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Kevelaerer Ärztepaar bedroht und erpresst

Erpressung, Bedrohung und ein Brandanschlag. Diese Szenarien sind für die Kevelaerer Zahnärzte Dr. Marika Halbach-Spielau und Dr. med. dent. Thomas Spielau seit einigen Monaten Realität. Mit massiven Drohungen und Einschüchterungen versucht ein/e Unbekannte/r, das Ehepaar unter Druck zu setzen. Ziel der Erpressungen ist, beide zum Niederlegen ihrer Berufstätigkeit zu bewegen.

Kurz nach der Eröffnung ihrer neuen Praxisräume im Oktober 2020 ging der Albtraum für das Ärztepaar los. Eines Morgens im November sei in der Praxis ein ungewöhnlicher Geruch aufgefallen, erklärt Thomas Spielau. Dann sei zu erkennen gewesen, dass es neben dem Eingang zu den alten Praxisräumen einen Brandanschlag gegeben hatte. Das Feuer habe sich glücklicherweise nicht ausbreiten können. Die Erleichterung darüber währte allerdings nicht lange, denn gleich darauf habe er einen „Kuvert mit dem entsprechenden Erpresserbrief“ im Briefkasten gefunden. Daraufhin erstattete das Ärztepaar am 19. November eine Anzeige wegen versuchter Erpressung bei der Polizei. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei dauern an.

Es folgte ein weiterer Brief mit ähnlichem Inhalt, erklärt Marika Halbach-Spielau. „Das Ziel ist eindeutig, dass wir aufhören mit unserer Tätigkeit und die Praxis übergeben sollen.“ Ihr Sohn Martin Spielau hingegen, der die Geschicke der neuen Praxis mit seinen Eltern leitet, werde nicht angesprochen, genauso wenig wie Mitarbeitende oder Patient*innen, sagt die Zahnärztin. Alle Briefe hätten sich bisher ausschließlich gegen sie und ihren Mann gerichtet. 

„Keine ruhige Minute mehr”

In den Schreiben, die im Laufe der vergangenen Monate immer wieder eingingen, werfe der Verfasser / die Verfasserin ihnen Geldgier, unethisches Verhalten, Abrechnungsbetrug und Autoritätsmissbrauch vor. Sollten sich die beiden an die Polizei oder die Presse wenden und mit dem Szenario an die Öffentlichkeit gehen, werde ihnen angedroht „fortan keine ruhige Minute mehr zu haben“ sowie Gewalt gegen sie „in jeder Form“. Dazu zähle unter anderem der Hinweis, das Paar solle regelmäßig die Radmuttern seines Autos kontrollieren und sich umschauen, wenn sie im Dunkeln unterwegs sind. Diese Details gab die Beraterin des Paares, Sigrid Baum, bekannt.

Bisher seien sie mit den Geschehnissen bewusst nicht an die Öffentlichkeit gegangen. Die Ermittlungen liefen schließlich und „wir bauen da auf die Kompetenz unserer Polizei“, sagt Thomas Spielau. Die Sachlage änderte sich allerdings schlagartig, als der Täter / die Täterin in den vergangenen Tagen ein Schreiben in vielfacher Ausführung in Umlauf brachte. Unter den Adressaten seien Banken, Geschäftsleute, Industriebetriebe, Altenstifte und die Presse gewesen, erklärt das Ärztepaar. Ein solcher anonymer Brief erreichte am 16. Februar auch die KB-Redaktion. „Eine Gruppe betroffener Menschen, möchte mit diesem Schreiben auf die kriminellen Machenschaften der Zahnarztpraxis Marieka Halbach – Spielau + Thomas Spielau aufmerksam machen“, heißt es darin. Was folgt, sind Vorwürfe, die primär darauf abzielen, dem Ärztepaar die Durchführung nicht notwendiger Behandlungen sowie Abrechnungsbetrug zu unterstellen. 

Der Brief, der beim KB in gedruckter Form mit bedrucktem Umschlag einging, nennt keinerlei Informationen zum Verfasser / zur Verfasserin. Die eingangs erwähnte „Gruppe betroffener Menschen“ setze sich, so steht es im Brief geschrieben, aus 19 Personen zusammen. Man habe Rechtsbeistand aufgesucht, der keine Aussichten auf Erfolg stellte – was ungewöhnlich klingt angesichts der Behauptung der Verfasser/in, alle Vorwürfe beweisen zu können. Außerdem seien die Vorwürfe bei dem Ärztepaar vorgetragen worden. „Keine Reaktion“, heißt es in dem Schreiben. Das allerdings sei nie geschehen, erklären Marika Halbach-Spielau und Thomas Spielau, die nach den jüngsten Ereignissen in einem Pressegespräch darüber informierten. Man sei für Patient*innen immer gesprächsbereit, habe aber zu keinem Zeitpunkt derartige Vorwürfe zugetragen bekommen. Da der in Umlauf gebrachte Brief, welcher der KB-Redaktion vorliegt, anonym verfasst wurde, besteht keine Möglichkeit, die Vorwürfe unabhängig zu überprüfen.

Weiter auf das Schreiben eingehen möchten beide nicht. „Wir möchten uns in der Sache auch nicht verteidigen, denn da ist nichts dran“, betont Thomas Spielau. „Das, was da drin steht, ist völlig haltlos.“ Dazu macht seine Frau deutlich: „Ich bin da entsetzt drüber, dass man so etwas macht und fühle mich auch bedroht durch den Erpresser.“ Das Schreiben beinhalte „rufschädigende und nicht haltbare Behauptungen.“ Einschüchtern lassen wollen sie sich nicht. „Wir möchten klar machen, dass wir uns nicht erpressen lassen“, sagt Halbach-Spielau.

„Wir gehen davon aus, dass es die Gruppe nicht gibt“

Vermutungen über mögliche Täter*innen wollen die Betroffenen nicht äußern – auch, um die Ermittlungen der Kriminalpolizei nicht zu behindern. Eine Vermutung stehe allerdings groß im Raum, wie Beraterin Sigrid Baum bestätigt: „Wir gehen davon aus, dass es die Gruppe nicht gibt.“

Auf Geld scheint es der Täter / die Täterin nicht abgesehen zu haben. Es seien keine konkreten Aufforderungen zur Zahlung eingegangen, erklären die Betroffenen. „Der Erpresser will nur, dass wir beide aufhören. Das ist sein einziges Ziel“, sagt Halbach-Spielau.

Durch die öffentliche Stellungnahme hoffen Marika Halbach-Spielau und Thomas Spielau nun auf sachdienliche Hinweise aus der Bevölkerung. Mögliche Hinweise sind an die Kriminalpolizei, Tel. 02823-1080, oder an jede Polizeidienststelle zu richten.

Ein Familienbetrieb wird größer

Seit beinahe 70 Jahren greift Familie Halbach-Spielau in Kevelaer zu Bohrer, Krone und Brücke. Nach einigen Jahrzehnten Praxisbetrieb an der Johannesstraße beginnt für die Zahnärzte nun ein neues Kapitel. Vor drei Jahren begannen die Planungen für einen Neubau mit direktem Anschluss an die bestehende Praxis. Über eineinhalb Jahre dauerte die Bauphase, bis am 12. Oktober 2020 erstmalig die Türen für Patienten geöffnet wurden. Mit den neuen Räumlichkeiten haben Dr. Marika Halbach-Spielau und ihr Mann Dr. Thomas Spielau auch einen neuen Zahnarzt mit an Bord: Sohn Martin Spielau wird künftig gemeinsam mit seinen Eltern die Geschicke der Praxis leiten.

„Nach 68 Jahren Praxisbetrieb haben wir ganze Generationen von Familien in unserer Praxis behandelt. Patienten, die mein Vater damals noch im Kindesalter behandelt hat, kommen nun mit ihren Kindern oder sogar Enkelkindern zu uns. Wir sind sehr stolz, auf eine so lange Praxisgeschichte zurückblicken zu können“, sagt Marika Halbach-Spielau. Nicht nur die Patienten kommen in mehreren Generationen in die Praxis. Auch die Inhaberfamilie selbst ist nun in der dritten Generation dabei. Dr. Otto Halbach gründete die Praxis im Jahr 1952 an der Busmannstraße in Kevelaer. Nach wenigen Jahren erfolgte eine räumliche Vergrößerung durch den Umzug in die Johannesstraße. 1987 übernahm Tochter Marika Halbach-Spielau die Leitung, kurze Zeit später stieg auch Thomas Spielau in den Betrieb ein. Mit dem 29-jährigen Sohn Martin Spielau ist nun die dritte Generation dabei, die in Zukunft von seinem Bruder Christian, der sich aktuell in der Endphase seines Studiums befindet, ergänzt wird.

Martin Spielau wird sich neben dem bestehenden Angebot vor allem im Bereich der Ästhetikbehandlungen einbringen, die z.B. Veneers und Zahnstellungskorrekturen mit unsichtbaren Schienen umfassen. Dank moderner digitaler Möglichkeiten kann unter anderem bei Ästhetikbehandlungen der genaue Behandlungsverlauf und bereits erzielte Ergebnisse visuell am Computer dargestellt werden. Nicht nur in diesem Bereich hat sich die Praxis weiterentwickelt. Auch die 3-D-Röntgentechnik sei auf den neuesten Stand gebracht worden, erklärt Martin Spielau. So erhalte man einen „maximalen Aufschluss bei minimaler Strahlung.“ Der Fokus der Behandlungen liege grundsätzlich auf der Prävention. Man dürfe „nicht immer erst dann eingreifen, wenn das Problem da ist.“

Ergänzende Kompetenzen

„Mit drei Zahnärzten unter einem Dach decken wir alle zahnärztlichen und kieferorthopädischen Therapien ab und verstehen uns als langjähriger Partner in jeglichen Fragen rund um Zahn- und Mundgesundheit“, sagt Marika Halbach-Spielau. In der Spezialisierung auf bestimmte Fachbereiche habe sich die Familie für ihren Betrieb so aufgestellt, dass sich die Kompetenzen ergänzen, sodass ein breites Angebot entstehen kann, ergänzt ihr Sohn.

Das Team der Mitarbeitenden um die drei Zahnärzte ist bereits gewachsen und wird zum November hin noch weiter vergrößert, erklärt der 29-Jährige. Damit kümmert sich ein inzwischen fast 20-köpfiges Team um die Belange der Patienten. Dass sie „zuverlässige und tolle Mitarbeiterinnen“ habe, sei ihr einmal mehr während des Umzuges in die neuen Räumlichkeiten bewusst geworden, sagt Marika Halbach-Spielau. „Alle haben mit angepackt.“

Die neue Praxisfläche von rund 400 Quadratmetern wird die alten Räumlichkeiten nicht ablösen, sondern ergänzen. Die beiden Gebäude sind direkt miteinander verbunden. Im alten Bereich werden unter anderem Laborräume eingerichtet. Wichtig war den Inhabern, dass die neuen Räumlichkeiten barrierefrei zugänglich sind. Außerdem dürfen sich die Patienten über deutlich verbesserte Parkmöglichkeiten freuen. Gestaltete es sich bisher recht schwierig, einen kostenfreien Parkplatz in Praxisnähe zu finden, stehen künftig 14 Patientenstellplätze in der eigenen Tiefgarage bereit, die über einen Aufzug mit der Praxis verbunden ist.

Sperrung, Lärm & Schmutz

Dass ein solches Großprojekt mitten in der Innenstadt nicht ohne Einschränkungen realisierbar ist, war allen Beteiligten von vornherein bewusst. Während der Bauarbeiten war lange Zeit die Johannesstraße für Autos gesperrt, zahlreiche Arbeitsfahrzeuge suchten den Weg zur Baustelle, es entstand Baulärm und jede Menge Schmutz. Neben einem großen Lob für die Kevelaerer Handwerksbetriebe, die ihre Arbeit „leistungsstark“ erledigt hätten, bedankt sich Marika Halbach-Spielau vor allem bei den Anwohnern und Nachbarn: „Über Monate mussten sie die Sperrung der Johannesstraße ebenso wie Baulärm und Schmutz in Kauf nehmen. Wir sind dankbar, dass die Nachbarn das so mitgetragen haben.“

Mit der „Eröffnung“ am 12. Oktober waren die Arbeiten trotz der Bauphase während der Corona-Pandemie fast pünktlich fertiggestellt. „Während aufgrund des Lockdowns alle Aktivitäten heruntergefahren werden mussten, waren wir sowie die beauftragten Baufirmen froh, dass weiterhin auf der Baustelle gearbeitet werde konnte. Dabei hat es sich bewährt, dass wir großen Wert darauf gelegt haben, vorzugsweise mit ortsansässigen Firmen zu planen und zu bauen“, so die Zahnärztin.

Eine offizielle Eröffnung der Praxis wird es nicht geben. Auch wenn die Inhaber diesen bedeutenden Schritt gerne gefeiert hätten, ist dies aufgrund der aktuellen Lage in Sachen Covid-19 nicht tragbar. Allerdings gibt es bereits einen Ausweichplan: In zwei Jahren kann die Familie das 70-jährige Bestehen der Praxis feiern und lässt es sich nicht nehmen, zu diesem Anlass auch auf die neuen Praxisräume anzustoßen, in die sich das Team schnell eingelebt hat. „Ich fühle mich hier sehr wohl. An gute Dinge gewöhnt man sich schnell“, sagt Marika Halbach-Spielau sichtlich zufrieden.