Strategie in der Pandemie

Aus der aktuellen KB-Serie „Zukunft für Kevelaer“

Kevelaerer Blatt: Frau Rohde, Sie haben in Zeiten der Corona-Pandemie mit ihren besonderen Herausforderungen Ihre Aufgabe als Verantwortliche für Tourismus und Kultur begonnen. Wie läuft‘s bislang?

Verena Rohde: Es läuft trotz Corona sehr gut, da wir diese besondere Zeit sinnvoll nutzen und diverse Aufgaben erledigen, die für die Zukunft wichtig sind. Natürlich gab und gibt es immer wieder Rückschläge, da wir geplante Veranstaltungen, Theaterstücke und touristische Angebote absagen mussten, aber dennoch haben mein Team und ich zu keiner Zeit den Kopf hängen lassen. Wir arbeiten intensiv an neuen coronakonformen Formaten und fokussieren uns insbesondere auf unsere strategische Ausrichtung, um Kevelaer in den Fokus zu rücken.

Der Start der Veranstaltungssaison fand unter den Vorzeichen der Pandemie statt. Viele Veranstaltungen auf der Bühne mussten aufgrund der Schutzbestimmungen abgesagt werden. Ist Änderung in Sicht? Gibt es
Pläne, beispielsweise für eine schrittweise Öffnung in Richtung Veranstaltungen?

Verena Rohde: Leider kann keiner von uns zum heutigen Zeitpunkt sagen, wann wir endlich wieder Theaterstücke aufführen können. Ich gehe allerdings davon aus, dass es – wie im vergangenen Jahr – Schritt für Schritt vorwärtsgeht und wir vielleicht im Herbst vor einer kleineren Zuschauerzahl Aufführungen anbieten können. Daher haben wir Anfang Januar das Theaterabonnement gänzlich storniert, um in diesem Fall einen Einzelkartenverkauf durchzuführen.

Die Ungewissheit erschwert unsere Arbeit, dennoch heißt das nicht, dass wir die Hände in den Schoß legen. Ganz im Gegenteil: Die Planungen für die letzte März-Woche, in der wir den Fokus anlässlich des Kneipp-Jahres auf das Thema „Wasser“ legen, laufen auf Hochtouren. Ich möchte nicht zu viel vorwegnehmen, aber für diese Woche haben sich meine Mitarbeiterinnen ein abwechslungsreiches Programm überlegt, das in entzerrter Form zur Verfügung steht, damit nur wenige Menschen zusammenkommen. Daher haben wir bewusst die Angebote auf eine ganze Woche verteilt. Keine Frage, dass dies mehr Aufwand erfordert, doch dazu ist das gesamte Team gerne bereit.

Wie geht man mit abgesagten Veranstaltungen um? Welche Vereinbarungen gibt es mit den Theatern/Künstler*innen, deren Auftritte abgesagt wurden? Müssen hier seitens der Stadt als Veranstalter Ausfallhonorare gezahlt werden?

Verena Rohde: Wir haben im vergangenen Jahr ein Theaterstück abgesagt, obwohl wir zu diesem Zeitpunkt noch vor 300 Zuschauern hätten spielen lassen dürfen. Allerdings war mir das Risiko zu groß, sodass wir uns für eine Absage entschieden haben. Natürlich mussten wir in den sauren Apfel beißen und das volle Honorar bezahlen, dennoch habe ich diese Entscheidung bis heute nicht bereut. Alle weiteren Absagen verliefen anstandslos ohne Erstattung, da auch die entsprechende Corona-Schutzverordnung nichts anderes zuließ.

Bemerken Sie Änderungen, etwa bei den Spielplänen von Tourneetheatern (Absagen, Ausfall der Angebote etc.), die Auswirkungen auf Ihre Planung für die laufende/kommende Spielsaison haben?

Verena Rohde: Nein, bislang stehen die zuvor gebuchten Theaterstücke. Wir reagieren nun von Stück zu Stück, da bekanntlich die Hoffnung zuletzt stirbt. Sollten Lockerungen eine Aufführung vor geringer Zuschauerzahl erlauben, werden wir fallbezogen entscheiden. Schließlich möchten auch wir die Theater unterstützen, mit denen wir seit vielen Jahren gut und gerne zusammenarbeiten. Dennoch hat der Sicherheitsaspekt höchste Priorität.

Verhalten optimistisch blicken wir in die neue Theatersaison 2021/2022 und hoffen, dass diese im September, wenn auch mit reduzierter Zuschauerzahl, starten kann. Das neue Kulturprogramm erscheint daher bewusst in diesem Jahr erst im Sommer, um den Kartenvorverkauf so weit wie möglich nach hinten zu verschieben. Wir hoffen, dass wir zu diesem Zeitpunkt mehr Klarheit über die weitere Vorgehensweise haben.  

In Kevelaer gibt es eine aktive Landschaft von Vereinen, ebenso zahlreiche freischaffende Künstler*innen, die von der derzeitigen Situation besonders betroffen sind. Stehen Sie in Kontakt zu den Vertretern dieser Kulturszene?

Verena Rohde: Mit einzelnen Akteuren stehen wir in Kontakt, da wir versuchen, diese bei geplanten Maßnahmen – sofern irgendwie möglich – mit einzubeziehen. Uns ist ihre schwierige Situation durchaus bewusst, allerdings sind uns genauso wie allen anderen in vielerlei Hinsicht leider die Hände gebunden.

Im zurückliegenden Shutdown hat die Stadt als Veranstalter relativ spontan mit neuen Formaten, etwa den „Puppenspieltagen“ im Internet, reagiert. Gibt es ähnliche oder neue Pläne in diese Richtung, vielleicht
auch bezüglich anderer Kulturformen (Theater, Konzerte etc.)?

Verena Rohde: Wir haben einen Teil unserer Gästeführer*innen dafür gewinnen können, zu unterschiedlichen Themen innerhalb Kevelaers digitale Stadtführungen anzubieten. Diese hat eine Mitarbeiterin unseres Social Media-Teams selbst gedreht und zusammengeschnitten. Schritt für Schritt werden diese rund 10-minütigen Führungen zu den Themen „Orgelpräsentation, Solegarten, Marienbasilika und Kapellenplatz“ Interessierten kostenlos auf unserem YouTube-Kanal „Wallfahrtsstadt Kevelaer“ zur Verfügung gestellt. 

Des Weiteren arbeiten wir an neuen Veranstaltungsformaten, an denen mit Abstand teilgenommen werden kann und zu denen es jeweils ergänzende digitale Inhalte geben wird. Gespräche mit Bands inklusive Streaming haben bereits stattgefunden. Eine finale Entscheidung steht allerdings noch aus sowie die Verabschiedung des Haushalts, ohne den wir keine frühzeitigen, großen Ausgaben tätigen können, wenn diese nicht zwingend erforderlich sind.

Wie unterstützt Sie die Kevelaerer Politik bei Ihren Bemühungen im Kulturbereich und welche zusätzliche Unterstützung könnten Sie sich vorstellen oder würden Sie sich wünschen?

Verena Rohde: Ein sehr erfolgreicher, erster „Tourismus- & Kulturausschuss“ liegt hinter mir. Diese Form war mir bis dato nicht bekannt, ich bin allerdings positiv überrascht, wie produktiv der Austausch innerhalb des Ausschusses – unter der Leitung von Martin Brandts – war. Gemeinsam haben wir entschieden, dass der Ausschuss ab sofort dreimal jährlich tagt. Dies hat auch für meinen Bereich den Vorteil, dass viele Inhalte gemeinsam besprochen und entschieden werden. Mit der Rückendeckung des Ausschusses ist es auch für mein Team und mich viel einfacher, Dinge zu realisieren. Von daher bin ich dankbar für den guten Austausch und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.

Derzeit scheinen eher die Bereiche Bildung (Schulen) sowie Wirtschaft (Hotellerie und Gastronomie, Einzelhandel) im Fokus der Landes- und Bundespolitik zu stehen. Wie, denken Sie, kann die Kultur und ihre
wirtschaftliche Bedeutung wieder stärker in den Mittelpunkt gerückt werden?

Verena Rohde: Die Symbiose aus Kultur und Wirtschaft sollte verstärkt in den Fokus gerückt werden. Daher müssen auch wir uns noch intensiver dafür einsetzen. Wir planen derzeit eine Social Media-Kampagne, die in Verbindung mit Kultur sowie unserem Konzert- und Bühnenhaus und der Öffentlichen Begegnungsstätte steht. Darüber hinaus möchten wir auch unseren Künstlern, Vereinen etc. vor Ort eine Plattform bieten. Leider scheint sich die Landes- und Bundespolitik der großen Bedeutung des kulturellen Sektors – auch in Bezug auf die Wirtschaft – nicht ausreichend anzunehmen. Natürlich kostet Kultur erst einmal Geld, allerdings darf man deren Wirkung nicht unterschätzen. Für mich persönlich wird Kultur insbesondere für unsere Wallfahrtsstadt perspektivisch einen immer größeren Stellenwert einnehmen.

Die Fragen stellte Michael Nicolas