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Traditionelle Reihe der Gemeinde St. Marien in der Karwoche

Abendmeditationen in der Basilika

In der Karwoche lädt St. Marien traditionell zur musikalischen Abendmeditation in die Basilika ein. „An den drei Abenden von Montag bis Mittwoch steht jeweils ein anderer Aspekt im Mittelpunkt“, so Dr. Bastian Rütten, Pastoralreferent in der Wallfahrtsleitung. 

NRW-Ministerpräsident besuchte das Gnadenbild

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet hat am vergangenen Samstag in Kevelaer das Gnadenbild besucht. Laschet, der an einem Adventskonzert des WDR in der Marienbasilika teilnahm, betete gemeinsam mit Wallfahrtsrektor Gregor Kauling auf dem Kapellenplatz und zündete schließlich die letzte Pilgerkerze des Jahres an. Dazu hatte Kauling das Friedenslicht aus Bethlehem aus der Basilika zum Gnadenbild gebracht, an dem der Ministerpräsident dann die Pilgerkerze entzünden konnte.

Es sei ein „sehr eindrucksvoller Abend“ gewesen, sagte Wallfahrtsrektor Kauling anschließend, das gemeinsame Gebet auf dem Kapellenplatz habe ihn berührt. Vor dem Konzert habe er Laschet und dem ebenfalls angereisten WDR-Intendanten Tom Buhrow noch die Wallfahrt in Kevelaer erläutern können. 

Beeindruckt war der Wallfahrtsrektor auch von dem Konzert, von dem lange nicht feststand, ob es überhaupt würde stattfinden können. „Ich bin froh, dass es gelungen ist, denn es ist wichtig, auf diese Weise ein bisschen Trost und Hoffnung in die Wohnzimmer der Menschen senden zu können“, betonte Kauling.

„Ich fühle mich wie im Paradies“

Musikalisch gestaltet wurde der Abend vom WDR-Funkhausorchester unter Leitung von Oksana Lyniv, gemeinsam mit Tenor Klaus Florian Vogt, der Sopranistin Golda Schultz und der Klarinettistin Sharon Kam. Die aus der Ukraine stammende Dirigentin Oksana Lyniv hatte erzählt, dass viele Menschen in ihrer Heimat das Konzert am Fernseher verfolgen würden. „Ich fühle mich wie im Paradies“, hatte sie schon nach den Proben in Kevelaer auf ihrer Facebook-Seite geschrieben.

Das Adventskonzert der Landesregierung wurde 1991 von Ministerpräsident Johannes Rau ins Leben gerufen, die Marienbasilika in Kevelaer war zum zweiten Mal Veranstaltungsort des Traditionskonzerts. Wiederholungen sind zu hören am ersten Weihnachtstag, 25. Dezember, ab 8 Uhr im WDR-Fernsehen und ab 20.13 Uhr im Hörfunk auf WDR 3.

Der WDR nahm sein Weihnachtskonzert in der Kevelaerer Marienbasilika auf.                      Foto: Land NRW / Marcel Kusch

„Das Schönste, das man sich vorstellen kann“

Die Musik war ihm nicht in die Wiege gelegt worden, als Patryk Lipa im Jahr 1990 in Berlin von polnischen Eltern geboren wurde. Obwohl seine Eltern kein Instrument spielten, interessierte er sich schon im Grundschulalter für die Musik und lernte von der Musiklehrerin der Grundschule die Anfänge des Keyboard-Spiels. Durch die Organistin seiner Heimatpfarrei wurde er schließlich an die Orgel herangeführt.

„Orgel ist einfach ein schönes Instrument und klingt viel besser als Keyboard“, meint Patryk Lipa. „Ich war so begeistert von all den Möglichkeiten der Orgel.“ Mit neun Jahren kaufte er sich eine kleine Heimorgel und brachte sich selber das Pedalspielen bei. Nachdem seine Familie nach Starachowice in Polen gezogen war, lernte er von einer Organistin die Grundlagen des Orgelspiels und kam danach an die Musikschule in Radom, wo er bis zum Abitur Orgelunterricht bekam.

Auslandsjahr in Berlin

Nach dem Abitur studierte er in Warschau Orgel, verbrachte aber schon ein Jahr davon als „Auslandsjahr“ in Berlin. Nach Abschluss seines Studiums in Warschau wechselte er auch nach Berlin, um Kirchenmusik zu studieren. Seit August 2019 ist sein zweites Studium abgeschlossen und seitdem ist Patryk Lipa neben Elmar Lehnen als zweiter Basilikaorganist in der Marienstadt tätig. Allerdings absolviert er nebenbei noch ein drittes Studienfach, nämlich Orgelimprovisation bei Professor Wolfgang Seifen.

Das Improvisieren ist ihm schon ganz in Fleisch und Blut übergegangen. Täglich hat er mit der großen Seifert-Orgel und fünf bis sechs Orgeldiensten die Möglichkeit dazu. Dass Lipa in Kevelaer landen würde, hat er eigentlich nicht geplant. „Eigentlich wollte ich zurück nach Polen, aber ich lernte meine Freundin kennen, die in Köln aktuell Kirchenmusik studiert und entschied mich dann für die freie Stelle in Kevelaer.“

Seinen Arbeitsplatz an dieser Orgel findet er nur toll: „Ich darf machen, was ich gerne mache. Es fühlt sich gar nicht wie Arbeit an, sondern es ist für mich nur Freude. Es ist das Schönste, das man sich vorstellen kann.“

Im letzten Dezember wirkte der vielseitige Tastenspieler auch bei der Aufführung des Weihnachtsoratoriums mit, das er mit der Truhenorgel begleitete. Damals präsentierte sich eine prall gefüllte Basilika. Nun, in Corona-Zeiten, kommt er sich an der großen Orgel mit den 135 Registern in dem nur mager besetzten Kirchenschiff oft „überdimensioniert“ vor, aber er hofft, dass bald alle Möglichkeiten der Orgel wieder voll ausgeschöpft werden können und er – nach Corona – wieder bei vollem Kirchenschiff die Liturgie mitgestalten kann.

Bund fördert Sanierung der Seifert-Orgel in der Marienbasilika

Mit 395.000 Euro aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm IX fördert der Bund die Sanierung der großen Orgel in der Marienbasilika. Die Freigabe der Mittel erfolgte am gestrigen Mittwoch, 6. Mai, durch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages. Die Katholische Kirchengemeinde St. Marien und der Orgelbauverein haben es sich zum Ziel gesetzt, die Orgel in ihren Ursprungszustand von 1907 zu versetzen. Im Laufe der Zeit, insbesondere im und nach dem Zweiten Weltkrieg, hatte die Orgel erhebliche Schäden erlitten. Mit der Förderung ist ein Schritt für die Restaurierungs- und Reparaturmaßnahmen gemacht.

„Ich freue mich sehr, dass unsere Bemühungen erfolgreich waren und die Sanierung der Orgel der Marienbasilika durch den Bund gefördert wird. Als Zentrum der Wallfahrt in Kevelaer ist die Marienbasilika für Gläubige aus ganz Europa ein bedeutsamer Ort und ein prägendes Monument des Kreises Kleve“, äußert sich die SPD-Bundestagsabgeordnete für den Kreis Kleve, Barbara Hendricks. Das Denkmalschutz-Sonderprogramm richtet sich an national bedeutsame oder das kulturelle Erbe mitprägende unbewegliche Kulturdenkmäler. Hierfür werden im Bundeshaushalt 30 Millionen Euro bereitgestellt.

Eine Blütenpracht neben der Basilika

Man muss nicht nach Bonn oder Japan reisen, um die Kirschbaumblüte bewundern zu können. Zwei prächtige Spanische Kirschbäume verzaubern mit ihrer üppigen Blütenpracht die östliche Seite der Marienbasilika.

Gestiftet wurden diese von Adele Aengenheyster. Und nicht nur Enkeltochter Birgit Aengenheyster erfreut sich bei jedem Blick und Gang aus der Haustür des rosafarbenen Blütentraumes. Jeder Besucher, der vom Basilikaparkplatz kommt, erlebte in den vergangenen Tagen diesen Anblick und so manche Kamera hielt den Augenblick fest.

Gestiftet wurden die Bäume damals, „da der Vorgängerbaum wegen einer Baumkrankheit gefällt wurde“, berichtet Birgit Aengenheyster. „Ein großer Blumenkübel, der von meinen Eltern Heinz und Marlene Aengenheyster gespendet wurde, steht jetzt im Innenhof des Priesterhauses, weil die Blumen nachts regelmäßig Opfer von alkoholisierten Menschen wurden. Dann kamen die beiden Bäume. Hoffentlich dürfen sie den Umbau Johannes-Stalenus-Platz überleben.“

Sein letzter irdischer Weg

Sogar in der Antonius-Kirche stand für einige eine Leinwand zur Verfügung, und die Basilika war so voller Menschen, dass einige in dem hinterem Bereich stehen musssten. Das Bedürfnis der Kevelaerer, „ihren“ früheren Wallfahrtsrektor Richard Schulte Staade auf seinem „letzten irdischen Weg“, wie es Weihbischof Stefan Zekorn in seiner Predigt später formulierte, zu begleiten, war immens.

Auch zahlreiche Kevelaerer Vereine versammelten sich vor der Basilika, um dem Ehrenbürger der Stadt in der Kirche und später auf dem Weg zum Friedhof die letzte Ehre zu erweisen. „Wo soll man anfangen?“, fragte Michael Kalcker von der Seb und beschrieb ihn angesichts seiner vielen Verdienste als „entscheidende Persönlichkeit für Kevelaer“.

Raphael Freiherr von Loe, verband mit ihm zahlreiche bewegende Erinnerungen. „Er hat mich zur Firmung geführt, hat eine wunderbare Festpredigt zu 600 Jahren Kapelle auf Schloss Wissen gehalten. Es gab spirituell wunderbare Erlebnisse mit ihm.“ 

Bewegendes Abendgebet am Freitag

Am Vorabend der Beerdigung hatte es in der Basilika bereits ein bewegendes Abendgebet gegeben, bei dem der Männergesangsverein zum Gedenken an Schulte Staade seine Stimmen erklingen ließ.

Der amtierende Wallfahrtsrektor Gregor Kauling hatte an diesem Abend bereits davon gesprochen, dass Schulte Staade eine integrierende Persönlichkeit besaß, die „die Menschen nicht zu sich geführt hat, sondern zu Gott und der Mutter Gottes.“

Am Samstagvormittag kamen zu den vielen Kevelaerern noch die zahlreichen kirchlichen Würdenträger. Aus dem Bistum Münster waren unter anderem der frühere Niederrhein-Weihbischof Wilfried Theising und Schulte Staades damaliger Nachfolger Stefan Zekorn anwesend.

Auch Bischöfe aus den Niederlanden, Belgien und Luxemburg sowie Gäste aus der Politik – so wie die frühere Bundesministerin Barbara Hendricks – und der Gesellschaft wollten von dem Gottesmann Abschied nehmen.

Der Münsteraner Weihbischof Stefan Zekorn zelebrierte dann zusammen mit dem emeritierten Bischof aus Rotterdam, Adrianus van Luyn, und dem Roermonder Bischof Harrie Smeets das feierliche Pontifikalrequiem.

Ein Mann tiefer Marienfrömmigkeit – und ein Netzwerker

Richard Schulte Staade war vieles“, zählte Stefan Zekorn dann in seiner Predigt die vielen Funktionen und Interessensgebiete des Verstorbenen auf, der an diesem Tag 88 Jahre alt geworden wäre. „Ehrenbürger, Ehrenpräses, Kuratoriumsvorsitzender, 30 Jahre Mitglied des Priesterrates und des Bistums, Organisator, Pilger, Reiseleiter, Gastgeber, Liturgiegestalter, Bauherr, Antiquitätensammler, Musikliebhaber…. und diese Reihe ließe sich mühelos noch fortsetzen.“ Und er erinnerte an die Besuche von Johannes Paul II. und Mutter Teresa, die ohne Schulte Staade nicht zustande gekommen wären.

Als er sein Nachfolger wurde, habe er versucht, die Handlungen seines Vorgängers zu verstehen. “Da ist mir deutlich geworden, daß er die Gemeinschaft des Priesterhauses, die Pfarrei, die Wallfahrt, und seine Freunde im Grunde wie eine große geistliche Familie im Sinne des Evangeliums gesehen hat.“ Zentral seien für ihn die „vier Worte, die alle von Richard Schulte Staade“ an vielen Orten angebracht wurden und die er in seiner Anfangszeit in Kevelaer überall entdeckte, gewesen: „Mater mei memento dei“ („Mutter Gottes, gedenke meiner“). Die Gottesmutter sei „im inneren Bezirk seines Lebens“ wie die Gnadenkapelle des Wallfahrtsortes Kevelaer gewesen. Schulte Staade habe „aus einer einfachen Marienfrömmigkeit“ heraus gelebt, dazu eine tiefe Beziehung gehabt, sagte Zekorn. Für ihn sei „Maria die „consolatrix afflictorum“, „ die den Betrübten Trost spendet und einen neuen Weg im Leben eröffnet“. Dieses Gedenken habe ihn geprägt in der Pflege „einer großen Vielfalt menschlicher Beziehungen“. Schulte Staade habe „soziale Netzwerke gepflegt, lange bevor es diesen Begriff überhaupt gab“. Deswegen habe er auch „die Internationalität und die freundschaftlichen Verbindungen in die Niederlande, nach Belgien und Luxemburg“ so gepflegt, weil er die „geschwisterliche Begegnung in der Kirche“ als wichtig empfunden habe.

Fürsorglich-familiäre Zuneigung

Ungezählte Kevelaerer, Pilger, Familie und Freunde“ hätten „diese fürsorglich-familiäre Zuneigung und Zuwendung erfahren.“ Gleichzeitig sei das für manche „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht leicht“ gewesen, „weil immer zu dieser familiären Perspektive die Forderung nach einem ganz großen persönlichen Einsatz gehörte.“ Auf diese Weise habe er 31 Jahre lang die Pfarrei gestaltet und vor allem in dieser Haltung über viele Jahre junge Leute begleitet „und ihnen geholfen, ihren Lebensweg zu finden.“ In den Kontext stellte er auch die letzten Worte gegenüber Gregor Kauling am Vorabend seines Todes: „Ihr müsst die Jugend zur Mutter Gottes führen und das Unsichtbare sichtbar machen.“ Deshalb habe Schulte Staade die Kevelaerer Kirchenliturgie so gestaltet, „dass das Sakrale, die geheimnisvolle Gegenwart des unsichtbaren Gottes ein bisschen sichtbar wird.“ Die Worte „Selig sind, die bei Dir wohnen“ sollte jetzt „auch für den Rektor der Wallfahrt, der selbst Pilger war, endgültig in Erfüllung gehen.“

Zum Abschluss zitierte Zekorn die Worte der Kirchenzeitung zum „25-jährigen Ortsjubiläum“ von Richard Schulte Staade: „Wir schauen in diesen Tag als Pfarrei St. Marien in großer Dankbarkeit zurück auf das segensreiche Wirken unseres Pastors. Wir erleben einen Mann Gottes, geprägt von großer Religiosität, beeindruckender Schaffenskraft und Beharrlichkeit und einem überzeugenden Stehvermögen, wenn die persönliche Überzeugung dies erfordert.“

Im Anschluss an das Requiem positionierte sich die Trauergemeinde am Priesterhaus, führte der Weg des Sarges vor das Gnadenbild. Pfarrer Gregor Kauling stimmte das „Ave Maria“, die Gemeinde das Lied „Maria breit den Mantel aus“ an. Anschließend zog die Prozession über die Hauptstraße vorbei an der St. Antonius-Kirche zum Friedhof. Dort wurde Schulte Staade beigesetzt.

Ein Macher und ein Christ

Zeitzeugen erinnerten sich am Tag der Verabschiedung an die Person Richard Schulte Staade

Im Petrus-Canisius-Haus und im Priesterhaus nutzten mehrere hundert Gäste die Gelegenheit, sich noch einmal an den Verstorbenen zu erinnern.

Der berühmte Düsseldorfer Bildhauer Bert Gerresheim, der viel mit Richard Schulte Staade in Kevelaer zusammen gearbeitet hat und mit ihm befreundet war, sagte: „Er war ein Mensch, der etwas von Kultur verstand und ein guter Christ. Er war außer dem Kardinal in Köln mein bester und verständnisbereitester Auftraggeber. Man konnte alle Dinge besprechen, man wurde nicht gegängelt und man behielt die künstlerische Freiheit, auch wenn man natürlich auch mal Grenzen aufgezeigt bekam. Das war eine Gnade des Himmels, dieser Mann:“

Der Kevelaerer Ortsvorsteher Edmund Bercker dachte spontan „an eine schöne Reise, nachdem er im Ruhestand war, nach Süddeutschland zu Wallfahrtsorten, die ich ganz gut kenne.“ Für ihn sei es „eine Freude“ gewesen, „mit so einer Persönlichkeit zusammengearbeitet zu haben. Er war ein Manager in Sachen Gottes, insbesondere der Mutter Gottes, und wusste, was er wollte. Das kleinste Gnadenbild der Welt hat sein Leben und meins bestimmt.“

Der emeritierte Bischof von Aachen, Heinrich Mussinghoff, erinnerte sich daran, dass er mit Schulte Staade „um die gleiche Zeit Domvikar in Münster“ geworden sei. Als Bischof sei er häufig mit Gruppen in Kevelaer gewesen und habe einen „großen Gastgeber“ erlebt. „ Er war ein frommer Mensch – nicht im Sinne einer Bilderbuchfrömmigkeit, sondern zupackend, dem Menschen zugewandt und sehr stark in der Marienverehrung verwurzelt.“

Auch die  Rheinberger Unternehmerin Christiane Underberg hatte eine ganz persönlichen Draht zu dem Prälaten „von Jugend aus über meine Familie.“ Schulte Staade sei „so eine herausragende Persönlichkeit in der Breite seiner Talente und Fähigkeiten und mit einer charakterlichen Stärke und Persönlichkeit. Davon hätte ich gerne noch mehr von auf dieser Erde.“

Bürgermeister Dominik Pichler räumte dem Ereignis fast sowas wie historische Bedeutung ein: „Ich habe eben auf dem Rückweg zu David Burau gesagt, dass wir eine Beerdigung in dieser Größenordnung in Kevelaer in den nächsten 50 Jahren sicher nicht mehr sehen werden.“ Richard Schulte Staade „war Pastor, als ich nach Kevelaer zog 1983. Irgendwann verließ ich Kevelaer, um zu studieren und das Referendariat zu machen. Als ich 2005 wiederkam, war er immer noch Pastor in St. Marien.“ All das drücke schon die Dauer seines Wirkens aus. Er sei „nicht nur Seelsorger, sondern auch ein Macher“ gewesen, der „baulich für die Wallfahrt und für die Stadt“ viel bewirkt habe. „Das ist der Grund, warum heute auch von sehr vielen Vereinen und Bürgern Abschied genommen wurde, die ihn als charismatischen Macher und frommen Geistlichen auch konfessionsübergreifend wahrgenommen haben. Er war nicht nur für die Katholiken da und stand nicht nur für den Kapellenplatz.“

Auf der Suche nach etwas Schönem

Im Schein vieler Kerzen, mit blau-lila Lichtstrahlern in der Basilika, mit der Orgelmusik von Elmar Lehnen und dem Gesang des Familienchores unter Leitung von Romano Giefer zeigte sich die Basilika zur Adventsvigil in besonderer Atmosphäre.

„Advent – Experiment: Jahr für Jahr öffnen wir Türen und Tore, machen sie hoch und weit, bereiten uns vor, lassen uns ein auf den, der da kommen will“, beleuchteten Dr. Bastian Rütten und Annette Giefer den Zauber dieser Zeit. In seiner Ansprache ging Rütten auf das ein, was bei Google 2019 am meisten gesucht wurde und stellte die Frage in den Raum:

„Wonach haben Sie 2019 in ihrer Herz-Google-Maschine am meisten gesucht? Was waren Ihre größten Sorgen, Herausforderungen, mit denen Sie unterwegs waren?“ Im Advent gelte es, mit der Herz-Google-Maschine zu experimentieren und lud dazu ein: „Schmeißen wir sie an und versuchen wir, unsere Wurzeln zu pflegen, damit daraus etwas Schönes, eine Rose entspringen kann. Eine Wurzelbehandlung tut in diesen Tagen sicher gut.“

Eindrucksvoll ließ Elmar Lehnen auf der Seifert-Orgel anschließend tiefe, bohrende Geräusche entstehen, die wohl viele an schmerzliche Zahnarztbesuche erinnerten.

Pastor Gregor Kauling ging mit dem Allerheiligsten segnend durch die einzelnen Kirchenbankreihen und lud alle anschließend zu einer Zeit der Experimente und der Möglichkeiten ein, aufmerksam und wachsam zu sein.

Neben einem Fürbittbuch gab es die Möglichkeit, Bibelsprüche oder Hl.-Geist-Zitate zu ziehen, ein Licht zu entzünden, die eigene Taufe mit Weihwasser bewusst zu erneuern, Weihrauch aufsteigen zu lassen oder das Gespräch mit einem Seelsorger zu suchen.

Vortrag mit Orgelspiel zum 100. Todestag des Malers Friedrich Stummel

Als Elmar Lehnen, Organist der Marienbasilika in Kevelaer, an diesem Abend zum ersten Mal die Orgel erklingen lässt, sind die Schwingungen des tiefen, satten Tons förmlich zu spüren. Die Musik lässt das Gotteshaus mit seinen hohen Wänden und den angestrahlten Malereien noch eindrucksvoller wirken.
Und so spricht Weihbischof Dr. Stefan Zekorn, einst Wallfahrtsrektor in Kevelaer, auch von einem „Gesamtkunstwerk“, als er in der Basilika über den Maler Friedrich Stummel referiert.
Stummel, der vor 100 Jahren starb, war für die künstlerische Ausgestaltung der Kirche verantwortlich. „Als Gesamtkunstwerk“, erläutert der Weihbischof, „bezeichnet man seit dem 19. Jahrhundert ein Werk, in dem verschiedene Künste wie Musik, Dichtung, Theater, Architektur und Malerei vereint sind.“
Alles in der Basilika diene dem Lobpreis Gottes, führt Zekorn weiter aus. „Wer in der Basilika einem festlichen Gottesdienst beiwohnt, der kann seine Seele und seine Sinne von all dem umfangen und prägen lassen. Alle, ja wirklich alle Sinne, werden bei einer festlichen Messfeier in der Basilika angespro-chen. Und vieles davon verdanken wir Stummels Genie“, erklärt er.
Im Laufe des Abends geht Zekorn auf unterschiedliche Themen ein und gibt den Zuhörerin-nen und Zuhörern Einblicke in die künstlerischen, inhaltlichen und spirituellen Aspekte von Stummels Werk. Dazu lässt er Fotos der Malereien auf eine Leinwand projizieren und weist auf Details hin, die bei einer ersten Betrachtung wohl kaum ins Auge fallen würden. Einige Darstellungen, weiß Zekorn, sind kunstgeschichtlich einzigartig und ausschließlich in Kevela-er zu finden.
Das „Gesamtkunstwerk Basilika“ lasse sich aber nur mit Orgelspiel erfahren. Zekorn bittet die Besucher, in den hinteren Teil der Basilika zu gehen und, während Lehnen spielt, langsam nach vorne zu kommen und die Atmosphäre wirken zu lassen. Ein Experiment, das viele Teil-nehmer sichtlich beeindruckt. Überhaupt schafft Lehnen es immer wieder, in kurzen Pausen den Vortrag des Weihbischofs aufzugreifen und musikalisch mit den passenden Liedern um-zusetzen.
Nachdem Zekorn etwa über die Darstellung der Wurzel Jesse gesprochen hat, spielt der Organist Variationen von „Es ist ein Ros‘ entsprungen“. Mal leise, fast zaghaft und mal mit der ganzen Klangfülle, die die Orgel zu bieten hat, interpretiert er im Laufes des Abends viele bekannte Kirchenlieder.
„Wir werden, was wir schauen“, sagt Zekorn zum Ende seines Vortrags. Wer nur Gewalt se-he, bei dem könne die Schwelle zur Gewalt gesenkt werden. Wer aber Gutes sehe, der wer-de davon geprägt. So könne die Basilika „unsere Augen und alle unsere Sinne prägen“, er-klärt Zekorn und verweist auf Maria und das Gnadenbild, das als letzte Projektion im Altar-raum zu sehen ist: „Viele, die unser Gnadenbild anschauen, verlassen es verwandelt.“ Wer Maria anschaue, in dem wachse der Wunsch, „zu werden wie sie“, erklärt Zekorn.

Das Jawort des Glaubens

Bereits eine halbe Stunde vor Beginn saßen die zahlreichen Pilger und Gläubigen in der vollbesetzten Basilika zusammen. Dort übten sie zu den Klängen von Basilikaorganist Elmar Lehnen bereits erste Gesangspartien wie „Maria breit den Mantel aus“ – ein mehr als deutlicher Hinweis auf den besonderen festlichen Charakter des Tages als der „äußeren Feier Maria Himmelfahrt.“

Um Punkt 10 Uhr betraten dann der Kevelaerer Wallfahrtsrektor Gregor Kauling und sein Gast – der rumänische Bischof László Böcskei – die Stufen der Basilika, um mit den Gläubigen dieses große Ereignis zu feiern. Kauling begrüßte die zahlreichen Pilgergruppen, ließ auch eine ausführliche Einleitung auf niederländisch folgen. In seinen einleitenden Sätzen erinnerte sich Böcskei daran, wie er nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ nach 1989 die Ehre haben durfte, das Bildnis der Gottesmutter in Kevelaer sehen zu dürfen.

„Maria ist für uns Christen Schutz, in guten Zeiten wie in Zeiten der Bedrängnis und Verfolgung“, unterstrich er sicher auch angesichts der eigenen Erfahrung Rumäniens mit Diktatur und Unterdrückung ihre Bedeutung. Man fühle sich in der Nähe Marias „immer gut begleitet zu Hause – und ich fühle mich in Kevelaer zuhause.“

Eine Zumutung und ein Zutrauen

Glaube, so führte er später in seiner Predigt aus, müsse „aus dem Fundament der Zuversicht“ kommen. „Glaube verbindet und ist verbindlich“, zog er die Parallele zum Jawort am Traualtar. „Das Jawort des Glaubens ist ein verbindliches und verbindendes Versprechen.“ Die Treue müsse sich beweisen, das Glaubensversprechen eingehalten und eingelöst werden. Glaube sei so gesehen für die Menschen eine Zumutung und ein Zutrauen. „Er traut uns etwas zu, nimmt uns ernst und in die Pflicht.“ Die heilige Schrift kenne dafür das Wort des „Gehorsams“.

Er sprach dabei von dem „christlichen Glaubensgehorsam Gott und der eigenen Berufung gegenüber.“ Es gebe keinen anderen Weg zum Heil und zu einem sinnvollen Leben. „Das lehrt uns der Weg Gottes und der Gottesmutter selbst.“ Mit Bezug auf das Lukas-Evangelium und die Begegnung zwischen Maria und der schwangeren Elisabeth, deren Kind im Bauch bei der Begrüßung durch Maria zu hüpfen beginnt, machte er deutlich: Der lebendige Glaube habe Maria durch alle Herausforderungen geleitet, ihrem Leben Richtung und Sinn gegeben. „Die wahre menschliche Größe hat nur in Gott seinen Ursprung.“

Den päpstlichen Segen erteilt

In Zeiten von „Umwälzungen und Verwirrungen unserer Tage, wo wir rechts und links nicht mehr unterscheiden können“, sei Maria eine „tatkräftige Hilfe, von der wir lernen können“, führte Böcskei weiter aus. Es gebe eine Reihe von „Zerrbildern“ in diesen Tagen, „die uns den Blick verstellen.“ Der „Blick auf Maria“ aber schaffe „Klarheit und geistige Beständigkeit.“ In Rumänien gebe es zahlreiche Statuen, die Maria als „glaubende Frau“ darstellten – und das sei der entscheidende Kern. „Sie hat geglaubt, was Gott ihr offenbart hat.“ Und diejenigen, die zu ihr pilgern, „haben in ihr ein starkes Vorbild und eine Wegbegleiterin“, so der Bischof, der im Anschluss an das Hochamt dann auf den Stufen der Basilika den päpstlichen Segen erteilte.

Nicht nur seine Worte hinterließen bei den Anwesenden Eindruck – Gleiches galt auch für den musikalischen Rahmen der Feierlichkeiten. Der Basilikachor unter der Leitung von Romano Giefer bot im Zusammenspiel mit Elmar Lehnen an der Orgel wie schon zur Wallfahrtseröffnung am 1. Mai die „Messe solennelle“ opus 16 von Louis Vierne dar.

Ein würdiger Abschied

Als Elmar Lehnen auf den Altarstufen an die Kanzel ging, um das Publikum zu begrüßen, geriet er ins Schwärmen. „Es ist eine Freude, ihn spielen zu sehen und zu hören. Ich habe selten einen Musiker mit so viel Leidenschaft und Begeisterung für das Instrument Orgel gesehen“, meinte er mit Blick auf Marco Heise, der neben ihm stand. 

Es sei ihm eine „Herzensangelegenheit“ gewesen, dieses Konzert zu Ehren von Mariä Himmelfahrt nicht allein zu bestreiten und dem jungen Mann, der ihn ein halbes Jahr vertreten hatte, die Gelegenheit zum Spiel zu geben. „In dem halben Jahr lernt man so viel im Dienst. Und er hat ein halbes Jahr lang hier nur gegessen, getrunken, gespielt und geschlafen.“

Ein persönliches Konzept

Selbst wünschte der 20-jährige gebürtige Hesse den Zuhörern in dem gut gefüllten Gotteshaus „viel Freude“ für die kommende Stunde und stellte persönlich sein Konzept vor, in dem er früheren Basilikaorganisten an diesem Nachmittag mit ihren Arbeiten die Ehre geben wolle.

Danach ging es für die beiden Musiker ans Instrument – den Anfang machte der etablierte Maestro Lehnen. Er hatte sich für Johann Sebastian Bach als Komponist entschieden und bot zunächst die „Sínfonia“ aus der Kantate BMV 29 in der Transkription von Alexandre Guilmant.

Eine melodiöse Illusion

Danach machte er sich an Bachs „Triosonate C-Dur“- und tatsächlich gelang es dem Basilika-Organisten, mit seinem flinken, leicht anmutenden und zugleich differenzierten Anschlag die melodiöse Illusion zu erzeugen, „als stünden tatsächlich drei Musiker im Raum und würden musizieren.“ Diese Impression hatte er zuvor angekündigt.

Im Anschluss daran spielte Lehnen eine „Fantasie über den Introitus des Hochfestes Maria Aufnahme in den Himmel“, die in ihrem improvisatorischen Stil fast dem Charakter einer eigenständigen, fast modern anmutenden Filmmusik nahekam. Mit unfassbarer Dynamik und mit Feuer beendete er ein bewegendes Stück Musik.

Nach so einer hohen Messlatte durfte Marco Heise an der Seifert-Orgel sein Können unter Beweis stellen. Zum Einstieg wählte er Gustav Buschs „Passacaglia in f“, ein durchaus eigenständig-dichtes, noch etwas zurückgenommenes Werk, das er am Ende hymnisch „groß“ werden ließ.

Ein großes Talent

Auch Max Regers „Moto Ostinato“ aus dem Op. 69, Nr. 3 wirkte schon etwas komplexer, kontrastreicher, ebenfalls mit einer fast „filmischen“ Klangsprache. Düster, temporeich, dabei flacher im Anschlag als Lehnen interpretierte er die „Toccata B-Moll“ aus dem Opus 53 von Louis Vierne. 

Getragen, aber im Ausdruck noch nicht so stark gerieten dann die beiden Böse-Choralbearbeitungen „Nos autem Gloriari“ und „Viri Galilaei“ über Introitusgesänge aus den thematischen Choralvorspielen.

Wolfgang Seifens „Introduktion“ geriet sehr moll-lastig, der „Choral“ getragen mit versöhnlichem Ende und die „Toccata“ mit klug eingesetztem Stakkato mit spannenden Klangspektren und großer Macht. Höhepunkt des Konzerts wurde aber sein eigenes Finale über „Salve Regina“, bei dem er förmlich eine schäumende Brandung an Klangwellen durch das Kirchenschiff jagte – schnell, flirrend, virtuos, mit großem Feuer und Verve.

Ergriffene Zuhörer

Das Publikum, ergriffen von der Darbietung, quittierte das Ende mit minutenlangem Applaus. Einige gratulierten ihm nach dem Konzert spontan, eine Dame meinte: „Das kommt ja an Lehnen und an Seifen dran.“

Lehnen lobte sein „brilliantes Gehör, seine Aufassungsgabe, seine guten Ideen und seine Selbstdisziplin.“ Und Heise drückte aus, was er aus seiner Kevelaerer Zeit für sein Orgelstudium in Berlin mitnehmen wird: „Die Gelegenheit, diese Orgel zu spielen – und die Bekanntschaft vieler netter Leute.“