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Keine Leistung ohne Leidenschaft

„American Dream made in Kevelaer“ – auf diese kurze Formel lässt sich im Grunde das bisheriges Leben und der in die Selbstständigkeit von Nataliya Okraczka bringen. Ohne ein Wort Deutsch zu können, kam sie am Niederrhein an und mittlerweile steht sie stolz in ihrem eigenen Friseur-Salon.
Mit dem Wunsch nach einer besseren Lebensperspektive für sich und ihren Sohn trat sie 2006 den Weg aus der Ukraine nach Deutschland an, wo sie bisher in der Nähe von Lemberg lebte.
Trotz anfänglicher Sprachbarrieren fiel ihr der Start nicht schwer, denn sie fand nach eigener Aussage schnell Anschluss und Kontakte in ihrem Umfeld. Besonders wichtig war ihr das Erlernen der deutschen Sprache, auch für ihren Sohn, der in der Schule nicht zurückfallen sollte. Heute lächelt sie, wenn sie auf diese Anfangsjahre und ihre eigene Konsequenz zurückblickt. Zu Hause gab es kein ukrainisches Fernsehen, es sollte kein Mikrokosmos entstehen – lehrbuchhafte Integration aus eigenem Antrieb.
Ihr Weg in den Friseur-Beruf war nicht vorgezeichnet und nahm eher durch Zufall seinen Anfang. Bei einer Freundin half sie im Salon aus, anfänglich nur am Empfang, später auch im Friseur-Bereich. Letztlich mündete das in eine Lehre, auf die sie kurze Zeit später noch die Meisterschule draufsattelte. Hier bereitete ihr manches Fachwort im kaufmännischen Bereich noch Kopfzerbrechen, aber das soll auch manchen Muttersprachlern so gehen.
Nach kurzer Zeit im Angestelltenverhältnis wagt sie im November 2018 den Schritt in die Selbstständigkeit mit ihrem eigenen Salon „Style Different“ in der Gelderner Straße.
Der in diesem Zusammenhang unvermeidliche Kontakt mit der deutschen Bürokratie war einerseits für sie schwierig, andererseits schätzt sie an Deutschland besonders, dass sie nicht jener Rechtlosigkeit ausgesetzt ist, wie sie in der Ukraine nach ihrer Aussage Realität ist.
Deutsche Bürokratie
Die damit einhergehende Unsicherheit war letztlich auch ein weiterer Aspekt, der sie zur Auswanderung bewegte. Auch wenn 2006 das heutige Ausmaß der offen ausgetragenen Feindseligkeiten zwischen Russland und der Ukraine noch nicht absehbar war, lag doch nach ihrer Ansicht der Konflikt bereits deutlich in der Luft.
Was schätzt Nataliya Okraczka an Deutschland eigentlich besonders? „Ich mag die Ordnung und Struktur, die hier alles hat und dass auf Details geachtet wird“, antwortet sie. Dinge, die einem in ihrer vermeintlichen Selbstverständlichkeit oft nur noch wenig wert sind. Als deutlichen Unterschied stellt sie die Liebe der Deutschen zur Pünktlichkeit heraus, die auch vor dem Privaten keinen Halt macht: „Hier macht man auch für den Besuch bei Verwandten einen Termin, in der Ukraine steht man einfach vor der Tür.“
Alleinige Herrin
Ihre Freude am kreativen Arbeiten und ihre große innere Energie waren die Basis für ihre Selbstständigkeit. Als Angestellte konnte sie sich nie entsprechend entfalten und fühlte sich oft ausgebremst. Doch für Nalaliya Okraczka gibt es keine „Leistung ohne Leidenschaft“. Noch ist sie alleinige Herrin über ihren Salon, würde aber gern später auch Mitarbeiter beschäftigen und vor allem auch ausbilden.
In ihrer Freizeit ist es ihr wichtig, den Alltag hinter sich zu lassen: „Hauptsache mal nicht an Haare denken“. Sie genießt den Gang in die Natur, powert sich aber noch lieber mittels Zumba aus: „Da ist noch viel Energie, die raus muss.“ Oder sie springt mal wieder ins kalte Wasser, allerdings um zu schwimmen.