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Das Landgericht Kleve verhandelt die Anklage gegen einen Kevelaerer wegen vielfachen sexuellen Kindesmissbrauchs. (Foto: aflo)

Die große Beute blieb aus

Wie groß der Druck für den Angeklagten war, erwies sich, als er einen seiner mutmaßlichen Komplizen mit Fragen konfrontierte. „Es geht um meinen Arsch“, wählte er drastische Worte, um seine Situation vor Gericht deutlich zu machen. Vor zwei Jahren sorgte eine Serie von vier Automatensprengungen – unter anderem am Twistedener „Irrland“ – für Aufsehen. Im Oktober letzten Jahres wurden ein 20-jähriger gebürtiger Mülheimer und ein 28-Jähriger aus Krefeld am Landgericht Kleve dafür, für mehrere Einbrüche und den Diebstahl des Fluchtautos zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Das Verfahren gegen den 29-jährigen gebürtigen Kerpener wegen Bandendiebstahls in Tateinheit mit Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion war Ende April aber abrupt beendet worden. Er und sein Anwalt hatten die Vernehmung zweier vorher nicht bekannter Zeugen sowie ein Sachverständigen-Gutachten wegen des mögliches Einflusses von Drogen und eines Asperger-Syndroms beantragt.

Im Zuge der Fortsetzung des Prozesses charakterisierte der Staatsanwalt den Angeklagten weiter als „Kopf einer Bande“, die gezielt versucht hatte, die Automaten in die Luft zu sprengen und an das Geld zu gelangen. Erfolgreich war dies allerdings nur im Fall Moers. Dort soll das Trio 1460 Euro erbeutet haben. Ansonsten war es bei Versuchen geblieben, die allerdings mit enormen Sachschäden einhergingen.

Für den eigenen Lebensunterhalt

Der Angeklagte gab über seinen Anwalt lediglich die Beteiligung bei den Einbrüchen im Krefelder „Nordbahnhof“, in der Grefrather Schule, der Kita in Meerbusch und dem Ehepaar in Korschenbroich zu  – allerdings nicht zur Finanzierung der Sprengungen, sondern für den eigenen Lebensunterhalt. Zur eigenen Person und den Taten sagte er sonst nichts.

Anhand der früheren Einlassungen im Verfahren wurde aber deutlich, dass der für ein Raubdelikt 2010 und weiterer Straftaten in Österreich 2018/19 verurteilte Mann Geld beim Glücksspiel verloren und Kokain, Crack, Speed und Alkohol konsumiert haben will. Angeblich habe ihn die Loveparade-Katastrophe von Duisburg 2010 „verdreht“.

Im Krefelder „Nordbahnhof“ habe er zusammen mit seinem Komplizen gearbeitet, sei mit ihm 2018 nach Spanien gegangen. Später zog es ihn allein nach Rom, um dort ein Spielcafé zu betreiben. Im Winter 2018 ging er dann gemeinsam mit seinem Kumpanen nach Österreich und verübte dort weitere Straftaten.

Belastung für den Angeklagten

Ein Schulfreund des bereits verurteilten 20-jährigen Mühlheimers bestätigte, dass dieser ihm vor gut zwei Jahren von den Geldautomatensprengungen zu dritt „im Umfeld von Krefeld“ erzählt habe. Auch der 28-jährige Mittäter aus Krefeld bestätigte, dass der Angeklagte, mit dem er 2010 bereits eine Straftat verübt hatte, bei allen Taten dabei gewesen sei. Man habe sich dazu im Sommer 2018 mehrmals getroffen. Die Idee zu den Sprengungen sei von dem Angeklagten ausgegangen, der gesagt habe, man solle den Beispielen aus Frankreich und den Niederlanden folgen. Sein Komplize sei eher ein „Mitläufer“ gewesen. Er selbst habe sich „breitschlagen lassen“, mitzumachen, weil er sich dem acht Jahre zuvor im Gefängnis sitzenden alten Freund verbunden gefühlt habe. Bei den Sprengungen habe er mit Abstand Schmiere gestanden. Die beiden anderen Männer hätten dann die Propangasflaschen zu den Automaten gebracht und die Schläuche eingeführt.

Der heute 21-jährige gebürtige Mülheimer bestätigte, den Angeklagten im Krefelder „Nordbahnhof“ für den Einbruch die Falltür geöffnet zu haben und auf die Idee mit dem Fluchtauto-Schlüssel und dem Einbruch gekommen zu sein.  Er bestätigte dass der Angeklagte und er Gas und Sauerstoff in die Geldautomaten eingeführt hätten, während der andere Verurteilte die Gegend absicherte. In Moers sei die Tür weggeflogen, in Kevelaer habe lediglich eine Verpuffung stattgefunden. Und in Mülheim-Kärlich sei die Gasflasche an der Glastür explodiert. Danach habe er von solchen Versuchen Abstand genommen.

Der Prozess wird am kommenden Donnerstag, 20. August, um 8 Uhr fortgesetzt.