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Wir feiern 140 Jahre Kevelaerer Blatt!

Das war eine würdige Party für die alte Dame: 140 Jahre ist das Kävels Bläche in diesem Jahr geworden und am Mittwoch, 20. November 2019, lud Herausgeber Rudi Beerden zu einem Festakt in den „Goldenen Löwen“ ein. Zahlreiche Vertreter aus Gesellschaft, Politik und Wirtschaft sowie einige zufällig ausgewählte Leser feierten mit und lauschten den Reden des stellvertretenden Landtagspräsidenten und Sprechers des Ausschusses für Kultur und Medien Oliver Keymis sowie des Kevelaerer Bürgermeisters Dr. Dominik Pichler. Außerdem erlebten sie Kevelaers ersten Poetry Slam.

Als Moderator führte der Entertainer Karl Timmermann souverän durch den Abend. Er erklärte: „Ich habe mal etwas recherchiert und festgestellt: Das Kävels Bläche ist die älteste Wochenzeitung Deutschlands!“ Timmermann begleitete außerdem im Verlauf der Feier gesanglich immer mal den Gitarristen und Sänger Levin Ripkens, der im „Löwen“ für die auflockernde Live-Musik sorgte.

Onlineangebote wachsen exponentiell

Das erste offizielle Wort hatte Gastgeber Beerden. Er richtete zunächst Grüße der Altherausgeberin Delia Evers aus, die an diesem Abend leider verhindert war. Der heutige Herausgeber freute sich, starke Zahlen berichten zu dürfen. So sei die Auflage des Kevelaerer Blattes in den ersten beiden Jahren nach der Übernahme von der Funke Mediengruppe im Jahr 2016 jeweils um etwa sieben Prozent gestiegen und im aktuellen Jahr stabil. Fast alle Zeitungen in Deutschland haben für diesen Zeitraum jährliche Auflagenverluste zwischen drei und zehn Prozent vermelden müssen. Die 2016 neu geschaffenen Onlineangebote des KB wachsen sogar weiterhin exponentiell, auch wenn sie noch immer nur einen kleinen Teil zum Umsatz beitragen.

Damit kam Beerden auch zur einzigen nicht so schönen Zahl: Trotz deutlicher Verbesserungen bei den Kosten ist das Kevelaerer Blatt weiterhin defizitär. In diesem Zusammenhang dankte Beerden schmunzelnd seiner Frau Veronika Ophey, dass sie bei der Frage, was ihn das KB koste, nicht weiter nachbohre. Maßgeblich für das Minus verantwortlich sei der eingebrochene Anzeigenumsatz, so Beerden. Der Herausgeber appellierte deshalb an die heimischen Unternehmer, den eigenen Nutzen einer Anzeige mit der Unterstützung für den Erhalt ihrer Heimatzeitung zu verbinden.

Für je 50 neue Abonnenten pflanzt das KB einen Baum

Und auch an die Leser appellierte Beerden, denn so mancher erhält „sein“ KB von Familie, Freunden, Nachbarn oder Kollegen. „Es wäre für den Erhalt der Zeitung gut, wenn jeder Haushalt, der das KB liest, auch ein eigenes Abo hätte“, so der Wunsch des Herausgebers. „Das sollte sich jeder leisten können“, befand er und rief eine Herausforderung aus: Er wolle 500 neue Abonnenten gewinnen. „Und für je 50 Abonnenten pflanzen wir in Kevelaer einen Baum“, versprach er.

Dominik Pichler betonte die Bedeutung des KB. Foto: AHu

Gewohnt launig näherte sich anschließend Bürgermeister Pichler der Bedeutung des KB mit den Methoden des Juristen. Er formulierte die Hypothese: „Das Kevelaerer Blatt ist in der heutigen Zeit vollkommen überflüssig“, um dann Argumente zu sammeln, die dies widerlegen. Dabei stellte er heraus, dass die in Kevelaer vertretenen Tageszeitungen nicht in dem Umfang aus Kevelaer berichten, wie es das KB leistet: In der NRZ „existiert Berichterstattung über Kevelaer allenfalls als Randnotiz“ und in der RP teile sich Kevelaer die zwei Seiten mit Weeze, „und manchmal stört ein Artikel aus Goch das Bild“.

Zwar decke zumindest die RP die „großen Ereignisse“ ab, aber der Blick mit etwas zeitlichem Abstand, die Einordnung ins große Ganze und die Vielfalt der Standpunkte finde nur im KB Raum. Als Bürgermeister sei er zwar nicht immer begeistert, wenn Gegenmeinungen auf großem Raum ausgebreitet würden, als Bürger gefalle ihm das aber um so besser. So biete das KB auch Gegenmeinungen zu dem, was in der Tagespresse verbreitet wird, „zuletzt im Zusammenhang mit Mobbingvorwürfen am hiesigen Gymnasium“.

Detailliert, mit Liebe, Zuneigung und kritischem Blick

Trotz all dieser Argumente wäre das KB damit nur eine Ergänzung der Tagespresse, „quasi ein Luxus“, so Pichler. „Doch das KB ist viel mehr.“ Und dann zählte der Bürgermeister umfänglich die vielen gesellschaftlichen Bereiche auf, „die zu klein sind für die Tagespresse“, verwies auf die Ortschaften, die weniger im Fokus der Tagespresse stehen, kurz: „Das KB berichtet vom prallen Leben. Es berichtet wie ein Chronist, häufig detailliert und mit Liebe und Zuneigung, manchmal auch mit kritischem Blick über das, was uns Kevelaerer und unser Zusammenleben ausmacht.“

Sein Resümee laute daher klar: „Auch in der heutigen Zeit ist das Kevelaerer Blatt als lokale Wochenzeitung für die Bürgerinnen und Bürger von Kevelaer und seiner Ortschaften ein unverzichtbarer Bestandteil der Presselandschaft, eine unverzichtbare journalistische Plattform der Meinungsbildung, eine unverzichtbare Chronik des Stadtlebens, ein rundum unverzichtbares Geburtstagskind.“

Dass die Leser das KB sehr positiv sehen, bestätigte anschließend Chefredakteur Björn Lohmann, der erstmalig Ergebnisse aus der großen Leserbefragung aus diesem Herbst präsentierte. Demnach gefalle das Kevelaerer Blatt acht von zehn Befragten gut oder eher gut, niemand habe „schlecht“ oder „eher schlecht“ angegeben. Ähnlich sieht es bei der Entwicklung aus: Sieben von zehn Befragten fänden, dass sich das KB verbessert oder stark verbessert habe, die übrigen attestierten eine stabile Qualität. Interesse abseits der Kernaufgaben einer Zeitung bekundeten die Befragten an Diskussionsveranstaltungen – was das KB in diesem Jahr bereits mit Debatten zur Landwirtschaft, zur Fahrradsicherheit und einer Leser-Uni zum Thema Bargeldnutzung intensiviert hat. Lohmann versprach, diese Aktivitäten wolle das KB auch im kommenden Jahr fortsetzen.

Levin Ripkens stimmte gemeinsam mit den Gästen das Heimatlied an. Foto: AHu

Weitere wichtige Erkenntnisse seien, dass das Kevelaerer Blatt im Vergleich zu Tageszeitungen überdurchschnittlich lange gelesen werde, jedes Exemplar überdurchschnittlich viele Leser finde – was später auch Gastredner Keymis bestätigte – und dass die Leser mehrheitlich über einen hohen Bildungsstand und ein gutes Einkommen verfügten. Mit diesen nun untermauerten Argumenten wolle man verstärkt auf Anzeigenkunden zugehen, so Lohmann.

Neben diesen Erkenntnissen stellte der Chefredakteur noch drei Punkte heraus, die großen Applaus fanden: „Ohne Rudi Beerden würde es das Kevelaerer Blatt heute nicht mehr geben“, „Das Team hat großen Anteil am Erfolg, weil es sich weit mehr engagiert, als es müsste“ und „Die vielen Menschen hier im Saal und unsere Leser tragen ebenfalls dazu bei, dass das Kevelaerer Blatt eine Zukunft haben kann.“

Lob und Erstaunen

Herzlich gratulierte der stellvertretende Landtagspräsident Oliver Keymis anschließend zum 140. Geburtstag des „Kävels Bläche“. Dann berichtete er von der Zukunft des Journalismus, denn just am Vorabend war Keymis zu Gast beim ersten Mediengipfel des NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet in der Staatskanzlei. Vor einem ausgewählten Kreis der NRW-Medienszene habe dort u.a. der US-Journalist und Gründer von Online-Plattformen wie Politico und Axios, Jim VandeHei, eine zukunftsweisende und durchaus mitreißende Rede darüber gehalten, welche Maßnahmen eine Onlinezeitung heute erfolgreich machten. „Ich habe dann noch einmal auf die Website des Kevelaerer Blattes geklickt und nach einigen Klicks gesehen: Das, was der erfolgreiche Online-Blattmacher aus USA empfiehlt, machen Sie ja alles!“, stellte Keymis mit einer Mischung aus Lob und Erstaunen fest.

In seiner launigen Rede, die von Kevelaer nach Nordrhein-Westfalen in die Welt und wieder zurück an den Niederrhein schweifte, ging er auf die Herausforderungen ein, vor denen alle Zeitungen gegenwärtig stehen – sinkende Werbeeinnahmen bei sinkender Leserbindung – ; aber auch auf die wichtigen gesellschaftlichen Aufgaben, die Medien erfüllen und die ihren Erhalt so notwendig machen.

Oliver Keymis lobte die Herangehensweise des KB. Foto: AHu

Dabei gab er Einblicke in die Situation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und hob auch die gesellschaftliche Bedeutung kultureller Angebote in den Medien hervor. „Entscheidend ist: bleiben Sie bitte so bodenständig und heimatverbunden, gehen Sie von ihren Leserinnen und Lesern aus. Im Lokalen steckt auch das Globale und eine kritische Öffentlichkeit garantiert eine lebendige Demokratie und Teilhabe vor Ort. In Kevelaer und überhaupt,“ zeigte sich Vizepräsident Keymis, der auch Vorsitzender des Ausschusses für Kultur und Medien im Landtag NRW ist, überzeugt.

Lustig, rührend oder appellativ

Jasmin Sell Foto: AHu

Ein eben solches Angebot feierte anschließend beim Festakt Kevelaer-Premiere: Das Kevelaerer Blatt hatte die drei renommierten Slam-Poeten Eva-Lisa aus Dortmund, Alex Paul aus Paderborn und Jasmin Sell aus Bochum zum Poetry Slam gebeten. Bei diesem Dichterwettstreit geht es darum, ein eigenes, thematisch freies poetisches Werk mit sechs Minuten Vortragslänge zu präsentieren – mal lustig, mal rührend, mal appellativ. Auch an diesem Abend waren alle Kategorien vertreten, mussten die Zuhörer oft herzlich lachen oder zustimmend nicken. Am Ende gewann mit dem „um 0,02 Dezibel lautesten Applaus“ – so Mitjuror Ripkens – Jasmin Sell den kleinen Poetry Slam. Die Gäste waren sich einig: Einen Poetry Slam könnte Kevelaer öfter vertragen.

Den Ausklang der Feier machte das gemeinsam gelungene Heimatlied „Wor hör ek t‘hüß“ (den Liedtext im Scheckkartenformat gibt‘s übrigens kostenlos in der KB-Redaktion), gefolgt von weiteren Musikbeiträgen und noch vielen Gesprächen.

Eine Bildergalerie zur Feier finden Sie hier.