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„ver.di“ versus Rat und Verwaltung

Dass die Sache auf ein Duell mit der vereinten Dienstleistungsgewerkschaft „ver.di“ hinauslaufen würde, war wohl jedem klar, der die 26 Seiten Unterlagen zum zentralen Thema der Ratssitzung am vergangenen Donnerstagabend studiert hatte. Denn eines war auffällig: Neben der ausführlichen Begründung der Kevelaerer Verwaltung, warum sie die Anträge des Verkehrsvereins Kevelaer und Umgebung e.V. und der FDP-Fraktion unterstützt, einem an Minister Pinkwart gerichteten Brief des Bürgermeisters Dominik Pichler zum Thema Sonntagsöffnung sowie zustimmenden Stellungsnahmen der Industrie- und Handelskammer, der Kreishandwerkerschaft, des Handelsverbandes und der Vertreter der evangelischen und der katholischen Kirche in Kevelaer war es einzig das 7-seitige Fax aus dem „ver.di“ Bezirk Duisburg-Niederrhein, das die beantragten vier verkaufsoffenen Sonntage rundweg ablehnte.

In ihrer Stellungnahme folgte die Gewerkschaft erwartungsgemäß der Argumentation der Antragsteller und der Verwaltung nicht, aufgrund der besonderen Situation in der Corona-Pandemie zur Unterstützung des örtlichen Einzelhandels eine Sonntagsöffnung für das gesamte Kevelaerer Stadtgebiet am 6. und 20. September, sowie am 4. Oktober und 13. Dezember zu ermöglichen.

Wie die Verwaltung in ihrer Beschlussvorlage mehrfach aufzeigt, meldet die Gewerkschaft in ihrem Schreiben Bedenken an, die grundsätzlich die Gegebenheiten der Corona-Pandemie ignorieren. Dazu gehören beispielsweise das Verbot von Großveranstaltungen, durch das ein Zusammenhang der Sonntagsöffnung mit örtlichen Festen natürlich nicht darstellbar sei, sowie die Kritik an einer fehlenden Prognose der Besucherfrequenzen, die aufgrund der Corona-Krise nach Auffassung der Verwaltung „völlig aus der Luft gegriffen und damit angreifbar“ wäre.

Insbesondere kommt in der Stellungnahme der Verwaltung zu den Bedenken der „ver.di“ zum Ausdruck, wie verärgert man dort darüber ist, dass man gewerkschaftsseitig nicht anerkennen wolle, dass die verkaufsoffenen Sonntage zur Stärkung und Entwicklung einen vielfältigen stationären Einzelhandels beitragen, obschon man in der Begründung erklärt habe, dass diese in der Vergangenheit mit 3 % des Gesamtjahresumsatzes von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung seien. „Im Übrigen geht es nicht um das bloße Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber, wie ver.di glaubt. Es geht um die nackte Existenz der Händler und Betriebe und damit auch um die Arbeitsplätze der bei ver.di organisierten Mitglieder, die von ver.di mit ihrer harten Haltung aufs Spiel gesetzt werden“, heißt es in der Stellungnahme der Verwaltung.

Es folgen weitere Vorwürfe an die Stellungnahme, etwa die Kritik seitens der Gewerkschaft an Gründen, die von der Verwaltung gar nicht vorgetragen wurden.
Verwaltungschef Dominik Pichler hegt den Verdacht, dass es die „ver.di“ auf ein Normenkon­trollverfahren ankommen lassen will, um Kevelaer als Präzedenzfall vorzuführen. „Gerade vor dem Hintergrund des Hinweises, dass die Gewerkschaft sich rechtliche Schritte vorbehält, mag an dieser Stelle die Frage erlaubt sein, wie Rat und Verwaltung in die Lage versetzt werden sollen, sich – auch zur Vermeidung eines Normenkontrollverfahrens! – mit den Argumenten einer Gewerkschaft inhaltlich auseinanderzusetzen, wenn die Gewerkschaft offenbar gedenkt, diese erst im gerichtlichen Verfahren vorzutragen“, heißt es dazu in der Begründung der Beschlussvorlage.
Die Kevelaerer Ratsmitglieder jedenfalls haben sich für die vom Verkehrsverein und von der FDP geforderte Unterstützung des lokalen Einzelhandes ausgesprochen: Mario Maaßen (CDU) war „recht begeistert von der Verwaltungsvorlage“. Trotz der Bedenken von „ver.di“ unterstütze man die Durchführung der vier verkaufsoffenen Sonntage „zu 100 Prozent“. Jan Ittrich (FDP) hoffte auf den „Mut aller Fraktionen“, auch gegen den Widerstand von „ver.di“ die Sonntagsöffnung durchzusetzen.

Der Rat der Wallfahrtsstadt Kevelaer sprach sich einstimmig dafür aus.

Ein gutes Zeichen für Gastronomie und Einzelhandel

Diese Idee scheint so gut zu sein, dass sie jeder gerne als Erster gehabt hätte: Die FDP stellte eine Anfrage an die Verwaltung, der Gaststättenverband „DEHOGA“ empfahl dringend, die Verwaltung machte sich Gedanken und die CDU plädierte für eine Ausweitung. Am Ende der Diskussion im Haupt- und Finanzausschuss stand eine einmütige entsprechende Beschlussempfehlung für den Rat. „Ein gutes Zeichen für die Gastronomie“, sagte Bürgermeister Dominik Pichler. Die Gebühren für die Sondernutzung städtischer Flächen in Kevelaer für Einzelhandel und Gastronomie werden für das ,Corona-Jahr‘ 2020 ausgesetzt, um den betroffenen Branchen zu helfen.

30.000 Euro Minus in der Stadtkasse

Der Beschluss, den der Rat in seiner kommenden Sitzung am Donnerstag, 25. Juni, fassen soll, sieht außerdem vor, dass bereits gezahlte Gebühren für die Nutzung öffentlicher Verkehsflächen zurückgezahlt werden. Etwa 30.000 Euro entgehen der Stadt damit für das Jahr 2020, heißt es seitens der Verwaltung zu den finanziellen Auswirkungen.

In der vorangegangenen Debatte hatte sich die CDU-Fraktion für eine Ausweitung der Stellflächen in der Gastronomie stark gemacht. Der Platz sei unter Corona-Bedingungen „ein bisschen rar geworden“, sagte Fraktionssprecher Mario Maaßen. „Wir wollten darauf hinweisen, es vielleicht zu ermöglichen, das ein bisschen ,kulanter‘ zu sehen“, wenn Gastronomen „in die Fläche gehen“.

Ebenso vorsichtig formulierte Ordnungsamtschef Ludger Holla seine Antwort: „Wir sind gerade nicht dabei, die Sondernutzungen verschärft zu kontrollieren“, sagte er. „Eine generelle Ausweitung würden wir nicht empfehlen“, schränkte er jedoch ein. Andere Städte, etwa Geldern, machten dies zwar vor, doch in Kevelaer seien die Voraussetzungen aufgrund der engen Straßen und Gassen nicht gegeben, da die Wege für Rettungsfahrzeuge freigehalten werden müssten. Einzig am St.-Klara-Platz gebe es eine Möglichkeit zur Ausweitung der Stellflächen. Doch bei einer punktuellen Ausweitung käme es dann zu einer Ungleichbehandlung im Stadtgebiet. Mario Maaßen versuchte dennoch, die Beschlussfassung zu erweitern; um die Beschlussfassung jedoch nicht zu gefährden, lenkte er schließlich ein.

Die Beschlussempfehlung für den Rat im Haupt- und Finanzausschuss erfolgte einstimmig.

Pichler will neue Regeln für Sonntagsverkauf

Die NRW-Gesetzgebung rund um das Ladenöffnungsgesetz erhitzt seit Jahren die Gemüter in Kevelaer. Unter den Pandemiebedingungen wird einmal mehr deutlich, wie schwierig die geforderte Koppelung an Großveranstaltungen umzusetzen ist, mit der die zulässigen Ausnahmen für den Sonntagsverkauf gerechtfertigt werden müssen. Speziell in Kevelaer dreht sich die Debatte zudem darum, für welche Sortimente die zusätzlichen Ausnahmen gelten, von denen Kevelaers Wirtschaft als Wallfahrtsstandort profitiert. Bürgermeister Dr. Dominik Pichler hat das zum Anlass genommen, sich mit einem Vorschlag an NRW-Wirtschaftsminister Dr. Andreas Pinkwart zu wenden und eine Überarbeitung des Gesetzes zu fordern.

In seinem Schreiben kritisiert er unter anderem die hohe Hürde, empirisch nachzuweisen, dass mehr Besucher wegen einer Veranstaltung als wegen der Ladenöffnung in die Stadt kommen. „Es genügen aber nicht unbedingt Besucherschätzungen der letzten Jahre oder gar Besucherprognosen“, erläutert Pichler gegenüber dem KB. Hinzu kämen die Pilger als dritte Gruppe. „Wie will man da trennen?“ Er moniert auch die parzellengenaue Festlegung und Begründung der Ausnahmen, die das Gesetz fordert. „Für jeden einzelnen verkaufsoffenen Sonntag muss parzellengenau und gerichtlich überprüfbar dargelegt werden, in welchem ,Einzugsbereich‘ der anlassgebenden Veranstaltung Geschäfte öffnen dürfen“, so Pichler zum Status Quo. „Das alles ist hochkompliziert und fehleranfällig.“ Eine Begrenzung des Verkaufsgebietes sei für ihn generell nicht zwingend, aber ob das verfassungsrechtlich überhaupt möglich sei, wolle er nicht beurteilen.

Kevelaers Bürgermeister plädiert stattdessen dafür, sechs statt derzeit acht Sonntage für den Verkauf zu öffnen, aber ohne dass dies anlassbezogen geschehen müsse. Mit einem Anteil von rund zehn Prozent an den Sonn- und Feiertagen eines Jahres sei dies weiterhin zweifellos eine Ausnahme. Gelten würde die Maßnahme nach Vorstellung Pichlers etwa für den zentralen Versorgungsbereich, der dann nur einmal definiert werden müsste.

Darüber hinaus wirbt Kevelaers Bürgermeister dafür, die Ausnahmen für Wallfahrtsorte, nach der „ortskennzeichnende Ware“ an 40 weiteren Sonn- und Feiertagen verkauft werden darf, an die Gesetzeslage in Niedersachsen anzupassen. Ist in NRW der Verkauf von Waren zum sofortigen Verzehr, frischen Früchten, Tabakwaren, Blumen und Zeitungen erlaubt, so benennt Niedersachsen unter anderem auch Bekleidungsartikel und Schmuck. Das sollte nach Pichlers Vorstellung auch für NRW gelten. Kevelaer sei ja neben Wallfahrtsort auch Erholungsort und wäre damit – nach dem niedersächsischen Gesetzestext – doppelt privilegiert.

Grundsätzlich sei es durchaus sinnvoll, verkaufsoffene Sonntage mit einer Veranstaltung zu verknüpfen, erläutert Kevelaers Bürgermeister auf Rückfrage des KB – in Zeiten von Corona-Beschränkungen solle man jedoch die Stadt nicht noch voller machen. Und während Pichler durchaus glaubt, dass sich ein Teil des Umsatzes durch die Sonntagsöffnung nur verlagert, sieht er aber auch zusätzliche Besucher, die Kevelaer wegen des Einkaufens besuchen würden. Einen Konflikt mit Stille suchenden Pilgern erwartet der Bürgermeister nicht, da es den auch nicht gegeben habe, als faktisch noch alle Sonntage in Kevelaer verkaufsoffen waren.

„Ich glaube schon, dass ein unkontrolliertes ganzjähriges Öffnen von Verkaufsstellen nicht erforderlich ist, auch wenn es derartige Zustände etwa in den Niederlanden jedenfalls in Teilen gibt“, betont Pichler. Darüber hinaus diene die Sonntagsruhe auch der Erholung und des individuellen Ausgleichs vom Alltag und auch die Kinder sollen etwas von ihren Eltern haben dürfen. „Ich weiß, dass sich das in manchen Arbeitsbereichen gar nicht vermeiden lässt.“ Dennoch sehe er es kritisch, die dort gegebene Notwendigkeit auch großflächig im Einzelhandel vorzugeben.

Verwaltung will Einzelhandel und Gastronomie entlasten

So langsam kehrt auch in der Bewältigung der Corona-Krise so etwas wie „Normalität“ in die Verwaltung der Wallfahrtsstadt zurück: An die etwas außergewöhnlichen Zeiten der Zustellung von Verordnungen (das KB berichtete) habe man sich inzwischen gewöhnt, sagen die beiden Männer an der Verwaltungsspitze, Bürgermeister Dominik Pichler und Ordnungsamtschef Ludger Holla. In Kevelaer gebe es aktuell „kaum mehr Verdachtsfälle“, aber das durch Reihentests in anderen Kommunen bedingte Ausschlagen der Inzidenz-Kurve habe man gleichwohl im Auge. Die bange Frage: Wird es zu Einschränkungen kommen, wenn die Zahl der 50 Infizierten pro 100.000 Einwohner überschritten wird? „Wir würden uns schon gern auf ein solches Ereignis vorbereiten“, sagt Holla.

Die Nachverfolgung von „Kontaktpersonen“ habe die Kommune übernommen (das KB berichtete). Bislang hätten die fünf im Umgang mit einer vom Kreis entsprechend entwickelten Datenbank, die einen 7-Tage-Bereitschaftsdienst leisteten, jedoch noch nicht tätig werden müssen.

In Gastronomie und Einzelhandel und bei Gästen und Kunden sieht die Verwaltungsspitze noch Handlungsbedarf: Teils fehle immer noch das Verständnis, dass die dort geführten Anwesenheitslisten der eigenen Sicherheit dienten. Bürgermeister Dominik Pichler: „Es geht ja nicht darum, hier ein ,Bewegungsprofil auf Sicht‘ anzulegen.“ Vielmehr gefährde man sich und andere, wenn man „Phantasienamen“ in eine solche Liste eintrage. Man setze hier weiter auf Aufklärung und nicht auf Strafe: „Wir haben die Leute intensiv angesprochen und beraten und sind damit ganz gut gefahren.“

Momentan „zehren wir von den Erfolgen der ersten Wochen“, in der die strikten Vorgaben der Regierung und die konsequente Einhaltung durch die Bevölkerung im Vergleich zu anderen Ländern deutliche Wirkung gezeigt hätten, sagt der Bürgermeister und bemüht ein fußballerisches Bild: Es sei nicht die Zeit, die „Abwehrspieler“ (Abstandsgebot, Maskenpflicht, Hygieneregeln) rauszunehmen, wenn man vorne Erfolge verzeichne. Über die Pfingsttage habe man festgestellt, dass „ein bisschen Normalität einkehrt“, auch wenn es durchaus in der Innenstadt „sehr voll“ gewesen sei.

Punktgenau

Die von der FDP geforderte Aussetzung der Parkgebühren auf dem Peter-Plümpe-Platz sei zwar seit der letzten Ratssitzung vom Tisch (das KB berichtete), dennoch hat sich die Verwaltungsspitze überlegt, wie man Gastronomie und Einzelhandel in der Corona-Krise entlasten könnte. Zum nächsten Sitzungszyklus wolle man eine Vorlage präsentieren, „die deutlich punktgenauer ankommt“, wie Pichler es formuliert: Man denke daran, für das gesamte Jahr 2020 auf die Sondernutzungsgebühr zu verzichten, die Gastronomie und Einzelhandel etwa für Außengastronomie oder aufgestellt Werbeschilder und Warenständer zahlen müssten. Man folge damit einem Vorschlag der Dehoga; auch die FDP habe diesbezüglich bereits angefragt.

Fände sich dafür im Rat eine Mehrheit, würden die Gebühren für das gesamte Jahr erlassen, beziehungsweise zurückgezahlt. „In unseren Augen ist das eine Möglichkeit, Einzelhandel und Gastronomie in der Krise zu entlasten“, sagt Pichler. Holla beziffert die betreffende Summe, die im städtischen Haushalt fehlen würde, auf „knapp 30.000 Euro“.

Zweckoptimismus in schweren Zeiten

Lachende Gesichter im Sonnenschein, gefüllte Gläser und genussvolle Torten zum Nachmittag vermittelten in dem „Cafe Binnenheide“ den Eindruck von scheinbarer Normalität.

„Es ist schön, dass es sich auflockert“, genossen Sandra und Markus Monczowski die Möglichkeit, wieder unter Menschen gehen zu können. Vorbei war auch für Dennis van den Berg die Zeit ohne einen einzigen Gast. Wochen, in denen der junge Gastronom keinen Cent Geld verdienen konnte. „Wir haben eine lange Durststrecke hinter sich“, wollte er sich zu konkreten Verlusten in der Zeit lieber nicht äußern.

„Die Binnenheide erfreut sich großen Zulaufs“, blickt der Gstronom nach vorne: „Wir haben wieder volles Programm mit italieischer Küche: Wir haben den Garten künstlerisch für einen perfekten Urlaub zuhause gestaltet. Und wir haben Stammgäste, die viermal hintereiander zu Essen kommen. Gemeinsam schaffen wir das.“

Ähnlich wie van den Berg sehen das die Verantwortlichen des Schravelner Restaurants „Antica Osteria“, wo nach langer Zeit mal wieder einige Gäste auf der Terrasse den Abend zusammen verbrachten. „Wir genießen die freie Zeit“, sagte Laura de Witt, die mit ihrem Liebsten und einem befreundeten Paar in angemessener Abstandsform trank. Sie erzählte, dass auch ein Juwelier in so einer Zeit nicht gerade leicht zurechtkommt. Aber auch da klangen Zeichen der Solidarität durch, wie die Anekdoten mit den Schmuckstücken, die Menschen aus ihren Kellern holen, um sie einfach so in der Werkstatt reparieren zu lassen.

„Wir haben hier den besten Wein Kevelaers getrunken und den besten Fisch gegessen“, betonte Marion Wolters aus Lüllingen, dass ihr Vierertisch „zu 150 Prozent Lust“ auf ein geselliges Zusammensein gehabt hatte. Auch Küchenchef Igor Cazzetta gönnte sich am Ende seines Tages ein Bier. „Wir sind cool geblieben, hatten dann ein neues Konzept mit Service außer Haus“, beschrieb er die Übergangszeit. „Wir sind über die Runden gekommen, hatte die Solidarität unseres Personals. Nun merkt man, dass die Leute Sehnsucht habe, wieder rauszugehen.“

Um durchzuhalten, hatte er aber eine fünfstellige Summe an Eigenkapital in die Hand nehmen müssen. Dazu kam staatliche Unterstützung und die Kredite der Bank, die die abgesagten Buchungen und Hochzeiten kompensieren sollen. Doch Geld sei nicht alles: „Wir sind froh, dass wir gesund sind. Alles andere ist ein Geschenk.“

Die Chefin des „Goldener Apfel“, Jutta Pesch-Braun, und ihre gastronomische (Fast-)Nachbarin Mary Aida Sellathurai genossen ebenfalls vor dem Haus eine Tasse Kaffee und Tee. „Man hört: wir kommen gerne wieder zum Essen.

Am Sonntag hatten wir ganz gut zu tun“, erzählte die Chefin des „Pfannkuchenhaus Hollandia.“ Statt 80 haben man innen jetzt halt 50 bis 60 Plätze, dazu kämen die Stühle draußen. Händedesinfektion und die Zettel zum Ausfüllen mit Name und Adresse seien kein Problem. Auch sie hat in den letzten Wochen rote Zahlen geschrieben: „April und Mai sind ja Topmonate.“ So schnell sei das auch nicht aufzufangen. „Wir verdienen jetzt wie Taschengeld.“

Und weiter führt Pesch-Braun aus: „Die Leute sind, was die Regeln betrifft, sehr diszipliniert, Aber es ist, was die Frequenz betrifft, erschreckend ruhig.“ Wo sonst täglich Pilgergruppen Restaurant und Hotel bevölkern würden, herrsche nun nach den zahlreichen Stornierungen Ruhe. „Das waren große Gruppen, jetzt kämpfen wir um Einzelgäste.“

Bis zum Nachmittag hatte sie tatsächlich nur einen einzigen Kunden. „Aber sonst kamen viele Stammkunden, viele rufen an.“ Als nahezu unglaublich empfand sie die Geste eines Kölner Kevelaer-Liebhabers, der ihr am Telefon von seiner eigenen Rente 1.000 Euro anbot. „Die Leute wollen, dass Kevelaer erhalten bleibt, wie es ist.“ Solche Moment seien es, die sie motivieren würden, weiterzumachen.

Lächeln nach einem guten Tag.

Ob dieser Jahr überhaupt nochmal Pilgergruppen kommen würden, wusste auch Wallfahrts-Geschäftsführer Reiner Killich nicht sicher zu sagen: „Im Bistum Aaachen gilt bis zum 31. August alles ab 100 Pesrsonen als Großveranstaltung. Für das Bistum Münster gibt es da noch keine klare Antwort.“ Wenn das auch für Kevelaer gelte und keine Prozessionenformen erlaubt seien, werde es schwierig. „Viele Bruderschaften melden zurück, dass die meisten nicht fahren wollen, vor allem aus Holland. Und die Ehrenamtlichen sagen; die Verantwortung tue ich mir nicht an.“

Die Hoffnung sei, dass zu „Pfingsten kleine Gruppen“ reisen dürfen, was das auch immer von heißen würde. „Es fährt nur ein halb voller Bus?“ Immerhin wollten Radpilger mit 10, 15 Personen Ende Juni kommen sowie die eine oder andere Großgruppe in getrennten Kleingruppen aus verschiedenen Ortschaften. „

Ein paar Meter im „Café Klatsche“ stellte Mitarbeiterin Kerstin Neumann schon die Stühle zusammen. „Es gibt mal einen coffee to go. Aber das war‘s auch.Wir machen oft schon um 15 Uhr zu. Das sind mehr Lohnkosten als Gewinn.“ Den Kopf hängen lassen werde man aber nicht.

Die Maske bremst

Ein wenig optimistischer schien das Stimmungsbild auf der Hauptstraße. „Die erste zwei Wochen waren richtig gut – auch wenn es natürlich nicht zu vergleichen ist mit dem Vorjahr“, berichtete Trudi Albers von „s.oliver“ von ihren momentanen Erfahrungen. Allerdings bremse die Maske. Denn sich damit in der Kabine umzuziehen, sei für viele „nicht so schön.“ Und die Maske mache auch gedankenlos. „Die Leute laufen ohne Abstand“, ist ihre Eindruck.

Natürlich fielen die Kunden, die sonst zwischen den Gottesdiensten mal zum Bummel kämen. „Aber wir müssen das Beste draus machen.“ Dazu gehöre auch kreative Urlaubszeit-Planung, um alle Kollegen bei der Stange zu halten.
Die Grundstimmung sei wieder ganz gut, fand Dominik Nellesen von der „Bilgerie“ gegenüber: „Die Leute trauen sich mehr. Viele seien allerdings von Desinfektion und Maske schon genervt.“

Und man bemerke schon, dass sich bei den Inhabern drei Gruppen herausschälen: „Die, die den Kopf schon in den Sand stecken und wenig Motivation haben, diejenigen, die sich über Wasser halten und alle, die entschlossen was tun wollen.“

„Das ist ganz unterschiedlich“, bestätigte auch Norbert Heckens von der Interessensgemeinschaft Hauptstraße. „Wir sind ein Stammkunden-Betrieb, da kommen die Menschen zurzeit gezielter als früher und kaufen auch direkt. Und sie kommen mehr vormittags als nachmittags.“ Die sechs Wochen zuvor, das gesteht er zu , waren auch für ihn schon „sehr mau. Ich denke, da kommt noch was nach.“

Auch Optiker hätten genaucso wie die Gastronomie habe gelitten. Einen richtig positiven Blick in die Zukunft wagten beide Männer nicht. „Der Knall, der kommt in zwei, drei Monaten“, ist Nellesen eher skeptisch.

Die Sicherheit steht an erster Stelle

Dass die aktuellen Zeiten für Geschäftsleute keine Normalen sind, haben auch Bernward und Esther Simon zur Kenntnis nehmen müssen. Das Ehepaar, das seit 1995 das seit 140 Jahren ansässige Optiker- und Schmuckgeschäft Hammans an der Hauptstraße führt, musste mit dem „Shutdown“ der Läden auch erleben, was es heißt, nicht mehr für die Kunden in gewohntem Maße da zu sein. „Ab dem 18. März hatten wir aber als medizinischer Dienstleister eine Notversorgung“, erzählt Bernward Simon. „Die Notversorgung war den, der sich auf eine Brille gesetzt hat, der Auto fahren muss, der Krankenpfleger ist.“ Dafür habe man mit den Kunden Termine vereinbart. „Da hatten wir nur an der einen Theke diese Acrylscheibe. Und aus einem Bauhelm haben wir mit Laminierfolie so ein Schutzschild gemacht – sogenannte „face shields.“ Eine Schutzmaske kam damals obligatorisch noch dazu.

„Brillen habe wir nur noch mit Handschuhen gerichtet oder auch bei Glasbestimmungen“, ergänzt seine Frau Esther. Diese besonderen Maßnahmen führten für sie als Inhaber dazu, dass „uns die ganze Sache mit der Hygiene nicht überrollt hat“, sagt Bernward Simon. Für ihn und seine Frau war es gut, sozusagen praktische Erfahrung zu bekommen. „Wir haben in der Zeit ein bisschen darauf hingearbeitet, was die Grundvoraussetzung sein könnte, wieder aufzumachen.“ Und als Optiker habe man eh schon viel mit Hygiene zu tun.

Entsprechend habe man diese Acrylscheiben für die Beratungstische angeschafft und Masken, Desinfektionsmittel sowie Handschuhe geordert. Handschuhe zu bekommen, sei unproblematisch gewesen. „Masken hatten wir auch, haben uns Stoff gekauft und sie nähen lassen“, erzählt Esther Simon. „So hatten wir auch schon Masken für Kunden, als es noch keine Pflicht war. Die sind auch alle waschbar.“ Man habe auch genug Masken, um die Mitarbeiter mehrfach am Tag damit auszustatten. Hand- und Flächendesinfektionsmittel seien zu Anfang der Krise vergriffen gewesen. „Aber wir hatten zum Glück immer was hier.“

Zwei Kunden pro Abteilung

Mit der Öffnung der Geschäfte am 20. April begann die Phase, in der es für alle darauf ankam, wie man die Regeln für die Öffnung der Geschäfte gestalten kann. „Sie sehen es überall: da wird der Abstand eingehalten. Die Kunden stehen vor der Tür und gucken erst einmal in das Geschäft.“ Als kleiner Laden könne man gut überschauen, wieviele Kunden in den Laden kommen, sieht Ester Simon da schon einen Vorteil. „Die stehen auch draußen oder sitzen auf der Bank.“ Unterstützend steht da noch ein Straßenstopper vor der Tür. Denn es gäbe klare Richtlinien, so Bernward Simon. „Zwei Kunden darf es pro Abteilung nur geben, mit maximal einer Begleitperson. Pro zehn Quadratmeter darf man einen Kunden haben.“ Das heißt, dass sich bei gut siebzig / achtzig Quadratmetern maximal sieben Kunden im Laden aufhalten dürfen.

Auch was das Personal angehe, agiere man vorsichtig und habe bis jetzt in Schichten gearbeitet. „Das bedeutet, dass halt von uns und unseren Leuten vier da sind“, erläutert Esther Simon. Jeder achte darauf, nach Ablauf der Arbeitszeit alle Flächen, die die Kunden und Mitarbeiter berühren – ob nun die Acrylplatten, die Türgriffe oder Tastaturen – gründlich zu desinfizieren. Und Brillen, die ein Kunde mal aufgesetzt hat, werden auf einem Tablett separat abgelegt, später dann auch desinfiziert. „Das ist mit dem Schmuck hier genau das Gleiche“, unterstreicht die Geschäftsfrau.

Dass jetzt zu diesen Maßnahmen noch die Maskenpflicht hinzugekommen ist, finden die Simons grundsätzlich gut. „Man fühlt sich sicherer – wir und die Kunden“, sagt er. Und auch für die Mitarbeiter sei das gut, meint Esther Simon. So eine Maske mache einem „bewusster, dass das noch eine außergewöhnliche Situation ist, auch wenn es mir gut geht.“ Zumal es im März schon Kunden gegeben habe, „die vom Abstand nicht so viel hielten“, weil die Gefahr noch nicht so bewusst war. „Da waren sie von der Warte her auch froh, dass wir gesagt haben: wir machen zu.“

Auch Einzeltermine möglich

Ab der nächsten Woche wird man wohl vom Schichtsystem runtergehen und zu fünft – mit einer Person in der Werkstatt – arbeiten. „Dann läuft es wieder fast normal“, hofft Esther Simon. Denjenigen Kunden, die zum Beispiel beim Schmuck eine Trauringberatung wünschten oder sich einfach nur sicherer fühlen wollten außerhalb der Öffnungszeiten, biete man auch Einzeltermine an. „Wir hatten einen Termin letzten Samstag, das kommt schon mal vor.“ Die sogenannten „Risikogruppen“ – also Ältere oder Menschen mit Vorerkrankungen – seien da vom Gefühl her schon vorsichtiger.

Man merke, dass die Kunden schon froh seien, wieder raus zu kommen, sagen die Geschäftsleute. „Es fluppt wieder“, meint Bernward Simon – aber natürlich mit der gebotenen Vorsicht. Die Kunden nähmen die Maßnahmen an. „Das, was man in der Zeit auch gelernt hat, ist Geduld“, meint der Optiker. Man habe nicht mehr die Enge und Geschäftigkeit, aber nach wie vor die intensive Beratung mit den Kunden. „Die Masse im Geschäft hat sich halt geändert.“ Mit den Hygieneregeln werde wohl nichts weiter passieren, zeigt sich das Ehepaar überzeugt. Aber die gesamte Zeit sei ein Lernprozess. Sicher sei eben nichts. Und was die nächsten Monate bringen werden, könne man heute noch nicht sagen. 

Lokale Wirtschaft startet Kampagne

Gut vier Wochen waren die Geschäfte jetzt geschlossen. Seit Anfang dieser Woche darf der Einzelhandel mit einer Fläche von unter 800 qm unter bestimmten Voraussetzungen wieder öffnen. „Die letzten Wochen waren auch für die Unternehmen in Einzelhandel und Gastronomie besonders hart und wirtschaftlich extrem belastend“, heißt es aus der Wirtschaftsförderung der Wallfahrtsstadt.

„Einnahmen sind teilweise komplett weggebrochen – und das bei anhaltenden Kosten. Trotz Kurzarbeitsregeln und teilweise toleriertem Zahlungsaufschub bei der Ladenmiete mussten natürlich viele Rechnungen trotzdem weiter bezahlt werden. Umsätze durch Online- Angebote und auch die sehr kurzfristig organisierten Lieferservices konnten nur einen ganz kleinen Teil der verlorengegangenen Umsätze kompensieren.“

Auf der städtischen Seite der Wirtschaftsförderung unter www.kevelaer-haelt-zusammen.de und auf der Seite www.Kevelaer-Fans.de wurden die unternehmerischen Angebote deshalb bereits vor Wochen auch nochmal gebündelt dargestellt.

Klares Aufbruchssignal

Jetzt haben Wirtschaftsförderung und Einzelhandel gemeinsam mit der Werbeagentur “Oneline Media” aus Kevelaer, “vandenBoom. Agentur für Mediendesign” aus Kervenheim und der Medienmanufaktur Niederrhein aus Kevelaer eine sehr emotionale Kampagne entwickelt.

„#kevelaerhaeltzusammen – kauft lokal“ soll Besucher und Gäste, Kunden und Bürger auf die herausfordernde Situation im Einzelhandel und der Gastronomie hinweisen. Auch die Bürger brauchen aus Sicht der Initiatoren ein klares Aufbruchssignal, damit der private Konsum und auch Investitionen generell wieder angekurbelt werden. Zudem bedarf es aus Sicht der Wirtschaftsförderung einer unkomplizierten, befristeten Liberalisierung des Ladenöffnungsrechts. „Es wäre wünschenswert, wenn die Ladenöffnung an Sonntagen vielleicht befristet für das laufende Jahr ohne Auflagen und Beschränkungen zugelassen werden könnte. Damit würde gerade den Unternehmen in Einzelhandel und Gastronomie die Chance gegeben, die durch Corona bisher verlorenen Umsätze zumindest teilweise wieder zu kompensieren“. so Hans-Josef Bruns, Leiter der Wirtschaftsförderung in Kevelaer.
Erweiterte Ladenöffnungszeiten trügen ebenfalls dazu bei, weiterhin bestehende Auflagen zum Beispiel bei den Vorschriften zur Hygiene und zum Abstandsgebot effizienter durchzusetzen, da sich das Kundenaufkommen einfach besser verteilen würde.

Hilfe zur Selbsthilfe für den Kevelaerer Einzelhandel

Wegen der Coronavirus-Krise steht das soziale Leben mehr und mehr still. Die Menschen sollen möglichst zu Hause bleiben. Vielen bereitet es Angst, Waren lokal vor Ort einzukaufen. Zudem wurde jetzt durch die Landesregierung in NRW verfügt, dass bis auf Weiteres die meisten Einzelhandelsgeschäfte zu schließen sind. Viele Kevelaerer Einzelhandelsunternehmen werden durch das stationäre „Verkaufsverbot“ an den Rand ihrer Existenz gedrängt. In der Vergangenheit wurde in Kevelaer schon oft darüber diskutiert, wie der lokale Einzelhandel am Internetgeschäft teilhaben kann. Einige wenige Kevelaerer Unternehmen haben dies sicher auch schon umgesetzt, allerdings ist zu vermuten, dass die meisten dies aus unterschiedlichen Beweggründen nicht gemacht haben oder konnten. Jetzt, wo zwangsweise genügend Zeit da ist und jeder Umsatz zählt, da bietet sich förmlich die Gelegenheit an, auf den „Online-Zug“ aufzuspringen.

„Unsere Idee ist es, Gewerbetreibenden in Kevelaer, die ihre Waren und auch Dienstleistungen weiterhin anbieten wollen, sehr günstig und vor allem der Krise entsprechend schnell Onlineshops bereitzustellen“, sagt Daniel Albaceli, Geschäftsführer und Inhaber der auf Onlineshops spezialisierten Firma „tradino“. „Diese Shops sollen auf einer globalen Seite entsprechend gebündelt und verlinkt werden. Hier können potenzielle Kunden gezielt nach Anbietern oder auch Dienstleistungen suchen.“

Die Ware wird ausgeliefert

Nach den Vorstellungen der Firma tradino – bestehend aus den Geschäftsführern Daniel Albaceli, Holger Selig und Sascha Zeidler – liefert der Gewerbetreibende ab einem bestimmten Wert in Kevelaer und Umgebung seine Ware kostenlos aus oder vereinbart einen Termin für seine Dienstleistung. Natürlich kann auch per Post verschickt werden – Hauptsache der Kunde hat schon gezahlt und es findet möglichst wenig bzw. kein persönlicher Kontakt statt. Der Gewerbetreibende könnte zusätzlich auf den Socialmedia-Kanälen und in seinem Schaufenster auf seinen Shop hinweisen.

„Der Aufbau dieses Shops ist zunächst für die akute Krisenphase gedacht und kann natürlich später individuell ausgebaut werden. Es muss zunächst schnell gehen und technisch funktionieren. Wir wollen damit keinen Design-Wettbewerb gewinnen. Der treue und solidarische Kevelaerer Kunde soll damit die Option bekommen, bei seinem vertrauten Händler/Dienstleister weiter einzukaufen, bevor er sonst anonym im Internet bestellt. Wir werden dazu alles Technische vorbereiten und bereitstellen. Darüber hinaus würden wir auch die Kapazitäten bereitstellen, wenn es der Gewerbetreibende nicht selbst machen kann/will, die Erfassung der Artikel vorzunehmen“, erläutert Daniel Albaceli.

Das konkrete Angebot: Betrieb des Shops auf tradino Server, inklusive Subdomain und Verschlüsselung; Integration des Firmenlogos und CI Farben; Komplette Konfiguration, inkl. Zahlart; Umsetzung rechtlicher Vorgaben beim Impressum, Datenschutz, Cookiebanner, AGB; Einstellung Artikel nach Erhalt der Daten (Bilder, Texte).

Das Angebot soll günstig gehalten werden

Daniel Ablaceli konkretisiert das Angebot: „Wir möchten dem Kevelaerer Einzelhandel unsere Hilfe zur Selbsthilfe anbieten. Natürlich können wir das nicht kostenfrei tun. Der Aufwand und die Kosten hängen auch ein wenig davon ab, wie viele sich unserem Angebot anschließen. Die technische Bereitstellung bieten wir für eine kleine monatliche Pauschale an, zunächst angepasst an die Krise und danach ggf. etwas mehr, wenn der Shop dauerhaft etabliert werden soll. Die Kosten dafür werden sich um ca. 90 bis 145 Euro pro Monat bewegen. Für das Einstellen der Produkte in den Shop, also für das Erfassen der einzelnen Produkte im System, kalkulieren wir eine Pauschale abhängig von der zu erfassenden Menge. Dies müssen wir mit jedem Interessenten individuell besprechen. Aber auch hier gilt, das wird alles sehr günstig sein.“

Interessenten können sich direkt an Albaceli wenden (d.albaceli@tradino-shop.de) oder Informationen einsehen unter www.tradino-agentur.de.

Radio Heckens in der Kategorie „Arbeitgebermarketing“ geehrt

Die Besucher der Verleihung des Marketing-Preis-Kevelaer am heutigen Freitag, 22. November 2019, wurden einmal mehr zu aufmerksamen Zuhörern, als es um die Kategorie „Arbeitgebermarketing“ ging: Nicht die große Anzahl der Mitarbeiter, nicht der Gewerbeneubau und die Akquise von Fachkräften oder bahnbrechende Schulungsverfahren oder der Einsatz von Technik waren Messlatte für die Jury, sondern Kontinuität und teamorientiertes Miteinander ließen sie überzeugend voten. Radio Heckens wird in der Kategorie „Arbeitgebermarketing“ mit dem Marketing-Preis-Kevelaer 2019 ausgezeichnet. Anwesende Freunde, Unternehmerkollegen und Gäste des Abends begleiteten die neuen Preisträger mit Beifall auf die Bühne.

Gegründet wurde das inhabergeführte Fachgeschäft im Bereich Unterhaltungselektronik im Jahr 1954 von den Eheleuten Josef und Maria Heckens. Das zunächst noch auf der Bahnstraße 8 angesiedelte Geschäft zog bereits 1958 an die Hauptstraße 41 in die heutigen Geschäftsräume und wird seit 1993 von den Söhnen der Firmengründer, Josef und Norbert Heckens, geführt.

Farbiger, bunter und vielschichtiger

Schon Ende der 60er Jahre schloss sich die Firma einer Einkaufsgenossenschaft an, die mittlerweile zur „Euronics International“ geworden ist. War der Blick „in die Röhre“ bei Firmengründung noch ausschließlich „schwarz-weiß“, zeigt die lange Firmengeschichte, dass das Elektronik-Leben heute doch wesentlich farbiger, bunter und vielschichtiger geworden ist. Wohl kaum eine andere Sparte erlebte in den letzten Jahren einen so rasanten Wandel; aus traditionell, analog oder klassisch wurde digital – einstige Zukunftsvisionen sind heute Standard.

Schaut man auf das gesamte Portfolio von Radio Heckens vom Verkauf von Unterhaltungselektronik und Telekommunikation, der Installation und Reparatur von Satelliten- und Antennenanlagen, dem Reparaturservice für TV- und Audiogeräte sowie der Einrichtung und Konfiguration von Netzwerk- und Telefonanlagen, ist der technischen Vielfalt des inhabergeführten Fachgeschäfts noch keine Grenze gesetzt. Tag für Tag stemmt Radio Heckens die mannigfachen Herausforderungen kundenorientiert mit einem auf Augenhöhe agierenden und engagierten Team.

Mehr als 50 Auszubildende

Für die Jury zeichnet sich dieser Handwerksbetrieb insbesondere durch die überdurchschnittlich lange Betriebszugehörigkeit von Mitarbeitern aus. Im Laufe der Firmengeschichte wurden mehr als 50 Auszubildende beschäftigt; rund zehn Schulpraktikanten sind es in jedem Kalenderjahr, die erste Einblicke und Erfahrungen im Bereich Radio- und Fernsehtechnik sowie Kundenservice sammeln. So ist es Pflicht und Freude gleichermaßen für die Unternehmensbrüder, beim jährlichen Berufs-Info-Treff der Sparkasse um Nachwuchs zu werben. Immer nah dran ist Josef Heckens. Als Mitglied des Meisterprüfungsausschusses der Handwerkskammer Düsseldorf steht er dem Nachwuchs der Branche nah. Durch den Austausch mit erfahrenen Berufskollegen und Nachwuchskräften fließt Erfahrung und Know-how ins tägliche Firmengeschehen ein.

Fragt man die heutigen Firmeninhaber nach besonderen Highlights in der Firmengeschichte, die für die Mitarbeiter Motivation und Ansporn sind, nennt Nobert Heckens einen Großauftrag mit 135 Fernsehern und 250 Satelliten-Receivern oder auch die Präsentation eines 88-Zoll Samsung-Gerätes im Wert von 20.000 Euro anlässlich der „Kevelaerer Nacht der Trends“. Dieses Gerät wurde insgesamt nur hundertmal produziert. Kontinuität und Mitarbeiterbindung im inhabergeführten Fachhandel waren die Kriterien, die die Jury veranlasste, Radio Heckens mit dem Marketing-Preis-Kevelaer 2019 auszuzeichnen.

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Kevelaer lebens- und liebenswert erhalten

Einen ganzen Stapel dicke Bretter zu bohren hat Tobias Kocken, der im Wirtschafts- und Verkehrsverein (WuVV) als Sprecher die Geschicke des Handlungsfeldes „Einzelhandel“ koordiniert. In unserer Serie über den WuVV soll dieses Mal der Blick auf den Bereich geworfen werden, der Aushängeschild und zugleich auch ein wenig Sorgenkind in Kevelaer ist, von dem Einheimische, Pilger und Gäste gleichermaßen profitieren und der wesentlich dazu beiträgt, dass Kevelaer in hohem Maße das hat, was im Fachchinesisch so trocken „Aufenthaltsqualität“ heißt – der (inhabergeführte) Einzelhandel.

Im Grunde sieht Tobias Kocken sein Wirken in der Tradition des „alten“ Verkehrsvereins stehen, der zum Ziel hatte, die Interessen der Gewerbetreibenden „mit einer Stimme“ zu vertreten, letztlich aber eingeschlafen war – ein gewisses Maß an Selbstzufriedenheit und auch ein wenig Desinteresse mögen Gründe dafür gewesen sein. Jedenfalls soll das nun nicht wieder passieren, wünschen sich doch alle Händler eine neue, aktivere Form von Kommunikation mit Stadt und lokaler Politik. Nur so lassen sich Pannen wie jene in der neuen Sondernutzungssatzung für die Hauptstraße verhindern, die deutliche Verschlechterungen für die Ladenbesitzer bei der Aufstellung von Werbetafeln mit sich gebracht hätte – Probleme die bei frühzeitiger Beteiligung der Betroffenen gar nicht erst entstanden wären.

Die Baustellen im Handlungsfeld Einzelhandel sind viele. So muss sich zum Beispiel auch das Marketing verbessern – attraktive Events zu veranstalten ist das eine, diese über die Grenzen Kevelaers hinaus bekannt zu machen, das andere. So könnte die sich großer Beliebtheit erfreuende „Nacht der Trends“ deutlich weitere Kreise (an)ziehen, als das bisher der Fall ist, denn genau dafür kommen Gäste nach Kevelaer: für Angebote, die auf Individualität ausgerichtet sind. Kocken sieht es in diesem Zusammenhang als Aufgabe an, die Kooperation mit dem Stadtmarketing zu verbessern.

Prozess der Sensibilisierung

Spricht man über Einzelhandel in Kevelaer, kommt man aber an zwei großen Themen nicht vorbei. Einmal geht es um das jedem sichtbare Problem des Leerstandes von Geschäften in der Innenstadt und andererseits um den Aufreger, der Kevelaer sogar regelmäßig Präsenz in der Landespolitik beschert und bei einigen Einheimischen für einen gesteigerten Ruhepuls sorgt: die Sonntagsöffnung von Geschäften.

Im Bericht über das Handlungsfeld „Kunst, Kultur und Kunsthandwerk“ (KB der vergangenen Woche) klang es schon an, dass Überlegungen angestellt werden, einige der momentan leer stehenden Geschäfte künstlerisch zu nutzen und zwar nicht als „tote“ Ausstellungsfläche, sondern in einem aktiven Sinne durch schaffende Künstler, die ihr Arbeiten erlebbar werden lassen. Hier ist noch einiges zu tun, unter anderem gilt es, die Hauseigentümer dafür zu begeistern.

An diesem Punkt möchte Tobias Kocken aber ganz grundsätzlich ansetzen, denn die hinlänglich bekannt recht hohen Mieten für Ladenflächen stellen wohl für Filiallisten ein geringeres Problem dar als für inhabergeführte Geschäfte. Aber genau von diesen lebt Kevelaer. Letztlich ist es ein Prozess der Sensibilisierung, dass die etwas preisgünstigere Vergabe der Ladenfläche an einen ortsansässigen Einzelhändler auf längere Sicht deutlich nachhaltiger für die Stadtentwicklung und damit auch für den Werterhalt der Immobilie positiv ist.

Das leidige Thema Sonntagsöffnung macht natürlich um Tobias Kocken und seine Mitstreiter keinen Bogen und auch hier will sich der WuVV gestaltend einbringen. Liegen durch das Ladenschlussgesetz und die damit gemachten Erfahrungen für die jährlich erlaubten acht ‚verkaufsoffenen Sonntage‘ mittlerweile ausreichend Erfahrungen vor, um diese rechtssicher durchzuführen – das KB berichtete mehrfach – ist der Regelungsrahmen für die sogenannten ‚Verkaufssonntage‘ deutlich unbestimmter.

Gerade von letzteren lebte Kevelaer lange Zeit recht gut, gestatten sie doch an 40 Sonntagen im Jahr, „ortskennzeichnende Waren“ zu verkaufen, doch hier fängt das Problem schon an – Was sind „ortskennzeichnende Waren“?

Ein Konzept erarbeiten

Um den anzeige- und klagefreudigen Gegnern des Sonntagsverkaufs nicht in die Hände zu spielen, sieht Kocken hier dringend Handlungsbedarf, um in enger Zusammenarbeit mit der Stadt ein Konzept zu erarbeiten, das es den Einzelhändlern rechtssicher ermöglicht, an Sonntagen ihr Geschäft wieder zu öffnen – warum soll in Kevelaer nicht das gelingen, was man auch in Brüggen geschafft hat.

Er betont dabei, dass es niemandem um die generelle Freigabe des Sonntags geht, aber gerade für den vielfältigen inhabergeführten Einzelhandel ist der Sonntagsverkauf überlebenswichtig im Kampf gegen Filialisten und Internethandel. Ansonsten ist das bedroht, was Kevelaer von anderen Kleinstädten unterscheidet und gewissermaßen „ortskennzeichnend“ aus der Masse heraushebt: eine lebendige Innenstadt.