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Den Mund aufmachen für Stumme

Neue Zeichen in der Stadt Kevelaer? Ja, vielleicht!? Sie sind die stummen Vorboten für die 6. Interreligiöse Friedenswallfahrt. Unter dem Leitgedanken „Tu deinen Mund auf für die Stummen“ steht die diesjährige Interreligiöse Friedenswallfahrt am Sonntag, 30. August.

Auch in Corona-Zeiten bleibt dem interreligiösen Initiativkreis unter Regie der Wallfahrtsleitung dieses Anliegen wichtig und wird, weltweit betrachtet, immer noch wichtiger. Zunehmende Spaltung, Missachtung, Hass, vermehrtes Schweigen und größer werdende Sprachlosigkeit zu vielen aktuellen Themen, die den Weltfrieden, den Frieden in unserem Land, in Europa, in jedem selbst behindern, gilt es an solch einem Tag zu thematisieren. Minderheiten, Unterdrückten, Ungewollten, Gehassten, Sprachlos-Gewordenen und Ohnmächtigen (s)eine Stimme zu geben, wird immer wichtiger.

Mit Sprechblasen-Plakaten durch die Stadt ziehen

„Wir werden schweigend, mit Mund-/Nasenschutz, jedoch mit unseren eindrücklichen Sprechblasen-Plakaten durch die Stadt ziehen und so den vielen Stummen in unserer Zeit und Welt das Wort geben,“ erläutert der Rektor der Wallfahrt in Kevelaer, Pastor Gregor Kauling, das Geschehen an diesem besonderen Wallfahrtstag.

So sieht man jetzt im Vorfeld, in diesen Tagen in den Straßen von Kevelaer, an einigen markanten Orten, Kreide-Symbole mit diesen Sprechblasen auf dem Boden.

Pastor David Burau von der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Kevelaer hatte diese ausdrucksstarke Idee als symbolhaftes Zeichen für diese 6. Interreligiöse Friedenswallfahrt. Diese sprechenden Münder sind sozusagen die stillen Verkünder dieser besonderen Wallfahrt in Kevelaer, die in den letzten Jahren immer mit symbolhaften Zeichen wie den blauen Friedensschafen kombiniert war.

Start zur Interreligiösen Friedenswallfahrt ist um 16 Uhr im Marienpark. Falls bis dahin aufgrund der aktuellen Entwicklungen steigender Corona-Infektionen Einzel-Anmelderegularien erforderlich sind, werden die Teilnehmer gebeten, sich ab 15.30 Uhr dort einzufinden.

Im Marienpark findet die Begrüßung der Teilnehmenden durch die Vertreter der drei abrahami­tischen Religionsgemeinschaften statt: Juden, Christen, Muslime.

Die Stiftung Aktion pro Humanität wird als Mitbegründer dieser Wallfahrt im Jahr 2015 zur Intention einen interreligiösen Startimpuls geben und Menschen das Wort geben, die aktuell in der Welt kaum Gehör finden. Menschen im Krieg, im Hunger unter Corona und Terror. In den Projekten der Stiftung in der Welt. Niger, Syrien, Libanon.

Einen ersten Beitrag zum Thema „Tu‘ deinen Mund auf für die Stummen“ spricht dann an dieser ersten Station Ahmad Aweimer, der Dialog- und Kirchenbeauftragte des Zentralrats der Muslime in Deutschland. Rassismus und Corona sind seine Intentionen.

Statement für Flüchtlinge

Die zweite Station an der St. Antonius-Kirche wird dann thematisch von Pastor David Burau, Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Kevelaer, besetzt. Bei der dritten Station vor dem Rathaus wird der Bürgermeister ein politisches Statement für die Flüchtlinge an den Außengrenzen Europas abgeben.

Kevelaer ist Sicherer Hafen und möchte – wie viele andere Städte in Deutschland – geflüchteten Menschen z. B. aus dem Lager Moria/Lesbos eine Stimme und eine Perspektive durch Aufnahme geben. Station 4, Annastraße/Ecke Hauptstraße: Hier werden von Michael Rubinstein, dem Gemeindedirektor der Jüdischen Gemeinde in Düsseldorf sehr bedrohliche, offen antisemitische Stimmen zu hören sein, die gerade wegen der vielen Stummen in der Gesellschaft nicht unthematisiert bleiben dürfen. Er wird begleitet vom Kantor der jüdischen Gemeinde.

An der letzten Station dieser 6. Interreligiösen Friedenswallfahrt bei der Friedenslichtstele auf dem Kapellenplatz werden die Teilnehmer musikalisch vom Basilika-Organist Elmar Lehnen begrüßt. Rektor der Wallfahrt, Pastor Gregor Kauling, wird den vielen Menschen in Belarus seine Stimme geben, die ganz aktuell friedlich um politischen Einfluss und gegen Unrecht aufstehen.

Mit den Pilgern auf dem Weg sein wird die Moderatorin Steffi Neu. Sie ist Botschafterin der Stiftung Aktion pro Humanität und wird diese 6. Interreligiöse Wallfahrt für den Frieden begleitend moderieren.

Gegen 17.30 Uhr wird diese Interreligiöse Wallfahrt enden. Sie wird, in Absprache mit der Stadt Kevelaer, nach den aktuellen Coronaschutz-Bedingungen des Landes NRW durchgeführt werden, in enger und zeitnaher Koordination mit dem Ordnungsamt der Wallfahrtsstadt Kevelaer.  Alle Teilnehmer müssen eine Mund-/Nasenmaske tragen.

Auf den Homepages der Wallfahrtsleitung St. Marien Kevelaer sowie der Stiftung Aktion pro Humanität können die DIN-A-4-Plakate mit den Sprechblasen heruntergeladen werden zum Ausdrucken. Gern können sie dann von den Teilnehmern daheim bereits im Vorfeld beschriftet werden. Einige Sprechblasentexte könnten dann an der Friedenslichtstele verlesen und so ganz beredet werden… „Tu‘ deinen Mund auf für die Stummen“.

„Friede sei in deinen Mauern, Geborgenheit in deinen Häusern“

Für das Vorbereitungsteam der Interreligiösen Wallfahrt schreibt Dr. Elke Kleuren-Schryvers, Kevelaer:

„Weit entfernt und immer unerreichbarer wirkt in der Welt von heute, in unserer Zeit, dieser Friede. Zunahme nationalistischer Denk- und Handlungsweisen, Rechtspopulismus, Spaltung der Gesellschaften, Angst vor Überfremdung und Dominanz fremder Religionen sind zumindest hier in Deutschland keine Friedensstifter. Kriminalisierung der Seenotrettung. Menschenwürde mehr als in Frage gestellt. Tagelang müssen erschöpfte Flüchtlinge zu Hunderten an Bord von Rettungsschiffen dümpeln. Europa demonstriert gerade zum x-ten Mal mit dem Leben der Menschen, die wie wir ein Recht haben, sich frei dorthin zu bewegen, wo ihre Chancen auf Zukunft gut oder wenigstens passabel sind, wie es um die Menschlichkeit auf unserem Kontinent bestellt ist.

Sie finden keine Aufnahme, keine Allianzen für ihre Zukunft in Frieden und mit einer Perspektive für ihr Leben. Wir geben enorm viel, um flüchtende Menschen abzuwehren. Aber wir haben offenbar wenig bis nichts dafür übrig – im Wortsinne – unser Leben, unsere Güter mit ihnen zu teilen. Maßnahmen zum Frieden in der Welt sind aus anderen Gedanken gewebt, erfordern anderes Handeln wie uns große Friedensaktivisten in der Geschichte unserer Welt zeigten.

Ethnische Kämpfe, djihadistischer Terror, Wirtschaftskriege, die sich anbahnen. Aufrüstung, neues Wettrüsten, Machtgehabe allenthalben und das „we first“ sind unsere Zeit-Zeichen! Konsumgesellschaft, Spaßgesellschaft, Profit-Maximierung – und wir beten für den Frieden?! Ja, denn mit Dr. Rupert Neudeck Neudeck, dem Mitbegründer der Interreligiösen Friedenswallfahrt, meldete sich 2015 im August ein zeitgenössischer Aktivist für Frieden und die Menschenrechte mit dem Zitat Martin Luther King´s zu Wort: „I have a dream“.

Diesen Traum haben wir noch nicht aufgegeben. Mehr noch: Wir wollen hier in Kevelaer weiter und immer mehr gemeinsam als abrahamitische Religionen vor allem nach Dialog, nach besserem Verständnis, nach Brücken und Gemeinsamkeiten suchen. Nicht das Trennende darstellen und betonen, sondern das, was uns allen gemeinsam ist. Wir wollen jede Art von Furcht überwinden durch das Bestärken unseres Vertrauens in einen Gott, der jeden von uns, gleich welcher Hautfarbe, welcher Religion, welchen Alters oder Geschlechtes ausgestattet hat mit dem angeborenen Impuls, der natürlichen, starken Kraft des Mitgefühls.

Versammlung am 25. August im Marienpark

Aus diesem Grunde versammeln wir uns am Sonntag, 25. August 2019, neuerlich um 16 Uhr im Marienpark in Kevelaer. Von dort ziehen wir mit den Mitgliedern der Religionsgruppen der Juden, der Muslime und der Christen sowie mit allen Menschen guten Willens von der Musik der unterschiedlichen Religionen begleitet über die Hauptstraße zum Kapellenplatz. Christel Neudeck und Veit Neudeck, Ehefrau und Bruder des verstorbenen Dr. Rupert Neudeck, haben ihr Kommen bereits im Vorfeld der Veranstaltung fest zugesagt.

Auf dem Kapellenplatz erwartet uns der Familienchor der Basilikamusik zum gemeinsamen interreligiösen Singen und Beten, zum Friedensgruß, zu Friedensgedanken und zum Schreiben von Friedensbotschaften. Diese werden gegen Ende der interreligiösen Wallfahrt für den Frieden an der Friedenslichtstele an eine große Klagemauer geheftet. Dort verbleiben sie eine Weile. Als sichtbares Zeichen, dass es den fehlenden oder sehr fragilen Frieden unserer Zeit zu beklagen gilt und dass wir nicht müde werden dürfen, immer wieder neu um Frieden zu bitten, für Frieden aktiv zu werden. Im Gebet, im konkreten Tun.

Der Kevelaerer Männergesangverein wird an der Friedenslichtstele ebenfalls gemeinsam mit allen Friedenspilgern versuchen, diesen großen interreligiösen Chor noch einmal zum Klingen zu bringen. Um 18.00 Uhr endet die diesjährige Interreligiöse Wallfahrt für den Frieden.“