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Sein letzter irdischer Weg

Sogar in der Antonius-Kirche stand für einige eine Leinwand zur Verfügung, und die Basilika war so voller Menschen, dass einige in dem hinterem Bereich stehen musssten. Das Bedürfnis der Kevelaerer, „ihren“ früheren Wallfahrtsrektor Richard Schulte Staade auf seinem „letzten irdischen Weg“, wie es Weihbischof Stefan Zekorn in seiner Predigt später formulierte, zu begleiten, war immens.

Auch zahlreiche Kevelaerer Vereine versammelten sich vor der Basilika, um dem Ehrenbürger der Stadt in der Kirche und später auf dem Weg zum Friedhof die letzte Ehre zu erweisen. „Wo soll man anfangen?“, fragte Michael Kalcker von der Seb und beschrieb ihn angesichts seiner vielen Verdienste als „entscheidende Persönlichkeit für Kevelaer“.

Raphael Freiherr von Loe, verband mit ihm zahlreiche bewegende Erinnerungen. „Er hat mich zur Firmung geführt, hat eine wunderbare Festpredigt zu 600 Jahren Kapelle auf Schloss Wissen gehalten. Es gab spirituell wunderbare Erlebnisse mit ihm.“ 

Bewegendes Abendgebet am Freitag

Am Vorabend der Beerdigung hatte es in der Basilika bereits ein bewegendes Abendgebet gegeben, bei dem der Männergesangsverein zum Gedenken an Schulte Staade seine Stimmen erklingen ließ.

Der amtierende Wallfahrtsrektor Gregor Kauling hatte an diesem Abend bereits davon gesprochen, dass Schulte Staade eine integrierende Persönlichkeit besaß, die „die Menschen nicht zu sich geführt hat, sondern zu Gott und der Mutter Gottes.“

Am Samstagvormittag kamen zu den vielen Kevelaerern noch die zahlreichen kirchlichen Würdenträger. Aus dem Bistum Münster waren unter anderem der frühere Niederrhein-Weihbischof Wilfried Theising und Schulte Staades damaliger Nachfolger Stefan Zekorn anwesend.

Auch Bischöfe aus den Niederlanden, Belgien und Luxemburg sowie Gäste aus der Politik – so wie die frühere Bundesministerin Barbara Hendricks – und der Gesellschaft wollten von dem Gottesmann Abschied nehmen.

Der Münsteraner Weihbischof Stefan Zekorn zelebrierte dann zusammen mit dem emeritierten Bischof aus Rotterdam, Adrianus van Luyn, und dem Roermonder Bischof Harrie Smeets das feierliche Pontifikalrequiem.

Ein Mann tiefer Marienfrömmigkeit – und ein Netzwerker

Richard Schulte Staade war vieles“, zählte Stefan Zekorn dann in seiner Predigt die vielen Funktionen und Interessensgebiete des Verstorbenen auf, der an diesem Tag 88 Jahre alt geworden wäre. „Ehrenbürger, Ehrenpräses, Kuratoriumsvorsitzender, 30 Jahre Mitglied des Priesterrates und des Bistums, Organisator, Pilger, Reiseleiter, Gastgeber, Liturgiegestalter, Bauherr, Antiquitätensammler, Musikliebhaber…. und diese Reihe ließe sich mühelos noch fortsetzen.“ Und er erinnerte an die Besuche von Johannes Paul II. und Mutter Teresa, die ohne Schulte Staade nicht zustande gekommen wären.

Als er sein Nachfolger wurde, habe er versucht, die Handlungen seines Vorgängers zu verstehen. “Da ist mir deutlich geworden, daß er die Gemeinschaft des Priesterhauses, die Pfarrei, die Wallfahrt, und seine Freunde im Grunde wie eine große geistliche Familie im Sinne des Evangeliums gesehen hat.“ Zentral seien für ihn die „vier Worte, die alle von Richard Schulte Staade“ an vielen Orten angebracht wurden und die er in seiner Anfangszeit in Kevelaer überall entdeckte, gewesen: „Mater mei memento dei“ („Mutter Gottes, gedenke meiner“). Die Gottesmutter sei „im inneren Bezirk seines Lebens“ wie die Gnadenkapelle des Wallfahrtsortes Kevelaer gewesen. Schulte Staade habe „aus einer einfachen Marienfrömmigkeit“ heraus gelebt, dazu eine tiefe Beziehung gehabt, sagte Zekorn. Für ihn sei „Maria die „consolatrix afflictorum“, „ die den Betrübten Trost spendet und einen neuen Weg im Leben eröffnet“. Dieses Gedenken habe ihn geprägt in der Pflege „einer großen Vielfalt menschlicher Beziehungen“. Schulte Staade habe „soziale Netzwerke gepflegt, lange bevor es diesen Begriff überhaupt gab“. Deswegen habe er auch „die Internationalität und die freundschaftlichen Verbindungen in die Niederlande, nach Belgien und Luxemburg“ so gepflegt, weil er die „geschwisterliche Begegnung in der Kirche“ als wichtig empfunden habe.

Fürsorglich-familiäre Zuneigung

Ungezählte Kevelaerer, Pilger, Familie und Freunde“ hätten „diese fürsorglich-familiäre Zuneigung und Zuwendung erfahren.“ Gleichzeitig sei das für manche „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht leicht“ gewesen, „weil immer zu dieser familiären Perspektive die Forderung nach einem ganz großen persönlichen Einsatz gehörte.“ Auf diese Weise habe er 31 Jahre lang die Pfarrei gestaltet und vor allem in dieser Haltung über viele Jahre junge Leute begleitet „und ihnen geholfen, ihren Lebensweg zu finden.“ In den Kontext stellte er auch die letzten Worte gegenüber Gregor Kauling am Vorabend seines Todes: „Ihr müsst die Jugend zur Mutter Gottes führen und das Unsichtbare sichtbar machen.“ Deshalb habe Schulte Staade die Kevelaerer Kirchenliturgie so gestaltet, „dass das Sakrale, die geheimnisvolle Gegenwart des unsichtbaren Gottes ein bisschen sichtbar wird.“ Die Worte „Selig sind, die bei Dir wohnen“ sollte jetzt „auch für den Rektor der Wallfahrt, der selbst Pilger war, endgültig in Erfüllung gehen.“

Zum Abschluss zitierte Zekorn die Worte der Kirchenzeitung zum „25-jährigen Ortsjubiläum“ von Richard Schulte Staade: „Wir schauen in diesen Tag als Pfarrei St. Marien in großer Dankbarkeit zurück auf das segensreiche Wirken unseres Pastors. Wir erleben einen Mann Gottes, geprägt von großer Religiosität, beeindruckender Schaffenskraft und Beharrlichkeit und einem überzeugenden Stehvermögen, wenn die persönliche Überzeugung dies erfordert.“

Im Anschluss an das Requiem positionierte sich die Trauergemeinde am Priesterhaus, führte der Weg des Sarges vor das Gnadenbild. Pfarrer Gregor Kauling stimmte das „Ave Maria“, die Gemeinde das Lied „Maria breit den Mantel aus“ an. Anschließend zog die Prozession über die Hauptstraße vorbei an der St. Antonius-Kirche zum Friedhof. Dort wurde Schulte Staade beigesetzt.

Ein Macher und ein Christ

Zeitzeugen erinnerten sich am Tag der Verabschiedung an die Person Richard Schulte Staade

Im Petrus-Canisius-Haus und im Priesterhaus nutzten mehrere hundert Gäste die Gelegenheit, sich noch einmal an den Verstorbenen zu erinnern.

Der berühmte Düsseldorfer Bildhauer Bert Gerresheim, der viel mit Richard Schulte Staade in Kevelaer zusammen gearbeitet hat und mit ihm befreundet war, sagte: „Er war ein Mensch, der etwas von Kultur verstand und ein guter Christ. Er war außer dem Kardinal in Köln mein bester und verständnisbereitester Auftraggeber. Man konnte alle Dinge besprechen, man wurde nicht gegängelt und man behielt die künstlerische Freiheit, auch wenn man natürlich auch mal Grenzen aufgezeigt bekam. Das war eine Gnade des Himmels, dieser Mann:“

Der Kevelaerer Ortsvorsteher Edmund Bercker dachte spontan „an eine schöne Reise, nachdem er im Ruhestand war, nach Süddeutschland zu Wallfahrtsorten, die ich ganz gut kenne.“ Für ihn sei es „eine Freude“ gewesen, „mit so einer Persönlichkeit zusammengearbeitet zu haben. Er war ein Manager in Sachen Gottes, insbesondere der Mutter Gottes, und wusste, was er wollte. Das kleinste Gnadenbild der Welt hat sein Leben und meins bestimmt.“

Der emeritierte Bischof von Aachen, Heinrich Mussinghoff, erinnerte sich daran, dass er mit Schulte Staade „um die gleiche Zeit Domvikar in Münster“ geworden sei. Als Bischof sei er häufig mit Gruppen in Kevelaer gewesen und habe einen „großen Gastgeber“ erlebt. „ Er war ein frommer Mensch – nicht im Sinne einer Bilderbuchfrömmigkeit, sondern zupackend, dem Menschen zugewandt und sehr stark in der Marienverehrung verwurzelt.“

Auch die  Rheinberger Unternehmerin Christiane Underberg hatte eine ganz persönlichen Draht zu dem Prälaten „von Jugend aus über meine Familie.“ Schulte Staade sei „so eine herausragende Persönlichkeit in der Breite seiner Talente und Fähigkeiten und mit einer charakterlichen Stärke und Persönlichkeit. Davon hätte ich gerne noch mehr von auf dieser Erde.“

Bürgermeister Dominik Pichler räumte dem Ereignis fast sowas wie historische Bedeutung ein: „Ich habe eben auf dem Rückweg zu David Burau gesagt, dass wir eine Beerdigung in dieser Größenordnung in Kevelaer in den nächsten 50 Jahren sicher nicht mehr sehen werden.“ Richard Schulte Staade „war Pastor, als ich nach Kevelaer zog 1983. Irgendwann verließ ich Kevelaer, um zu studieren und das Referendariat zu machen. Als ich 2005 wiederkam, war er immer noch Pastor in St. Marien.“ All das drücke schon die Dauer seines Wirkens aus. Er sei „nicht nur Seelsorger, sondern auch ein Macher“ gewesen, der „baulich für die Wallfahrt und für die Stadt“ viel bewirkt habe. „Das ist der Grund, warum heute auch von sehr vielen Vereinen und Bürgern Abschied genommen wurde, die ihn als charismatischen Macher und frommen Geistlichen auch konfessionsübergreifend wahrgenommen haben. Er war nicht nur für die Katholiken da und stand nicht nur für den Kapellenplatz.“