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Fantastisches „Heliopolis“

Über ein volles Haus konnte sich Saskia Müller als Leiterin der Kevelaerer „Weltbild“-Filiale am vergangenen Samstag freuen. Zu Gast war Stefanie Hasse, die Auszüge aus ihrem Zweiteiler „Heliopolis“ las und anschließend mit ihren Fans ins Gespräch kam.
Es war eine gute Stunde in klar verteilten Rollen zum einen und mit traditionellen Rollenbildern zum anderen. „Heliopolis“ rangiert in der Sparte Fantasy-Jugendbuch und so war das rund 35 Zuhörer starke Publikum auch überwiegend jung an Jahren und von drei Ausnahmen abgesehen augenscheinlich weiblich.
Stefanie Hasse nahm in der liebevoll dekorierten Leseecke platz und begann ohne Umschweife aus beiden Bänden von „Heliopolis“ zu lesen. Der Titel deutet es schon an, Personal und Hintergrund des Fantasy-Romans sind von ägyptischer Mythologie inspiriert. Das was sich an Handlung andeutete, beschäftigt die Menschheit, auch in der Literatur, von je her: Die Spannungsfelder ‚echte Liebe und Heiratspolitik‘ auf der einen Seite und ‚Macht und Intrige‘ auf der anderen Seite. Um den Bogen zu einer „klassischen“ Autorin zu schlagen: Beim Zuhören stellte sich unweigerlich die Assoziation ein, man habe ähnliches doch schon einmal aus der Feder Jane Austens gelesen, nur dass deren feinsinnige Analyse der höheren englischen Gesellschaft des frühen 19. Jahrhunderts, nun durch einen farbigen Reigen „fantastischer Mythen“ in einer fremden Welt ersetzt wird. Der Plot bleibt in seinem Kern aber der gleiche, genau wie die verwendeten Stereotypen – Emanzipation scheint die klassische Fantasy-Leserin zumindest beim Schmökern wenig zu interessieren.
Im Anschluss an die Lesung bot sich die Gelegenheit mit der Autorin ins Gespräch zu kommen. Bücher sind für sie und ihre lesebegeisterte Familie lebensbestimmend, das wurde schnell deutlich. Ebenso gab sie Einblicke in den gerade in ihrem Genre äußerst schnelllebigen Literaturbetrieb und das diesen bedienende Verlagswesen. In der Buch-Blogger-Szene ist sie darüber hinaus einerseits selbst aktiv, mit Texten über Bücher die sie (gern) liest – ist im Gegenzug aber auch auf wohlwollende Kritik anderer Blogger angewiesen, als Bestandteil des Marketings. Letztlich lebt sie damit den Typus einer modernen Schriftstellerin, wie er vor 30 Jahren noch nicht vorstellbar gewesen wäre.
Nicht nur der reiche Applaus, auch die lange Schlange vor dem Tisch der Autorin waren Zeichen der Begeisterung des Publikums nach Lesung und Gespräch. In diese reihte sich auch Maren Thyssen aus Goch ein, die zusammen mit ihrer Mutter die Lesung besuchte. Den ersten Band „Heliopolis – Magie aus ewigem Sand“ hat die Dreizehnjährige bereits lesend verschlungen, wie sie begeistert berichtet. Nun soll es der zweite sein, mit Signatur versteht sich.
Einer der wenigen Vertreter des „starken Geschlechts“ ist an diesem Abend Jannik Unger aus Weeze. Die Andeutung, die Lesung „im Schlepptau“ seiner bereits in der Signier-Schlange stehenden Partnerin besucht zu haben, weißt der 22-Jährige klar zurück. Er gibt zwar zu, „Heliopolis“ noch nicht selbst gelesen zu haben, aber die Lust darauf sei nun geweckt – nun denn, auch weiblich besetzte Bastionen dürfen fallen.