Beiträge

Mit Hopfen und guter Laune

Gelungene Clownerie, gute Musik, gutes Bier und eine stimmungsvolle Atmosphäre präsentierten sich dem Besucher des 20. Twistedener Dorffestes nahe des Bürgerhauses.
Die Besucher schlenderten entlang der Stände, konnten bei den drei beteiligten Bierbrauern einen kühlen Gerstensaft zu sich nehmen, bei der Bücherei in den Büchern stöbern oder sich von den Landfrauen über das Leben der Bienen aufklären lassen. Die Kids schossen Bälle auf eine Mini-Torwand, fuhren Go-Kart im Parcours oder testeten verschiedene Geschicklichkeitsspiele aus.
„Tamaras Frittenbude“ und ein Stand von Edeka Hecks sorgten für die Bewältigung von Hunger und Durst. Klaus Hendrix vom Bürgerhausverein zeigte sich erleichtert: „Das Wetter spielt heute mit. Die Menschen sind da.“
Er erinnerte an die Gründung des Vereins vor 40 Jahren. „Die Geselligen Vereine hatten sich überlegt, dass es für sie keine Unterünfte gibt. Da haben sie sich erst bei der Gaststätte Peters mit Genehmigung der Stadt Räume angemietet. Die wurden aber nach Jahren zu klein.“
Entsprechend brauchte es dann ein neues Gebäude. „Und wir haben das dann als erstes Bürgerzentrum in ganz Kevelaer errichtet. Alle Vereine packen hier mit an.“ Das Interesse an dem Dorfleben sei noch erkennbar gegeben.
„Wir können stolz sein, dass hier zu haben“, fand auch der 82-jährige Johannes Paeßens, der mit Freunden am Rundtisch ein Bierchen trank. „Und das Sonntagsbier schmeckt“, lautete sein abschließendes Urteil.
Hannemie van de Meer, die am Landfrauen-Stand zuhörte, bezeichnete das Bürgerhaus als „einen Ort, wo sich Bürger und Vereine treffen – wichtig für das Dorf. Aber es ist in die Jahre gekommen“, war ihr Eindruck. Phi­lipp Koppers konnte dem nur beipflichten. „Ein neues Bürgerhaus wäre schön. Aber wir können froh sein, dass es eine Örtlichkeit hier gibt“, so der 33-Jährige.
Bereits am Vorabend hatte das diesmal als „Hopfenfest“ deklarierte Dorffest nahe des Bürgerhauses begonnen.
Neun verschiedene Sorten
„Fleuther“ von Oliver Stöcker aus Geldern, das „Kävelse Craft Beer“ von Thomas Molderings aus Kevelaer und „Kelderhorst“ mit dem Achterhoeker Jürgen Bey lockten mit insgesamt neun verschiedenen, eigenständig produzierten Biersorten wie dem „Bley­ksken Häll“, dem „1420er Brown Ale“ oder dem „Achterhoeker Export“.
Paul Schaffers hatte die Idee zu dem Konzept anlässlich des Festes ins Spiel gebracht. „Wenn man was Regionales macht, haben wir überlegt, was früher hier war.“ Und die Braukunst gehörte dazu. Bei den rund 100 Besuchern, die sich an den verschiedenen lauschigen Ecken und unter den lichtgestalteten Pavillons versammelten, kam das ganze Konzept aber gut an.
„Mal was anderes“, stellte Petra Verhofstadt fest. „Ich find auch gut, dass das öffentliche Brauer sind, die ihr Bier hier bekannt machen können“, empfand die 53-Jährige das Ambiente einfach nur „gemütlich.“ Und auch der Ortsvorsteher Josef Kobsch genoss ein Schlückchen.
„Es sind auch viele junge Menschen und Einheimische hier, das ist einfach nur toll“, schilderte er seinen positiven Eindruck vom Fest.
„Wenn man bedenkt, dass es seit drei Wochen das erste Mal wieder geregnet hat, können wir zufrieden sein“, sah Mitorganisator Klaus Hendrix den Einfluss des Wetters als nicht so störend an wie befürchtet.
Und auch die Brauereien klangen nicht so, als wären sie unzufrieden, trotz des verständlichen Grummelns ob des Wetters. „Eine super Erfahrung, wir haben ein gutes Feedback auf das Bier“, versicherte der Achterhoeker Jürgen Bey von der „Kelderhorster Privatbrauerei“. „Die Leute sind ja trotzdem da, haben Durst und probieren sich durch“.
Am Sonntag gestaltete sich das Ganze aus der Sicht von Thomas Molderings tatsächlich etwas zäher. „Es ist nicht so gut wie Samstag, aber die Präsenz ist wichtig.“

Dreifach gehopft

Nicht ohne Grund steht Deutschland im Ruf, ein „Land der Biere“ zu sein und so war einst auch in unserer Region die Vielfalt an Brauereien eine große. Dass davon nicht viel übrig ist, braucht kaum erwähnt zu werden, wenn in der Nachbarschaft eine der wenigen noch verbliebenen Traditionsmarken ums Überleben kämpft.
Doch schon seit einiger Zeit entwickelt sich allerorten wieder etwas in der Fläche, dem Willen zu Individualität und Regionalität sei Dank, und so hat auch der Trend „Craft Beer“ in Kevelaer Fuß gefasst. Die Veranstalter des Twistedener „Hopfenfestes“ wollen genau diesen aufstrebenden Brauern eine Plattform geben. Also ist am nächsten Wochenende nichts uniformes à la „Eifelbrause“ im Ausschank, sondern handwerklich gebrauter Gerstensaft von Jürgen Molderings („Kävelse Craft Beer“), Jürgen Bey („Kelderhorst“) und der in Geldern ansässigen „fleuther Micro Brauerei“.
Steht man vor dem Brau-Equipment von Jürgen Bey, ist auch sofort klar, warum das Twistedener „Hopfenfest“ für ihn ein besonderes Event ist, denn an Massenproduktion ist mit dem kleinen Braukessel nicht zu denken. Etwa 20 Liter Bier werden hier pro Woche gebraut – es ist eben eine Mischung aus Hobby und Nebenerwerb für den Softwareentwickler.
Die idyllische Lage seiner „Mini-Brauerei“, das urige Etikett auf den Flaschen und auch der Name „Kelderhorst“ bilden ein stimmiges Ganzes. Der Name „Kelderhorst“ erinnert an die einst in Kapellen bestehende Brauerei mit ihrem Eiskeller, eine Tradition, an die man gern anknüpfen möchte. Mit „Kelder“ bezeichnet der Niederrheiner den Keller und der „Horst“ ist nicht nur das Nest, sondern auch die wallartige mit Eis vermengte Anschüttung um den Keller, die im Sommer die nötige Kühle lieferte.
Im kleinen Rahmen
Seit April 2014 ist Jürgen Bey als Brauer aktiv und hat in der Zeit nicht nur viel experimentiert, sondern sich auch einen festen Kundenstamm erarbeitet. Möchte man in den Genuss seiner Biere kommen, ist direkter Kontakt notwendig, denn verkauft wird nur im kleinen Rahmen, vornehmlich an private Kunden. In Twisteden wird er mit seinem hellen „Achterhoeker Export“ und dem „Achterhoeker Brownie“ vertreten sein, ein dunkles Bier mit delikaten Schokoladen- und Kaffeenoten.
„Kävelse Urald“
Zweiter Lokalmatador in Sachen Braukunst ist auf Kevelaerer Gebiet Thomas Molderings mit seinem „Kävelse Craft Beer“. Nicht nur an seinem Kiosk und in ausgewählten Geschäften sind seine Kreationen zu bekommen, sondern auch auf den einschlägigen Events, wie dem „Kevelaerer Krippenmarkt“ oder dem hiesigen „Street Food Market“. So klangvolle Namen wie „Kävelse Urald“, „Bleyksken häll“ oder „Niersgrond“ werden dann auch in Twisteden zu hören sein.
In der Nachbarstadt Geldern gehen Oliver und Sylvana Westphal mit ihrer „fleuther“ Micro-Brauerei ähnliche Wege. Die Biere der 2016 gegründeten Brauerei finden sich in ausgewählten Geschäften und in der Gastronomie der Region. Überhaupt suchen die beiden eine größere Öffentlichkeit und nehmen regelmäßig an überregionalen Messen und Events teil. Getreu dem Firmenmotto „Eins für dich, eins für mich“ werden Oliver und Sylvana Westphal ihre Bierbegeisterung mit den Gästen in Twisteden teilen, sei es beim „Pilsener EINS“ oder dem „1420er Eichental“, einem North England Brown Ale – ihre neueste Kreation.
Letzlich ist es das Gleiche wie mit dem „Schreiben über Musik“ oder dem „Reden über das Essen“: All das kann das eigene selbstgebildete Urteil nicht ersetzen. Die Brauer und die Twistedener Veranstalter freuen sich über einen Besuch in gleichem Maße und man frönt nicht nur dem Genuss, sondern verhält sich dabei auch noch nachhaltig: Bier aus der Region fährt nicht erst hunderte Kilometer spazieren, bevor es getrunken wird.