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Gut gegen Hitze

Vielen Menschen bereiten hohe Temperaturen Probleme. In diesen Tagen liegt auch über Kevelaer eine große Hitze.Hoher Blutdruck und Flüssigkeitsverlust machen vielen Menschen dabei zu schaffen. Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel oder Kreislaufprobleme können die Folgen sein. Doch was kann man tun, um gut durch den Tag zu kommen?
Dr. Ufuk Gündug, Chefarzt der Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Diabetologie, Hypertensiologie und Infektiologie am St.-Antonius-Hospital Kleve, das zur selben Trägergemeinschaft gehört wie das St. Marien Hospital Kevelaer, hat vier einfache Tipps für den heißen Alltag:
Kreislauf stabilisieren
Wer unter starken Kreislaufproblemen leidet, sollte unbedingt einen Arzt aufsuchen. Ansonsten gilt: Viel Wasser trinken, Salz und Mineralien zu sich nehmen – zum Beispiel mit Brühe, Salzgebäck oder Salat. Ruhe im Schatten, eine Dusche oder eine Abkühlung der Unterarme können die Körpertemperatur senken. Das kann dabei helfen, den Kreislauf zu stabilisieren.
Lauwarm duschen
Wer eiskalt duscht, schockt seinen Kreislauf und schwitzt nachher umso mehr. Die kalte Dusche am heißen Tag treibt den Blutdruck in die Höhe. Besser ist es, lauwarm zu duschen.
Richtig essen und trinken
Wer viel schwitzt, muss viel trinken. Wasser und verdünnte Fruchtsäfte sind ideal. Besonders ältere Menschen sollten sich an das Trinken erinnern. Beim Essen gilt: mehrere kleine und leichte Mahlzeiten mit viel Obst und Gemüse.
Sport am frühen Morgen
Wer an den heißen Tagen nicht auf Bewegung verzichten möchte, sollte seine Joggingrunde in den Morgenstunden drehen. Dann ist die Luft noch kühl und frisch. Besonders am Mittag ist Sport für Herz und Kreislauf zu belastend.

Ein Fünftel mehr Patienten

„Das Sommerloch fiel weg.“ Auf diese wenigen Worte bringt Dr. med. Rüdiger Kerner, Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin am Marienhospital Kevelaer, die Bilanz der Hitzewelle der vergangenen Wochen. „Wir hatten rund 20 Prozent mehr Belegung durch temperaturbedingte Kreislaufstörungen“, erläutert der Mediziner weiter. Zugleich gibt es Entwarnung: „Nur wenn sekundär etwas zu den Hitzeproblemen hinzu kommt, wird es lebensbedrohlich. Normalerweise können wir die Hitzefolgen gut handeln.“
Vor allem ältere Menschen erlitten Kreislaufbeschwerden oder einen Hitzekollaps, medizinisch als Synkope bezeichnet. In der Regel fehlt den betroffenen Patienten Flüssigkeit und Natrium. Eine entsprechende Infusion schafft schnell Besserung. Nachträgliches Trinken alleine genügt oft nicht, da der Körper maximal 800 Milliliter pro Stunde an Flüssigkeit aufnehmen kann. Doch wie kommt es überhaupt zu den Beschwerden infolge der Hitze?
„Die Patienten müssten mehr trinken, aber schaffen es oft nicht“, weiß Kerner. 1,5 bis 2 Liter am Tag braucht ein Erwachsener ohne besondere Anstrengung. „An so heißen Tagen muss man das fast verdoppeln“, rät der Internist. Vor allem über die Haut erfolgt – auch unbemerkt – ein hoher Flüssigkeitsverlust. Tee, Saft oder Wasser mit einer Prise Salz schaffen Abhilfe. „Falsch wäre Limonade“, sagt Kerner, gut hingegen auch Gemüsebrühe – wegen der Mineralstoffe.
„Normalerweise ist natriumhaltiges Wasser nicht gesund“, bestätigt der Mediziner, dass Kochsalz – Natriumchlorid – das Herz-Kreislauf-System beeinträchtigt. Allerdings bindet Natrium auch Wasser und hält dieses an heißen Tagen in den Blutgefäßen und beugt so Kreislaufproblemen vor.
Neben älteren Menschen sind vor allem auch Kinder unter sechs Jahren durch die Hitze gefährdet. „Kinder haben ein hohes Flüssigkeitsvolumen im Verhältnis zu ihrer Körpergröße. Da kommt es schnell zu einem Defizit“, erklärt Kerner. Kopfschmerzen, Schwindel und auch Fieber seien typische Symptome, letzteres Reaktion des Gehirns auf die Störung des Elektrolythaushaltes. „Die Kinder sollten im Schatten spielen und regelmäßig ans Trinken erinnert werden“, empfiehlt der Arzt allen Eltern. Das scheint zum Glück schon vielen Eltern bewusst zu sein: Unter den Hitzepatienten im Marienhospital befinden sich nur selten Kinder.

Feuerwehr löscht den Durst der Natur

Der Notruf kam vom Betriebshof der Stadt: Johannes Baaken rief beim Löschzug der Freiwilligen Feuerwehr an der Wember Straße an und bat um einen Löscheinsatz. Es war jedoch kein Feuer, das gelöscht werden musste. Bei den momentanen Witterungsverhältnissen waren die Teiche im Bürgerpark an der Sonnenstraße von massiver Wasser- und Sauerstoffnot betroffen und so rückte ein Löschzug mit acht Feuerwehrleuten aus, um den Durst der Natur zu löschen. Zur Gewässerpflege wurden rund 90 Kubikmeter Wasser von einem Hydranten in den Teich eingelassen. Damit gleichzeitig der Sauerstoffgehalt anstieg, erfolgte dies mit einer Fontäne, die in der Abendstunde zusammen mit dem Scheinwerferlicht des Einsatzfahrzeuges einen prächtigen Eindruck machte.
Neben diesem Einsatz hilft die Feuerwehr in diesen Tagen auch anderweitig die Folgen der Trockenheit zu lindern. So wurden aus bereits fast ausgetrockneten Überlaufbecken die Fische abgefangen und in einen Baggersee umgesetzt und auch junge Pflanzungen mit Wasser versorgt.
Johannes Baaken bittet die Bevölkerung, soweit es in ihren Möglichkeiten liegt, anliegenden Bäumen Wasser zuzuführen und ist für jeden Hinweis an den Betriebshof dankbar. Ansonsten bittet er darum, nicht in Unruhe zu verfallen. Das Grundwasser sei ausreichend vorhanden und ansonsten könne man die Wettersituation nur so akzeptieren, wie sie ist.

Winnekendonker Kinder packen an

Geschäftiges Treiben herrschte rund um das Winnekendonker Denkmal. 38 Mädchen und Jungen des Winnekendonker Sterntaler-Kindergartens gossen mit ihren von zu Hause mitgebrachten Gießkannen Wasser auf die Eisbegonien und Gänseblümchen, um den Blumen und Sträuchern Gutes zu tun.„Die sahen so traurig aus“, drückte der vierjährige Mika das aus, was sicher alle Kinder dachten, als sie sich vom Kindergarten aus auf den Weg zum Denkmal machten.

Heimatverein „Ons Derp“ bekommt Hilfe

Die Aktion war ein voller Erfolg für die Blumen: „Die waren fröhlich, weil sie Wasser bekommen haben“, lachte die fünfjährige Emma, die genauso engagiert war wie die anderen Kinder. An dem Gießwagen des Heimatvereins „Ons Derp“ füllten die Kinder die Kannen mit Wasser über einen Schlauch auf.
Heinz Aben und Peter Siebers, die regelmäßig montags, mittwochs und freitags mit ihrem 200-Liter-Wasserfass-Gießmobil losziehen, um die Bewässerung an den diversen Beeten und Blumenampeln durchzuführen, freuten sich über die jungen Helfer.
„Dass die da so mitziehen“, fand Aben richtig gut.
Björn Küppers war der Elternvertreter, von dem die Initiative für die Umsetzung dieser Aktion ausging. Seine Söhne Joshua und Alexander waren auch eifrig mit dabei.
„Ich hatte einen Artikel gelesen, wo es um Kevelaer ging, dass man da mal was tun könnte. Daraufhin bin ich direkt auf den Sterntaler-Kindergarten zugegangen und habe bei der Stadt angerufen.“
Dort habe man ihm bedeutet, dass der Heimatverein dafür zuständig sei, weil die Stadt für die Bewässerung nur zweieinhalb Stellen zur Verfügung habe. Er rief direkt beim stellvertretenden Vorsitzenden des Heimatvereins, Hansgerd Kronenberg, an. „Am Freitag angerufen, am Montag getroffen, am Dienstag das „Go“ und heute in Aktion getreten“, freute sich Küppers über die Unkompliziertheit der ganzen Veranstaltung.
„Die Kids nehmen für sich da eine ganze Menge mit“, war er sich sicher.
„Das sollte schnell passieren, das ist schnell passiert“, hatte sich Kronenberg direkt gefreut und sich gerne sofort bereit erklärt, das Ganze in Gang zu bringen.
Das zeuge von der guten Zusammenarbeit des Heimatvereins mit den Institutionen und davon, dass sich der Heimatverein um die Bewässerung der öffentlichen Blumenbeete und Ampeln bemühe.

Natur miteinbeziehen

Man habe gerade das Thema Natur – von Regenwürmern bis zur Raupe Nimmersatt – im Kindergarten besprochen, erzählte die stellvertretende „Sterntaler“-Leiterin Monika Vogts. Und zuletzt hätten die Kinder Blumen zur Pflege in kleinen Töpfen mit nach Hause genommen. Man könne die Bedeutung der Natur „gerade jetzt mit dem Wetter den Kindern gut nahebringen.“
Die Aktion soll nicht die letzte ihrer Art gewesen sein. „Wir wollen das eventuell in zwei Wochen wiederholen – dann kriegen die Kinder auch ein leckeres Eis zur Belohnung“, versprach Heinz Aben. Man wolle zudem auch an den anderen Kindergärten wie St. Urbaunus einmal vorbeifahren und nachfragen, ob nicht auch da ein Interesse bestehe, der Natur in so einem heißen Sommer, wie wir ihn dieses Jahr haben, etwas Gutes zu tun.

Die Schattenseite des sonnigen Wetters

Sonne satt, Hitze wie in den Tropen mit annähernd 38 Grad – die „Hundstage“ sorgen nicht nur für volle Schwimmbäder, frequentierte Eiscafés und jede Menge Sonnenanbeter – sie haben auch ihre Schattenseiten.
Die Landwirte können ein Lied davon singen – so wie Thomas Cleven, der seit 19 Jahren und in der vierten Generation den Betrieb an der Winnekendonker Straße in Kervenheim bewirtschaftet.
„Mein Urgroßvater hat mit ein paar Kühen und Schweinen angefangen“, sagt der 40-jährige Landwirt, der 300 Milchkühe sein Eigen nennt, Futteranbau für die Kühe betreibt und Rüben und Kartoffeln für die Direktvermarktung produziert. „Das war schon mein eigener Wunsch, ich wurde nicht gezwungen“, lacht er.
Wenn er in diesen Tagen an seinen Maisfeldern entlanggeht, dann verfinstern sich bei dem sonst eher fröhlich gestimmten Mann die Gesichtszüge. „Das ist schon extrem – bis Mitte/Ende Mai hätte ich noch gesagt: alles gut. Da war auch noch ein bisschen Regen.“

Eine Katastrophe

Seit Wochen gucke er jetzt täglich nach dem Wetterbericht. „Und der ist immer gleich: nur Sonne- und kein Regen in Sicht.“ Für Nicht-Landwirte sei das sicher „ein traumhafter Sommer“, meint er. „Für uns ist das eine Katastrophe.“
Seit Juni ist er damit beschäftigt, die Felder zu bewässern – insgesamt knapp 70 Hektar Bodenfläche versucht er, mit zwei Bewässerungsanlagen zu „beregnen“. „Wir ziehen das Wasser aus dem eigenen Brunnen, für den man uns seitens des Kreises die Entnahmeerlaubnis erteilt hat“, macht Cleven die Dimensionen allein für seinen Betrieb deutlich. Nach seinen Angaben kommt man seit Juni ungefähr auf eine benutzte Wassermenge von 5,6 Millionen Liter Wasser – das entspricht fünfeinhalb Mal dem Inhalt des 25-Meter-Beckens im Kevelaerer Freibad. Dazu kommen noch die enormen Kosten, die die Dieselmaschinen für die Bereg­nungsanlagen verschlingen. „Das waren 13 000 Liter Diesel nur dafür”, macht er klar.
Ganz gegen die Hitze „anregnen“, das sei seit gut zehn Tagen nicht mehr möglich. „Es wird Futter für die Kühe fehlen – die Konsequenz ist für viele Betriebe, ihren Kuhbestand zu verringern, weil man dann nicht mehr so viele halten kann.“ Und die Maisernte werde angesichts des bestehenden Klimas „deutlich früher sein und deutlich geringer ausfallen.“
Sein Kollege Johannes van den Boom, der in der dritten Generation als Landwirt mit Milchkühen, Nachzucht, Ackerfutter und Zuckerrüben seinen Broterwerb sichert, sieht auch Probleme, wenn aufgrund der Trockenheit dürre oder gar keine Maiskolben mehr entstehen.
„Die Margen fehlen dann und die Qualität ist spürbar geringer“, und es werde schwerer sein, den Bedarf an Futtermitteln zu decken, sagt der 32-Jährige. „Dann müssen wir Futter zukaufen, das geht in die Kosten.“ Dabei werde aber ein überregionales Problem auftreten, „weil der Mais, den man gerne zukaufen will, an anderer Stelle ja auch fehlen wird.“
Ein weiteres Problem sind die Grünflächen, die aufgrund der Hitze nach und nach „braun“ werden. „Da dauert es lange, bis da wieder was wächst“, so van den Boom.
Es lohne sich auch nicht, abgeerntete Maisflächen mit Gras als eventueller Futtergrundlage einzusäen. „Man kann den Boden ja nicht behandeln. Und „ohne Wasser auf blankem Boden“ wachse eben nichts.
Auch für die Tiere bedeuten die Temperaturen Stress. „Kühe haben gerne 20 Grad“, sagt er. Man könne nur versuchen, über Luftbewegung und Ventilatoren die Bedingungen zu verbessern, so van den Boom. In der vergangenen Woche konnten sich die Tiere wenigstens noch bei etwas kühleren Temperaturen nachts draußen abkühlen.

Verbraucherpreise steigen

„Das fällt aber jetzt auch weg – und 35 Grad sind 35 Grad“, sagt er und befürchtet, dass dann auch „der Milchertrag in den Keller“ gehen wird. „Da kann man nicht viel dran machen.“ Und das alles könne dann auf die Preise für den Verbraucher schlagen.
Dass es solche extremen Jahre gibt, das hätten schon ihre Väter erfahren, sehen das beide (noch) einigermaßen gelassen. „Meiner spricht von 1947“, berichtet Thomas Cleven. „1959 und 1976 sollen noch schlimmer gewesen sein“, ergänzt Johannes van den Boom. Er rechnet auch das extreme Regenjahr 2016 mit dazu. „Einmal zuviel Wasser, ein gutes Jahr, eimal zuviel Sonne.“
Beide Landwirte hoffen jetzt auf einen Wetterumschwung mit „schönem Landregen und ein Tiefdruckgebiet.“ Je früher sich die Situation ändere, umso besser. „Denn Regen ist mit Geld nicht zu bezahlen“, sagt Thomas Cleven. Und blickt dabei zum Himmel.