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Die Milch macht's

Vorurteile und Klischees können zu einer heiklen Kiste werden, wovon ich natürlich weeeiiit entfernt bin! Und doch muss ich gestehen, dass mich da in diesen Tagen eine sehr ähnliche Anwandlung heimgesucht hat. Gut zu Fuß, wie ich nun mal bin, befand ich mich im äußersten Süden Kevelaers, schon mehr Lüllinger Gebiet, auf einem Bauernhof.
Der trägt den schönen Namen eines sehr melodisch pfeifenden Singvogels – mehr sei nicht verraten. Dort steht ein Milchautomat und der geneigte Kunde kann für einen ganzen Euro oder mehr einen Liter Milch oder mehr (frisch und gekühlt) zapfen.
Oft genug bin ich nicht der einzige Kunde und muss schon mal ein bisschen warten. Zum Beispiel auf die beiden Damen (evtl. Mutter und Tochter), die nach ein paar Minuten den kleinen Raum des Automaten verließen…
Ich will nicht gerade behaupten, dass ich dann an der Zapfanlage durch verschüttete Milch waten musste, aber es sah dort nicht so aus, wie ich eigentlich diese sonst immer sehr gepflegte und gewartete Anlage antreffe.
Ein Blick auf das Auto der abfahrenden Damen verführte mich – gottlob nur innerlich – zu obigem Vorurteil: Aha, aus dieser Stadt des Ruhrgebietes kommen also die Leute, die Milch nur von lila Kühen kennen, ansonsten gerne die Vorteile der Landwirtschaft genießen, leider aber nicht würdigen.
Mechel war natürlich genauso sauer, versuchte mich aber zu trösten: „Goddank was dij Melk betald , on sön Lüj häj’e ömmer aff on tuw dortösse.“
Euer Hendrick

Vorfreuden

Geschafft! Das war sie also, die nächste Hitzewelle – Fortsetzung folgt bestimmt.
Das will ich aber mit der Überschrift nicht ausgedrückt haben. Nein, ich freue ich mich auf die erfrischende Aussicht, in einigen (wenigen!) Wochen durch kühle, herbstlich angehauchte Kevelaerer Straßen zu wandern. Einen kleinen Vorgeschmack geben mir doch heute schon die Modegeschäfte, die bereits ihre Herbstware präsentieren, mit den gedeckten Farben, den Blättermustern – schade nur, dass der Herbstwind in und mit diesen Kleidungsstücken nicht eingefangen werden kann.
Wenn ich an die heißen Tage zurückdenke, fällt mir ein Sprichwort ein: „Des einen Leid, des anderen Freud“. Will heißen, dass die Winzer in echt südlichen Gefilden wie Italien, Frankreich, Griechenland, allmählich um ihre vertrocknenden Trauben und ihren Weinanbau überhaupt bangen müssen.
Des anderen Freud liegt dann eines gar nicht mal so fernen Tages jenseits des Ärmelkanals, wo man inzwischen in Großbritannien (!) ernsthaft über Rebenanbau nachdenkt und auch schon erste Erfolge zu verzeichnen hat. Dann sind also bald die Zeiten vorbei, wo man bei uns „in Europa“ über den „hock“ die Nase rümpfte, weil er zwar vom Rhein kam und die Engländer beglücken konnte, wohl sehr preiswert war, aber entweder total süß oder total sauer schmeckte.
Letztere Qualität würde ich gerne einem gewissen blonden Wirr-, pardon: Wuschelkopf wünschen, der aktuell die Macht dort drüben übernommen hat. Aber das ist eine andere Geschichte.
Und dazu äußert auch meine liebe Mechel eine bestimmte Vorfreude: „Dän Hanjas, dän mott dat suure Grei ens drenke on dann de Geit gon fuure, dat gönn ek öm!“
Euer Hendrick

Mein Freund Konrad

Darf ich Ihnen einen alten Freund vorstellen? Konrad Duden heißt er, ist leider schon verstorben (vor 108 Jahren), aber dieses Weseler „Kind“ hat eine spannende Lektüre hinterlassen, in die ich nach manchem Spaziergang reingucken muss.
Bei meinen Fußmärschen durch unsere Stadt habe ich neben den vielen Gesprächen mit unseren Bürgern auch ab und zu die Gelegenheit, mir die Häuser und Fassaden anzusehen. Es ist schon erstaunlich, was man alles sieht, wenn man den Blick in die Höhe richtet – die erste Etage reicht da meistens. Dabei fielen mir diese Straßenschilder auf (siehe Fotos) und ich musste sofort an meinen obigen Freund, aber auch an die Schilderaktion pro Image „Wallfahrtsstadt Kevelaer“ denken, wofür die Stadt viel Geld ausgegeben hat.
Bleiben wir beim Konrad. Der legte weiland fest – und seine Nachfolger taten es ihm nach – , dass Namen wie Venloer Straße, Annastraße, Maasstraße und Hauptstraße so oder abgekürzt, aber nicht wie auf den Fotos zu lesen, geschrieben werden sollten.
Sitzen denn vielleicht noch ein paar Euro dran, ein paar wenige Straßenschilder auszuwechseln?
Wer A sagt, muss auch was für ein positives Rechtschreibe-Image tun, finde ich. Oder aber gab es vor Konrads Zeiten, als die alten Email-Schilder hergestellt wurden, andere Regelungen? Dann wären sie natürlich „historisch wertvoll“ und unverzichtbar…
Zu ihnen würden dann die neuen Schilder „Wemberstraße“ (am Prinzenhof) und „Maas Str“ (am Antwerpener Platz) wiederum passen, aber nur wegen der Schreibweise.
Mechel will mich bremsen und meint lakonisch: „Nauw lott de Kerk mers in‘t Dörp. Hauptstroat of Haupt-Stroat, gän Menß hätt sech bes vandag verloope.“
Euer Hendrick

Zweierlei Maß

Mein lieber Nachbar und „Privatchauffeur“ nahm mich mal wieder einmal mit, dass ich auch mal die entlegeneren Kunden besuchen konnte. Man ist ja nicht mehr der Jüngste und einige Wegstrecken sind zu Fuß nicht zu bewältigen, dazu noch die beladene Kiepe – na, Sie wissen schon.
Bei der Fahrt fällt mir seine brummige Stimmung auf, die ich aufmuntern will: „Dein Auto fährt aber richtig schön leise.“ Fehlversuch!
Er brummelt weiter: „Egal wie leise, er stinkt aber.“ „Ich rieche nichts.“ „Dann lies mal die Zeitung oder setz dich vor den Flimmerkasten, da krisse alles mit, wat mit die Kiste nicht stimmt.“
Und dann legt er plötzlich los und erklärt mir „seinen Diesel“ und andere „Luftverpester“. Dabei höre ich heraus, dass in unserer schönen Republik wirklich mit zweierlei Maß gemessen wird. Man versucht, die „Dreckschleudern“ aus denselben Städten zu verbannen, wo gleichzeitig auf innerstädtischen Straßen Tourenwagen-Meisterschaften ausgetragen werden.
So geschehen u.a. in Düsseldorf. Hamburg schießt sich in ähnlicher Weise auf den Dieselfahrer ein, freut sich aber über 200 Kreuzfahrtschiffe, die seinen Hafen anlaufen und ihr Schweröl hinauspusten. Von diesen Riesenschiffen gibt es zur Freude der Touristikbranche gut 2000. Weiter schimpft mein Chauffeur über die Zigtausenden von Kerosin-Verbrauchern = Flugzeuggästen, die zumindest innerhalb Deutschlands zum großen Teil die Bahn benutzen könnten.
Ich wage die Frage, wenn auch hier – trotz vieler Trecker – auf dem Land das Problem mit der Luft nicht ganz so dringlich erscheint, ob denn sein Diesel nicht auch ein wenig mitschuldig sein könnte…
Als ehrlicher Mensch, wie ich ihn kenne, stimmt er mir zu, aber seine Klage scheint berechtigt: Es ist der machtlose „kleine“ Autofahrer, der als erster und einziger zum Umdenken gezwungen werden soll, und was ist mit den anderen?
Ich bin wieder zuhause und frage Mechel, die den Kopf wiegt: „Dat häj’e doch well geleert: Gej könnt bäter dönne Planke bohre as decke!“
Euer Hendrick

Hitze und Gerüchte

Es darf mal wieder geschw… sorry: transpiriert werden.Die zweite Hitzewelle dieses Jahres hat(te) uns mal wieder fest im Griff.
An diesem Problem können wir nun mal nix machen. Hier hieß es: erdulden, nicht nölen, Schatten suchen und viel trinken. Der zweite Teil der Überschrift jedoch würde sich von selbst erledigen, wenn da nicht besagte Hitze dem Oberstübchen vermutlich einen kleinen Streich gespielt hätte. Wie anders wären denn sonst diese Flüsterparolen zu erklären, die durch unser Städtchen geistern?
Ich hoffe mal, dass meine Unterstellung mit dem Denkapparat nicht zutrifft: war es dann aus Langeweile geschehen? Oder wegen der sommerlichen Saure-Gurken-Zeit = Mangel an echten Informationen? Das Geflüster dreht sich jedenfalls um zwei in der Stadtmitte ansässige Discounter, von denen der eine angeblich aufhören soll und somit dem anderen seinen Platz = Standort überlassen kann/wird.
Mit ein bisschen mehr Nachdenken oder auch Nachforschen, statt „Hab ich ganz genau gehört!“, hätten die verwegenen Gerüchteköche mindestens zwei Hindernisse in Erfahrung bringen können: Erstens hat der eine Inhaber noch einen Vertrag über mehrere Jahre zu erfüllen, aus dem er nicht so ohne Weiteres aussteigen kann; zweitens ist für ihn im Falle des anderen Standortes das Platzangebot viel zu gering. Er müsste anbauen, mit den bekannten Genehmigungsverfahren, etc. etc. „So schnell schießen die Preußen nicht!“
Das war Mechel auf Hochdeutsch und meistens meint sie es dann sehr ernst (met sönne Kwats).
Euer Hendrick

Licht und Schatten

Der Süden Kevelaers freut sich seit einigen Monaten über eine neue Einkaufsmöglichkeit für all die vielen Dinge, die man im täglichen Leben so braucht. Eine vergleichbare(?) Möglichkeit tut sich nun auch den Kunden des nördlichen Kevelaers am Antwerpener Platz auf. Dort hat sich sogar und gottlob eine weitere Apotheke etabliert (hoffentlich auf Dauer!), die nach den beiden letzten verbliebenen auf der Busmannstraße für ganz Kevelaer wirklich nötig geworden ist.
Meine Mechel in ihrer Funktion als Hausfrau hat sich natürlich auf Klinkenberg genauso umgeschaut wie neuerdings an der ehemaligen Bogenstraße. Beide Häuser mit ihren großzügigen Parkplätzen für die Autofahrer fielen selbst ihr als Fußgängerin auf. Das Warenangebot differiert deutlich, wird an der Egmontstraße auch gefälliger präsentiert. Es lebe die Vielfalt: für jeden Geldbeutel ist etwas dabei.
Also alles in Butter? Oder ist hier und da noch Verbesserungsbedarf?
Ich bin selbst mal auf einer meiner Runden an beiden Stellen „spionieren“ gewesen. Und da fielen mir zwar ebenfalls die Parkplätze auf, bei diesem Anblick aber leider auch (mal wieder) die Autofahrer. An beiden Häusern treffen sie auf schmale und enge Zu- und Abfahrtmöglichkeiten – beim „Haus im Süden“ (nur 1) noch schlimmer als bei dem im Norden.
Vermutlich wegen eines herannahenden Regenschauers war einer guten Bekannten in der Eile ein genaueres Hinschauen versagt, dass sie sich zu der entrüsteten Frage hinreißen ließ: „Warum wurde an der ehemaligen Bogenstraße, wo jetzt nur Fußgänger und Radfahrer eine Chance haben, keine weitere Entlastung geschaffen?“ Wie gesagt, ich war da und kann nur das Gegenteil bestätigen – siehe Foto 1.
Aber an der Seite der Egmontstraße werden sich die Planer und Erbauer noch etwas überlegen müssen. Denn dort wird es sich in Stoßzeiten heftig „knubbeln“, wenn ein Linksabbieger nicht von der Stelle kommt und dem folgenden Rechtsabbieger den Weg versperrt, der gezwungenermaßen derselben Spur folgen muss. (Foto 2).
Dazu muss er neben vorbeieilenden Radfahrern ab und an auch noch auf einen Liefer-LKW achten, der seinerseits große Schwierigkeiten am Kreisverkehr hat oder aber komplett die Zufahrt blockiert, weil ein Kollege vor ihm mit Entladen beschäftigt ist. (Foto 3).
Ich stelle mir nun die Adventszeit mit den dazugehörigen Weihnachtseinkäufen vor …!
Da kann ich es Mechel nicht verdenken, wenn sie über zwei andere, bereits seit Langem bestehende Alternativen nachdenkt: „Ek gon te Fuut of met de Fiets dor inkoope, wor ek et gewent sin, solang et dat noch geft. Sönne Kwats met dij Autos – dat mott ek ni hebbe!“
Euer Hendrick

Lebenselixier

Eine Binsenweisheit lautet, dass der Mensch trinken muss, sonst geht er über kurz oder lang mausetot.
Um dieses Schicksal zu verhindern oder weit hinauszuzögern, schüttet er in unregelmäßigen Abständen irgendwelche Flüssigkeiten in sich hinein. Zu meiner damaligen Zeit gab es für unsereinen nur Wasser, die reicheren Leute tranken auch Bier oder gar Wein.
Ob gesundheitsverträglich oder weniger, auch den Letztgenannten liegt ein Stoff zugrunde – und der heißt Wasser, ohne geht es nun mal nicht.Grundlegend anders sieht es aus, wenn dieses Element in seiner ganzen Wucht daherkommt und man ihm hilflos ausgesetzt ist.
Nicht nur religiöse oder bibelfeste Menschen kennen den Begriff „Sintflut“. Wir haben die aktuellen Bilder aus Asien und USA gesehen; aber warum blicken wir in die Ferne? Inzwischen kann ganz Europa, können aktuell Frankreich und die Schweiz ein entsprechendes Klagelied singen.
Auch in Kevelaer haben wir Ähnliches erlebt, gottlob in stark abgeschwächter Form. Die Älteren unter uns kennen noch die Kanu- oder Paddelbootfahrten auf der „Douteil-Kreuzung“ Kroaten-Walbecker-Twistedener Straße des Jahres 1960. Auch im Juni 2016 hat es hier bei uns recht heftig geschüttet; aber dann gleich und leichtfertig von „Jahrhundertflut“ zu sprechen, bedeutet doch wohl „kümme met gesonde Bött“, wenn man an das Schicksal der Menschen in obigen Ländern denkt.
Was ist dagegen ein vollgelaufener Keller bei unserem guten Versicherungsschutz? Und auf der Twistedener Straße hat man damals auch keinen Alligator seine Runden drehen sehen.
Mechel will ebenfalls auf dem sprichwörtlichen Teppich bleiben: „Dat beche natte Füüt – regt ow mers ni op. Dij Lüj dor achter hebben andere Sörg.“
Euer Hendrick

Interwiuu und Stellungnahme

Muss ich denn auf meine alten Tage noch sowat Modernes lernen wie Ausdrücke und Begriffe in englischer Sprache? Es scheint fast so.
Man kann ja wirklich diesen Wörtern nicht mehr ausweichen: z. B. Jeans oder Cordhose – Wer sagt denn zu Letzterer heutzutage noch Manchesterhose? Und auch das war schon vor vielen Jahren einer dieser Anglizismen, die sich nach und nach in unsere Sprache eingeschlichen haben. Nun denn: Am Ende / Anfang der Hauptstraße, da wo die Baustelle inzwischen angekommen ist, wurde ich mit der Frage konfrontiert: „Hätten Sie zwei Minuten Zeit für ein Inter…? (siehe Überschrift)
Meine liebe Mechel stand neben mir, und da sie keinerlei Anstalten zeigte, dem Mann die kalte Schulter zuzuwenden- im Gegenteil: „Nu sach du ma wat!“, ließ ich es mir also gefallen, dass er mir so einen Gegenstand in Form eines grauen, wuscheligen Perserkatzenschwanzes (englisch genannt „Mike“) unter die Nase hielt, und dann kam die unausweichliche Frage: „Was gefällt Ihnen denn so an Kevelaer?“ Da war er bei uns ja genau richtig.
Nach den ersten Sätzen meiner ehrlichen (!) Lobrede meinte er, zur nächsten Frage übergehen zu können; aber da kam Mechel in Fahrt: „Sech, Menß, wat we’je dann noch höre? Wej läve hier on sin glöklek. Nauw mott et well gut sin!“ Huch! Das war das Ende des Gespräches, das so schön international begonnen hatte.
Meine Lobrede auf Kevelaer hätte wohl dem einen oder anderen Ratsherren nicht so gut in den Ohren geklungen, wenn er z. B. an eine Hälfte des Mechelner Platzes denkt. Dort sieht es aus wie auf dem Parkplatz vor einem Fußballstadion.
Dennoch bin ich davon überzeugt, dass in Kevelaer viel zu wenig gelobt und viel zu viel genölt wird! Es gibt viel zu diskutieren in unserer Stadt, das sei jedem unbenommen und ist sein gutes Recht.
Und so nehme ich dieses Interdingsbums von der Hauptstraße zum Anlass, auch meine Meinung zu einem der Themen kundzutun bzw. klarzustellen:
Unter all den Streitigkeiten, Diskussionen und Disputen der letzten Zeit nimmt das Thema OW1 oder L486n ja wohl eine primäre Stellung ein. Ich finde, der Punkt ist gekommen zu sagen: Jetzt reicht’s.
Und hier langen m. E. zwei Sätze nach all dem Gesagten, Gedruckten, Sachlichen und Polemischen:
1. Der Mensch und seine Gesundheit müssen im Vordergrund stehen und nicht das Tier.
2. Was z.B. auf der Rheinstraße tagtäglich abläuft, ist klare Körperverletzung.
Abschlussfrage von Mechel: „Hä’je dat nauw begreepe?“
Euer Hendrick

Kirmes gestern – Kirmes heute

Es ist Kirchweih! Mit diesem Ruf freuten sich unsere Altvorderen auf das alljährlich wiederkehrende Ereignis, für die die Kirchweih zu den herausragenden Events im Jahresablauf gehörte.
In der christlichen Kirche ist sie als Gedächtnisfeier für die Einweihung eines Kirchengebäudes seit dem 4. Jahrhundert bezeugt und wurde zunächst mit dem Erntedankfest vereinigt. Danach bekam die ehemalige Kirchweih mehr und mehr den Volksfestcharakter, wie wir ihn heute kennen, wo die Dinge doch inzwischen ein wenig anders liegen. Der erste Unterschied besteht darin, dass die Menschen heutzutage nicht mehr von Kirchweih, sondern von Kermeß oder Kirmes sprechen.
Sodann ergaben sich von Ortschaft zu Ortschaft, von Stadt zu Stadt verschiedene und verschiedenartige Gebräuche. Um einen Zeitsprung zu wagen, nehme ich das Kevelaer des Jahres 1908. Hier bildete sich durch das entscheidende Wirken eines Bürgermeisters Marx die Gemeinschaft der „Geselligen“, die von Stund an nach seiner Aufforderung „Seid einig“ agierten.
Der kirchliche Bezug ist, zumindest kann ich das für unsere Heimatstadt sagen, in all den Jahren und bei allen Veränderungen trotzdem nicht verloren gegangen: Die Kirmes auf dem „Markt“ wird erst nach der letzten Messe eröffnet und am Hauptfesttag gibt es vor dem großen Umzug ebenfalls zunächst einen Gottesdienst.
Dann kann das Spektakel mit allem „Tüddelütt“ seinen Lauf nehmen. Und hier bin ich natürlich bei den vielen, vielen Unterschieden, die sich im Laufe der Jahrzehnte (Jahrhunderte!) ergeben haben. Jetzt werden bei Omas und Opas und noch älteren Herrschaften die Erinnerungen wach, „wat et frugger all ni gov“.
Man muss schon in ganz alten Chroniken forschen; wenn man Glück hat, findet man sogar ein paar vergilbte Fotos, wie die Damen in langen Gewändern und die Herren mit Zylinderhut und „Vatermörder“ um den Hals über den bescheidenen, sehr naturbelassenen Festplatz flanierten. Eine Schießbude, ein kleines Karussell für die Allerkleinsten – das war es dann auch schon.
Tanzvergnügen und weitere Lustbarkeiten??? Oh Gott!
Mechel stößt mich verschmitzt lächelnd an und kichert: „Sech, goj’ noch es met op de Raupe? Dor kö‘wej , naes frugger, onder’t Verdeck en beche schmuse…“
Euer Hendrick

Pilgerstücke

Es hat so gut wie keiner gemerkt: Meine Mechel und ich hatten unseren Bollerwagen mit einer kleinen Reisekiste und ein paar anderen Utensilien beladen und waren für ein paar Tage unterwegs, die zur Erholung ausreichen mussten.
Hier und da gab es gottlob auch an anderen Orten etwas zu verkaufen, was der Urlaubskasse ganz gut tat.
Nun sind wir wieder zurück und froh, dass wir unser Kapelleken wohlbehalten antreffen und bekannte Kevelaerer Gesichter wieder sehen. Auch die Hauptstraße ist fast fertig und erstrahlt bald in neuem Glanze – kurzum: Kevelaer hat uns wieder.
So kurz und knapp die Ausflugstage auch waren, so „schwelgen“ wir ab jetzt in einer Reihe von Erinnerungen, die nach bestimmten Erlebnissen wahrscheinlich noch eine Zeit lang nachwirken werden.
Zuhause sind sie immer noch fast täglicher Gesprächsstoff. Da war zum Beispiel nach einem „Kaffeeunfall“ für mich eine frische Hose fällig; dann kam der Wespenstich – für so etwas hat Mechel die richtige Salbe im Gepäck, natürlich selbst gemacht nach eigener Rezeptur. Frage mich bitte keiner, was für Kräuter drin sind, aber sie hat mir geholfen! Ja, und dann kam die Krönung, Highlight sagt man wohl heute dazu:
Bei bekannt schmaler Reisekasse leisteten wir uns den Luxus eines einmaligen Cafébesuchs… Das war übrigens der Tag mit dem Kaffeeunfall. Neben einem bescheidenen Bienenstich (kein Wespenstich!) bestellte ich für meine liebe Mechel ein Stück Sahnekuchen.
Der Kuchen kam, ich trank gerade an meiner Kaffeetasse und musste prompt
prusten, als die Bestellung in voller ausladender Pracht vor uns auf dem Teller lag. Wir schauten uns nur an und schüttelten zweifelnd den Kopf. Diese Ansammlung von Krümeln sollte also eine „Sahneschnitte nach Art des Hauses“ sein. Auch der Bienenstich hatte offensichtlich noch nie bessere Tage gesehen.
Sofort reifte in uns der Plan, nach der Rückkehr in heimischen Cafés Vergleiche anzustellen.
Gesagt – getan. Noch einen Urlaubstag drangehängt – aber zu Hause. Und so haben wir uns einen weiteren Luxus gegönnt und sind durch Kevelaers Kuchengastronomie gegangen. Nach dem Motto „einmal bestellen und drei Mal gucken“ haben wir auch hier besagte Schnitte und ähnlich geformte Stücke gesucht – nix da!
Superqualität, angemessene Größe, wohin wir auch heimlich blickten – von den einst so berüchtigten (kommt das Wort von Gerücht?) Pilgerstücken weit und breit nichts zu sehen.
Mechel fasst mal wieder alles treffend zusammen: „Bergmann’s Thei in sin Liche hadde räch:…Männ’ge groote Nott es hoal- min Ländche es et beste!“
Euer Hendrick