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Petrusschützen feiern 375-jähriges Bestehen

Die „St. Petrus-Bruderschaft Wetten 1643 e.V.“ hat allen Grund zu feiern: In diesem Jahr besteht sie seit 375 Jahren und kann somit auf eine lange und abwechslungsreiche Geschichte zurückblicken.
Im Jahre 1643, fünf Jahre vor Ende des 30-jährigen Krieges, schlossen sich Wettener Männer und Burschen zur St.-Petrus-Bruderschaft zusammen, um, wie in diesen schweren Zeiten bei vielen anderen Gemeinden üblich, die Ortsgemeinschaft, die Kirche und ihre Familien zu schützen. Diesem Engagement ist die Gemeinschaft nach wie vor verpflichtet und lebt traditionelles Brauchtum mit christlichen Wertvorstellungen, das heißt, sie steht für Glaube, Sitte und Heimat.
Das genaue Alter der Bruderschaft ist umstritten. Wahrscheinlich ist sie aus der Liebfrauen-Bruderschaft hervorgegangen, die es vorher in der Pfarrgemeinde gab und deren beträchtlicher Grundbesitz übernommen wurde. Noch bis Ende des 19. Jahrhunderts flossen Zins- und Pachtgelder. Wie sich dieser Besitz nach und nach verlor, ist nicht mehr nachzuweisen. An der im zweiten Weltkrieg verloren gegangenen Königskette hat sich eine Plakette befunden, die die Jahreszahl 1616 getragen haben soll. Offiziell wird als Gründungsjahr 1643 angenommen, da im Jahr 1893 eine Feier zum 250-jährigen Bestehen durchgeführt wurde. Die Bruderschaft beteiligte sich in den Jahren an allen kirchlichen Anlässen, Prozessionen, Aufzügen und Hochämtern und ist bis heute sehr stark mit der Kirche verbunden. Diese ist durch den Präses in der Bruderschaft vertreten. 2014 wurde die Mitgliedschaft für Frauen in die Satzung aufgenommen. Momentan gibt es 128 Mitglieder.
Historische Aufzeichnungen geben Zeugnis von der Tradition der St.-Petrus-Bruderschaft. Eine dieser Aufzeichnungen, ein historischer Schatz, ist ein Gildebrief von Wilhelm Adrian Marquis von und zu Hoensbruch Freiherr und Herr (u.a.) von Wetten, Kevelaer und Kleinkevelaer von 1722, den er auf Haus Haag schrieb. Darin sind die Regeln aufgeführt, die er auf Bitten von den Offizieren und sämtlichen Gildenbrüdern der Schützengesellschaft Wetten aufgestellt hat. Unter anderem ordnet er an: „Alle Gildenbrüder sollen am St.-Peterstag in dem Hochamt erscheinen, das für sie gehalten wird, unter Strafe von ¼ Tonne 2 Stüverbier zum Profit der Gilde und von einem Pfund Wachs für die Pfarrkirche“, „Auf dem Tag des Vogelschießens sollen alle Gildenbrüder erscheinen, um nach demselben mitzuschießen unter Strafe von ¼ Tonne 2 Stüverbier“, „Diejenigen, die zur Zeit der Versammlung Krakeel machen oder Schlägereien, die fluchen oder schwören oder ähnliche Exzesse betreiben, sollen oben gemeldete Strafe an uns oder unsere Offiziere bezahlen. Sie müssen zum Besten der Gilde ¼ Tonne 2 Stüverbier zahlen und an die Kirche ein Pfund Wachs“, „Derjenige, der den Vogel abgeschossen hat, soll gehalten sein, für das Silber (die Kette) gute und zuverlässige Bürgen zu stellen, er sei reich oder arm. Die Bürgen müssen zur Gemeinde Wetten gehören und die Zustimmung der Gilde finden“, „Sollte jemand sich weigern, die eben genannten Strafen zu bezahlen, und trotz zwei- oder dreimaliger Aufforderung des Boten noch nicht entrichten, so soll sein Name in dem Gildenbuch durchgestrichen werden. Wir verordnen ferner, dass die Gildenbrüder in Zukunft pünktlich die Statuten beobachten bei Strafe von drei Goldgulden oder noch höherer Strafe. Diese Strafgelder werden zu unserem Profit erhoben.“
Ein weiteres Zeugnis ist das „Königinnenbuch“. Es berichtet eigentlich von Königen bzw. Königspaaren, hat seinen Namen aber von der Königin Hedwig Brauers, die während ihrer Regentschaft ein Treffen aller ehemaligen Königinnen mit der amtierenden Regentin ins Leben rief. Bei diesen jährlichen Treffen sind Aufnahmen des aktuellen Königspaares in dieses „Königinnenbuch“ eingeklebt und beschriftet worden. Jede amtierende Königin ist für die Organisation dieses Treffens und die Fortschreibung des „Königinnenbuchs“ verantwortlich.
Der heutige Brudermeister Willi Selders leitet durch die Geburtstagsfeier des wohl ältesten Wettener Vereins und hofft, „dass die Bruderschaft auch in Zukunft segensreich sich in das Leben der Dorfgemeinschaft einbringen kann.“

„Seid immer brav, fleißig und ehrlich“

Winnekendonk/Wetten. Die meisten Menschen kannten Sophie Willems aus Winnekendonk als Helferin, die gern strahlte, Späße machte und sich zu Karneval in die Bütt stellte, damit andere lachen konnten. An diesem Freitag jährt sich ihr Todestag zum 10. Mal.
Einmal, erzählte Sophie Willems vor Jahren dem KB, sei sie von einer alten Frau gefragt worden, ob sie wirklich nur Glückstränen lache. Der Blick dieser Frau hinter ihr Gesicht hat Sophie Willems berührt.
Viele Jahre hatte sie nichts zu lachen gehabt – eine Sophie Willems, die kaum jemand kannte und die jahrzehntelang klaglos ihren kranken Mann Hein pflegte, der sie fast ganz für sich in Anspruch nahm.
Das Dienen kannte sie aus ihrer Kindheit. Ihre Mutter hatte einen Witwer mit sieben Kindern geheiratet und selbst noch elf Kinder bekommen. „Wir wohnten auf einer Katstelle in Wetten.“ Als Älteste packte Sophie früh mit an, so klein sie war. Mit fünfeinhalb Jahren kam sie in die Schule, „immer mit Holzschuhen, denn Vater war Holzschuhmacher“.
Von ihm, erzählt Sophie Willems, „hatten wir ein Handikap geerbt, man hat uns oft gehänselt wegen unserer kleinen Augen. Wenn wir es der Mutter klagten, strich sie uns übers Haar und sagte: ‚Sit gej mar brav, fleißig on ehrlich, dann kommt gej ok dör et Lewe‘.“
Mit 13 Jahren kam Sophie als Magd zu einem Bauern, wo sie im Stall und auf dem Feld hart anpackte. Abends strickte, stopfte und spann sie. „Für die Arbeit beim Bauern bekam ich 10 Mark 50 im Monat, die meine Eltern am Ersten abholten.“ Trotz ihrer Aufgaben, so erinnerte sich Sophie Willems später, empfand sie sich als glücklich. Als ihr Vater krank wurde, wechselte sie 1939 zu einem Bauern in der Nähe.
Ihre Arbeit wurde noch schwerer. Sie war keine 18, als sie zum Eggen und Walzen auf die Felder ging. Sie erinnerte sich an einen 20 Zentner schweren Stier. Den musste sie morgens auf ein Kleefeld führen und an die Kette legen: „Das stelle man sich vor“, erinnerte sie sich einmal lächelnd: „Und ich lebe noch.“
Im Oktober 1941 starb ihr Vater. Ihre Mutter bekam keine Rente, und Wohlfahrt wollte sie nicht. So ging Sophie nach Hause und sorgte für die Familie. „Nach dem Tod von Vater lebten meine Mutter und wir Kinder auf, denn Vater war zu streng gewesen und hatte oft die Peitsche gebraucht; er war ungerecht und hysterisch-krank gewesen.“
Doch ihre Mutter habe ihn nicht im Stich gelassen. „Sie war eine Kreuzträgerin. Von ihr haben wir viel Gutes gelernt.“ Von ihr behielt sie das Dienen bis zur Selbstaufgabe.
Sophie Willems nahm verschiedene Stellen an und bezeichnete sich offen als „Ata-Girl“, Waschfrau und „Parkettkosmetikerin“, morgens war sie in der Stadt, mittags bei der Mutter, nachmittags beim Bauern. „So verdiente ich genug, um den Haushalt zu bestreiten. Sogar die Marken für die Rente klebte ich.“
Nach dem Krieg brachte sie gemeinsam mit ihrem jüngsten Bruder das Haus wieder in Ordnung. Es hatte von Bombeneinschlägen eine Menge abbekommen. „Wir hatten viel Mut und Kraft, diese Zeit zu meistern. So vergingen meine Jugendjahre.“ Ihre vielen Geschwister, die in Stellung waren, kamen sonntags nach Hause und brachten ihre verschlissenen Sachen mit, dann wurde aus zwei Hosen oder Jacken eine einzige gezaubert.
Sie versorgte die Hühner, Kaninchen und Schafe. Die Wolle wurde abgeschoren, „und ich habe sie versponnen. Später bezahlte ich meine Trauringe mit sechs Strang schön gewaschener Schafswolle beim Goldschmied Sürgers in Kevelaer.“ 1947 hatte sie ihren Mann Heinrich kennen gelernt. Er machte sich an der Katstelle nützlich und half, sie zu renovieren: „So gewöhnten wir uns aneinander.“
Bereits 1961 erkrankte Hein Willems schwer. Einem Kreiskaufkollaps folgte ein Schlaganfall, er blieb linksseitig gelähmt und bot ihr die Scheidung an: „Jetzt bin ich nichts mehr wert.“ Sie sagte: „Du bekommst von mir den letzten Löffel Papp.“
Sie pflegte ihn und war immer für ihn da. Sie sorgte dafür, dass er ein zeitintensives Hobby, das Basteln, pflegen konnte, betreute nebenher eine gelähmte Frau und wurde 1968 selbst schwer krank. Sie hatte eine kinderkopfdicke Geschwulst an der Gebärmutter. Nach der Operation änderte sich ihre Lebenseinstellung. „Ich nahm mir vor, nur noch ehrenamtlich etwas für meine Mitmenschen zu tun. Und ich bekam sehr viel zu tun.“
Sie erlitt Unfälle mit schweren Verletzungen. 1978 fuhr sie mit ihrem Mann nach Lourdes. Es sollte die erste von sehr vielen Reisen werden. „Dort habe ich so richtig erfahren, was die Malteser leisten, eine unbegrenzte Bereitschaft.“
Büttenreden bis 1986
Die bewies sie drei Jahre später erneut selbst, als die Geselligen Vereine in Winnekendonk eine Kappensitzung für behinderte Menschen ausrichteten. Sophie Willems hielt ihre erste Büttenrede. „Und bis 1986 durfte das Publikum über mich lachen“.
Die Verbindung zu behinderten Menschen war geschaffen. Bis 1996 organisierte und leitete sie mit hohem Engagement das Blumenfest für die „Fraternität der Behinderten und Kranken“. Im Jahr zuvor war nach 48 Jahren Ehe und 34 Jahren intensivster Pflege ihr Mann gestorben.
Sophie Willems sagte einmal eindringlich, so, als müsse sie es sich selbst versichern: „Ich darf gar nicht an alles denken, aber ich bin immer glücklich gewesen.“ Und dann: „Ich habe aus meinem Leben etwas gemacht. Da freu´ ich mich drüber“.
Sophie Willems wurde 86 Jahre alt.

In der Gangart mit Takt und Gefühl

Kevelaer. Am Freitag, 25. August, wäre der frühere Rektor der Theodor-Heuss-Hauptschule Albert Pannen 95 Jahre alt geworden.
Er kam in Weeze auf die Welt, wo sein Vater Chef der Gemeindeverwaltung war. Zwei Jahre später wurde Brüderchen Laurenz geboren, der spätere Bürgermeister von Weeze. Im selben Jahr starb der Vater. Albert ging in Weeze zur Schule und wechselte 1933 zum Hindenburg-Gymnasium in Geldern.
Albert musste 1941 für sein Abitur in die schriftliche Prüfung, weil er sich nicht freiwillig zum Kriegsdienst melden wollte. Noch im selben Jahr zog ihn die Wehrmacht ein und schickte ihn an die russische Front.
Die Einberufung machte einen Strich durch seine Studienpläne. Albert wollte Arzt werden. In Flensburg erlebte der junge Mann das Kriegsende. Er kam mit einem Beinschuss davon und sagte später: „Ich habe Glück gehabt.“ Von seinen 22 Mitabiturienten war über ein Drittel gefallen.
Als Albert Pannen 1949 endlich daran denken konnte, sich zu immatrikulieren, war er für das Medizinstudium zu alt.
Er studierte Pädagogik in Essen und war einer von 90 Studenten. Unter ihnen traf er Cilli aus Billerbeck. Sie hatten dieselben Wahlpflichtfächer. Beiden stand von 1949 bis 1951 ein ausgesprochen intensives Studium an der Pädagogischen Akademie in Essen-Kupferdreh bevor. Einer ihrer Professoren war der Philosoph Josef Pieper, ein schon damals einflussreicher Träger der katholischen Kulturarbeit und Autor bedeutender Fachbücher.
Cilli und Albert wussten am Ende des Studiums, dass sie für immer zusammenbleiben wollten.
Als Cilli bis 1955 als Lehrerin im Münsterland eingesetzt wurde, mussten sich die Freunde mit seltenen Begegnungen begnügen, denn die Zugfahrt dauerte fünf Stunden. Cilli und Albert, der inzwischen als junger Lehrer in Kevelaer an der Antoniusschule für Mädchen arbeitete, sahen sich nur in den Ferien, zu Weihnachten und zu Ostern. 1955 heirateten sie und bezogen in Kevelaer an der Römerstraße eine Wohnung. Cilli hatte ihre Stelle aufgegeben.
Albert stand zu diesem Zeitpunkt in Kevelaer längst „im Geschirr“: Neben seinem Beruf als Lehrer engagierte sich Pannen, der in Weeze zusammen mit Willi Kotters bereits Erfahrungen in der Jungen Union gesammelt hatte und 1950 der CDU beigetreten war, in der Kevelaerer Kommunalpolitik und war ab 1957 Mitglied des Stadtrats.
In jenem Jahr wurde unter dem Vorsitz von Bürgermeister Peter Plümpe die Patenschaft für die südafrikanische Missionsstation „Kevelaer“ übernommen und vom Stadtrat feierlich bezeugt. Als Josef Heckens 1957 den Jugendkulturring in Kevelaer gründete, war Albert Pannen ein begeisterter Mitstreiter.
Seinen neuen Rufnamen „C & A“ erwarb das Ehepaar Pannen 1960 bei seinem ersten Ameland-Einsatz. Drei Jahre blieben Cilli und Albert zuverlässige Betreuer des Ferienhilfswerks. Bis heute schwärmen die Kinder von damals von der starken, liebevollen und klaren Begleitung durch „C & A“.
1963 kam Sohn Stefan zur Welt. Später zog die Familie von der Römerstraße in ihr Eigenheim an der Brucknerstraße 4.
Bis 1968 arbeitete Pannen engagiert im Stadtrat und im Jugend- und Kulturring mit. Das Theaterangebot für Kevelaer war ihm ein besonderes Anliegen. Es war ein Freudentag für ihn, als 1966 der erste Spatenstich für das Bühnenhaus getan wurde. Bis dahin musste das Heidelberger Fass (im Saal hinter der Gaststätte; heute Petrus-Canisius-Haus), manchmal auch der Don-Bosco-Saal, für Theateraufführungen genügen.
1968 war zudem das Jahr der Studentenunruhen. Auch in Kevelaer begehrten junge Leute gegen die Altvorderen auf, zu denen der 46-jährige Albert Pannen längst gezählt wurde. Die als „Jungtürken“ bekannt gewordenen „Revolutionäre“ in der CDU kegelten in Parteiveranstaltungen Fraktionschef Willy Dierkes und Ratsmitglied Albert Pannen aus dem Stadtrat heraus: Dierkes und Pannen wurden nicht mehr nominiert.
Doch ohne Pannen ging es nicht: 1975 war klar, dass „Jungtürken“ die Erfahrung, Übersicht, Ruhe und sachliche Verbindlichkeit des „Altvorderen“ nicht ersetzen konnten. Pannen kehrte in den Rat zurück. Er blieb Mitglied bis 1980. Da zog er sich wegen seiner angegriffenen Gesundheit zurück.
Er hatte längst als Pädagoge „Karriere“ gemacht. 1968 hatte er seine Ernennung zum kommissarischen Rektor der Theodor-Heuss-Hauptschule erhalten; 1970 folgte die offizielle Bestätigung. In dieser Funktion wurde Albert Pannen 1984 pensioniert. Bei seiner Verabschiedung sagte Theo Bogers als Vertreter der Stadt über Pannen: „Er ist in der Sache hart, aber in der Gangart mit Takt und Gefühl.“
Kaplan Wolf lobte, Pannen besitze die Fähigkeit zu loben und zu korrigieren. Für das Kollegium meinte Peter Maus, Handeln und Entscheidungen von Albert Pannen seien geprägt durch ein christliches Weltbild.
Pannen selbst erklärte: „Die Schüler waren es, die mir immer am meisten Freude bereitet haben.“ So bat er seine Kollegen: „Bewahren Sie sich ein Herz für die Kinder und besonders ein Herz für jeden einzelnen Schüler.“
Albert Pannen, der in die Bruderschaft Consolatrix Afflictorum berufen wurde und zwölf Jahre dem Kirchenvorstand von St. Antonius angehörte, nahm auch im hohen Alter aufmerksam Anteil an der Entwicklung Kevelaers. Als im April 2002 sein Tod bekannt wurde, erhoben sich bei einer CDU-Versammlung die Mitglieder zu seinen Ehren. Sie wussten, was die Stadt und ihre Kinder diesem Mann zu verdanken haben.