Beiträge

Das Landgericht Kleve verhandelt die Anklage gegen einen Kevelaerer wegen vielfachen sexuellen Kindesmissbrauchs. (Foto: aflo)

„Ein kranker Straftäter“

Als seine Mutter ihre Aussage beendet hatte und weinend im Zuschauerraum Platz genommen hatte, gab es für den Angeklagten kein Halten mehr. Als er nicht zu ihr gehen durfte, trat er gegen die Beamten, beschimpfte diese und schlug gegen zwei Corona-Schutzscheiben. Zuvor hatte die Mutter vor der Kammer des Klever Landgerichts ausführlich den Weg des Sohnes vom hochintelligenten, unauffälligen Kind und Schüler zum unsteten, eine bipolare Störung aufweisenden Mann beschrieben. Der wegen bandenmäßigen Geldautomatensprengungen und Einbrüchen Angeklagte hatte vergeblich versucht, die Öffentlichkeit von der Vernehmung ausschließen zu lassen. Das Gericht sah dafür aber keine Grundlage.

Die Mutter hatte über Jahre Notizen über ihren Sohn gemacht und trug diese Erfahrungen dem Gericht zusammenhängend vor. Sie hatte – zweimal den Tränen nahe – ausgeführt, dass ihr Sohn in einem „ständigen Auf und Ab zwischen Extremen” von Hochstimmung und Begeisterungsfähigkeit über Unverstandensein bis völligem Rückzug geschwankt habe.

Bis zum 16. Lebensjahr sei die Kindheit unproblematisch verlaufen. Danach habe es eine Verhaltensänderung gegeben, vielleicht bedingt durch eine Schulsituation, in der er verprügelt wurde und später durch das Trauma bei der „Loveparade“ 2010. „Es ging immer weiter in die falsche Richtung“, berichtete sie von Prügeleien, der Mitgliedschaft in der Hooligan-Szene Köln, notwendigen Schulwechseln. Sie sprach von mehreren Behandlungen durch Psychologen, von „Wahnvorstellungen” und „Halluzinationen“, exzessivem Glücksspiel und Momenten der Normalität als Kellner.

Dazu kam die Wahrnehmung, „Angst vor den eigenen Gedanken“ zu haben, die verschiedenen Delikte und der „krampfhafte“ Versuch, mit Frau und Kind ein Familienleben aufzubauen. „Solange seine eigenen Probleme nicht gelöst sind, kann er das nicht schaffen“, sagte sie. Ihr Sohn sei „nicht nur ein Straftäter, sondern auch ein kranker Straftäter“, der dringend psychologischer Hilfe bedarf.

Lehrbuchhafte bipolare Störung

Der Gutachter schloss sich in seiner Bewertung an, sprach von einer fast „neurotischen Verzerrung der Persönlichkeit“ und einer „lehrbuchhaften bipolaren Störung“, die sich nur mit Medikamenten und einer psychopädagogischen Begleitung lösen lasse. „Er ist ein Mensch, der Hilfe braucht. Ob er sie annimmt, weiß ich nicht.“

Zuvor hatte der ermittelnde Beamte zu den Ermittlungen ausgesagt. Man habe aufgrund der Vergleichbarkeit der Fälle alle fünf versuchten beziehungsweise durchgeführten Sprengungen am Twistedener „Irrland“, in Moers, Tönisvorst, Pulheim und Mülheim-Kärlich als zusammenhängende Taten gewertet. Man habe im Fall Tönisvorst die Spuren aller drei Täter an den Gasflaschen und Kabeln gefunden. Ob der Angeklagte bei der Ausführung die Gasflasche oder die Kabel gehalten habe, lasse sich aus den Spuren aber nicht klar sagen. Außerdem sprach er von einem Telefonat zwischen einem der in Österreich weilenden Täter und dem in Italien arbeitenden Angeklagten, wo sich beide über mögliche weitere Taten unterhalten hätten.

Der Richter trug aus dem Schlussvermerk von Ermittlungen vor, nach denen das Funksignal des Handys des Angeklagten in Tönisvorst, Moers und Twisteden geortet worden und die DNA des Angeklagten in Pulheim festgestellt worden sei. Die Verteidigung widersprach den Schlussfolgerungen aus dem Vermerk.

Die Moerser Gaststättenbesitzerin, bei der der Angeklagte als Aushilfe gearbeitet hatte, konnte keine Aussage dazu treffen, ob der Angeklagte zum Zeitpunkt der Moerser Geldautomatensprengung gearbeitet hat oder nicht. Dazu gebe es ihres Wissens nach „keine Quittung“, sagte sie aus. „Da müsste ich meinen Mann fragen.“ Die Verteidigung erhofft sich über diese Aussage Entlastung für seinen Mandanten und bestand aus diesem Grund auf eine Vernehmung des Mannes. Das Gericht lud den Mann für den kommenden Montag, 7. September 2020, 9 Uhr, vor. Dann wird wohl auch das Urteil fallen.

Das Landgericht Kleve verhandelt die Anklage gegen einen Kevelaerer wegen vielfachen sexuellen Kindesmissbrauchs. (Foto: aflo)

Die große Beute blieb aus

Wie groß der Druck für den Angeklagten war, erwies sich, als er einen seiner mutmaßlichen Komplizen mit Fragen konfrontierte. „Es geht um meinen Arsch“, wählte er drastische Worte, um seine Situation vor Gericht deutlich zu machen. Vor zwei Jahren sorgte eine Serie von vier Automatensprengungen – unter anderem am Twistedener „Irrland“ – für Aufsehen. Im Oktober letzten Jahres wurden ein 20-jähriger gebürtiger Mülheimer und ein 28-Jähriger aus Krefeld am Landgericht Kleve dafür, für mehrere Einbrüche und den Diebstahl des Fluchtautos zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Das Verfahren gegen den 29-jährigen gebürtigen Kerpener wegen Bandendiebstahls in Tateinheit mit Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion war Ende April aber abrupt beendet worden. Er und sein Anwalt hatten die Vernehmung zweier vorher nicht bekannter Zeugen sowie ein Sachverständigen-Gutachten wegen des mögliches Einflusses von Drogen und eines Asperger-Syndroms beantragt.

Im Zuge der Fortsetzung des Prozesses charakterisierte der Staatsanwalt den Angeklagten weiter als „Kopf einer Bande“, die gezielt versucht hatte, die Automaten in die Luft zu sprengen und an das Geld zu gelangen. Erfolgreich war dies allerdings nur im Fall Moers. Dort soll das Trio 1460 Euro erbeutet haben. Ansonsten war es bei Versuchen geblieben, die allerdings mit enormen Sachschäden einhergingen.

Für den eigenen Lebensunterhalt

Der Angeklagte gab über seinen Anwalt lediglich die Beteiligung bei den Einbrüchen im Krefelder „Nordbahnhof“, in der Grefrather Schule, der Kita in Meerbusch und dem Ehepaar in Korschenbroich zu  – allerdings nicht zur Finanzierung der Sprengungen, sondern für den eigenen Lebensunterhalt. Zur eigenen Person und den Taten sagte er sonst nichts.

Anhand der früheren Einlassungen im Verfahren wurde aber deutlich, dass der für ein Raubdelikt 2010 und weiterer Straftaten in Österreich 2018/19 verurteilte Mann Geld beim Glücksspiel verloren und Kokain, Crack, Speed und Alkohol konsumiert haben will. Angeblich habe ihn die Loveparade-Katastrophe von Duisburg 2010 „verdreht“.

Im Krefelder „Nordbahnhof“ habe er zusammen mit seinem Komplizen gearbeitet, sei mit ihm 2018 nach Spanien gegangen. Später zog es ihn allein nach Rom, um dort ein Spielcafé zu betreiben. Im Winter 2018 ging er dann gemeinsam mit seinem Kumpanen nach Österreich und verübte dort weitere Straftaten.

Belastung für den Angeklagten

Ein Schulfreund des bereits verurteilten 20-jährigen Mühlheimers bestätigte, dass dieser ihm vor gut zwei Jahren von den Geldautomatensprengungen zu dritt „im Umfeld von Krefeld“ erzählt habe. Auch der 28-jährige Mittäter aus Krefeld bestätigte, dass der Angeklagte, mit dem er 2010 bereits eine Straftat verübt hatte, bei allen Taten dabei gewesen sei. Man habe sich dazu im Sommer 2018 mehrmals getroffen. Die Idee zu den Sprengungen sei von dem Angeklagten ausgegangen, der gesagt habe, man solle den Beispielen aus Frankreich und den Niederlanden folgen. Sein Komplize sei eher ein „Mitläufer“ gewesen. Er selbst habe sich „breitschlagen lassen“, mitzumachen, weil er sich dem acht Jahre zuvor im Gefängnis sitzenden alten Freund verbunden gefühlt habe. Bei den Sprengungen habe er mit Abstand Schmiere gestanden. Die beiden anderen Männer hätten dann die Propangasflaschen zu den Automaten gebracht und die Schläuche eingeführt.

Der heute 21-jährige gebürtige Mülheimer bestätigte, den Angeklagten im Krefelder „Nordbahnhof“ für den Einbruch die Falltür geöffnet zu haben und auf die Idee mit dem Fluchtauto-Schlüssel und dem Einbruch gekommen zu sein.  Er bestätigte dass der Angeklagte und er Gas und Sauerstoff in die Geldautomaten eingeführt hätten, während der andere Verurteilte die Gegend absicherte. In Moers sei die Tür weggeflogen, in Kevelaer habe lediglich eine Verpuffung stattgefunden. Und in Mülheim-Kärlich sei die Gasflasche an der Glastür explodiert. Danach habe er von solchen Versuchen Abstand genommen.

Der Prozess wird am kommenden Donnerstag, 20. August, um 8 Uhr fortgesetzt.

Er übersah das Kind

Im Prozess gegen einen 86-jährigen Unternehmer aus Weeze ist das Verfahren gegen eine Zahlung von 12.000 Euro an die Staatskasse (bis zur Zahlung der Summe vorläufig) eingestellt worden. Nach einer kurzen Prozesspause erklärte sich der Angeklagte zur Zahlung der Summe bereit. Daraufhin stimmte die Staatsanwaltschaft zu, der Richter verkündete dementsprechend das Urteil. Das Gericht sah weder eine Absicht des Mannes bei dem Unfall und erkannte auch keine Probleme hinsichtlich der Fahrtüchtigkeit des Mannes an. Strittig blieb bis zum Schluss, ob der Mann das Kind eventuell doch hätte sehen können und der Unfall vermeidbar gewesen wäre. Der Richter glaubte dem Angeklagten, dass er das Kind nicht gesehen hat.

Am Prozesstag stand die Aussage des Vaters des Kindes im Mittelpunkt. Der 38-jährige Kevelaerer schilderte plastisch, wie er und seine Tochter vom Einkaufen kamen, in die Marienstraße in Gegenfahrtrichtung „im Schritttempo“ fuhren. Er selbst sei durch eine Beschädigung an der Hose dann kurz abgelenkt gewesen, weswegen er nicht gesehen habe, wie der Mercedes des Angeklagten aus der Bonifatiusstraße herausgefahren sei. „Plötzlich schrie meine Tochter wie am Spieß“, berichtete der Vater. Sie sei wohl vor dem Auto „wie angewurzelt stehengeblieben“, sagte er. Ob sie mehr rechts oder links gestanden habe, vermochte er nicht zu sagen. Der Autofahrer sei ganz langsam über seine Tochter hinweg gefahren „wie Papier, das durch den Schredder gezogen wird.“

Er habe Krach gemacht, genauso wie eine Frau in einem Auto, was der Fahrer nicht wahrnahm.Daraufhin sei er vom Rad abgesprungen, um den Wagen herum gelaufen, habe die Tür geöffnet und dem Fahrer gesagt, dass er halten soll. Er habe dann seine Tochter unter dem Auto herausgezogen und selbst zum nahegelegenen Kevelaerer Krankenhaus gebracht. Das Kind habe unter anderem einen Schädelbasisbruch und mehrere Brüche erlitten, legte er diverse Atteste der Duisburger und Moerser Klinik vor, in dem die Tochter behandelt beziehungsweise später nochmal nachuntersucht worden ist. Die Tochter sei am 8. Mai eingeliefert, am 30. Mai schon entlassen worden. Sie habe früh erste eigene Schritte unternehmen und ein paar Tage später auch erstmals wieder Treppen laufen können. In den Untersuchungen danach seien bislang keine weiteren Schäden festgestellt worden.

Günstiger Krankheitsverlauf

„Sie hatte danach aber generell große Angst und Panik vor Autos“, schilderte der Vater. Aber auch das habe sich gebessert. Jetzt fahren sie wieder Laufrad. Allerdings habe sie noch Angst, wenn es an Stichstraßen wie an der Bonifatiusstraße vorbeigehe. Sie habe aber deutlich an Sicherheit im Verkehr gewonnen. Die Ärzte hätten den Krankheitsverlauf als „ungewöhnlich günstig“ eingeordnet, so der Vater. Zivilrechtlich sei der Unfall über die Versicherungen außergerichtlich mit einer Summe von 16.000 Euro Schmerzensgeld abgegolten worden.

Danach versuchten ein Sachverständiger und ein Gutachter der Verteidigung, den Ablauf der Geschehnisse nochmal im Detail nachzuvollziehen. Dabei war der Punkt, wo sich der Wagen beim Aufprall befand, genauso in der Diskussion wie die Geschwindigkeiten der Beteiligten, die Sichtmöglichkeiten und die Blickrichtung des Angeklagten. Die Reaktionsfähigkeit des 86-jährigen Fahrers spielte dabei erstaunlicherweise keine Rolle. Der Sachverständige machte nochmal deutlich, dass das Kind beim Zusammenprall mittig des Wagens stand. Das belegten auch die Spuren am Wagen und die Kratzspuren am Boden. „Mit einer langsamen Annäherung an den Ort, bei Schrittgeschwindigkeit kann man das Kind sehen“, war seine Auffassung.

Der Gegengutachter machte deutlich, dass in jedem durchgerechneten Fall sehr wenig Zeit gewesen wäre, um bei Sicht des Kindes zu reagieren. Es gebe in Bezug auf die Wege der Beteiligten und die Zeit viele denkbare Optionen.

Prozess wegen fahrlässiger Körperverletzung

Am Amtsgericht Geldern muss sich ein 76-jähriger Weezer Kaufmann wegen fahrlässiger Körperverletzung verantworten. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft hatte der Mann am 18. Mai 2019 am Mittag mit seinem Mercedes die Bonifatiusstraße in Kevelaer befahren, um nach rechts auf die Marienstraße abzubiegen. Im Einmündungsbereich soll ein zweieinhalbjähriges Kind auf seinen Vater, der hinter dem 76-Jährigen fuhr, gewartet haben. Anschließend sei er mit einer Geschwindigkeit von 7 km/h vorgefahren, habe das „für ihn deutlich sichtbare Kind“ nicht gesehen und es frontal mit seinem Wagen erfasst. Das Kind sei unter das Auto geraten und dabei schwer verletzt worden. Der Angeklagte habe auch das nicht bemerkt und sei weitergefahren. Er sei erst dann zum Stehen gekommen, als der Vater des Kindes die Fahrertür aufgerissen habe. Das Kind erlitt eine lebensgefährliche Kopfverletzung und wurde mehrere Tage auf der Intensivstation eines Krankenhauses behandelt.

Der Angeklagte gab bei seiner Aussage an, er sei nach einer Lieferung die Bonifatiusstraße „mit 15 bis 20 Stundenkilometern bis zu der Stelle, wo man zwangsläufig halten muss“ heruntergefahren. „Ich habe auch gehalten, aber ich bin nur soweit vorgefahren, dass ich die Straße einsehen konnte, nicht den Bürgersteig.“ Da sei eine Mauer bis an die Ecke „und wenn Sie vorfahren, können Sie erst die Straße sehen.“ Er sei dann „wohl mit Schritt rausgefahren“ und habe das Kind „nicht gesehen, absolut gar nicht.“ Er habe nur gehört, daß etwa 20, 30 Meter weiter eine Frau mit Kindern im Wagen gestanden habe, die gehupt habe. „Das habe ich nicht auf mich bezogen“, sagte der Mann. Er sei gut einen Meter weitergefahren. Als der Vater dann die Tür geöffnet habe, „habe ich schon gestanden.“ Er habe angehalten, weil er „das Gefühl hatte, so eine Flasche überfahren zu haben“ und ein Geräusch gehört hatte, dass er „am Hinterrad rechte Seite“ für sich verortete.

Unsichere Aussagen

Der Richter hielt ihm vor, dass er bei der Polizei angegeben hatte, „im Schritttempo auf die Marienstraße gefahren“ zu sein, ohne jemanden gesehen oder bemerkt zu haben und ein Mann plötzlich seine Fahrertür aufgerissen und er sofort gestoppt habe. Das sei eine gänzlich andere Aussage. „Ich weiß nicht genau, was ich bei der Polizei gesagt habe“, bekannte der Mann. „Die Polizei hat nicht gefragt, ob ich was gehört habe“, sagte er anschließend. Es sei „keine Befragung im eigentlichen Sinne“ gewesen.

Er habe später noch zweimal mit dem Vater Kontakt gehabt, der sich bei ihm wegen des Herauszerrens aus dem Auto entschuldigt habe. Bei dem Kind sei nichts mehr zu merken. „Gott sein Dank. Ab dem Moment ist es mir dann leichter gefallen.“ Zu den genauen Verletzungen könne er nichts sagen. Sein Rechtsanwalt gab an, das Kind sei nach seinen Informationen „unfassbar wenig verletzt“ worden. Es habe lebensbedrohlich ausgesehen, aber es habe nur Knochenquetschungen gegeben. Den Vorschlag, die Tochter des Angeklagten dazu zu hören, lehnte der Richter ab, da es sich nur um eine „Zeugin vom Hörensagen“ handelte. Und er trug diverse Aktennotizen vor, nach denen von einer „Kopfverletzung mit akuter Lebensgefahr“ die Rede ist, das Kind ein paar Tage danach aber „auf dem Weg der Besserung“ gewesen sei.

Die 39-jährige Kevelaererin, die mit ihren drei Kindern vor dem „Sportraum“ gehalten und im Wagen geschrien und gehupt hatte, gab an, dass er vorgefahren sei, das Mädchen nicht gesehen, vorne erwischt und mitgeschleift habe. Dann sei es unter dem Auto gelandet, worauf sie direkt den Notruf verständigt habe. Sie sei zum Vater gerannt und habe ihn gebeten, das Kind liegenzulassen. Der habe es aber aufgehoben und ins Krankenhaus gebracht. Entgegen der ersten Aussage gegenüber der Polizei gab sie im Prozess erst an, dass das Kind in Bewegung gewesen sei. Nach dem Vorhalt des Richters meinte sie, sie wolle nichts Falsches sagen, das Ganze sei ein Jahr her. Das könne sie nicht hundertprozentig sagen. Sie habe nur die Fahrbewegung des Autos gesehen. „Er war wirklich nicht schnell.“ Im Anschluss an ihre Aussage kam ein Sachverständiger zu Wort, der das Unfallgeschehen rekonstruiert hatte. Seine These lautete, dass man bei einer Schrittgeschwindigkeit von 7 km/h und einer unterstellten Geschwindigkeit mit dem Laufrad des Mädchens von 2 km/h das Kind hätte wahrnehmen können.

Reaktionszeit

Selbst bei 7 km/h habe eine Reaktionszeit von 1,6 Sekunden bestanden. Und den Spuren nach habe der Anstoß des Kindes im mittleren Vorderbereich des Autos stattgefunden. Dafür sprächen auch die dort gefundenen Haare. Das mitgeschleifte Rad habe vorne mittig und vor allem am Unterboden des Wagens tiefe Kratzspuren verursacht und sei deutlich durch „Rumpeln und Pumpeln“ beim Test hörbar gewesen.

Die Verteidigung bot einen eigenen Gutachter auf, der das Gutachten des Sachverständigen anzweifelte. Er habe keinen Kollisionsort ausgemacht, die Weg-Zeitbedingung sei anders, aufgrund der Größenverhältnisse seien Streifen am Fahrzeug nicht möglich und die Sichtverhältnisse durch das Rechtsabbiegen noch dazu deutlich eingeschränkt. Das Verfahren wird am 6. Juli 2020 um 13 Uhr fortgesetzt. Dann soll auch der Vater des Kindes aussagen, der an diesem Tag nicht anwesend sein konnte.

Das Landgericht Kleve verhandelt die Anklage gegen einen Kevelaerer wegen vielfachen sexuellen Kindesmissbrauchs. (Foto: aflo)

Der Überfall lief anders als geplant

Im Verfahren gegen einen 55-jährigen Mann und eine 51-jährige Frau aus Goch wegen versuchten schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung sind jetzt die Urteile gesprochen worden. Das Landgericht Kleve verurteilte den 55-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und elf Monaten. Damit blieb das Gericht deutlich unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die zuvor fünf Jahre und sechs Monate Haft für ihn gefordert hatte. Seine 51-jährige Komplizin erhielt eine zweijährige Bewährungsstrafe. Der Staatsanwalt hatte für sie eine Strafe von 120 Tagessätzen zu je 450 Euro gefordert. Dem Mann war vorgeworfen worden, im Januar 2015 am Kevelaerer Rewe-Markt die Filialleiterin mit einer Sturmmaske und Pfefferspray  angegriffen zu haben, um an die Tageseinnahmen von rund 15.000 Euro zu gelangen.

Seine Komplizin, die in dem Rewe-Markt angestellt war, soll ihn dabei im Vorfeld mit Informationen versorgt haben, um ihm den Überfall zu ermöglichen. Der war aufgrund des Widerstandes der Filialleiterin und einer ihrer Kolleginnen am Ende aber nicht erfolgreich gewesen. In dem Verfahren hatte sich der unter anderem wegen Nötigung und Hehlerei vorbestrafte Mann, der zwischenzeitlich auch mal Mitglied der Rockergruppe „Bandidos“ in Kleve war, über seinen Anwalt für schuldig bekannt. Die Mitarbeiterin des Rewe-Marktes sei eine Freundin seiner Frau gewesen.

Die Mitangeklagte hatte am ersten Prozesstag angegeben, nur Informationen an den Mann weitergegeben zu haben, weil sie sich von ihm eingeschüchtert und bedroht gefühlt haben will. Sie habe nicht damit gerechnet, dass er die Tat an diesem Tag vollziehen würde und deshalb nicht gewusst, wer unter der Maske steckt. Der Mann hatte seinerseits davon gesprochen, dass geplant gewesen sei, dass seine Komplizin das Geld haben und er sie überfallen sollte, damit es nicht nach einer Absprache aussieht. Das gestaltete sich am Tatabend dann völlig anders.

Einer der am Tatort herangeeilten Polizisten gab als Zeuge an, dass nach seiner Auffassung der Überfall kein zufälliger „Glückstreffer“ des Mannes gewesen sein kann. Und das Gericht hatte aus einzelnen gegenseitigen Whats­App-Nachrichten der beiden Angeklagten zitiert.

Abruptes Ende im Panzerknacker-Prozess

Der siebte Senat des Landgerichts Kleve hat das Verfahren gegen einen 29-Jährigen wegen schweren Bandendiebstahls durch das Aufbrechen von Geldautomaten mittels einer Sprengstoffexplosion und weiteren Delikten nach gut drei Stunden vertragt.
Anlass für dieses abrupte Ende war der Antrag des Angeklagten und seines Anwalts, zwei weitere Zeugen zu vernehmen, die sie zuvor nicht benannt hatten und die in den Ermittlungen bisher so gut wie keine Rolle gespielt hatten. Richter Gerhard van Gemmeren schloss daraufhin die Sitzung. Ein genaues Datum für die Fortsetzung des Prozesses steht aktuell noch nicht fest.

Der in Kempen geborene Mann soll zwischen Juni und Oktober 2018 mit zwei weiteren Komplizen Geldautomaten in Tönisvorst, Moers, Kevelaer und Mülheim-Kärlich aufgesprengt haben beziehungsweise es versucht haben.

Unter anderen richtete das Trio an dem Geldautomaten am Twistedener „Irrland“ erheblichen Schaden an. Ob oder wieviel Geld sie dabei erbeuteten, ist unklar.

Außerdem werden dem Trio der Einbruch in eine Schule in Grefrath, in eine Kindertagesstätte in Meerbusch (26.-28.12.18), in eine Wohnung in Korschenbroich Ende Dezember sowie der Einbruch in eine Gaststätte in Krefeld am 21. Juli des gleichen Jahre zur Last gelegt.

Ein 20-jähriger gebürtiger Mülheimer und ein 28-jähriger Krefelder waren im Oktober 2019 am Landgericht Kleve dafür schon zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Sie hatten den Angeklagten der jetzigen Verhandlung damals als Kopf der Bande charakterisiert. Diesem Eindruck widersprach der Mann am ersten Prozesstag deutlich.

Selbstbewusst

Er übte scharfe Kritik daran, dass ihm eine gerechte Verteidigung nicht mehr möglich sei. Der Mann war 2019 noch in Österreich wegen einer Straftat angeklagt gewesen. Seine Auslieferung habe sich wegen „erhöhter Sicherheitsvorkehrungen“ so verzögert, dass er am Verfahren im vergangenen Oktober nicht habe teilnehmen können. Die Kammer hatte die Verfahren voneinander abgetrennt.

Der Angeklagte trat selbstbewusst auf, verwies oft auf die Aktenlage und bat das Gericht, sich Notizen dazu zu machen – auch zu der Tatsache, dass ein österreichischer Psychologe bei ihm Ende 2019 ein Asperger-Syndrom, eine Form des Autismus, festgestellt haben soll.

Er gestand den jahrelangen Konsum von Kokain, weiteren Drogen und Alkohol ein. Sein Anwalt stellte in dem Zusammenhang den Antrag auf ein psychiatrisches Sachverständigen-Gutachten. Kernauslöser für das jahrelange unstete Leben des Angeklagten soll dabei die Loveparade-Katastrophe am 24. Juli 2010 gewesen sein, die sein Leben „auseinandergerissen“ und von „rechts auf links gedreht habe.“ Konkreter wurde der Angeklagte an dem Punkt allerdings nicht.

Danach sei sein Leben durch Drogen- und Alkoholkonsum sowie Straftaten bestimmt gewesen, schilderte er diese Zeit. Er habe seit 2010 häufig Kokain genommen, um „die Nächte durchzustehen“, später auch Alkohol oder auch Speed. „Spritze war für mich ein no go“, sagte er.

Er kam schon 2010 für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis, saß etwas mehr als zwei Jahre davon ab, machte Fachabitur und seine Ausbildung als Hochbaufacharbeiter, ehe er sich als Student in Aachen versuchte, mit dem Glücksspiel anfing, als Kellner auf Mallorca und in Krefeld arbeitete und als Teilhaber in Spielcafes unter anderem in Rom einstieg, um seine Sucht zu finanzieren.
Eine Drogentherapie habe er nie gemacht, weil er ein Mensch sei, „der sich mit seinen Problemen ungern öffnet.“ Er strebe eine Alkohol-und Drogentherapie während des Vollzugs an, sagte er, und sprach von seiner fünfjährigen Tochter, „die alles mitkriegt.“. Eine Entlassung ohne Therapie bedeute laut eigener Aussage „ein Todesurteil“.

Der 29-Jährige gestand die Teilnahme an den Einbrüchen, zumeist als Aufpasser, dementierte aber einen Wagendiebstahl in Korschenbroich. Die Aktivitäten der anderen beiden hinsichtlich der Geldautomaten habe er „mitbekommen“, sich selbst aber gar nicht aktiv daran beteiligen wollen. „Ich sprenge überhaupt nichts“, habe er immer wieder seinen Freunden klar gemacht. In Tönisvorst will er am Vorabend versucht haben, mit den anderen mittels eines Akkuspreizers Zugang zu dem Automaten zu erhalten und diesen mit einem Zugseil aufzumachen, was schiefging. Am Folgetag habe er sich vor dem Sprengversuch aus der Tat herausgezogen.

Nur Schmiere gestanden

Nach Moers sei er nur mitgefahren, um sich zum Kellnern absetzen zu lassen, habe später erfahren, dass bei dieser Tat nur ein paar Euro erbeutet worden seien.

In Kevelaer am „Irrland“ sei er nur mitgekommen, „um sich das mit anzugucken“ – um schließlich am Kreisverkehr „Schmiere“ zu stehen, um anschließend aber doch nach Twisteden an den Dorfplatz gefahren zu werden, um dort zu warten. Und mit Mülheim-Kärlich habe er gar nichts zu tun, weil er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in Krefeld gewesen sei.

Einer der beiden verurteilten Mittäter, der gegen sein Urteil in Berufung gegangen ist, verweigerte anschließend seine Aussage.

Was ist ein gerechtes Urteil?

Der Missbrauchsprozess gegen einen 50-jährigen Kevelaerer Sozialpädagogen am Klever Landgericht ist zu Ende. Ein Kommentar von Alexander Florié-Albrecht:

Drei Jahre, neun Monate für sechsmaligen schweren sexuellen und 33-fachen sexuellen Missbrauch an Minderjährigen – das sind zunächst mal die Zahlen. Das Verfahren gegen den 50-jährigen Sozialpädagogen hat viele Menschen aufgewühlt.

Da sind als allererstes die Opfer – der Neffe, die acht Kinder. Da sind die Familien der Betroffenen, die Eltern, deren Kinder mit auf den diversen Ferienfreizeiten waren und die sich die Gedanken darüber machen, ob es ihr Kind hätte sein können.

Da ist aber auch die Familie des Täters, deren Mitglieder auf ihre Weise auch Betroffene sind und die mit dem leben müssen, was da geschehen ist. Sie sollte man immer mitbedenken. Und da sind die vielen Menschen der Zivilgesellschaft, die sich für die Ereignisse interessieren, mitempfinden, mitdiskutieren.

Ich habe mir selbst in den letzten Tagen nach dem Urteil immer wieder Gedanken über den Prozess gemacht. Jeder Fall für sich ist vor Gericht einzigartig. Dieser ist so besonders, weil den Mann halb Kevelaer kennt – und er sogar ein Kollege war. Darum nur ein paar Gedanken dazu.

Der erste unmittelbare Reflex, der im Internet zu lesen war, lautete: „viel zu wenig, unfassbar, was soll man von der Justiz halten“. Einzelne gingen sogar noch weiter und posteten sinngemäß: Die wahre Strafe, die bringe ich ihm selbst bei.

Von dieser Neigung zur Selbstjustiz halte ich nichts. Wut und Zorn kann ich eher nachvollziehen.

Denn Hand an Kinder zu legen, ist eine der ethisch-moralischen Grenzlinien, die zu überschreiten wir als Gesellschaft mit am meisten verabscheuen und dementsprechend ächten. Das erklärt, warum die moralische Empörung, das Unverständnis ob eines als „mild“ empfundenen Urteils da ist.

Eine Frage, die mir unwillkürlich kam, war: Was ist da ein „gerechtes Urteil“? Kann es das überhaupt geben – egal ob dieser Mann drei, sechs, acht oder zehn Jahre im Gefängnis sitzt?

Die Taten bleiben, die Opfer benötigen einen Weg, damit umzugehen, bei denen sie Unterstützung brauchen. Das ist das eigentlich Wichtige. Der Ruf nach „Justitia“ allein wird nicht zur Aufarbeitung der Geschehnisse genügen.

Die wichtigste Botschaft des Urteils ist diejenige, die für den Neffen und die Kinder sicher zählt: Dass er verurteilt wurde, seine Schuld unmissverständlich klargestellt wurde. Dass er den Körper und das Vertrauen seines Neffen aufs Schwerste missbraucht, dessen Seele beeinträchtigt hat.

Dass er das Vertrauen der Eltern missbraucht hat, die ihm die Kinder für die Ferienfreizeiten in Obhut gegeben haben – und er seine Rolle als verantwortbewusster Jugendleiter abgelegt hat, um sich den Kindern zu nähern, all das bleibt. Inwieweit die Kinder innerlich davon berührt sind, können nur die Kinder selbst und deren Eltern beantworten. In diesem persönlichen Bereich haben wir alle nichts verloren.

Und auch wenn es unangenehm für uns alle ist, besonders für die Angehörigen der Opfer sicher schwer zu ertragen ist: Zu der vollständigen Geschichte gehört noch der Täter.
Es handelt sich nicht um ein „Monster“, sondern um einen Mensch aus unserer Mitte – einem nach Aussagen des Gutachters sogar sensiblen, kreativen, hochintelligenten Mann mit einem IQ von 125 plus. Das macht es umso unverständlicher.

Es handelt sich um einen Mann ohne Selbstvertrauen, dessen jahrelange sexuelle Beziehung zu seinem ein halbes Jahr älteren Cousin ab dem achten Lebensjahr die pädophile Neigung mit begründet hat. Hat das niemand damals bemerkt, habe ich mich im Prozess gefragt.

Der seine Erfahrung mit dem Cousin auf den Neffen übertrug, weil er sie vielleicht als „normal“ begriff – was sie nicht war. Ein Mann, der eine Frau geheiratet und mit ihr zwei Kinder gezeugt hat; eine Frau, die ihm Halt und die zwischenzeitliche Abwesenheit von Pädophilie gegeben hat.

Einen Mann, der vielleicht wirklich aus seiner Wahrnehmung heraus mit seinen Projekten das Selbstbewusstsein von Kindern stärken wollte – und mit den Übergriffen genau das Gegenteil tat. Der sich nicht in Therapie begab, als er begriff, was passierte, weil er es nicht wollte. Der dabei nur verschämt im Verborgenen agieren konnte und glaubte, das so zu tun, „sodass es den Kindern nicht schadet“. Was er dann doch tat. Dessen Leben „vorbei“ ist, weil für ihn alles um ihn herum zusammenbricht – wofür er einzig und allein die volle Verantwortung trägt.

Oscarreife Vorstellung“ habe ich im Internet in einem Kommentar gelesen, nach dem Motto: Das war alles nicht echt, der will nur Mitleid. Seine Aussagen aber waren stimmig mit den Bewertungen des Gutachters. Seine Biographie sei keine Ausrede für die Taten, sagte er. Taktik? Vielleicht. Aber das Gericht muss bewerten, was im Verfahren zusammengetragen wird. Das Angebot der 1000 Euro Wiedergutmachung an die Opfer – ein „Zeichen der Reue“, wie der Rechtsanwalt es sagte, oder „ein Witz“, eine „Unverschämtheit“, wie viele im Netz meinen? Das müssen die Betroffenen und deren Familien für sich entscheiden.

Mit Geld lässt sich der Verlust von „Urvertrauen“, den das Gericht festgestellt hat, seitens der Kinder aber sicher nicht wiedergutmachen. Das wieder zu schaffen, diese Aufgabe kommt den Familien, Freunden, dem Umfeld, uns allen zu.

Drei Jahre, neun Monate – „angemessen“ oder nicht? Die Taten selbst „sühnt“ es in dem Sinne nicht, egal wie lange er sitzt. Das kann es auch nicht. Abschreckende Wirkung wie bei Rasern kann eine höhere Strafe kaum erzeugen, wenn die Neigung bleibt. Die ist therapierbar.

Deswegen hat es mich irritiert, warum man ihm nicht eine begleitende Therapie verordnet hat. Denn wenn er wieder in die Gesellschaft zurückkehrt und irgendwo neu anfängt, dann wird die Neigung unbehandelt bleiben. „Eine Rückfallgefahr besteht“, sagte selbst das Gericht. An diesem Punkt ist es eine Antwort schuldig geblieben.

Urteil im Prozess wegen sexuellen Missbrauchs

Im Prozess gegen einen 50-jährigen Sozialpädagogen aus Kevelaer ist heute das Urteil gefallen. Der Angeklagte wurde am Landgericht Kleve zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Die Kammer sah es als erwiesen an, dass sich der Mann des schweren sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen in sechs Fällen und sexuellen Missbrauchs an Minderjährigen in 33 Fällen schuldig gemacht hat.

Der Mann hatte sich zwischen 1998 und 2002 mehrfach an seinem Neffen vergangen. Außerdem hatte er sich zwischen 2013 und 2019 acht Jungen während der von ihm durchgeführten Ferienfreizeiten sexuell genähert.

Ausführliche Informationen zu der Begründung des Gerichts folgen auf unserer KB-Homepage in Kürze.

Missbrauchsprozess beginnt Freitag

Die Selbstanzeige eines Kevelaerer Sozialpädagogen im Sommer vergangenen Jahres hatte die Ermittlungen ins Rollen gebracht: Damals wurde zum einen eine aktuelle Anzeige wegen eines Vorfalls während einer Ferienfreizeit öffentlich, die der heute 50-Jährige begleitet hatte. Zum anderen soll es Druck seitens eines früheren Opfers gegeben haben, das damit drohte, zur Polizei zu gehen. Das Ergebnis dieser Ermittlungen mündet nun am morgigen Freitag vor dem Klever Landgericht in einen Strafprozess. Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft: sexueller Missbrauch von Kindern in 52 Fällen in Tateinheit mit schwerem sexuellem Missbrauch eines Kindes in elf Fällen, in weiterer Tateinheit mit sexuellen Übergriffen in weiteren fünf Fällen und versuchten sexuellen Übergriffs in noch einmal fünf weiteren Fällen. Hinzu komme der Besitz kinderpornografischen Bildmaterials.

Das Gros der Vorwürfe konzentriert sich auf Vergehen gegen einen Neffen des Angeklagten in den Jahren 1998 bis 2002 in der damaligen Wohnung des Kevelaerers und während zweier Urlaube in den Niederlanden. Die Staatsanwaltschaft spricht von mindestens 42 sexuellen Handlungen zum Nachteil des damals noch keine 14 Jahre alten Verwandten. Weitere zehn Fälle listet die Staatsanwaltschaft, die Teilnehmer von sozialen Projekten oder Jugendfreizeiten betreffen, die der Angeklagte insbesondere für sozial benachteiligte Kinder bis zum Sommer 2019 regelmäßig organisiert hatte. Neben 2019 betreffen die Vorwürfe mindestens die Jahre 2018 und 2016.

Der Angeklagte arbeitete auch als Fotograf und Filmemacher

Beim kinderpornografischen Material soll es sich um 27 Fotos handeln, die die Polizei bei einer Wohnungsdurchsuchung des Angeklagten im Sommer 2019 sichergestellt hat. Hinweise darauf, dass der Kevelaerer mit dem Bildmaterial gehandelt habe oder Teil eines Kinderpornorings sei, gebe es laut Staatsanwaltschaft nicht. Der Angeklagte arbeitete auch als Fotograf und Filmemacher.

Der Kevelaerer Sozialpädagoge befindet sich nach seiner Selbstanzeige seit dem 25. Juli 2019 in Untersuchungshaft. Haftverschonung hatte das Gericht wegen möglicher Wiederholungsgefahr abgelehnt.

Verfahren wurde endgültig eingestellt

Im Prozess gegen einen 28-jährigen Kevelaerer wegen gemeinschaftlicher Körperverletzung hat das Geldern Amtsgericht jetzt das Verfahren eingestellt. Das Gericht konnte nach der erneuten Beweisaufnahme nicht zweifelsfrei klären, ob der junge Mann vor fünf Jahren zu Karneval an einer Schlägerei am „Altstadt Treff“ beteiligt war.

Der Auseinandersetzung war damals die Provokation des Vater des Angeklagten vorausgegangen, der einen Kneipengast beschimpft und des Diebstahls beschuldigt hatte. Daraufhin erfolgte die Attacke durch den Mann und seinen Sohn gegen den Gast, der zu Boden fiel und danach getreten worden sein soll. Er erlitt Kopfverletzungen. Eine weitere Person, die zwischen die Fronten des Kampfes geriet, konnte weglaufen und Passanten dazu bewegen, die Polizei zu rufen.

Während das Hauptopfer im Verfahren den Angeklagten zweifelsfrei als Mittäter identifizierte, konnte der zweite attackierte Mann dazu keine klare Aussage treffen. Die Verlobte des Angeklagten sagte aus, dass er in der gemeinsamen Wohnung oberhalb der Gaststätte warr und die Tür abgeschlossen gewesen sei, während sie bei ihrer Mutter kurz unten war. Somit erwies sich die Sachlage für das Gericht als nicht eindeutig.

Der Angeklagte hatte im Jahr 2016 bei dem ersten Verfahren einer Einstellung (bei einer Geldstrafe und 30 Stunden gemeinnützige Arbeit) zugestimmt. Das Geld hatte er dann bezahlt. Die Stunden hatte der Mann allerdings bisher nicht abgeleistet, so dass das Verfahren nicht beendet war und somit nochmal vor Gericht ging.