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Der Meister des Lakonischen

Rüdiger Hoffmann galt in den 90er Jahren als einer der angesagtesten deutschen Kabarettisten.

Sein minimalistischer Stil, der viele an langweiligen Fußball erinnerte und dabei doch so bärbeißig-komisch war, führten den gebürtigen Paderborner in Shows wie „Samstag Nacht“, als einzigen Komiker ins Vorprogramm der Rolling Stones und brachte ihm die „Goldene Europa“ im Bereich Comedy ein. Gut 20 Jahre später steht er immer noch auf der Bühne, und das Publikum mag ihn noch immer.

Im Kevelaer Bühnenhaus forderte der vollbesetzte Saal nach seiner letzten Nummer im Programm vehement eine Zugabe und zeigte sich begeistert von einem Künstler, der irgendwie der Gleiche geblieben ist – eben nur auf Höhe der Zeit. Und Hoffmann dankte es mit dem Dank an ein „super Publikum – das sage ich nicht immer.“

Hallo erstmal

Natürlich arbeitet Hoffmann noch immer mit seinem speziellen Elementen – gleich zur Begrüßung mit „Ja, hallo erstmal…“ oder dem Klassiker „Ich weiß nicht, ob Sie es schon wussten“, die beide heutzutage zum geflügelten Wortschatz gehören.

Und elegant ist es schon, zum Einstieg ein Gespräch mit einem Bekannten einzuflechten, dessen Traum es schon immer gewesen sei, nach Kevelaer zu kommen. Dieser sei „letztens in Australien bei Bekannten gewesen, die sagten: Wenn sie mal nach Europa kommen: Paris, London, Kevelaer.“

Dazu kommt dann noch die wissenschaftlich bewiesene Erkenntnis: „Lachen ist gesund“ – vor allem fürs Immunsystem. „Wer Allergie hat, das müsste so gegen 22 Uhr 15 weg sein“, sagte Hoffmann. Und es sei dabei nicht entscheidend, worüber man lacht: „Diese Erkenntnis hat die Karriere vieler meiner Kollegen erst möglich gemacht“, machte er selbstbewusst – oder vielleicht selbstironisch ? – klar.

Und so nahm er sich heraus, das visionäre Element von Häschenwitzen herauszustellen oder die inspirierende Wirkung von selbst gestalteten Witz-Trauerreden bei Beerdigungen.
Hoffmann erzählte über den Urlaub mit Hans-Peter und Monika mit „laktosefreien Getreidecrackern“ am holländischen Campingplatz „ganz genau wie früher“ – wo das Hundeklo für Hund und Mensch daneben stand und das Fussballtor dahinter ohne Netz.
Hoffmann machte den Unterschied von früher und heute klar. Früher, „da gab´s noch Festnetz – was das ist, müsst ihr mal googeln“ und „da musste man sich richtig unterhalten – mit dem Mund“ und es gab einen Wortschatz, „der mehr umfasste als ,Gefällt mir‘ oder ,Gefällt mir nicht‘.“

Er philosophierte über Selbstoptimierung als „Religion des heutigen Lebens“: 80 Prozent der Deutschen sind mit dem Leben zufrieden, der Rest sind FC-Köln-Fans.“ Zumal selbst die Atomkraft ab 2022 kein Problem mehr sei – „wenn nicht grade in Belgien oder Frankreich so ein Ding hochgeht“ und der Atommüll erst nach drei Milliarden Jahren neutralisiert ist.“

Und er ironisierte am Klavier mit Gassenhauern wie „Die haben das Eimersaufen auf Mallorca verboten – was sind das denn nur für Vollidioten ?“ oder klavierrappend als „MC Obervollpfosten“ über den Sonderparkplatz für den SUV und den Wegfall der Kapitalertragssteuer.

Heavy Metal und Frühjahrsmüdigkeit

Nach der Pause steigerten sich Qualität und Gagdichte des Programms. Er sprach über die Freundin, die sich über Studien in Heften wie „Brigitte“ oder Bella“ informiert – wie „Männer haben voll einen an der Waffel von Geburt an“, „100 Prozent der Menschen in einer Ehe sterben“ oder Heavy-Metal als Entspannungsmusik – hinter Bach: „Da haben wir die ganze Woche die Kristina Bach gehört“ und der Arzt habe bei der Freundin dann eine Schlagerallergie festgestellt.

Hoffmann sprach über seine untauglichen Bemühungen gegen Frühjahrsmüdigkeit. „Nach dem ersten Liegestütz bin ich liegengeblieben, nach der zweiten Gabel Salat umgekippt und mit Gurkenmaske aufgewacht. Oder beim „Schweigen der Lämmer“: da „gab´s Augenlicht aus und bubu.“ Selbst der 200-Watt-Scheinwerfer auf´s Sofa und die zusätzlichen Lampen im Garten und in der Garage zogen nur „den Pilot der Billigairline“ an.

Drei Nummern stachen dann heraus: die bitterböse Nummer als vorurteilsvoller Spießbürger, der bei einem „ausländischen Mitbürger“ namens Herrn Meier vor drei Generationen einen „Achtelfranzosen“ ausmachte. „Dem merkt man es aber nicht an – überhaupt nicht, gar nicht, aber so ein bisschen schon“, machte er sich Gedanken darüber, was wäre „wenn man einen Schwarzen noch mit dabei hätte, dann könnte er sich nicht so einfach verstecken.“ Und den man als „unkalkuliertabes Risiko“ aus der Nachbarschaft entfernt habe – bis Hoffmann die Rolle auflöste und sagte: „Das ist eine offene Anstalt, wo ich untergebracht bin.“

Faszinierend geriet auch seine Puppennummer mit dem „Kleinen Vacek“ am rechten Arm, bitterböse seine Schützenbruder-Geschichte und aus der „Selbsthilfegruppe anonymer Ausländerfeinde“ – und optimistisch-ohrwurmig sein Abschlusslied „Hoch hinaus“.

Ein Magier der Herzen

Kevelaer. Wenn Ingo Oschmann etwas abgeht, dann ist das Arroganz. Wenn der Bielefelder, der jetzt in Düsseldorf lebt und sich ärgert, wenn er fürs Haareschneiden Termine machen muss, sagt: „Ich hab mich voll auf heute gefreut- das letzte Mal vor drei Jahren war so ein genialer Abend“, dann kauft man ihm das ab.
Und auch den: „Jeden Satz, den ich sage, meine ich auch so“- den glaubt man ihm, dem „dicken George Clooney der Comedy“, wie er sich mit Anspielung auf seine grauen Haare und den kleinen Bauch selbstironisch nennt. Warum ? Weil er authentisch ist.
Kabarettist, nein, das sei er nicht, versicherte er gleich zu Beginn des Programms „Wunderbar – es ist ja so“. Nein, „billig sich auf die Bühne zu stellen und über Leute zu reden , die nicht da sind“, ist nicht sein Ding. Er zitiert den Kollegen Ingo Appelt: „Über Merkel kann man sagen was man will – aber hochgeschlafen hat sie sich nicht.“ Ende. Der Satz bleibt den gesamten Abend über der einzige böse Politikerwitz – und der ist nicht einmal von ihm selbst.
Starrummel ? – Keine Chance. Aus dem SAT 1-Geklingel sei er freiwillig ausgestiegen, weil ihm das nichts gibt. Welcher Zauberer ist schon so verrückt, seine eigenen Tricks zu verraten? Oschmann macht das mit Uri Gellers Löffel sogar in Zeitlupe. Und mit so wunderbaren Grimassen, dass man es gerne nochmal sehen würde. Oder er wirft einem Gast im Publikum aus sechs Meter Entfernung Orangen zu, die der wieder zurückwirft – und aus einer holt Oschmann das von einer jungen Frau beschriebene Tuch hervor, dass vorher in seinen Händen war.
Mit dieser offenen „magischen“ Spontanität kriegt er das Publikum – und nutzt seine Gabe, einem den Abend so zu gestalten, als unterhalte man sich mit alten Freunden über alte Zeiten.So, wenn er die Anekdote erzählt, dass er in den 80ern ein Dreivierteljahr am Radio saß, um das Lieblingslied der Angebeteten aufzunehmen, um dann Bandsalat zu haben und mit Mc-Gyver-Bleisift Korektur zu drehen – oder wenn er mit dem elfjährigen Elias über dessen absolutes Nicht-Lieblingsessen plaudert und sich selbst an „Grünkohl mit Pinkel“ erinnert.
Der absolute Hammer ist dann aber, wenn er mit den gleichen grauenerregenden Leggins wie damals den Schulball nachtanzt – und das Publikum vor Mitklatschen und Lachen nicht mehr kann.
„Es geht nicht darum, dass es früher besser war“, sagt Oschmann. Es gehe einfach um den besonderen Moment – und wo die in Zeiten von Facebook, Reiz- und Informationsflut geblieben sind.
Und so schimmert durch die Fassade des Charmebolzen und Unpolitischen doch sowas wie eine gesellschaftliche Aussage – erlebe bewusst, lasst Euch nicht treiben und verarschen von dem TV-Wahn, den Fake News. Nehmt wahr, was wirklich echt ist.
Und er erzählt vom US-Wissenschaftler Leon Eisenberg,, der behauptet hatte, es gebe die Krankheit ADHS – und vor seinem Tod gesteht, dass diese für die Pharmaindustrie erfunden wurde. Doch solche Momente setzt Oschmann als Spitze nur zwischendurch, um den Rythmus seines liebenswürdig daherkommenden Spontan-Feuerwerks nicht zu zerstören. Und dann ist da ein Bekenntnis: „Ich will nicht die Welt verändern, sondern, dass es bei mir schön und lustig ist.“ An diesem Abend ist es Ingo Oschmann ein bisschen gelungen.

Marc‘n‘Simon in Winnekendonk

Winnekendonk. Nach Wirtschaftswunder-Nostalgie mit den „Sweethearts“ und Einkaufszettel-Kuriositäten mit Wigald Boning steht ein weiterer Höhepunkt des Volksbank-KulturHerbstes kurz bevor: Marc’n’Simon bringen am 27. Oktober mit ihrem begeisternden High-Speed-Rock-Pop-Kabarett die Öffentliche Begegnungsstätte in Winnekendonk zum Beben. Das englische Duo begeistert mit seiner unnachahmlichen Bühnenshow, die immer am Puls der Zeit ist. Da bleibt kein Auge trocken! Lachtränen trüben den Blick unweigerlich. Herausragend gespielte und persiflierte Rock- und Popsongs, einzigartige Wortspiele in Denglish, gnadenlose Blödeleien, schräge Bühnenkostüme und Verkleidungen, Albernheiten am laufenden Band mit selbstkreierten Bühnenrequisiten und eine unglaubliche Fülle an Musikalität sind die Kennzeichen dieses einzigartigen und verblüffenden Bühnenerlebnisses. Ihr Humor bleibt immer im Positiven, grenzt nicht aus und bezieht alles und jeden ein. Gerade deshalb sollte man sie besser im Auge behalten. Wer das muntere Spektakel nicht verpassen will, sichert sich jetzt noch Karten in der Volksbank Kevelaer oder unter www.vb-niers.de/kulturherbst. Der Eintritt beträgt für Volksbankkunden 13 Euro, der reguläre Eintrittspreis ist 18 Euro. Beginn der Veranstaltung ist um 20.00 Uhr.

„Ich zieh mich nicht aus, aber ich fühl mich wohl“

“Dat war erstmal Beifall für nix“, scherzte der Vorsitzende der Geselligen Vereine Kervenheim, Christian van Oeffelt, als er die kleine Zeltbühne betrat, um die gut 250 Zuschauer willkommen zu heißen.
„Wir haben dem ganzen Fest einen neuen Rahmen verpasst“, unterstrich er die Besonderheit des neuen Zeltstandortes auf der Burg Kervenheim und verwies auf die bereits an diesem Abend andeutungsweise zu sehende Lichtillumination an der Burg „nach dem ersten Akt, du machst ja zwei“ in Richtung Ingrid Kühne.
Die nahm die Vorlage mit dem „Akt“ direkt auf. „Ich zieh mich nicht aus, aber hier fühl ich mich schon wohl“, sagte sie und brauchte deshalb eigentlich das Niederrhein-Bekenntnis nicht, dass sie „ein Kreis Klever Kind“ sei, in Geldern gewohnt habe; „vor´m Zeugnis an der Gnadenkapelle“ gewesen sei und „Lüttingen wie Kervenheim auch 2000 Menschen, aber nicht so eine schöne Burg“ besitze.
Das Publikum hatte sie auch so vom ersten Moment an auf ihrer Seite. „Sach Du mal in Köln, geh na‘ Bett, das verstehen die gar nicht“. Die Kervenheimer verstanden, blieben aber gerne da.
Die Kunst von Frau Kühne ist, unmittelbar die direkte Sprache der Menschen zu sprechen und dabei alltägliche Beobachtungen ungekünstelt rüberzubringen – und auch einen nostalgischen Nerv bei ihren Zuhörern zu treffen. Ein Kunstelement ist dabei das Kokettieren über die eigene Figur – wenn ihr Hausarzt sie mit einem Auto vergleicht und ihr rät, „den Anhänger quitt zu werden“. Sie hob hervor, dass „in dieser Gesellschafft der BMI wichtiger als der IQ“, um selbstbewusst klar zu machen, dass beides bei ihr gleich hoch sei. Und sie machte klar: „Ich mache erst Diät, wenn mir mein Schal nicht mehr passt“ nach dem Motto: „Dicke sterben früher – dafür essen wir länger.“
In dem Kontext plauderte sie über Tupperdosen-Gastgeschenke, erinnerte die Anwesenden an bekannte Werbeslogans von Allianz („Das Lied haben alle gesungen“) über Persil („Das wäscht heute keiner mehr – keiner hat eine 300-Meter-Wäscheleine“) bis Bonduelle und dem Mitgefühl für die große Möhre, die nicht durch das Loch passt.
Männer bekamen Fett weg
Und selbstbewusst hob sie hervor, dass Ingrid unter den Top 100 der deutschen Vornamen seit 1890 auf Platz 5 steht – um auf diesem Weg die erste Reihe mit einzubeziehen.
Die Männer bekamen auch ausreichend ihr Fett weg – ob sie nun bei 37,5 Grad „Fieber“ den Heldentod sterben oder den Kasten in den Flur stellen zum Wegbringen, nach dem Motto „Leer gut – voll besser.“ „Das kennt ihr alle“, konnte sich Frau Kühne da interessanterweise nicht nur dem Ja der vielen Frauen im Saal gewiss sein.
Zur Ehrenrettung ihres Mannes machte sie klar: „Wir sind eigentlich glücklich verheiratet“ – was sich beim Kampf zwischen Tatort und Rosamunde Pilcher beim Fernsehen vielleicht nicht immer so darstellt.
Frau Kühne nahm die Generation Smartphone auf die Schippe, die wie ihr Sohn Sven nicht mal in der Lage ist, eine Wählscheibe zu benutzen („Wo ist für die Nummer löschen?“) , während sie früher mit Langkabel zum Telefonieren auf der Straße stand. Oder sie zog über Telefonanbieter her, die irgendwelche Vertragsänderungen auf sächsisch mitteilen und angebliche „Service“-Hotlines bei Störungen vorhalten, statt niederrheinisch kurz und knapp vorzugehen: „Tach.Tach. Telefon kaputt. Mach ich Dir. Tschö.“
„Kervenheim – es war superschön“, konnte die Xantener Kabarettistin Frau Kühne dann angesichts der Standing Ovations nach dem über zweistündigen Programm am Ende nur noch sagen.
„Das Trampeln ist schon Gänsehaut pur“, wirkte sie tatsächlich berührt, dankte den Beleuchtern, den Helfern und den Organisatoren, „die alle so tun, als wärste berühmt“, gab anschließend Autogramme, stellte sich für Erinnerungsfotos zur Verfügung und plauderte ganz bodenständig bis Mitternacht mit den verbliebenen Gästen.

Stunk in der Mariechen-Stadt

Kevelaer. Die Marienstadt scheint auch ein Gnadenort für begnadete und begnadigte Kabarettisten zu sein: Das „dreckige Dutzend“ – zwölf Mitglieder der Kölner „Stunksitzung“ – jedenfalls machte in der vergangenen Woche das Bühnenhaus randvoll mit Besuchern, mit Sketchen, mit allerlei parodistischer Musik. Das bunte Programm setzt sich aus diversen „Highlights“ vergangener Sitzungen zusammen, die längst noch nicht verstaubt wirken, beileibe nicht langweilig geworden sind und auch ohne große Kulissen, eben „unplugged“ auskommen.
Dabei kamen die Kabarettisten aber um den Karneval nicht ganz herum, schließlich spielte man in der Stadt der „ersten Mariechen-Erscheinung“, wie eingangs festgestellt wurde. Am Beispiel des Umgangs der Kölner Roten Funken mit einem Westfalen lässt sich das Thema Inklusion auch bestens erläutern, das „Missionswerk Rheinischer Frohsinn“ coachte ein Dreigestirn und das „Hänneschen-Welttheater“ versammelte diverse Pointen zu Potentaten. Zwischendurch bot sich ein Blick  ins „Lehrerzimmer der Mariechen-Gesamtschule Kevelaer“, in der die unterschiedlichen Verschleierungstaktiken religiöser Entfaltung von Kopftuch bis Burka diskutiert wurden. Und der unnachahmliche Professor Grzimek führte ein Exemplar des gemeinen braunen Hohlkopfes vor.
Augenzwinkernd moderiert von Reiner Rübhausen und musikalisch kräftig unterstützt von der „Juffes-Pig-Band“ mit Songs aus den Kölner Stunk-Sitzungen – wie zum Beispiel „Sexy“ von Bauer Schmitz oder „Mach ma ‘n Komma“ vom verlassenen Lehrer ging der Abend viel zu schnell rum. Am Ende jedenfalls stand das Publikum im Bühnenhaus der Mariechenstadt wie ein Mann auf und  sang „op Kölsch“ mit.

Ingo Appelt in Kevelaer: Tabubruch als Stilmittel

Als „Konkursverwalter der Männlichkeit“ hat sich Ingo Appelt über zwei Jahrzehnte den Ruf des rüpeligen, tabubrechenden, alle möglichen Leute durch den Kakao ziehenden Kabarettisten erarbeitet. Seine eigenwillige Kunstfigur Appelt brillierte dabei immer mit einer Art böse zersetzendem Zynismus – sprachliches Florett war seine Sache nie.
Diese aggressive, teilweise recht holzschnittartige Form des Kabaretts findet sich in seinem neuesten Programm „Besser… ist besser“ auch wieder.  Nichtsdestotrotz – oder gerade deshalb – war das Bühnenhaus am Donnerstagabend sehr gut gefüllt. Denn man weiß, was man erwarten kann.
Wobei Passagen wie die Parodie auf Herbert Grönemeyer als „Meister der prä-ejakulativen Gesangstechnik“ oder auf Till Schweiger gar nicht neu sind, sondern aus dem vorherigen „Göttinnen“-Programm stammen.
Mit seinen Brachial-Verbalitäten konnte er das Kevelaer Publikum teilweise noch schocken. Sätze wie „Wer sechs Millionen Juden vernichten kann, kann auch eine Million Flüchtlinge aufnehmen“ zum Auftakt sind krass-starker Tobak.
Weiter ging es mit Bemerkungen zu Sigmar Gabriel, der als „Totengräber der SPD“ aufgrund seiner Korpulenz den Sargdeckel nicht zugekriegt hat – oder zu Robert Enke, der ein „schlechtes Vorbild“ sei, weil er sich vor einen ICE geworfen hat.
Die nächste Flüchtlingswelle, so ist Appelt überzeugt, kommt aus den USA. „Da kommen die ganzen Künstler nach Berlin“. Dazu kommt noch ein bisschen Nazi-Bashing („Die Sachsen sind grundfreundlich – die haben Nazis und denken: Die wollen nur spielen“), die Grunderkenntnis, dass wir zu wenig Terroristen haben („Wir sind nicht abgestumpft genug – in Israel gehen die im Keller Kaffee trinken, wenn die Rakete fällt und lachen sich kaputt“) und der Vorschlag, sich als Dschihaddist zu Karneval zu verkleiden. „Der IS denkt dann – nicht angreifen, weil das sind unsere Leute.“
„Männer, wollt ihr auch besser werden“, fragt er seine Geschlechtsgenossen und vergleicht sie mit Hunden („Nicht von Natur aus blöd, nur schlecht erzogen“), die nur drei statt fünf Sprachzentren und ein „militaristisches Verhältnis“ zur Sprache hätten, wobei er immer wieder Anklänge an den Hitler-Duktus einbaut.
Und so verharrt der „Martin Rütter der Männlichkeit“  doch nur bei dem schlichten Bild des Mannes, der aufgrund des 100-fachen Testosterons im Vergleich zur Frau bei „F…en und Töten“ hängen bleibt. Oder wie er es mit Bezug zur Kölner Silvesternacht formuliert: „Mehr als drei Männer im Rudel – die bauen immer Scheiße.“
Der Job der Männer sei der des „Dienstleisters“ – und der des Opfers der differenzierteren Frau, die „Shoppen statt poppen“ in den Shopping-Malls lebe, sich von sensiblen „Revolverheld“-Texten im Radio besäuseln lasse und „gleichzeitig mit Männern meckern und mit der Freundin telefonieren kann, während sie die e-Mails liest“.
Die Losung der Männer heiße: „Wir werden stets gemolken – kommen nie ungeschoren davon“. Sein  Ausweg für die Männer lautet: „Lasst uns schwuler sein“ – wie im Fußball, wo sich Jogi Löw schon von seiner „Scheinehe getrennt hat“ Oder in der Bundeswehr, die der „schnelle Brüter“ von der Leyen für Minderheiten öffnen möchte. „Dann schmeißen die Taliban ihre Gewehre weg und laufen davon.“
Zwischenzeitlich suchte Appelt den Dialog mit dem Publikum, setzte sich mit der Selfie-Kamera in die erste Reihe, plauderte und sorgte für fast drei Stunden Unterhaltung, über deren Gehalt man streiten kann – nicht aber über das Vergnügen des Publikums, das ihn mit viel Applaus bedachte.