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Bund fördert Sanierung der Seifert-Orgel in der Marienbasilika

Mit 395.000 Euro aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm IX fördert der Bund die Sanierung der großen Orgel in der Marienbasilika. Die Freigabe der Mittel erfolgte am gestrigen Mittwoch, 6. Mai, durch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages. Die Katholische Kirchengemeinde St. Marien und der Orgelbauverein haben es sich zum Ziel gesetzt, die Orgel in ihren Ursprungszustand von 1907 zu versetzen. Im Laufe der Zeit, insbesondere im und nach dem Zweiten Weltkrieg, hatte die Orgel erhebliche Schäden erlitten. Mit der Förderung ist ein Schritt für die Restaurierungs- und Reparaturmaßnahmen gemacht.

„Ich freue mich sehr, dass unsere Bemühungen erfolgreich waren und die Sanierung der Orgel der Marienbasilika durch den Bund gefördert wird. Als Zentrum der Wallfahrt in Kevelaer ist die Marienbasilika für Gläubige aus ganz Europa ein bedeutsamer Ort und ein prägendes Monument des Kreises Kleve“, äußert sich die SPD-Bundestagsabgeordnete für den Kreis Kleve, Barbara Hendricks. Das Denkmalschutz-Sonderprogramm richtet sich an national bedeutsame oder das kulturelle Erbe mitprägende unbewegliche Kulturdenkmäler. Hierfür werden im Bundeshaushalt 30 Millionen Euro bereitgestellt.

Eine Blütenpracht neben der Basilika

Man muss nicht nach Bonn oder Japan reisen, um die Kirschbaumblüte bewundern zu können. Zwei prächtige Spanische Kirschbäume verzaubern mit ihrer üppigen Blütenpracht die östliche Seite der Marienbasilika.

Gestiftet wurden diese von Adele Aengenheyster. Und nicht nur Enkeltochter Birgit Aengenheyster erfreut sich bei jedem Blick und Gang aus der Haustür des rosafarbenen Blütentraumes. Jeder Besucher, der vom Basilikaparkplatz kommt, erlebte in den vergangenen Tagen diesen Anblick und so manche Kamera hielt den Augenblick fest.

Gestiftet wurden die Bäume damals, „da der Vorgängerbaum wegen einer Baumkrankheit gefällt wurde“, berichtet Birgit Aengenheyster. „Ein großer Blumenkübel, der von meinen Eltern Heinz und Marlene Aengenheyster gespendet wurde, steht jetzt im Innenhof des Priesterhauses, weil die Blumen nachts regelmäßig Opfer von alkoholisierten Menschen wurden. Dann kamen die beiden Bäume. Hoffentlich dürfen sie den Umbau Johannes-Stalenus-Platz überleben.“

Sein letzter irdischer Weg

Sogar in der Antonius-Kirche stand für einige eine Leinwand zur Verfügung, und die Basilika war so voller Menschen, dass einige in dem hinterem Bereich stehen musssten. Das Bedürfnis der Kevelaerer, „ihren“ früheren Wallfahrtsrektor Richard Schulte Staade auf seinem „letzten irdischen Weg“, wie es Weihbischof Stefan Zekorn in seiner Predigt später formulierte, zu begleiten, war immens.

Auch zahlreiche Kevelaerer Vereine versammelten sich vor der Basilika, um dem Ehrenbürger der Stadt in der Kirche und später auf dem Weg zum Friedhof die letzte Ehre zu erweisen. „Wo soll man anfangen?“, fragte Michael Kalcker von der Seb und beschrieb ihn angesichts seiner vielen Verdienste als „entscheidende Persönlichkeit für Kevelaer“.

Raphael Freiherr von Loe, verband mit ihm zahlreiche bewegende Erinnerungen. „Er hat mich zur Firmung geführt, hat eine wunderbare Festpredigt zu 600 Jahren Kapelle auf Schloss Wissen gehalten. Es gab spirituell wunderbare Erlebnisse mit ihm.“ 

Bewegendes Abendgebet am Freitag

Am Vorabend der Beerdigung hatte es in der Basilika bereits ein bewegendes Abendgebet gegeben, bei dem der Männergesangsverein zum Gedenken an Schulte Staade seine Stimmen erklingen ließ.

Der amtierende Wallfahrtsrektor Gregor Kauling hatte an diesem Abend bereits davon gesprochen, dass Schulte Staade eine integrierende Persönlichkeit besaß, die „die Menschen nicht zu sich geführt hat, sondern zu Gott und der Mutter Gottes.“

Am Samstagvormittag kamen zu den vielen Kevelaerern noch die zahlreichen kirchlichen Würdenträger. Aus dem Bistum Münster waren unter anderem der frühere Niederrhein-Weihbischof Wilfried Theising und Schulte Staades damaliger Nachfolger Stefan Zekorn anwesend.

Auch Bischöfe aus den Niederlanden, Belgien und Luxemburg sowie Gäste aus der Politik – so wie die frühere Bundesministerin Barbara Hendricks – und der Gesellschaft wollten von dem Gottesmann Abschied nehmen.

Der Münsteraner Weihbischof Stefan Zekorn zelebrierte dann zusammen mit dem emeritierten Bischof aus Rotterdam, Adrianus van Luyn, und dem Roermonder Bischof Harrie Smeets das feierliche Pontifikalrequiem.

Ein Mann tiefer Marienfrömmigkeit – und ein Netzwerker

Richard Schulte Staade war vieles“, zählte Stefan Zekorn dann in seiner Predigt die vielen Funktionen und Interessensgebiete des Verstorbenen auf, der an diesem Tag 88 Jahre alt geworden wäre. „Ehrenbürger, Ehrenpräses, Kuratoriumsvorsitzender, 30 Jahre Mitglied des Priesterrates und des Bistums, Organisator, Pilger, Reiseleiter, Gastgeber, Liturgiegestalter, Bauherr, Antiquitätensammler, Musikliebhaber…. und diese Reihe ließe sich mühelos noch fortsetzen.“ Und er erinnerte an die Besuche von Johannes Paul II. und Mutter Teresa, die ohne Schulte Staade nicht zustande gekommen wären.

Als er sein Nachfolger wurde, habe er versucht, die Handlungen seines Vorgängers zu verstehen. “Da ist mir deutlich geworden, daß er die Gemeinschaft des Priesterhauses, die Pfarrei, die Wallfahrt, und seine Freunde im Grunde wie eine große geistliche Familie im Sinne des Evangeliums gesehen hat.“ Zentral seien für ihn die „vier Worte, die alle von Richard Schulte Staade“ an vielen Orten angebracht wurden und die er in seiner Anfangszeit in Kevelaer überall entdeckte, gewesen: „Mater mei memento dei“ („Mutter Gottes, gedenke meiner“). Die Gottesmutter sei „im inneren Bezirk seines Lebens“ wie die Gnadenkapelle des Wallfahrtsortes Kevelaer gewesen. Schulte Staade habe „aus einer einfachen Marienfrömmigkeit“ heraus gelebt, dazu eine tiefe Beziehung gehabt, sagte Zekorn. Für ihn sei „Maria die „consolatrix afflictorum“, „ die den Betrübten Trost spendet und einen neuen Weg im Leben eröffnet“. Dieses Gedenken habe ihn geprägt in der Pflege „einer großen Vielfalt menschlicher Beziehungen“. Schulte Staade habe „soziale Netzwerke gepflegt, lange bevor es diesen Begriff überhaupt gab“. Deswegen habe er auch „die Internationalität und die freundschaftlichen Verbindungen in die Niederlande, nach Belgien und Luxemburg“ so gepflegt, weil er die „geschwisterliche Begegnung in der Kirche“ als wichtig empfunden habe.

Fürsorglich-familiäre Zuneigung

Ungezählte Kevelaerer, Pilger, Familie und Freunde“ hätten „diese fürsorglich-familiäre Zuneigung und Zuwendung erfahren.“ Gleichzeitig sei das für manche „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht leicht“ gewesen, „weil immer zu dieser familiären Perspektive die Forderung nach einem ganz großen persönlichen Einsatz gehörte.“ Auf diese Weise habe er 31 Jahre lang die Pfarrei gestaltet und vor allem in dieser Haltung über viele Jahre junge Leute begleitet „und ihnen geholfen, ihren Lebensweg zu finden.“ In den Kontext stellte er auch die letzten Worte gegenüber Gregor Kauling am Vorabend seines Todes: „Ihr müsst die Jugend zur Mutter Gottes führen und das Unsichtbare sichtbar machen.“ Deshalb habe Schulte Staade die Kevelaerer Kirchenliturgie so gestaltet, „dass das Sakrale, die geheimnisvolle Gegenwart des unsichtbaren Gottes ein bisschen sichtbar wird.“ Die Worte „Selig sind, die bei Dir wohnen“ sollte jetzt „auch für den Rektor der Wallfahrt, der selbst Pilger war, endgültig in Erfüllung gehen.“

Zum Abschluss zitierte Zekorn die Worte der Kirchenzeitung zum „25-jährigen Ortsjubiläum“ von Richard Schulte Staade: „Wir schauen in diesen Tag als Pfarrei St. Marien in großer Dankbarkeit zurück auf das segensreiche Wirken unseres Pastors. Wir erleben einen Mann Gottes, geprägt von großer Religiosität, beeindruckender Schaffenskraft und Beharrlichkeit und einem überzeugenden Stehvermögen, wenn die persönliche Überzeugung dies erfordert.“

Im Anschluss an das Requiem positionierte sich die Trauergemeinde am Priesterhaus, führte der Weg des Sarges vor das Gnadenbild. Pfarrer Gregor Kauling stimmte das „Ave Maria“, die Gemeinde das Lied „Maria breit den Mantel aus“ an. Anschließend zog die Prozession über die Hauptstraße vorbei an der St. Antonius-Kirche zum Friedhof. Dort wurde Schulte Staade beigesetzt.

Ein Macher und ein Christ

Zeitzeugen erinnerten sich am Tag der Verabschiedung an die Person Richard Schulte Staade

Im Petrus-Canisius-Haus und im Priesterhaus nutzten mehrere hundert Gäste die Gelegenheit, sich noch einmal an den Verstorbenen zu erinnern.

Der berühmte Düsseldorfer Bildhauer Bert Gerresheim, der viel mit Richard Schulte Staade in Kevelaer zusammen gearbeitet hat und mit ihm befreundet war, sagte: „Er war ein Mensch, der etwas von Kultur verstand und ein guter Christ. Er war außer dem Kardinal in Köln mein bester und verständnisbereitester Auftraggeber. Man konnte alle Dinge besprechen, man wurde nicht gegängelt und man behielt die künstlerische Freiheit, auch wenn man natürlich auch mal Grenzen aufgezeigt bekam. Das war eine Gnade des Himmels, dieser Mann:“

Der Kevelaerer Ortsvorsteher Edmund Bercker dachte spontan „an eine schöne Reise, nachdem er im Ruhestand war, nach Süddeutschland zu Wallfahrtsorten, die ich ganz gut kenne.“ Für ihn sei es „eine Freude“ gewesen, „mit so einer Persönlichkeit zusammengearbeitet zu haben. Er war ein Manager in Sachen Gottes, insbesondere der Mutter Gottes, und wusste, was er wollte. Das kleinste Gnadenbild der Welt hat sein Leben und meins bestimmt.“

Der emeritierte Bischof von Aachen, Heinrich Mussinghoff, erinnerte sich daran, dass er mit Schulte Staade „um die gleiche Zeit Domvikar in Münster“ geworden sei. Als Bischof sei er häufig mit Gruppen in Kevelaer gewesen und habe einen „großen Gastgeber“ erlebt. „ Er war ein frommer Mensch – nicht im Sinne einer Bilderbuchfrömmigkeit, sondern zupackend, dem Menschen zugewandt und sehr stark in der Marienverehrung verwurzelt.“

Auch die  Rheinberger Unternehmerin Christiane Underberg hatte eine ganz persönlichen Draht zu dem Prälaten „von Jugend aus über meine Familie.“ Schulte Staade sei „so eine herausragende Persönlichkeit in der Breite seiner Talente und Fähigkeiten und mit einer charakterlichen Stärke und Persönlichkeit. Davon hätte ich gerne noch mehr von auf dieser Erde.“

Bürgermeister Dominik Pichler räumte dem Ereignis fast sowas wie historische Bedeutung ein: „Ich habe eben auf dem Rückweg zu David Burau gesagt, dass wir eine Beerdigung in dieser Größenordnung in Kevelaer in den nächsten 50 Jahren sicher nicht mehr sehen werden.“ Richard Schulte Staade „war Pastor, als ich nach Kevelaer zog 1983. Irgendwann verließ ich Kevelaer, um zu studieren und das Referendariat zu machen. Als ich 2005 wiederkam, war er immer noch Pastor in St. Marien.“ All das drücke schon die Dauer seines Wirkens aus. Er sei „nicht nur Seelsorger, sondern auch ein Macher“ gewesen, der „baulich für die Wallfahrt und für die Stadt“ viel bewirkt habe. „Das ist der Grund, warum heute auch von sehr vielen Vereinen und Bürgern Abschied genommen wurde, die ihn als charismatischen Macher und frommen Geistlichen auch konfessionsübergreifend wahrgenommen haben. Er war nicht nur für die Katholiken da und stand nicht nur für den Kapellenplatz.“

Auf der Suche nach etwas Schönem

Im Schein vieler Kerzen, mit blau-lila Lichtstrahlern in der Basilika, mit der Orgelmusik von Elmar Lehnen und dem Gesang des Familienchores unter Leitung von Romano Giefer zeigte sich die Basilika zur Adventsvigil in besonderer Atmosphäre.

„Advent – Experiment: Jahr für Jahr öffnen wir Türen und Tore, machen sie hoch und weit, bereiten uns vor, lassen uns ein auf den, der da kommen will“, beleuchteten Dr. Bastian Rütten und Annette Giefer den Zauber dieser Zeit. In seiner Ansprache ging Rütten auf das ein, was bei Google 2019 am meisten gesucht wurde und stellte die Frage in den Raum:

„Wonach haben Sie 2019 in ihrer Herz-Google-Maschine am meisten gesucht? Was waren Ihre größten Sorgen, Herausforderungen, mit denen Sie unterwegs waren?“ Im Advent gelte es, mit der Herz-Google-Maschine zu experimentieren und lud dazu ein: „Schmeißen wir sie an und versuchen wir, unsere Wurzeln zu pflegen, damit daraus etwas Schönes, eine Rose entspringen kann. Eine Wurzelbehandlung tut in diesen Tagen sicher gut.“

Eindrucksvoll ließ Elmar Lehnen auf der Seifert-Orgel anschließend tiefe, bohrende Geräusche entstehen, die wohl viele an schmerzliche Zahnarztbesuche erinnerten.

Pastor Gregor Kauling ging mit dem Allerheiligsten segnend durch die einzelnen Kirchenbankreihen und lud alle anschließend zu einer Zeit der Experimente und der Möglichkeiten ein, aufmerksam und wachsam zu sein.

Neben einem Fürbittbuch gab es die Möglichkeit, Bibelsprüche oder Hl.-Geist-Zitate zu ziehen, ein Licht zu entzünden, die eigene Taufe mit Weihwasser bewusst zu erneuern, Weihrauch aufsteigen zu lassen oder das Gespräch mit einem Seelsorger zu suchen.

Vortrag mit Orgelspiel zum 100. Todestag des Malers Friedrich Stummel

Als Elmar Lehnen, Organist der Marienbasilika in Kevelaer, an diesem Abend zum ersten Mal die Orgel erklingen lässt, sind die Schwingungen des tiefen, satten Tons förmlich zu spüren. Die Musik lässt das Gotteshaus mit seinen hohen Wänden und den angestrahlten Malereien noch eindrucksvoller wirken.
Und so spricht Weihbischof Dr. Stefan Zekorn, einst Wallfahrtsrektor in Kevelaer, auch von einem „Gesamtkunstwerk“, als er in der Basilika über den Maler Friedrich Stummel referiert.
Stummel, der vor 100 Jahren starb, war für die künstlerische Ausgestaltung der Kirche verantwortlich. „Als Gesamtkunstwerk“, erläutert der Weihbischof, „bezeichnet man seit dem 19. Jahrhundert ein Werk, in dem verschiedene Künste wie Musik, Dichtung, Theater, Architektur und Malerei vereint sind.“
Alles in der Basilika diene dem Lobpreis Gottes, führt Zekorn weiter aus. „Wer in der Basilika einem festlichen Gottesdienst beiwohnt, der kann seine Seele und seine Sinne von all dem umfangen und prägen lassen. Alle, ja wirklich alle Sinne, werden bei einer festlichen Messfeier in der Basilika angespro-chen. Und vieles davon verdanken wir Stummels Genie“, erklärt er.
Im Laufe des Abends geht Zekorn auf unterschiedliche Themen ein und gibt den Zuhörerin-nen und Zuhörern Einblicke in die künstlerischen, inhaltlichen und spirituellen Aspekte von Stummels Werk. Dazu lässt er Fotos der Malereien auf eine Leinwand projizieren und weist auf Details hin, die bei einer ersten Betrachtung wohl kaum ins Auge fallen würden. Einige Darstellungen, weiß Zekorn, sind kunstgeschichtlich einzigartig und ausschließlich in Kevela-er zu finden.
Das „Gesamtkunstwerk Basilika“ lasse sich aber nur mit Orgelspiel erfahren. Zekorn bittet die Besucher, in den hinteren Teil der Basilika zu gehen und, während Lehnen spielt, langsam nach vorne zu kommen und die Atmosphäre wirken zu lassen. Ein Experiment, das viele Teil-nehmer sichtlich beeindruckt. Überhaupt schafft Lehnen es immer wieder, in kurzen Pausen den Vortrag des Weihbischofs aufzugreifen und musikalisch mit den passenden Liedern um-zusetzen.
Nachdem Zekorn etwa über die Darstellung der Wurzel Jesse gesprochen hat, spielt der Organist Variationen von „Es ist ein Ros‘ entsprungen“. Mal leise, fast zaghaft und mal mit der ganzen Klangfülle, die die Orgel zu bieten hat, interpretiert er im Laufes des Abends viele bekannte Kirchenlieder.
„Wir werden, was wir schauen“, sagt Zekorn zum Ende seines Vortrags. Wer nur Gewalt se-he, bei dem könne die Schwelle zur Gewalt gesenkt werden. Wer aber Gutes sehe, der wer-de davon geprägt. So könne die Basilika „unsere Augen und alle unsere Sinne prägen“, er-klärt Zekorn und verweist auf Maria und das Gnadenbild, das als letzte Projektion im Altar-raum zu sehen ist: „Viele, die unser Gnadenbild anschauen, verlassen es verwandelt.“ Wer Maria anschaue, in dem wachse der Wunsch, „zu werden wie sie“, erklärt Zekorn.

Das Jawort des Glaubens

Bereits eine halbe Stunde vor Beginn saßen die zahlreichen Pilger und Gläubigen in der vollbesetzten Basilika zusammen. Dort übten sie zu den Klängen von Basilikaorganist Elmar Lehnen bereits erste Gesangspartien wie „Maria breit den Mantel aus“ – ein mehr als deutlicher Hinweis auf den besonderen festlichen Charakter des Tages als der „äußeren Feier Maria Himmelfahrt.“

Um Punkt 10 Uhr betraten dann der Kevelaerer Wallfahrtsrektor Gregor Kauling und sein Gast – der rumänische Bischof László Böcskei – die Stufen der Basilika, um mit den Gläubigen dieses große Ereignis zu feiern. Kauling begrüßte die zahlreichen Pilgergruppen, ließ auch eine ausführliche Einleitung auf niederländisch folgen. In seinen einleitenden Sätzen erinnerte sich Böcskei daran, wie er nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ nach 1989 die Ehre haben durfte, das Bildnis der Gottesmutter in Kevelaer sehen zu dürfen.

„Maria ist für uns Christen Schutz, in guten Zeiten wie in Zeiten der Bedrängnis und Verfolgung“, unterstrich er sicher auch angesichts der eigenen Erfahrung Rumäniens mit Diktatur und Unterdrückung ihre Bedeutung. Man fühle sich in der Nähe Marias „immer gut begleitet zu Hause – und ich fühle mich in Kevelaer zuhause.“

Eine Zumutung und ein Zutrauen

Glaube, so führte er später in seiner Predigt aus, müsse „aus dem Fundament der Zuversicht“ kommen. „Glaube verbindet und ist verbindlich“, zog er die Parallele zum Jawort am Traualtar. „Das Jawort des Glaubens ist ein verbindliches und verbindendes Versprechen.“ Die Treue müsse sich beweisen, das Glaubensversprechen eingehalten und eingelöst werden. Glaube sei so gesehen für die Menschen eine Zumutung und ein Zutrauen. „Er traut uns etwas zu, nimmt uns ernst und in die Pflicht.“ Die heilige Schrift kenne dafür das Wort des „Gehorsams“.

Er sprach dabei von dem „christlichen Glaubensgehorsam Gott und der eigenen Berufung gegenüber.“ Es gebe keinen anderen Weg zum Heil und zu einem sinnvollen Leben. „Das lehrt uns der Weg Gottes und der Gottesmutter selbst.“ Mit Bezug auf das Lukas-Evangelium und die Begegnung zwischen Maria und der schwangeren Elisabeth, deren Kind im Bauch bei der Begrüßung durch Maria zu hüpfen beginnt, machte er deutlich: Der lebendige Glaube habe Maria durch alle Herausforderungen geleitet, ihrem Leben Richtung und Sinn gegeben. „Die wahre menschliche Größe hat nur in Gott seinen Ursprung.“

Den päpstlichen Segen erteilt

In Zeiten von „Umwälzungen und Verwirrungen unserer Tage, wo wir rechts und links nicht mehr unterscheiden können“, sei Maria eine „tatkräftige Hilfe, von der wir lernen können“, führte Böcskei weiter aus. Es gebe eine Reihe von „Zerrbildern“ in diesen Tagen, „die uns den Blick verstellen.“ Der „Blick auf Maria“ aber schaffe „Klarheit und geistige Beständigkeit.“ In Rumänien gebe es zahlreiche Statuen, die Maria als „glaubende Frau“ darstellten – und das sei der entscheidende Kern. „Sie hat geglaubt, was Gott ihr offenbart hat.“ Und diejenigen, die zu ihr pilgern, „haben in ihr ein starkes Vorbild und eine Wegbegleiterin“, so der Bischof, der im Anschluss an das Hochamt dann auf den Stufen der Basilika den päpstlichen Segen erteilte.

Nicht nur seine Worte hinterließen bei den Anwesenden Eindruck – Gleiches galt auch für den musikalischen Rahmen der Feierlichkeiten. Der Basilikachor unter der Leitung von Romano Giefer bot im Zusammenspiel mit Elmar Lehnen an der Orgel wie schon zur Wallfahrtseröffnung am 1. Mai die „Messe solennelle“ opus 16 von Louis Vierne dar.

Ein würdiger Abschied

Als Elmar Lehnen auf den Altarstufen an die Kanzel ging, um das Publikum zu begrüßen, geriet er ins Schwärmen. „Es ist eine Freude, ihn spielen zu sehen und zu hören. Ich habe selten einen Musiker mit so viel Leidenschaft und Begeisterung für das Instrument Orgel gesehen“, meinte er mit Blick auf Marco Heise, der neben ihm stand. 

Es sei ihm eine „Herzensangelegenheit“ gewesen, dieses Konzert zu Ehren von Mariä Himmelfahrt nicht allein zu bestreiten und dem jungen Mann, der ihn ein halbes Jahr vertreten hatte, die Gelegenheit zum Spiel zu geben. „In dem halben Jahr lernt man so viel im Dienst. Und er hat ein halbes Jahr lang hier nur gegessen, getrunken, gespielt und geschlafen.“

Ein persönliches Konzept

Selbst wünschte der 20-jährige gebürtige Hesse den Zuhörern in dem gut gefüllten Gotteshaus „viel Freude“ für die kommende Stunde und stellte persönlich sein Konzept vor, in dem er früheren Basilikaorganisten an diesem Nachmittag mit ihren Arbeiten die Ehre geben wolle.

Danach ging es für die beiden Musiker ans Instrument – den Anfang machte der etablierte Maestro Lehnen. Er hatte sich für Johann Sebastian Bach als Komponist entschieden und bot zunächst die „Sínfonia“ aus der Kantate BMV 29 in der Transkription von Alexandre Guilmant.

Eine melodiöse Illusion

Danach machte er sich an Bachs „Triosonate C-Dur“- und tatsächlich gelang es dem Basilika-Organisten, mit seinem flinken, leicht anmutenden und zugleich differenzierten Anschlag die melodiöse Illusion zu erzeugen, „als stünden tatsächlich drei Musiker im Raum und würden musizieren.“ Diese Impression hatte er zuvor angekündigt.

Im Anschluss daran spielte Lehnen eine „Fantasie über den Introitus des Hochfestes Maria Aufnahme in den Himmel“, die in ihrem improvisatorischen Stil fast dem Charakter einer eigenständigen, fast modern anmutenden Filmmusik nahekam. Mit unfassbarer Dynamik und mit Feuer beendete er ein bewegendes Stück Musik.

Nach so einer hohen Messlatte durfte Marco Heise an der Seifert-Orgel sein Können unter Beweis stellen. Zum Einstieg wählte er Gustav Buschs „Passacaglia in f“, ein durchaus eigenständig-dichtes, noch etwas zurückgenommenes Werk, das er am Ende hymnisch „groß“ werden ließ.

Ein großes Talent

Auch Max Regers „Moto Ostinato“ aus dem Op. 69, Nr. 3 wirkte schon etwas komplexer, kontrastreicher, ebenfalls mit einer fast „filmischen“ Klangsprache. Düster, temporeich, dabei flacher im Anschlag als Lehnen interpretierte er die „Toccata B-Moll“ aus dem Opus 53 von Louis Vierne. 

Getragen, aber im Ausdruck noch nicht so stark gerieten dann die beiden Böse-Choralbearbeitungen „Nos autem Gloriari“ und „Viri Galilaei“ über Introitusgesänge aus den thematischen Choralvorspielen.

Wolfgang Seifens „Introduktion“ geriet sehr moll-lastig, der „Choral“ getragen mit versöhnlichem Ende und die „Toccata“ mit klug eingesetztem Stakkato mit spannenden Klangspektren und großer Macht. Höhepunkt des Konzerts wurde aber sein eigenes Finale über „Salve Regina“, bei dem er förmlich eine schäumende Brandung an Klangwellen durch das Kirchenschiff jagte – schnell, flirrend, virtuos, mit großem Feuer und Verve.

Ergriffene Zuhörer

Das Publikum, ergriffen von der Darbietung, quittierte das Ende mit minutenlangem Applaus. Einige gratulierten ihm nach dem Konzert spontan, eine Dame meinte: „Das kommt ja an Lehnen und an Seifen dran.“

Lehnen lobte sein „brilliantes Gehör, seine Aufassungsgabe, seine guten Ideen und seine Selbstdisziplin.“ Und Heise drückte aus, was er aus seiner Kevelaerer Zeit für sein Orgelstudium in Berlin mitnehmen wird: „Die Gelegenheit, diese Orgel zu spielen – und die Bekanntschaft vieler netter Leute.“

Bewegendes Gesangskonzert in der Basilika

Kevelaer. Ergriffen erhoben sich die Menschen von den Kirchenbänken und spendeten den Künstlern vor dem Altar langanhaltenden, dankbaren Applaus. „Da läuft es einem kalt den Rücken runter“, fasste der Straelener Reinhard Derks das in Worte, was viele Besucher kaum zu fassen wagten.
Selten so ergriffen
Selten hat man ein Publikum in der Basilika so ergriffen und auch berührt gesehen wie an diesem Abend. Der Grund für die überschwängliche Begeisterung war der Auftritt des „Don Kosaken Chor Serge Jaroff ® Leitung: Wanja Hlibka“, der von dem jüngsten Solisten des Chores, Wanja Hlibka nach dessen Ableben und einer längeren Pause wieder reaktiviert worden war und seitdem in den großen Konzerthallen und Kathedralen Europas wieder unterwegs ist.
Warum diese Musik des rund 20-köpfigen Ensembles die Menschen so für sich einnimmt, hat einen ganz einfachen Grund: Gesangliche Brillianz trifft auf gefühlvolle, fast sentimentale russische Volksweisen und Melodien, die mit Inbrunst und tiefem Ausdruck vorgetragen werden und somit das Ohr und die Herzen der Menschen mühelos zu erreichen scheinen.
Das beeindruckte die Zuhörer in der gut gefüllten Basilka nachhaltig – ob nun mit Gretschaninows „Credo“, dem „Vater unser“ von Kedrov oder dem „Herr erbarme dich“ , bei dem die Männer eine geradezu pathetische „Gesangsmauer“ auferstehen ließen, um dann in einem ungeheuer schnellen Singsang überzugehen, dabei tief ansetzten und wieder aufstiegen.
Erhaben und feierlich durchdrang dann auch Rachmaninows „Oh Herr wir singen Dir“ das Kirchenschiff. Beeindruckend war der große Stimmumfang, den die Gesangsformation zu bieten hatte – von den tiefen Bässen bis zum höchsten Tenor.
Dazu kommt die markante Wucht und die akustische Voluminösität der Stimmen, die den dargebotenen Kompositionen noch einmal einen gewaltigen Schub verliehen und die Basilika so dermaßen räumlich erfüllten, als würden Hunderte von Männern dort stehen und ihre Lieder zum Besten geben.
Natürlich durften die „Abendglocke“ und die „Legende von den zwölf Räubern“ in dem Repertoire nicht fehlen – geschlossen harmonisch und solistisch absolut beeindruckend vorgetragen. Bei „Oh bete Freund“ schwangen sich Solist und Kollektiv zu großen Höhen auf und sorgten beim Publikum für Kopfschütteln angesichts diesen Gesangs.
Zum Herzerweichen schön geriet dann das russische Volkslied „Eintönig klingt hell das Glöckchen“ mit einem Solisten, der wie ein Engel aus dem Himmel klang. Bescheiden bedankte er sich danach mit einer tiefen Verbeugung beim Publikum, das seine Leistung mit Ovationen und Bravorufen würdigte.
Mit dem Klassiker „Ich bete an die Macht der Liebe“ endete ein außergewöhnliches Konzert, von dem nur zu hoffen ist, dass es in so einem Rahmen noch mal stattfinden kann.

Der Turm der Basilika

Kevelaer. Am 10. April 1883 gab es den Startschuss zum Baubeginn für den 93 Meter hohen Turm der heutigen Basilika. Zunächst wurde das Notdach, welches den bereits fertiggestellten Bau sicherte, der bis zur Dachspitze reichte, entfernt. 1884 wurde der Bau vollendet. Die Pläne des Kölner Dombaumeisters Vincenz Statz waren damit umgesetzt und der mehr als 90 Meter hohe Turm fertiggestellt. Seit dieser Zeit ist der Turm ein viel fotografiertes Motiv.
Jeder Kevelaerer Bürger kennt den Turm von außen und einige nutzten früher die Möglichkeit, beim „Kaffeetrinken im Pastors Garten“ mit den Messdienern den Turm zu besteigen. Aus versicherungstechnischen Gründen wurde dieses Angebot eingestellt. Auch für die Organisten, das Basilikaorchester und den Basilikachor ist der Zugang zum restlichen Turm ab der Empore mit einer dicken Holztüre und darauf befindlichen spitzen und nach vorne gerichteten Nägeln gesperrt. Nur die Küster, die bis in die Spitze des Turmes die Fahnen hängen müssen, dürfen hier noch weiter.
Einige Geschichtsdaten sind fest mit dem Turm verbunden. Am 1.9.1939, also am Tag des Kriegsausbruchs, wurde das Gnadenbild zusammen mit Weihegaben, verlöteten Tuben und mit einer vom damaligen Wallfahrtsrektor Wilhelm Holtmann unterzeichneten Urkunde in einem verzinkten Blechkasten im Fußboden der Turmhalle der Basilika vergraben und eingemauert. Am 27.4.1942 wird die erste Bronzeglocke aus dem Basilikaturm geholt. Am 1.4.1954 Weihe von fünf neuen Glocken für die Basilika durch Weihbischof Heinrich Roleff. Es sind aus Stahl gegossene Glocken als Ersatz für die im Krieg beschlagnahmten aus Bronze. Am 25.8.1974 fällt vom Basilikaturm herabstürzendes Gestein auf einen Wasserspeier und reißt ihn mit in die Tiefe. Dieser erschlägt eine ältere Pilgerin aus Holland, mehr als zehn weitere Personen werden verletzt. Seit dem 29. Juni 2002 trägt der Turm ein drei Tonnen schweres Kunstwerk aus Bronze im Maßwerk über dem Hauptportal der Basilika. Bert Gerresheim schuf das monumentale Hochrelief „Apokalypse“ oder „Wiederkehr des auferstandenen Christus“. Vom 3.7.-15.8.2002 kommen zu den fünf vorhandenen Glocken drei große Glocken und eine kleine Glocke hinzu. Die Glockenweihe erfolgt durch Weihbischof Heinrich Janssen.
Der Turm beherbergt die Orgelanlage der Marienbasilika. Sie wurde in großen Teilen in den Jahren 1905–1907 von der Orgelbaufirma Ernst Seifert gebaut. Im Laufe der Jahrzehnte erhielt sie weitere Register und gilt heute mit ihren 149 als die größte romantische Orgel der Welt. Von der Orgel ist nur die prächtige Fassade im Inneren der Basilika zu sehen. Die über 10.000 Pfeifen befinden sich alle dahinter versteckt im Turm und machen den größten Teil der Königin der Instrumente aus.
Nicht nur schwindelfrei muss man sein, wenn man vom Basilikaturm nach unten schaut. Das Gleichgewichtsorgan sollte auch noch gut funktionieren, wenn man im Inneren hinaufsteigt. Man begeht eine steile Wendeltreppe aus Stein, ohne dass man zwischenzeitlich erkennen kann, wie hoch man bereits gestiegen ist. Man hat das Gefühl einen Drehwurm zu bekommen. Dass früher diese Treppe von zahlreichen Besuchern bewältigt wurde, zeigen eingeritzte Namenszüge und Daten im Putz der Seitenwände.
Auf der ersten Zwischendecke angekommen, findet man dort ein altes Uhrwerk der Turmuhr. Josef H. Schröer ist Spezialist für Turmuhren und hat erst vor Kurzem mit Dieter Goldschmidtböing (beide aus Bocholt) ein Uhrwerk des Xantener Doms restauriert und ein umfangreiches Buch über die Uhrwerke im Dom geschrieben. Das Uhrwerk im Basilikaturm identifizierte er als eine 1957 von der Fa. Bernard Vortmann in Recklinghausen in Westfalen gebaute Mechanik. Es fehlen das Pendel und das Hilfszifferblatt. Schröer ist aber noch im Besitz von Ersatzteilen für eine mögliche Reparatur, die er auch abgeben würde. Aus ebenfalls vorhandenen Auftragsbüchern der Fa. Vortmann, die 1963 geschlossen wurde, suchte Schröer die Uhr heraus und stellt das Foto davon dem Kevelaerer Blatt zur Verfügung. Hier ist sogar zu sehen, welchen Preis St. Marien hierfür bezahlen musste.
Vom Zwischenboden erfolgt nur ein kurzer Anstieg und man erreicht die ersten Glocken. Die zwei Meter großen Glocken hängen mit dem Pendelwerk an Balken, die durch mehrere Leimungen und Klemmschrauben fast einem Meter Stärke haben. Nur so können sie das Gewicht der Glocken beim Pendeln auffangen. Die Holzwände mit den großen Schallschlitzen die auch von außen zu sehen sind, verhindern, dass die Schallwellen beim Läuten den Turm einstürzen lassen. Um auf den unteren Balkon (wie am 1. Weihnachtstag die Musiker beim Turmblasen) zu gelangen, muss man im Balkengeflecht der Glocken über eine Leiter senkrecht wieder etwas herunterklettern.
Für die Küster geht es durch das Glockengestühl bis zur nächsten Plattform (hier ist die Uhr eingebaut), dann über Stahlleitern bis zu den oberen Außentüren, wo sie beim Päpstlichen Segen, das heißt, bei Anwesenheit eines Bischofs, die Fahnen aufhängen.

„Ich bin mit Leidenschaft dabei“

Kevelaer. Die Seifert-Orgel der Marienbasilika verfügt über 149 Register mit Fernwerk, insgesamt über 10.000 einzelne Pfeifen. Damit ist sie die größte Orgel Deutschlands in einem Gehäuse. Der „Herr der Basilikaorgel“ ist seit 2000 Elmar Lehnen. Der gebürtige Hinsbecker studierte Kirchenmusik an der Hochschule in Aachen und schloss danach noch das Konzertdiplom mit Auszeichnung in Paris ab. Im Jahr 1997 war er Preisträger im ersten internationalen Orgelwettbewerb in Korschenbroich. Neben dem Orgeldienst in der täglichen Liturgie der Kirche, dem Unterrichten eigener Schüler und Konzertreisen im In- und Ausland leitet Elmar Lehnen das Blasorchester des Musikvereins Kevelaer. Seit 2004 leitet er zudem den Chor Kalobrhi aus Nettetal. Mehrere CDs, Rundfunk- und Fernsehaufnahmen dokumentieren sein musikalisches Wirken. Das KB sprach mit dem engagierten Organisten und Musiker.
KB: Sie haben sich vor 17 Jahren auf die Stelle des Basilikaorganisten an der Marienbasilika beworben. Ihr Arbeitsplatz als Basilikaorganist ist an der größten deutschromantischen Orgel der Welt. Ist der Beruf des Basilikaorganisten hier in Kevelaer ein Traumjob?
Lehnen: Viele beneiden mich um diese große, einmalige Seifertorgel, aber um die Arbeit selber beneiden mich wenige. Als ich mich vor 17 Jahren hier bewarb, meinten einige Kollegen: „Du spinnst! Du bist verrückt! Dir wird doch langweilig, wenn Du jeden Tag „Gegrüßet seist Du, Maria spielen musst!“ Aber es ist zum Glück nicht so. All die bekannten Marienlieder wie „Segne Du Maria“ oder „Maria breit den Mantel aus“ spiele ich täglich und ich spiele sie immer wieder gern. Ich finde meine Arbeit gar nicht langweilig, ich bin mit Leidenschaft dabei.
KB: Wie oft sind Sie jeden Tag hier in den Kirchen rund um den Kapellenplatz?
Lehnen: Der Beruf bringt es mit sich, dass ich eigentlich täglich drei Gottesdienste und zwei Andachten an der Orgel begleite. Teilweise gibt es auch Tage, an denen ich von 8 Uhr morgens bis 8 Uhr abends hier verbringe. Neben den regulären Gottesdiensten und Andachten gibt es auch viele Hochzeiten, Taufen, Beerdigungen, Pilgermessen zu spielen. Daneben muss ich jeden Tag die Orgel pflegen. Außerdem unterrichte ich auch Orgelschüler. Ich müsste eigentlich auch täglich Literatur üben, aber dafür fehlt die Zeit.
KB: Es ist unglaublich, wie viele Tasten, Pedale und Registerknöpfe Sie hier an der Orgel im Spiel bedienen. Bei den Psalmen müssen Sie noch gleichzeitig ins Mikrophon singen. Kommt es auch mal vor, dass Sie sich vertun?
Lehnen (lacht): Ja, doch. Sicher! Das kommt auch vor.
KB: Kommen Sie eigentlich aus einer musikalischen Familie?
Lehnen: Nein, eher nicht. Meine Eltern sangen zwar beide gerne, aber sie spielten kein Instrument. Mein Vater Willi war Leiter einer Hauptschule in Hinsbeck, er sang mit den Kindern oft und gern Volkslieder und ging auch mal mit den Kindern dazu in den Wald. Meine Mutter Elfi war zunächst Hausfrau, später Sekretärin an der Schule meines Vaters.
KB: Wann begann Ihre musikalische Karriere?
Lehnen: Ich habe mit acht Jahren angefangen, Klavierunterricht bei unserem örtlichen Organisten zu nehmen. Mit 15 Jahren wurde dann Wolfgang Seifen mein Lehrer. Er führte mich auch an die Orgelmusik heran. Bis heute ist er mein großes Vorbild. Ich habe ihm unheimlich viel zu verdanken. Ohne ihn wäre ich nicht Organist geworden, sondern dann wäre ich heute Sport- und Musiklehrer oder Schauspieler. 1983 zog Seifen nach Kevelaer, wo er als Basilikaorganist wirkte. Für mich brach damals die Welt zusammen; er war ein toller Pädagoge und konnte seine Schüler so begeistern. Doch zum Glück brachte mich mein Vater anfangs immer zum Unterricht nach Kevelaer, nach der Führerscheinprüfung konnte ich selber fahren. Nach dem Schulabschluss leistete ich ein Jahr bei der Bundeswehr ab und der Kontakt verlief sich. Ich studierte dann im Gregoriushaus in Aachen. Bertold Botzet, der Organist in Nettetal war, hat mich auf das Studium vorbereitet.
KB: Was ist das Schöne an Ihrem Beruf, was das weniger Schöne?
Lehnen: Das Schöne ist der Freiraum, der mir gegeben ist, dass ich improvisieren kann. Da ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe, ist es für mich eigentlich keine Arbeit.
Das weniger Schöne ist die Tatsache, dass der Beruf so viel Zeit beansprucht, dass meine Familie und der Kontakt mit Freunden oft ein wenig auf der Strecke bleiben…
KB: Dieses Jahr war Ihr größtes Projekt „Mensch Maria!“. Sie haben dabei die Texte von Dr. Sebastian Rütten in Musik umgesetzt und für Solisten, Chor und Orchester Stimmen geschrieben. Vor kurzem hatten alle aktiv Mitwirkenden die Möglichkeit, die Videoaufnahme von „Mensch Maria!“ gemeinsam im Petrus-Canisius-Haus zu sehen. Wie war das für Sie?
Lehnen: Es war total beeindruckend, das Ergebnis zu sehen. Während der Arbeit fühlte ich mich wie ein kleines Puzzleteil, das für die Musik zuständig ist. Bei der öffentlichen Aufführung konnte ich das Gesamtpaket sehen und bewundern. Es ist wirklich ganz klasse geworden.
KB: Wie schaffen Sie das alles, gerade auch mit fünf Kindern?
Lehnen: Ich habe zum Glück meine Frau Biggi, die sich wunderbar um unsere Kinder und den Haushalt kümmert. Die beiden Großen sind auch schon außer Haus. Leider bleibt mir wenig Freizeit und meine Familie kommt oft zu kurz. Aber alle unterstützen mich in meinem Beruf und meiner Berufung und meine Frau und ich sind froh und stolz, dass alle unsere Kinder auch ein Instrument gelernt haben oder dabei sind. So hat sich unsere Liebe zur Musik schon vererbt.