem Rahmen der gesetzlichen Regelungen der Länder. Wo wir jagen, gibt es keine bedrohten Arten. Das sind Tiere, die auf Farmen gezüchtet werden.” Darüber werde keine einzige Tierart ausgerottet, so Schurer, sondern eher durch die Menschen, die den Tieren den Lebensraum nähmen.

Das große Halali in Twisteden

Es waren um die 35 Personen, die sich auf dem Parkplatz gegenüber der Volksbank schon echt früh am Morgen versammelten, um in Twisteden gemeinsam auf die Jagd zu gehen. „Wir kommen so alle aus ‚querbeet‘ – ich bin Bochumer“, meinte Daniel Nabakowski. „Jagen ist vielfältig, das Beisammensein und Tier-Natur-Tradition, das ist eine ganz coole Sache“, fand der 30-Jährige, der mit der Jagd aufgewachsen ist. „Und im Wildfleisch sind keine Antibiotika“, schob er noch nach. „Wir machen das in dieser Größe einmal im Jahr“, erläuterte Heinz Kempkes, Spargelbauer und in seiner Freizeit gerne mal als Jäger unterwegs. „Wir sammeln uns hier, kontrollieren die Jagdscheine und dann geht es auf die erste Strecke – am Ottersgraben, dann rechts bis durch den Wald. Da ist das längste Treiben.“

Hasen, Kaninchen und Marder

Vor dem eigentlichen Start der Jagd standen ein kurzes musikalisches Ansetzen der Hörner und die genaue Information von Kempkes, welche Tiere überhaupt diesmal gejagt werden dürfen. Auf der Liste fanden sich unter anderem Tiere wie der Fasanenhahn, die Taubenkrähe, Hasen, Kaninchen, Marder oder Raubzeug wie ehemalige Haustiere oder ein verwildertes Frettchen.

Mit einem großen Planwagen machten sich die Akteure der Jagd vom Parkplatz aus auf den Weg. An dem Seitenstreifen nahe des Ottersweges hielt die Gruppe an. Die „Treiber“ wie die Lüllingerin Anna van Lipzig nahmen dann zu Beginn des Feldes im gleichmäßigen Abstand ihren Platz ein. „Wir gehen jetzt mit dem Hund durch, um die Hasen ‚hoch zu machen‘, also zu suchen“, erklärte die 29-Jährige. Sie macht das schon seit zehn Jahren, „damit ich weiß, was ich auf dem Teller habe“, lautete ihre Antwort auf die Frage, warum sie mit dabei ist.

Der Schravelener Gerd Lenßen, mit 78 Jahren einer der Erfahrendsten unter den anwesenden Jägern, erläuterte, wie man sich das Procedere vorzustellen hat. „Die Schützen werden um das Feld herum abgestellt und die Treiber jagen das Wild in dem Bereich. Ist das Treiben lang, können die Schützen das vorflankieren. Die Schützen dürfen nicht in den Wald schießen, die Sicherheit steht vor allem.“

Geselligkeit, Brauchtum und Wildbret

Der Reeser Michael Jansen war eine der Personen, die sich an eine der Stellen mit ihren aufgeklappten Gewehren positionierten. „Es ist erstmal viel Geselligkeit, Brauchtum, dann ist da das Wildbret. Ich koche sehr gern“, meinte der 56-Jährige. „Ich bin Bäckermeister und habe den passenden Ofen dafür.“ Er hat die Jagd durch den Vater kennengelernt. „Ich habe bisher nur ausgesprochen ‚gute‘ Jäger kennengelernt, die sehr auf Hege und Pflege aus sind und das richtige Wild ansprechen.“ Es gehe nicht darum, Tiere sinnlos „abzuknallen“, sondern um „Abschüsse im Rahmen, weil es von einem Tier oft zu viele sind.“

Am Ende des Jagdstücks wartete Andreas Görtz aus Uedem. „Man jagt gerne, will Beute machen, aber es geht eben auch um Hege und Pflege, das ist genauso wichtig“. Dazu gehöre, Wildäcker anzulegen oder Natur-Ausgleichsflächen zu schaffen.

Stück für Stück arbeiteten sich Treiberführer Klauß Boßmann und seine Gruppe voran und riefen „How how“, um die Jagdtiere aufzuscheuchen. Schließlich kam ein Hase, von den Hunden gejagt, direkt auf Henning Sent zu. Der 20-Jährige aus Mehrhoog benötigte zwei Schüsse. „Das war nicht so einfach wegen der Hunde“, beschrieb er, was in ihm dabei so vorgeht. „Man ist da, wenn das Tier auf einen zuläuft, ist voller Adrenalin, muss sich konzentrieren.“

Die Jagdkette für Anna van Lipzig

Es folgten noch weitere sieben Jagden an diesem Tag. 19 Hasen, ein Kaninchen, vier Fasane und vier Tauben standen schließlich zu Buche. Am Ende versammelte sich die Gruppe in der Twistedener Gaststätte Peters, um miteinander zu essen und Anna van Lipzig die Jagdkette zu verleihen.

Ein Zwischenfall sorgte bei den Jägern für Diskussionen. „Wir hatten einen Hasen krank geschossen. Der war auf das Grundstück einer Frau geflohen“, berichtete Heinz Kempkes. „Ein Schütze wollte das Tier vom Leid erlösen,  aber die Dame hat ihn vertrieben.“