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Die Zeichen standen auf Veränderung

Beinahe still und heimlich ging alles vonstatten. Nach einiger Vorbereitungszeit, vielen Formalien sowie einem Eignungsfeststellungsverfahren ist Christina Diehr seit dem 7. Januar 2021 offiziell die neue Schulleiterin des Kevelaerer Kardinal-von-Galen-Gymnasiums. Eine Feier war aufgrund der Corona-Pandemie nicht möglich, lediglich die Übergabe der Urkunde durch den verantwortlichen Dezernenten. Christina Diehr tritt damit die Nachfolge von Karl Hagedorn an, der im Sommer vergangenen Jahres pensioniert wurde. Als Diehr im Februar 2019 zunächst die Stelle als stellvertretende Schulleiterin am KvGG antrat, war es gar nicht ihr Plan, noch einen Schritt weiter zu gehen.

„Ich wollte lange Zeit Pastorin werden“, erzählt die 54-Jährige von ihren anfänglichen beruflichen Plänen und kann sich dabei ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Ich habe dann aber gemerkt: Nee, das ist doch nichts für dich.“ Schlussendlich führte sie der Weg nach ihrem Abitur nach Essen für ein Lehramtsstudium – Englisch und Deutsch für die Sekundarstufen 1 und 2. Was folgte, war ein Referendariat an einem Essener Gymnasium und die Tätigkeit an einer Gesamtschule, bevor die Lehrerin nach Wesel ans Andreas-Vesalius-Gymnasium wechselte. 22 Jahre lang unterrichtete sie dort und konnte als Oberstufenkoordinatorin bereits Erfahrungen in der Verwaltung sammeln.

„Dann ist man irgendwann in einem Alter, in dem man sich fragt: Was machst du jetzt?“, schildert Diehr, die gebürtig aus Voerde am Niederrhein stammt und heute mit ihrem Mann in Geldern wohnt. Und während der Wunsch nach einer neuen Herausforderung in ihr aufkeimte, wurde am KvGG nach einer stellvertretenden Schulleitung gesucht. Nach einem „positiven ersten Eindruck“ der Einrichtung nahm Diehr die Stelle an. Die heute 54-Jährige war noch nicht lange in der Marienstadt tätig, als dann relativ schnell feststand, dass der damalige Schulleiter Karl Hagedorn bald in den Ruhestand gehen würde. Im Herbst 2019 sei nach ausgiebiger Beratung mit ihrem Mann, der als Schulleiter an einer Gelderner Schule tätig ist, sowie positivem Zuspruch aus dem Kollegium schließlich die Entscheidung gefallen, Hagedorns Nachfolge antreten zu wollten, erzählt Diehr. 

„Ich bereue es nicht. Ich habe gemerkt, ich fühle mich hier wohl.“ Das sei natürlich die Voraussetzung gewesen. Was das Kevelaerer Gymnasium für sie auszeichnet? Als besonders positiv empfinde sie die „große Bandbreite“ an der Schule. Es gebe eben nicht einen thematischen Schwerpunkt, um den sich alles dreht, stattdessen würden viele Bereiche abgedeckt. 

Sie möchte nicht aufs Unterrichten verzichten

Außerdem sei der Eindruck – den sie im Übrigen von der ganzen Stadt hat – dass alles sehr familiär ablaufe. Sie könne nicht nur auf ein engagiertes Kollegium, sondern auch auf die Eltern bauen. „Und diese Schule hat unfassbar nette Schülerinnen und Schüler“, was nicht selbstverständlich sei, berichtet die erfahrene Lehrkraft, die aktuell einen Englisch-Leistungskurs betreut und auch künftig nicht gänzlich auf das Unterrichten verzichten möchte. Ob sie durch ihren Positionswechsel damit rechnet, dass die Schüler*innen ihr im Unterricht künftig anders gegenübertreten? „Nein.“ Ein respektvoller Umgang sei immer das A und O, egal ob Schüler*in, Lehrkraft, Hausmeister oder Elternteil. „Und ich glaube nicht, dass sie bei mir mehr Hausaufgaben machen als bei den anderen“, sagt Diehr augenzwinkernd.

Dass sie heute auf dem „Chefsessel“ im KvGG sitzen würde, hätte sie vor zwei Jahren nicht gedacht, gesteht Diehr, die als Ausgleich in ihrer Freizeit gerne auf dem Golfplatz steht, verreist und Konzerte besucht. Die Geschicke der Schule leitet sie allerdings nicht erst seit dem 7. Januar, sondern seit der Pensionierung Hagedorns im Sommer. Und aktuell ist sie quasi „2 in 1“: Schulleitung und ihre eigene Stellvertretung. Denn Letztere gibt es derzeit am KvGG nicht. Das soll sich in naher Zukunft jedoch ändern.

Eigene Ideen ins Schulleben einfließen lassen

Einige wichtige Details sei sie im Vorfeld noch mit ihrem Vorgänger durchgegangen. „Vieles lernen Sie aber ‚on the Job‘ – das ist dann learning by doing.“ Letztlich sei es wichtig und auch gut so, eigene Vorgehensweisen in die Arbeit einfließen zu lassen. „Ich sehe auch keinen Nachteil darin, dass ich von außen komme“, betont die Schulleiterin. Das ermögliche ihr einen „neuen Blick“ auf die Schule. Man betrachte die Strukturen schlichtweg anders, wenn man noch nicht seit vielen Jahren in demselben System tätig ist.

Komplett „auf links drehen“ möchte Diehr das KvGG nicht. Veränderungen und Optimierungen soll es dennoch geben. Dazu zählt unter anderem das Vorantreiben der Digitalisierung. „Wie können wir Aspekte der Digitalität in den Unterricht einbringen?“, sei da eine zentrale Fragestellung. Vor allem die Corona-Pandemie habe hier viele neue Ansätze aufgezeigt. Außerdem stehe in Zusammenarbeit mit der Stadt die Weiterentwicklung des Schulgebäudes an – dafür brauche es weitreichende Planungen, auch aus pädagogischer Sicht. Weitere Ziele seien die Analyse und Optimierung der Kommunikationswege an der Schule, eine Verbesserung der Außendarstellung sowie die individuelle Förderung der Schüler*innen in Form von Vorbereitungskursen zum Abitur („Fit for Abi“), durch das Programm „Schüler helfen Schülern“ und weitere Förderungsangebote. Vieles sei auf einem guten Weg, könne aber an einigen Stellen überdacht, optimiert und erweitert werden, meint die Schulleiterin.

All das gelinge allerdings nicht in einem Alleingang. „Man kann es nur gemeinsam schaffen“, sagt die Schulleiterin, die auch nach mehr als zwei Jahrzehnten immer noch sichtlich glücklich über ihre Berufswahl scheint. „Es ist ein sinnvoller Beruf. Dieser Beruf kann einen erfüllen und einem unglaublich viel Spaß machen.“