Jan Itrich von der FDP versprach „etwas Historisches“, und er behielt recht. „Das erste Mal seit Jahren“ werde die FDP der Haushaltssatzung, dem Haushaltsplan und dem Stellenplan der Stadt Kevelaer zustimmen, sagte der Fraktionsvorsitzende, und das taten die Mitglieder dann auch. „Für mich ist das jedenfalls eine Premiere“, erklärte Bürgermeister Dominik Pichler anerkennend. Sowohl der Haushalt, als auch der Stellenplan wurden einstimmig beschlossen – durch die Mitglieder des Haupt- und Finanzausschusses, dem die Ratsmitglieder zuvor die Entscheidungskompetenz übertragen hatten. Vor dem Hintergrund der Pandemie sicherlich ein weiterer historischer Moment.
Kurze Statements
Zuvor hatte man sich darauf verständigt, auf die ,traditionellen‘ Haushaltsreden zu verzichten und die Sitzung möglichst kurz zu halten. Das funktionierte, weil der Ausschuss den Haushalt und die einzelnen Fraktionsanträge in der vorigen Sitzung ausführlich besprochen hatte (das KB berichtete). Die Sprecher der einzelnen Ratsfraktionen gaben dementsprechend ein kurzes Statement ab, aus dem trotz der Kürze für das geübte Ohr jeweils Prioritäten, Abgrenzungen und Marschrichtungen abzulesen waren.
Mario Maaßen (CDU) lobte die im Haushalt ablesbaren künftigen Investitionen der Stadt, die sich in der Krise azyklisch und damit nach Auffassung der CDU richtig verhalte. Positiv hob er die Einrichtung einer Fachbereichsleitung „Stadtentwicklung und Bauordnung“ hervor, jedoch nicht ohne Kritik: „Wir wären hier noch einen Schritt weitergegangen. Wir hätten einen Technischen Beigeordneten präferiert, doch das war nicht mehrheitsfähig“, sagte Maaßen.
Norbert Baumann (SPD) stieß in eine andere Richtung: Seine Fraktion werde dem Haushalt zustimmen, sei aber „weniger zufrieden“ mit dem Abstimmungsverhalten hinsichtlich „sozialer Anträge“ in der vergangenen Ausschusssitzung. „Vielleicht, und das ist ein Rat, sollten sich hier einige der anwesenden Kollegen mehr mit Sorgen und Nöten der Kevelaerer Bürgerinnen und Bürger, Schüler und Jugendlichen befassen, als sich mit voller Energie um die Belange millionenschwerer Investoren zu kümmern“, sagte Baumann.
Ulrich Hünerbein-Ahlers (Grüne) hatte sich auf Spurensuche begeben: „Wo finden wir uns wieder?“, habe sich seine Fraktion mit Blick auf den Haushalt gefragt. Bei den Themen „Tagesmütter“ und deren Bezahlung, Kindertagesstätten und Schottergärten jedenfalls wohl nicht, denn die entsprechenden Anträge seiner Fraktion seien im Ausschuss nicht durchgegangen. Besonders „geärgert“ habe man sich über die „Fundamentalopposition“ der CDU, während mit den anderen Fraktionen eine „konstruktive Arbeit“ möglich gewesen sei. Positiv bewertete Hünerbein-Ahlers die Einrichtung der Stelle eines „Stadtplaners“ und das damit sowie mit weiteren Maßnahmen den Bereichen Verkehr und Klima künftig mehr Beachtung geschenkt werde. „Darauf freuen wir uns“, sagte er und meinte damit wohl auch die Zusammenarbeit mit der Verwaltung und dem Verwaltungschef, dem er zum Ende seiner Ausführungen ein ,farbenfrohes‘ Kompliment zueignete: „Der Bürgermeister ist zwar rot, aber wir haben noch nie einen gehabt, der so grün ist.“
Frank Jakobs (KBV) signalisierte im Anschluss knapp die Zustimmung seiner Fraktion zu.
Umbau des Peter-Plümpe-Platzes ist ein Dorn im Auge
Dann war es an Jan Itrich, die eingangs erwähnte ,historische‘ Zustimmung der FDP-Fraktion zu begründen. „Die Investitionen in Bildung, Infrastruktur, die Feuerwehren, den Tourismusbereich und schließlich die Schaffung der schon so lang von uns geforderten Stelle einer Führungskraft im Bereich der Stadtplanung mit einer planerischen Qualifikation, all das bewerten wir sehr positiv.“ Aber es werde auch in „unausgereifte Projekte investiert“, kritisierte Itrich. Insbesondere der Umbau des Peter-Plümpe-Platzes ist der FDP weiter ein Dorn im Auge. „Auch weitere Projekte der Stadtentwicklung bewerten wir kritisch, wie etwa die Wohnbebauung an der Rheinstraße. Bei anderen Projekten haben wir noch größeren Beratungsbedarf, etwa was die Planung Hüdderath angeht.“ Insgesamt glaube man aber, „dass die Stadt sich damit auf den Weg gemacht hat, sich offen für konstruktive Kritik zeigt und bereit ist, Entwicklung und Fortschritt zuzulassen.“ Das wolle man „honorieren“ und „unterstützen“ und stimme daher erstmals seit Jahren dem Haushalt und dem Stellenplan zu.
Demzufolge gingen bei der sich anschließenden Abstimmung sowohl beim Haushalt als auch beim Stellenplan alle Hände zustimmend in die Höhe – Gegenstimmen oder Enthaltungen gab es keine. Verwaltungschef Dominik Pichler bedankte sich herzlich für so viel Einigkeit.