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Malte Fiedler hat ein Porträt von Dr. Dominik Pichler bearbeitet. Das Ergebnis hängt im KvGG und im Zimmer des Bürgermeisters.

Zwischen Albert Einstein und Michael Jackson

Wann wird ein Bürgermeister schon einmal zum Inhalt eines gymnasialen Oberstufenunterrichts im Fach Kunst und wann hängt sein überarbeitetes Porträt zwischen „Albert Einstein à la Gerhard Richter“ und „Michael Jackson à la Banksy“?

Pichler bekräftigt Kandidatur aus dem Amt heraus

In weniger als einem Jahr steht in Kevelaer die Kommunalwahl an. Für Bürgermeister Dr. Dominik Pichler stellt sich die Frage nach der Wiederwahl. Bislang sieht es so aus, als werde er keinen Herausforderer haben. Das KB sprach mit Dominik Pichler über die politische Situation in Kevelaer und die kommenden Aufgaben.

Im Kreis Kleve kündigen die ersten Bürgermeister an, bei der Kommunalwahl im September 2020 erneut zu kandidieren. Bleibt es dabei, dass auch Sie wieder antreten?

Dr. Dominik Pichler: Offiziell ist eine Kandidatur ja noch gar nicht möglich. Aber dass ich die Absicht habe zu kandidieren, gilt weiterhin – auch, dass ich es für richtig halte, aus dem Amt heraus zu kandidieren.

Was ist Ihre Motivation dafür, nicht als SPD-Kandidat anzutreten?

DP: Mir war es immer schon wichtig, weniger ein SPD-Bürgermeister zu sein, sondern ein Bürgermeister möglichst aller Bürger. Ich möchte damit das Parteibuch nicht verleugnen. Es sollte aber bei der Ausübung des Amtes nach meinem Amtsverständnis keine große oder gar übergeordnete Rolle spielen. Ich brauche auch mehrheitsfähige Vorschläge im Rat und muss im Rat Brücken bauen. Man kann es nicht immer allen gleich recht machen, aber man kann versuchen, Mehrheiten für Ideen in der Bevölkerung zu gewinnen. Und das meine ich nicht populistisch. Das Gradierwerk war ja auch umstritten, aber jetzt, wo wir ein stimmiges Konzept umsetzen und die Leute es erleben können, hat die Kritik nachgelassen.

Alle Bürger zu überzeugen, kann aber nicht immer gelingen…

DP: Nein, beispielsweise wollte eine Mehrheit ein Mehrzweckbecken. Das bedeutete das Aus für die Sauna. Da musste ich eine Entscheidung treffen und die habe ich dann früh und klar kommuniziert. Das Pflaster der Hauptstraße wurde emotional diskutiert, weil es – neben den fachlichen Aspekten – eine Geschmacksache ist. Die gesamte Gestaltung der Innenstadt ist ein Beispiel dafür. Die Vorstellungen dazu sind sehr unterschiedlich. Es wird nicht gelingen, etwas hinzuzaubern, das allen gefällt. Aber wir müssen solche Entscheidungen treffen, um die Stadt weiterzuentwickeln.

Die teils große Harmonie, die sich nach der Kommunalwahl im Rat zeigte, ist mit der Zeit aber weniger geworden. Nicht zuletzt beim wichtigen Zukunftsthema „Klimanotstand“ gab es sehr unterschiedliche Positionen…

DP: Die Grünen fanden, da habe es „gerumst“. Das habe ich so nicht wahrgenommen, es ging doch vor allem um die Wortwahl. Jetzt muss die Abschlusserklärung mit Leben gefüllt werden. Aber Kevelaer macht beim Klimaschutz schon lange eine Menge. Die Kooperation mit den Landwirten zum Grundwasserschutz und die Teilnahme am European Energy Award haben sogar schon weit vor meiner Amtszeit begonnen.

Was tut sich aktuell beim Klimaschutz?

DP: Ganz aktuell beschäftigen wir uns mit der Klimafolgenanpassung. Da geht es vor allem um Starkregen und Dürren. Das ist natürlich kein Klimaschutz, gehört aber zum Thema dazu. Wir müssen uns aber auch fragen: Was können wir als Stadt sinnvoll tun? Wir sind ein Mosaiksteinchen im weltweiten Klimaschutz. Dabei dürfen wir die Menschen nicht verlieren: Wir machen das nicht, um jemanden zu entreichern oder jemandem das Leben schwer zu machen.

Was sagt die SPD in Kevelaer dazu, dass Sie aus dem Amt heraus und nicht als SPD-Kandidat antreten wollen?

DP: Der Vorstand weiß, dass ich auch 2015 ohne SPD-Emblem erfolgreich Wahlkampf gemacht habe. Die SPD sieht, dass ich das nötige Standing auch bei anderen habe. So falsch kann nicht sein, was ich gemacht habe.

Zum zweiten Mal in wenigen Jahren hat ein engagiertes Fraktionsmitglied unlängst die SPD-Fraktion verlassen. Kommt die Partei mit einem überparteilichen Bürgermeister nicht zurecht  oder warum brodelt es immer wieder in der Fraktion?

DP: Die Entscheidung von Brigitte Middeldorf war eine höchstpersönliche. Ich selbst habe kein Problem mit ihr und habe lange mit ihr als meiner Stellvertreterin gut zusammengearbeitet. Jetzt muss man akzeptieren, dass sie sich in einer anderen politischen Partei wohler fühlt.

Die CDU hat nun beantragt, Geschwisterkinder vom Kindergartenbeitrag zu befreien, eine Forderung, für die Sie als Mitglied SPD-Fraktion und auch als Bürgermeister jahrelang erfolglos geworben haben…

DP: Es ist richtig, dass jetzt die CDU die Geschwisterkinderregel kippen will. Den Antrag dazu habe ich vor sieben Jahren gestellt. Wir müssen jetzt schauen, ob wir das nicht auch auf die Ganztagsschule ausweiten können. Mehrkindfamilien zu unterstützen ist wichtig. Das merke ich mit meinen sechs Kindern selbst, obwohl ich wirklich gut verdiene.

Wie ist Ihr heutiges Verhältnis zur CDU?

DP: Ich finde, bei uns in der Lokalpolitik spielen links/rechts oder libertär/konservativ keine Rolle. Obwohl wir uns in unseren politischen Ansichten erheblich unterscheiden, komme ich mit dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Paul Schaffers gut klar. Wir sind beide pragmatisch und suchen gut umsetzbare Ergebnisse. Bei politischen Themen auf Bundesebene kämen Paul Schaffers und ich wahrscheinlich längst nicht so häufig überein. Es gibt ja Gründe, weshalb ich in der SPD bin und er in der CDU.

Während der Grünkohlwoche schwört Dr. Dominik Pichler (hier mit Annette Strähnz und Heinz-Josef Kuypers) auf Deftiges. Ansonsten erwartet ihn im Rathaus aber nicht immer nur “Hausmannskost”.

Die CDU erwägt laut ihrem Fraktionsvorsitzenden, keinen eigenen Kandidaten zur Kommunalwahl aufzustellen. Manche sagen, weil sie keinen hat, andere, weil auch die Konservativen mit Ihrer Arbeit zufrieden sind. Ändert sich etwas an Ihrer Entscheidung, sollte eine Mehrheit der CDU doch einen eigenen Kandidaten präsentieren wollen?

DP: Klares Nein. Ich habe Ihnen ja meine Gründe genannt, und ob ich gegen fünf Kandidaten, gegen einen aus der CDU oder gegen keinen antrete, daran würde sich dadurch nichts ändern. Der Bürgermeister hat nicht aus dem Parteiprogramm heraus zu wirken, sondern sollte Brücken bauen und stets die Stadt und die Bürgerschaft im Blick behalten.

Sie haben kürzlich den Wegfall der Stichwahl bei der Bürgermeisterwahl in NRW kritisiert. Weshalb?

DP: Wenn fünf Kandidaten antreten und jeder ähnlich viele Stimmen holt, könnte ohne Stichwahl jemand mit knapp über 20 Prozent der Wählerstimmen den Sieg davontragen, der mit Stichwahl vielleicht von drei Vierteln der Wähler abgelehnt worden wäre. Und plötzlich hat man auch in NRW einen AfD-Bürgermeister, den kaum einer wollte.

Welche Themen werden für Sie in der kommenden Wahlperiode für Kevelaer zentral sein?

DP: Vor zwei Jahren hätte ich gesagt: die Integration Geflüchteter. Heute ist das kein Thema mehr. Die Geflüchteten, die wir hier haben, fallen nicht negativ auf. Das Klima könnte das Thema sein – aber vielleicht haben wir auch jetzt schon die richtigen Konzepte. In jedem Fall wird es weiter großen politischen Raum haben. Dauerbrenner bleiben sicher Jugend, Schule und Familie. Die Stadt gibt viel Geld aus, um Schulen modern zu halten und gut auszustatten. Wir haben uns um den Skatepark gekümmert, ums Mehrzweckbecken, den Kleinkaliberstand der SSG, die Kunstrasenplätze … Das ist immer auch Jugendförderung. Wir werden weiter die Turnhallen sanieren. Andere große Themen ergeben sich oft aus der Situation heraus.

Vor dem Hintergrund Klimaresolution, Neuplanung Plümpe-Platz, Verkehrskonzept: Gibt es bei der Stadt eigentlich jemanden, der ein übergeordnetes Konzept entwickelt, wie Kevelaer künftig in der Innenstadt attraktiv sein will, wie Radverkehr/Busverkehr/Bahnverkehr stärker gefördert und Autoverkehr begrenzt werden soll und wie dabei die Hüls gut einbunden wird?

DP: Im Rahmen der Peter-Plümpe-Platz-Planungen entsteht auch ein Verkehrskonzept über den Nahraum hinaus. Das hat den Auftrag zu prüfen, wie der motorisierte Individualverkehr verringert werden kann und wie Fußgänger und Radfahrer besser unterstützt werden. Davon erhoffe ich mir diverse Verbesserungen. Da meine Eltern Anwohner des Peter-Plümpe-Platzes sind, bin ich zu den Planungen formell befangen und kann mich daher nicht in den politischen Gremiensitzungen, sondern nur privat zu den Planungen einbringen. Ich bin schon dafür, ein Stück Verkehr rauszuziehen und im nördlichen Bereich ein Stück für Grün oder Begegnung zu schaffen.

Dann fallen natürlich Parkplätze weg. Steigen dann mehr Kevelaerer aufs Fahrrad um?

DP: Das kann ich nicht beantworten. Wir haben auch vom ADFC Vorschläge erhalten, wie Kevelaer fahrradfreundlicher werden kann und müssen schauen, wie wir die berücksichtigen können.

Und die Hüls?

DP: Eine erfolgreiche Anbindung ist wichtig für die Nutzung der Angebote auf der Hüls. Ich will da ja kein Millionengrab hinstellen. Die Entfernung zur Innenstadt wäre in einer Großstadt lächerlich. Aber auf dem Land muss man die Verbindung fußläufig attraktivieren. Man könnte überlegen, die Verkehrsberuhigung von der Marktstraße bis zur Antoniusschule auszuweiten oder sogar bis zur Kreuzung Walbecker Straße. Und wenn einmal die technischen Möglichkeiten so weit gediehen sind, dass sicheres autonomes Fahren im Straßenverkehr möglich ist, dann wäre das eine ideale Lösung für die Anbindung der Hüls an die Innenstadt mit einem Shuttlebus.