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Seit 60 Jahren trainieren die Kevelaerer „Maikäfer“

Sieben junge Frauen, ein Stammtisch und erste gemeinsame sportliche Aktivitäten im Mai 1960 – mehr brauchte es nicht, um den Kevelaerer Gymnastikclub „Die Maikäfer“ ins Leben zu rufen. Doch der Name geht nicht allein auf den Gründungsmonat zurück. Eine bei den Sportlerinnen beliebte Gymnastikübung – auf dem Rücken liegend mit angezogenen Beinen – habe damals schlichtweg an die kleinen Tierchen erinnert, erzählen die Mitglieder. Die ersten Jahre verbrachten die Sportlerinnen im Saal der Gaststätte „Valks“ in Kevelaer. Neben den wöchentlichen Sportstunden standen aber auch gemeinsame Ausflüge und Kurztrips auf dem Programm. Heute besteht der Club noch aus 23 Damen.

„Am Anfang haben wir noch Geräteturnen gemacht“, erinnert sich Margret Hitzfeld, die seit 59 Jahren bei den Maikäfern aktiv ist. Die Übungen habe man mit der Zeit allerdings angepasst. Mit einem durchschnittlichen Alter der Mitglieder von Mitte 70 bis Mitte 80 sei man einfach ruhiger geworden. Eines allerdings sei bis heute gleich geblieben: „In der Pause gab es immer Bröckskes“, sagt Hitzfeld. „Und die gibt es heute noch“, pflichtet Inge van Meegen, Gründungsmitglied und Kassiererin, ihr lächelnd bei. Früher gab es nach dem Sport außerdem immer ein Eis. Das hatte auch bei privaten Zusammenkünften eine große Bedeutung. „Runde Geburtstage wurden immer privat in einer großen Eisrunde gefeiert. Eis essen ist ganz wichtig“, lacht Hitzfeld.

Neben runden Geburtstagen waren auch die in der Regel alle zwei Jahre stattfindenden Städtetouren Highlights für die Sportlerinnen. Hamburg, Berlin, London, Paris und Trier waren dabei nur einige Ziele. Die Organisation dafür hat lange Zeit Agi Plönes übernommen – mit Unterstützung ihres Ehemannes Alfred. Plönes ist aktuell noch Vorsitzende des Gymnastikclubs, wird dieses Amt nach 20 Jahren Ende 2020 niederlegen und an Ingrid Janssen übergeben. Sie habe Janssen angesprochen und sich sehr um ihre Nachfolge bemüht. Nicht nur die Städtetouren standen unter der Führung von Agi Plönes. Auch bei gemeinsamen Treffen außerhalb des Sports, bei Weihnachtsfeiern und anderen Versammlungen habe sie sich sehr für die Mitglieder eingesetzt.

Sektfrühstück an der Autobahn

Auf einer der Städtetouren hat sie mit Unterstützung sogar ein Frühstück an der Autobahn organisiert, erzählt Plönes, während sie von dieser Aktion sogar noch Fotos aus ihrem persönlichen „Maikäfer-Archiv“ kramt. Auf dem Weg nach Dülmen gab es ein Sektfrühstück für die Reisenden. Auch die jährlichen Weihnachtsfeiern sind der scheidenden Vorsitzenden wichtig. Anfangs fanden diese in der Turnhalle statt. „Da hat jeder etwas mitgebracht“, erinnert sich Plönes. Später wurde das Geschehen schließlich in den „Goldenen Schwan“ verlagert.

Agi Plönes (l.) übergibt zum Jahreswechsel das Amt der Vorsitzenden an Ingrid Janssen. Foto: privat

Seit zwei Jahren trainieren die Sportlerinnen nun in der Kroatenhalle in Kevelaer, nachdem sie zuvor viele Jahre in der Turnhalle an der Biegstraße ansässig waren. Sille Janßen ist aktuell Vorturnerin und leitet die Gruppe an. „Das ist eine starke Gemeinschaft“, sagt Margret Hitzfeld mit Blick auf die Gruppe. Nachdem eine Trainingseinheit früher zwei Stunden dauerte, hat sich das Pensum inzwischen auf eine Stunde reduziert. Und egal wie fit und beweglich jemand ist, bei den Maikäfern wird niemand auf der Strecke gelassen. So machen die „Hockerladies“, wie sie charmant genannt werden, ihre Übungen eben im Sitzen. Den Mitgliedern ist dabei durchaus bewusst, dass die jahrzehntelange Gymnastik ihre Spuren hinterlässt – im positiven Sinne. „Man merkt das schon, wenn man lange nichts getan hat“, betont Hitzfeld. Durch Covid-19 bleibt den Damen der Sport aktuell verwehrt. Eigene Übungen daheim könnten das Ganze eben nicht ersetzen.

Besonders stolz ist die Gruppe auf ihr 60-jähriges Bestehen auch aus dem Grunde, weil es sich bei den Maikäfern um eine private Einrichtung handelt, die in völliger Eigenregie geführt wird. Wie eine solche Gruppe über Jahrzehnte erfolgreich und aktiv bestehen kann? „Man hat ein gemeinschaftliches Ziel – das Ziel ist der Sport“, findet Margret Hitzfeld eine Erklärung. Außerdem harmoniere die Gruppe sowohl in der Turnhalle als auch außerhalb. Es seien teilweise enge Freundschaften entstanden. „Und wenn jemand krank ist, wird er auf jeden Fall besucht“, betont Plönes den Zusammenhalt.

So ist es kaum verwunderlich, dass die Maikäfer sogar ihre eigenen Lieder geschrieben haben. Anlässlich der Geburtstage wurde immer zu bestehenden Melodien gedichtet und gemeinsam gesungen. Auch diese Eigenkreationen finden sich natürlich im Hause Plönes noch wieder – darunter sogar eine eigene „Vereinshymne“.

Große Bedeutung und heitere Stimmung

Für die Mitglieder ist der Gymnastikclub mit den Jahren ein fester Bestandteil des Alltags geworden. „Maikäfer war immer an erster Stelle“, sagt Margret Hitzfeld. Vielleicht mag die große Bedeutung der Gruppe der Grund dafür sein, dass Agi Plönes Fotos, Lieder und Schriftstücke sorgfältig aufbewahrt. Dem zu verdanken ist es, dass auch heute noch ein Schriftstück, das 1970 anlässlich des zehnjährigen Bestehens verfasst wurde, für ein Schmunzeln sorgt. Denn damals ging es nach der getanen Arbeit offensichtlich schon einmal feuchtfröhlich zu: „Zur Freude unserer Männer kehrten wir dann gegen zehn bis elf Uhr gut entspannt und gelockert, zuweilen auch sehr heiter nach Hause zurück“, heißt es dort.