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Traumberuf an Bord gefunden

Den Traum, mal in der Schifffahrt tätig zu sein, hatte Aaron Berbers schon als Kind. „Mama, das möchte ich auch mal machen“, habe er damals mit Blick auf die Schiffe auf dem Rhein gesagt. Auf diese kindlichen Träume können wohl die meisten Menschen einmal zurückblicken. Der Kevelaerer jedoch hielt an seiner Vorstellung fest. Mit 16 Jahren begann er seine Ausbildung zum Binnenschiffer und ist nun seit knapp 12 Jahren in dem Beruf tätig. Obwohl er regelmäßig zwei Wochen getrennt von seiner Familie verbringt und sein Leben einem anderen Rhythmus folgt, hat er darin seinen Traumberuf gefunden, sagt der 27-Jährige heute. Zwei Wochen an Bord und eine Woche zu Hause – in diesem Rhythmus arbeitet Aaron Berbers. Dem KB gab er einen Einblick in den Arbeitsalltag eines Binnenschiffers.

Aaron Berbers Foto: privat

Berbers arbeitet auf einem Trockengutschiff. Aktuell ist er hauptsächlich in Richtung Duisburg unterwegs, nachdem er einige Jahre lang in ganz Europa herumgekommen ist, bevor vor zwei Jahren seine Tochter zur Welt kam. Was er an seiner Arbeit schätzt, ist, dass er viel von der Welt sieht und facettenreiche Aufgaben an Bord zu erledigen hat. Vom Laden am Beginn über Wartungsarbeiten am Schiff bis hin zum Steuern des Schiffes und Löschen der Ladung gehören viele Aufgaben dazu, erklärt Berbers. Es sei immer etwas zu tun.

Die Vorfreude war groß

Dass der Wahl-Kevelaerer sich vor über zehn Jahren beruflich tatsächlich in Richtung Binnenschifffahrt orientiert hat, war in gewisser Weise eine glückliche Fügung. Ein damaliger Nachbar sei Binnenschiffer gewesen und habe ihm einen Nebenjob auf einem Fahrgastschiff angeboten. „So fing das auf einmal an“, erinnert sich der 27-Jährige zurück. Als er mit 16 Jahren seinen Schulabschluss in der Tasche hatte, konnte er es kaum erwarten, mit der Ausbildung zu beginnen. „Die Abschlussfeier habe ich gar nicht mitgemacht“, erzählt er schmunzelnd. Er sei noch am Tag der Abschlussfeier nach Koblenz gefahren. „Ich wollte direkt anfangen.“ Dort sei er dann „ins kalte Wasser geschmissen“ worden. Die Themen der dreijährigen Ausbildung seien nämlich breit gefächert. Von Geographie über Technik und Ladelogistik bis zum Erste-Hilfe-Kurs musste er sich Fachwissen aneignen.

Anfangs hat der 27-Jährige noch jede Stadt erkundet, bei der es die Möglichkeit gab, an Land zu gehen. So habe er viele Kulturen und Städte kennengelernt. Daraus entwickelte sich mit der Zeit eine bestimmte Vorstellung: „Ich habe früher den Traum gehabt, nach Schweinfurt zu ziehen – ins Fränkische“, erzählt Berbers. Die Lebensart und das Gemüt der Menschen in der Gegend haben ihn einfach angesprochen. Seine eigenen Lebensumstände und seine Familie haben ihn dann jedoch dazu bewogen, am Niederrhein zu bleiben, wo er bisher sein ganzes Leben verbrachte. Geboren wurde Berbers in Xanten, aufgewachsen ist er in Kleve und vor einem Jahr ist er durch seine Frau nach Winnekendonk gekommen. Dort fühlt er sich sehr wohl und hat Kevelaer als Wohnort schätzen gelernt, erzählt er. Während seiner Zeit an Bord bekommt er immer wieder Inspiration für Urlaubsziele. Für ihn muss es nicht in die weite Ferne gehen. „Deutschland hat auch sehr schöne Ecken. Das habe ich in meinem Beruf auch gelernt“, sagt der Binnenschiffer.

Die Nächte verbringt er jedoch an Bord. In unserem Gespräch räumt er mit der Vorstellung auf, dass Schiffsleute grundsätzlich eingepfercht in kleinen, ungemütlichen Kabinen schlafen müssen. „Wir haben auf den Schiffen ganz normale Wohnungen. Mein Chef legt auf dem Schiff großen Wert darauf, dass alles optimal ist.“ Die Wohnungen seien ungefähr so groß wie sein Zuhause an Land und mit gehobener Einrichtung ausgestattet. Auch die wichtigsten elektronischen Geräte könnten inzwischen über Akkus laufen, sodass nachts der lärmverursachende Generator ausgeschaltet werden könne. Das Leben an Bord sei deutlich komfortabler, als viele Außenstehende meinen.

Auch wenn Berbers seinen Beruf aus voller Überzeugung ausübt, wünscht er sich mehr Akzeptanz aus der Bevölkerung. Besonders die Lautstärke der Schiffe störe viele Menschen. „Manche Leute ziehen ans Wasser, wollen aber nicht, dass dort Schiffe fahren“, erzählt der 27-Jährige aus seiner Erfahrung. Außerdem bemerke er, dass vielen Menschen nicht bewusst sei, wie wichtig die Schiffe für die tägliche Versorgung der Bevölkerung sind. Eine durchschnittliche Schiffsladung sei gleichzusetzen mit der Ladung von ca. 400 LKW. Wenn also ein Schiff wegfalle, würde das gleichzeitig 400 mehr LKW auf den Straßen bedeuten, um die Ladung aufzufangen, erklärt Berbers.

Keine schweren Unfälle

Der Kevelaerer sieht in seinem Beruf nicht deutlich mehr Gefahren als in anderen Bereichen, obwohl er seine Arbeit über den Tiefen des Wassers verrichtet. Schwere Unfälle seien ihm in seiner 12-jährigen Tätigkeit als Binnenschiffer noch nicht passiert. An einen Vorfall jedoch erinnert sich Berbers noch genau: „Die Steuerung ist mal ausgefallen.“ So gab es keine Möglichkeit mehr zu bremsen und das Schiff steuerte auf eine Schleuse zu. Wichtig sei da, immer klare Gedanken zu behalten und nicht in Panik zu geraten. So habe er über einen Not-Stopp den Motor ausgeschaltet und den übrigen Schwung, den das Schiff noch hatte, über ein Tau abgefangen. Wenn an Bord dann doch einmal ein Unglück passiert, sei man jedoch gut versorgt, sagt Berbers. „Wir haben eine sehr gute ärztliche Versorgung.“ So gebe es Polizei- und Feuerwehrstationen auf dem Wasser und auf dem Schiff kann bei Bedarf sogar ein Helikopter landen.

Berbers ist sich der Abstriche bewusst, die er durch seinen Beruf im Leben akzeptieren muss. Geburtstage von Freunden oder Feiern verschiedener Anlässe könne man oft nicht wahrnehmen. Auch zur Kirmes geht er seit zehn Jahren nicht mehr und an Karneval ist er ebenfalls an Bord. In seinem Beruf sei es eben nicht so einfach möglich, sich mal eben einen Tag freizunehmen. Was ihn dennoch in der Binnenschifffahrt hält? „Der Job reizt sehr. Für mich war das von Anfang an ein Traumberuf.“