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Birgit Brünken freut sich über die Spenden, die bei der Gästeführung gesammelt wurden. Foto: Wallfahrtsstadt Kevelaer
Gästeführerinnen und Gästeführer sammelten zum Weltgästeführertag

Spenden für das Hospiz in Wetten

 Jährlich findet am 21. Februar der Weltgästeführertag statt. Zu diesem Anlass bietet das Kevelaerer Gästeführungsteam mittlerweile traditionell eine kostenlose Überraschungsführung an.

Margret Meurs führte über den Friedhof, hier ist sie am Stummel-Grab. Foto: HvL
Eine interessante Zeitreise durch Geschichten aus fast vergessenen Zeiten

Eine Führung über den Kevelaerer Friedhof

Es war eine Reise in eine frühere Welt mit Geschichten aus fast vergessenen Zeiten. Am vergangenen Sonntag nahm Margret Meurs, Gästeführerin der Stadt Kevelaer, über 35 Interessierte Besucherinnen und Besucher mit auf eine Zeitreise über den Kevelaerer Nordfriedhof.

Ein lebendes Kevelaerer Geschichtsbuch

Wenn Marianne Heutgens über sich selbst Begriffe wie „Stadtbotschafterin“ oder „Kevelaerer Institution“ hört, dann „tut mir das schon gut“, gesteht sie freimütig. Der kürzlich verstorbene Richard Schulte Staade soll über sie einmal gesagt haben: „Das ist die beste Frau, die die Stadt hat.“ Wenn es um die Gäste und um die Pilger geht, sagt Heutgens selbst, dann kann sie mit einer Bezeichnung wie „Botschafterin der Stadt“ leben. „Sonst ist mir der Titel an sich aber zu groß“. Die Frau, die viel in ihrem Leben im Mittelpunkt stand, will sich als einfacher Mensch nicht größer machen, als sie es aus ihrer Warte heraus eigentlich ist. Fakt ist aber, dass sie in diesem Jahr zwei besondere Feste zu feiern hat. Einmal ist es die 40-jährige Anstellung bei der Stadt – 30 Jahre Stadtverwaltung und nach der Pensionierung 2008 als Mitwirkende im Verkehrsverein – und die 50-jährige Tätigkeit als ehrenamtliche Gästeführerin. Dass sie die Stadt in besonderem Maße geprägt hat – und die Stadt mit ihrer ganzen kirchlichen Historie sie – das lässt sich in ihrem bewegten Leben sehr gut nachvollziehen.

Am 24. September 1943 kam sie als Marianne Bueren zur Welt. „Ich bin noch ein Kriegskind“, sagt die 76-Jährige. Ihr Vater Hans Bueren war gelernter Polychromeur. Er wurde an der Front bei einem Bombenangriff am 13. Dezember 1944 in der Eifel getötet.  Von einem Heimaturlaub existiert noch ein Bild – und die Dinge, die seine Schwester über ihn erzählen konnte. „Und der Großvater hatte einen Bierverlag, der später von dem Großvater Tenhaef übernommen wurde.“ Mutter Johanna und ihr Kind zogen mehrfach in Kevelaer um. Die kleine Marianne verbrachte viel Zeit bei „Tante Änne“ Fiedler. Und sie war mit dabei in den Kirchen, die ihre Mutter putzte, um Geld zu verdienen. Trotz der ärmlichen Verhältnisse „hatte ich alles, weil ich die ganze Liebe meine Mutter bekam.“ Und Heinrich Maria Janssen, der Kevelaerer Dechant, spielte viel mit ihr, erzählte ihr viele Geschichten: die von der nicht durchgeführten Sprengung der Basilika, ganz viel über Kirche, Liturgie, die Geschichte Marias. „Damals ist der Grundstock für meine Verehrung der ‚Consolatrix Afflictorum‘ gelegt worden“, sagt Heutgens.

In Busfahrer Werner Heutgens fand sie die große Liebe

Die Lichterprozession war für die junge Marianne das schönste Ereignis. 1952 erfuhr sie die Heilige Kommunion. „Ich bin sehr konservativ erzogen worden.“ Die junge Marianne ging auf die Marktschule, begann 1958 im Modehaus Kaenders eine Ausbildung zur Textilfachfrau und als Verkäuferin. Ihren eigentlichen Wunsch, in ein Fotolabor zu gehen, erfüllte sie sich erst 1962 in Goch in einer Drogerie. Aus ihrer ersten Ehe gingen ihre beiden Kinder Frank und Ivonne hervor. 1978 wurde sie alleinerziehende Mutter und konnte nachempfinden, was ihre Mutter an Verantwortung hatte übernehmen müssen. Viel mehr möchte sie zu diesem Lebensabschnitt nicht sagen. Drei Jahre später lernte sie den Mann ihres Lebens kennen: Marianne fuhr mit einer Frauengruppe der CDU-Niederrhein nach Berlin. Der Busfahrer war Werner Heutgens. „Der ist abends mit uns immer durch Berlin gegangen, kannte die Stadt wie seine Westentasche“,  erinnert sie sich  gerne daran. Als er ihr ihren Mantel bringt und sie erfreut ausruft „Ich könnt´ Sie küssen“, tut er es einen Tag später spontan selbst. Als er ein halbes Jahr später eine Pilgergruppe nach Kevelaer fuhr, trafen sich beide zum Kaffee. „Das war so ein toller Mensch“, sagt Marianne Heutgens. 1986 heiraten die beiden. Nach 16 glücklichen Jahren stirbt er an Krebs. „Er hat meine Kinder umsorgt, als wären es seine eigenen und hat die Enkel betüddelt.“ Die schwärmen bis heute noch von „Opa Werner.“

Zu dem Zeitpunkt, als sie ihren zweiten Mann kennenlernt, war sie bereits seit elf Jahren Gästeführerin und bildete seit 1980 mit zwei weiteren Frauen als die „Drei Engel für Charly“, wie das Kävels Bläche damals titelt, das erste Politessen-Trio im Kreis Kleve. 1970 war es Martin Pauli, der langjährige Geschäftsführer des Verkehrsvereins und ein Motor im gesellschaftlichen Leben der Stadt, der sie ansprach. Nach einer Ostereieraktion auf dem Markt und einigen Veranstaltungen in Paulis eigener Pilgerwirtschaft kam man auf die Idee, den Pilgern auch mal das eine oder andere in der Stadt zu zeigen. „Ich kann mich an meine erste Führung erinnern, da war ich damals noch hochschwanger.“ Heutgens war auch als „Mädchen für alles“ in der Kevelaerer Verwaltung unterwegs und agierte als Hostess bei Empfängen und Veranstaltungen.

„Da bin ich erwachsen geworden – und das Schlechte, was man so als Politesse erlebt, das wurde durch das Schöne aufgehoben“, sagt Heutgens heute.  „Aufgewogen“ wurde das durch die fantastischen Erlebnisse und Begegnungen mit bedeutenden Personen der Zeitgeschichte. Bei dem Papstbesuch 1987 ist sie genauso hautnah dabei wie bei dem Besuch von Mutter Teresa – die Person, die sie persönlich am nachhaltigsten beeindruckt hat.

Mit ihren sechs Mitstreiterinnen („Ein tolles Team“) ist sie anno 2020 noch immer unterwegs, um so vielen Gästen wie möglich das Wesen und den Glaubensgrundkern der Stadt nahezubringen. Dass sie als Sebastianus-Mitglied vergangenen Donnerstag nach acht Wochen Zwangspause mal wieder als Ordnungsdienst in der Basilika mithelfen konnte, erfüllt sie mit Freude. „Menschen zu begegnen, sie in den Arm nehmen können“, das fehle ihr in der Zeit. Sie hofft, dass sich auf absehbare Zeit das „normale“ Leben unter den Umständen, wie sie sind, wieder halbwegs einstellen kann.