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Die „beste Zeit“ seines Lebens erlebte Bruder Michael Schmitz in Ghana, sagt er heute. Foto: Privat
Bruder Michael Schmitz ist nach fast 30 Jahren in Ghana nach Deutschland zurückgekehrt

Danken heißt, sich vor Gott hinsetzen und sich freuen

„Ghana war mein Leben. Die 30 Jahre, die ich dort verbracht habe, waren bis jetzt die beste Zeit meines Lebens.“ Wenn Bruder Michael von seinem Einsatz in dem westafrikanischen Land erzählt, spürt man seine tiefe Verbundenheit zu den Menschen, der Kultur, dem Klima und der Landschaft.

Mehr Gift, weniger Ernte und zu wenig Bewusstsein

Extreme Hitze, wochenlange Trockenheit, heftige Stürme: Die Auswirkungen des Klimawandels werden in Deutschland immer mehr Menschen bewusst. In anderen Teilen der Erde ist der Klimawandel längst existenzbedrohend. Davon kann der gebürtig aus Kevelaer stammende Bruder Michael Schmitz berichten.

Er gehört der Ordensgemeinschaft der Salesianer Don Boscos an und lebt seit mehr als 25 Jahren im westafrikanischen Ghana.

Dort ist Bruder Michael, den die Einheimischen nur „Obolo“ (auf deutsch „starker, dicker Mann“) nennen, in der Kinder- und Jugendarbeit tätig. Zuvor hat er in einer ländlich geprägten Region ein technisches Ausbildungszentrum mit aufgebaut. Zwischenzeitlich habe er außerdem „in der Landwirtschaft und im Haus mitgearbeitet. Daher habe ich in der letzten Zeit einige der Probleme gut mitbekommen.“

Eines der Hauptprobleme sei, dass sich die Regen- und Trockenzeiten, die sich in dem von tropischem Klima geprägten Land eigentlich verlässlich abwechseln, verändert haben. „In den 90-er Jahren war es noch so, dass sich der Regen im Februar und März gut entwickelte, nun kommt es vor, dass der erste Regen Ende März fällt, aber nicht regelmäßig“, berichtet Bruder Michael, „nach einigen Wochen kommt dann wieder etwas Regen, doch nicht genug für Saatgut und Gemüsepflanzen.“ Deshalb sei es 2019 zu erheblichen Ernteausfällen gekommen.

Für die Menschen vor Ort habe das konkrete Auswirkungen. „Mais ist eines der Hauptnahrungsmittel“, sagt Bruder Michael, „durch die Ausfälle in der Trockenzeit steigen die Preise auf das Doppelte.“ Doch es komme noch mehr auf die Landwirte zu, befürchtet er: „Mit der Trockenzeit kommt seit drei Jahren mit dem Morgentau Ungeziefer in den Mais und frisst die jungen Blätter.

Auch die Novizen der Salesianer Don Boscos arbeiten sich in die Landwirtschaft ein.

Deshalb muss mit Insektiziden gespritzt werden, damit nicht alles verloren ist. Dasselbe gilt für Obstbäume wie Mango oder Schokonussbäume, die vor der Blüte gespritzt werden müssen.“ Das koste Geld, außerdem sei noch nie untersucht worden, ob die Chemie Rückstände an den Früchten hinterlasse.

Vom Staat gebe es nur unregelmäßig Unterstützung. „In größeren Städten gibt es ein Büro der Landwirtschaft, das die Regierung finanziert. Wenn jemand von den Hilfe benötigt, kommen auch schon mal einige der Fachleute vorbei. Auch helfen sie mit Giftspritzen und Pflanzenschutzmitteln aus. Doch die regelmäßige Beratung ist nicht gegeben.“

Leider sei der Klimawandel den Menschen in Ghana kaum bewusst, bedauert Bruder Michael. Generell sei ein Umweltbewusstsein kaum ausgeprägt. „Jeder in Ghana weiß, dass in den 90-er Jahren die letzten Urwaldbäume gefällt und nach Europa verschifft wurden.

Heute werden Thickbäume angebaut, die schon nach 20 bis 25 Jahren gefällt werden können. Viele Bäume werden von Indern gekauft und gehen auch nach Indien“, erzählt der Ordensmann. Außerdem würden alte Autos, unter anderem aus Deutschland importiert, aufgefahren, ohne Rücksicht auf Sicherheit und Abgaswerte.

Auch das beliebte Baden im Atlantischen Ozean, an den Ghana im Süden grenzt, sei nicht mehr uneingeschränkt empfehlenswert. „Es ist eine schöne Gelegenheit, sich abzukühlen“, sagt Bruder Michael, „doch wenn man aus dem Wasser kommt, hängen überall am Körper Plastiktüten in allen Farben. Denn für alles, was man auf dem Markt oder woanders kaufen kann, gibt es Plastiktüten, passend für alle Waren in acht verschiedenen Größen.“

Auf dem afrikanischen Kontinent seien es derzeit vor allem die Länder Burundi und Ruanda, in denen sich Umweltbewusstsein auspräge und die hoffentlich andere positiv beeinflussen könnten.

Deutschland auf einem guten Weg

Erstaunt haben den Missionar bei seinem Heimaturlaub in Kevelaer die Erfahrungen, die er in Deutschland machen musste: der heiße und trockene Sommer, der ihm in Vergleich zu Ghana keine Abkühlung bot, verbogene Bahnschienen, aufgelöste Straßenbeläge. Umso wichtiger findet er Initiativen wie Fridays for future oder Klima-NotstandsErklärungen in einigen Städten.

Damit sei Deutschland auf einem guten Weg. Nicht verstehen kann Bruder Michael allerdings so manches Verhalten im privaten Umfeld wie etwas ausgiebiges Rasensprengen bei Trockenheit.

Für die Zukunft wünscht er sich von allen Menschen einen weiteren Blick: „Wir müssen uns die Hände geben und den Menschen in den ärmeren Ländern unter die Arme greifen. Nur gemeinsam können wir diese globale Welt der Natur retten und den nächsten Generationen ein gutes Leben weitergeben und vorleben.“

„Mein Herz schlägt ghanaisch“

Mit großen Plakaten, die mit vielen Fotos über seine Arbeit in Ghana informierten, und selbstgenähten bunten Stofftaschen der Mädchen, die in den Ausbildungshäusern der Salesianer Don Boscos das Nähen lernen und die es zu kaufen waren, stand Bruder Michael Schmitz an seinem Stand auf dem Pfarrfest der Pfarrei St. Marien.
Schon zwei Jahre ist es her, dass der gebürtige Kevelaerer zuletzt in seiner Heimat war. Nun konnte der Missionsbruder wieder in seiner Heimat sein und informierte die Besucher des Pfarrfestes gern über seine Arbeit in dem afrikanischen Land. Das KB sprach mit dem Ordensmann über seine Arbeit und über die Unterschiede im Leben der Menschen in Deutschland und Ghana.
Kein Geld für Schulbesuch
Die Menschen in Ghana leben, so Bruder Michael, unter armen, einfachen Umständen. Nur zwei bis drei Monate im Jahr regnet es, sonst ist meist trocken und schwül. Statt den vier Jahreszeiten gebe es dort nur Regenzeit und Trockenzeit. Fast 80 Prozent der Menschen bauen selber Gemüse für den Eigenbedarf an oder halten Kühe, Hühner, Schafe oder Ziegen.
Offiziell gibt es die Schulpflicht, aber in der Praxis würde jedes dritte Kind in den Städten nicht zur Schule gehen. Viele könnten sich auch das Schulgeld und die Schuluniform gar nicht leisten. Oft gebe es in den Familien vier bis sechs Kinder. Wasser zum Waschen oder zum Gießen des Gartens sei oft nicht vorhanden. Es gibt kein Kindergeld, Arbeitslosengeld oder Sozialgeld. In Not müsse man sich selbst oder gegenseitig helfen.
Doch anders als in Deutschland hätten in dem Land die Menschen immer Zeit füreinander. „In Afrika guckt keiner ständig auf die Uhr, da läuft auch kaum der Fernseher, man hat Zeit füreinander“, weiß er aus eigener Erfahrung. „Es ist ein sehr freundliches Land mit einer warmherzigen Kultur der Begegnung, die Familienbande sind sehr eng.“ Die Salesianer Don Boscos haben dort einige Ausbildungshäuser aufgebaut, die den Jugendlichen Hauswirtschaft, Nähen, Landwirtschaft, Maurerhandwerk, Metallverarbeitung, Elektroinstallation oder Computertechnik vermitteln. Bruder Michael Schmitz hat sich ganz der Freizeitgestaltung für Kinder und Jugendliche aus Ghana verschrieben. Oft bietet er für junge Menschen Tages- oder Wochenendfreizeiten an, nun hat er auch gerade eine durchgehende Nachmittagsbetreuung aufgebaut. Sonst würde sich kaum jemand um die Kinder kümmern, „Kinder in Afrika generell haben keine Lobby. Viele spielen im Müll, im Dreck“, weiß er.
Er will diese Lücke füllen, spielt mit ihnen Fußball oder andere Spiele, bastelt mit ihnen Autos aus alten Dosen und bemalt sie, womit sie dann wochenlang spielen. Er vermittelt ihnen den Glauben, singt und betet mit ihnen. Oft hätten die Kinder anfangs noch Angst vor dem „weißen Mann“ gehabt, aber schnell konnten sie Vertrauen zu ihm gewinnen. „Obolo“ – „dicker Mann“, das ist zwar nicht ganz passend, aber so nannten die Menschen in Ghana bald Bruder Michael. „Die Freundlichkeit und Offenheit der Kinder ist wirklich großartig. Sie fragen mich nicht nach Geld oder Spielsachen, sie sind einfach froh, dass ich mir für sie Zeit nehme, sie genießen die Spiele, das Singen und sind so dankbar dafür! Noch nach vielen Jahren kommt von jedem so viel Dankbarkeit zurück.“
Hier möchte er alt werden
Oft hat Bruder Michael bis zu 80 Kinder, auch Kinder aus einem anderen Glaubensumfeld kommen gern zu ihm und beten am Ende sogar das „Vaterunser“ mit. Auch die Stammessprache Twi hat Bruder Michael schnell gelernt. „Mein Herz schlägt inzwischen ghanaisch“, weiß er. Auch wenn er den Heimaturlaub genießt. Er hat die Menschen in ihrer Herzlichkeit und Natürlichkeit lieb gewonnen, dass ihm Ghana schon zur Heimat geworden ist. Hier möchte er alt werden und noch lange als Obolo für die Kinder da sein.