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Eine tierische Plage rund um Kevelaer

001 ist er hier am Niederrhein zuerst aufgetaucht, letztes Jahr gab es schon einen schlimmen Befall, dieses Jahr ist es extrem geworden: Die Rede ist vom Eichenprozessionsspinner (EPS).
Anfang Mai schlüpfen aus den Eiern die Raupen und fressen sich an den Eichenblättern satt. Erkennbar ist der Befall nicht nur anhand kahlgefressener Äste, sondern auch an den Nestern oder Gespinsten, in denen sich die Raupen häuten und Ende Juni bis Anfang Juli in Kokons verpuppen und nach etwa einem Monat zu Nachtfaltern geworden sind.
Im frühen Larvenstadium oder als Falter ist der EPS harmlos. Das Problem ist, dass diese Insektenart im späten Larvenstadium und als Raupe zahlreiche Härchen bildet, die das Nesselgift Thaumetoporin enthalten. Beim Kontakt auf der Haut, an den Augen oder den Schleimhäuten in Nase, Mund und Hals werden allergische Reaktionen ausgelöst.
Hautausschläge, heftiger Juckreiz, Bronchitis, Husten oder Asthma, Müdigkeit oder Schwindel können die Folgen sein. Eine einzige Raupe bildet etwa 600.000 einzelne Härchen, die durch den Wind weit verstreut werden und ihre Wirkung über ein Jahr lang behalten können.
Das KB hat über die akute EPS-Plage mit einer pharmazeutisch-technischen Assistentin (PTA), einer Ärztin, einer Fachfirma zur Bekämpfung und dem Ordnungsamt gesprochen.
In der seit 19. Juni neu eröffneten Cuypers-Apotheke ist in letzer Zeit die Nachfrage nach Salben zur Milderung der Hautreize durch die EPS groß. „Besonders letzte Woche war eine extreme Nachfrage. Viele Kinder im Kindergartenalter sind betroffen“, weiß PTA Daniela Aben.
Im Unterschied zu Insektenstichen könne man dabei keine Einstichstellen finden, der Juckreiz sei viel größer und würde viel länger anhalten, oft zwei bis drei Wochen lang. Meistens seien Hautpartien im Arm-, Hals- und Nackenbereich großflächig betroffen. Als bewährtes Mittel dagegen empfiehlt Daniela Aben kortisonhaltige Cremes oder antihistaminicumhaltige Tropfen.
Am Besten sei es, sich von betroffenen Bäumen fernzuhalten oder sich durch lange Kleidung vor den Härchen zu schützen, die Kleidung und die Haare abends zu waschen und am besten täglich zu duschen.
Symptome behandeln lassen
Auch Dr. Hildegard Cleusters-Storb hat in ihrer Hausarztpraxis aktuell jeden Tag mit den Folgen der unangenehmen Raupen zu tun. „So extrem wie dieses Jahr habe ich das noch nie erlebt“, steht für sie fest. Das geballte Auftreten der stark juckenden roten Bläschen und das Entstehen von Quaddeln sei typisch, um auf die EPS zu schließen. Manche Patienten klagten auch über Luftnot. Sie empfiehlt auf jeden Fall, zum Arzt zu gehen und die Symptome medizinisch zu behandeln.
Hanno Verhülsdonk aus Kervenheim hat sich mit seiner Firma „Projekt Baum“ schon einige Jahre auf die Bekämpfung der EPS spezialisiert. Pausenlos ist er mit seinen Mitarbeitern gerade im Einsatz gegen die Raupen. Mit Schutzmontur werden diese auch mittels Hebebühnen entweder mit speziellen Saugern, die luftdicht verschließbare Beutel haben, abgesaugt oder die Nester mit Zuckerlösung verklebt und mit Tüten abgesammelt und anschließend in der Müllverbrennungsanlage Asdonkshof entsorgt.
Wirkung über ein Jahr
Nächstes Jahr wird seine Firma verstärkt präventiv wichtige Eichen gegen die Plage mit einem Bakterium, dem Bacillus thuringiensis, behandeln, das vor allem schädlich ist für die Larven des EPS. Auch in Kevelaer könnte mehr präventiv unternommen beziehungsweise verstärkt nachgesorgt werden. Die Wirkung der Haare sei nämlich nicht zu unterschätzen. „Die Haare werden durch den Wind teils 100 Meter weit getragen und können sich im Gras und Boden festsetzen und die Nester bleiben auch nach dem Schlüpfen der Falter ein Problem.
Die Haare behalten ihre Wirkung bis weit über ein Jahr, wenn sie nicht reichlich nass werden durch Regen. Kinder, die auf Rasenflächen spielen, können so noch Monate lang Ausschläge von den Haaren bekommen, auch wenn die Raupen längst geschlüpft oder tot sind.“ Ludger Holla vom Ordnungsamt Kevelaer bekommt Tag für Tag das Ausmaß der Plage mit. Viel mehr Bürger als letztes Jahr würden Befallsorte melden. Gründe dafür seien auch die trockene, warme Witterung. Der Bauhof und eine beauftragte Spezialfirma sind ständig im Einsatz gegen den EPS. Der Befall ist jedoch so groß, dass von Seiten der Stadt nur betroffene Eichen an besonders wichtigen Orten behandelt werden können. Die Raupen werden gewöhnlich aufgesaugt und in Wasser geleitet, um die Haare für Mensch und Tier unschädlich zu machen.

Hanno Verhülsdonk aus Kervenheim hat sich schon einige Jahre auf die Bekämpfung der EPS spezialisiert.
Foto: DdB


Bei Spiel- und Sportplätzen, Kindergärten, Schulen, wichtigen öffentlichen Orten werde in der Regel sofort gehandelt. Bei Wanderwegen oder Radwegen ist auch die Stadt in der Bekämpfung machtlos und stellt – wie etwa in der Schravelner Heide – nur Warnschilder auf.
Spezialfirma beauftragen
„Man kann gegen die Natur nicht arbeiten. Das ist wie ein Kampf gegen Windmühlen. Wir können flächendeckend die Gespinste leider nicht entfernen.“ Die Mehrheit der Eichen befände sich zudem nicht auf städtischem, sondern auf privatem Grund. Die jeweiligen Grundstückseigentümer müssten dabei aktiv werden und eine Spezialfirma zur Bekämpfung beauftragen.
Das Fliegen im zeitigen Frühjahr über das Stadtgebiet und das Verteilen eines Bakteriums, das die Larven tötet, für die Natur aber sonst nicht schädlich ist, sei sehr teuer, müsse zu einer ganz bestimmten Zeit im Frühjahr erfolgen und es sollte danach nicht regnen. Kevelaer hat sich im Kampf gegen die Raupen bisher noch nicht zu dieser vorbeugenden Maßnahme durchringen können.
Nun Anfang Juli ist die Zeit, wo die Raupen sich in ihre Kokons zurückziehen und so keine neuen Brennhaare ausbilden. Doch die zurückbleibenden Haare behalten ihre allergieauslösende Wirkung, wenn sie nicht nass werden. Ludger Holla hofft auf jeden Fall auf starken Regen, der der Plage – zumindest für dieses Jahr – dann ein Ende bereiten wird. Prozessionen sind in der Marienstadt immer herzlich willkommen, aber auf diese tierischen Prozessionsspinner würden das Ordnungsamt und ganz Kevelaer gerne verzichten.
Hilfe bei Befall
Betroffene Standorte auf wichtigen öffentlichen Bereichen können, am besten mit Standortfotos, gemeldet werden beim Ordnungsamt, Tel. 122732, E-mail: andreas.baers@kevelaer.de. Bei Befall auf Privatgrundstücken können Fachfirmen helfen, wie „Projekt Baum“ (Tel. 0172-8727057) oder Nolden Landschaftsbau (Tel. 0172-2522790).