SSG Kevelaer siegt auf ganzer Linie

Was vergangenes Wochenende in der Kevelaerer Zweifach-Turnhalle geschah, lässt sich nicht mit wenigen Worten beschreiben. Nicht nur, dass vorab schon klar war, dass die erste Bundesliga-Luftgewehr-Mannschaft der Schießsportgemeinschaft (SSG) Kevelaer beide anstehenden Wettkämpfe gewinnen musste, um die Chance zu erhalten, in das Finale der besten acht Mannschaften aus Nord- und Süddeutschland zu gelangen; es wurde auch noch echte Pionierarbeit geleistet. Denn der Verein hat in Eigenregie dafür gesorgt, dass dieses Sportwochenende live im Netz auf Sportdeutschland.tv übertragen wurde.
„Da haben wir uns echt was vorgenommen“, schildert Georg Joosten, der Organisator dieses Mammut-Projektes. „Den Traum den Schießsport für alle Begeisterte frei zugänglich im TV-Format übertragen zu können, träumen wir schon lange. Nach einer Podiumsdiskussion, die live aus dem Kevelaerer Bühnenhaus gesendet wurde, kam mir die Idee, dass dies auch bei unseren jährlich stattfindenden Heimwettkämpfen möglich sein müsste.“
Gut, dass ihm diese Idee nicht mehr aus dem Kopf ging, denn er nahm kurzerhand Kontakt mit der Produktionsfirma VTS-Medienproduktion aus Sonsbeck auf, die sich für dieses Konzept schnell begeisterten. Das war der Beginn eines schlussendlich sehr erfolgreichen Projektes. Insgesamt wurde knapp 12 Monate geplant, konzipiert und vorproduziert, denn es sollten nicht nur die Wettkämpfe live über den Schirm gehen, dem Zuschauer wurde mit Interviews und Einspielern, z.B. ein Imagefilm über die Stadt Kevelaer, während der Übertragung, einiges geboten. Was der Internetuser dann zu sehen bekam, war eine Produktion auf allerhöchstem Niveau, und das obwohl die Akteure vor der Kamera vollkommene Laien im Bereich der Live-Reportagen waren. „Ich bin froh, dass ich mit Maik Eckhardt, einem sehr erfolgreichen Schützen mit internationaler Erfahrung, zusammen aus der Kommentatorenkabine berichten durfte. Mit so viel Schießsportkompetenz an meiner Seite ging es mir leichter von den Lippen, die Wettkämpfe zu kommentieren“, resümierte der Vorsitzende des Fördervereins der SSG, Lambert Janshen.
Auch Georg Joosten, der an beiden Tagen die Moderation übernahm, hatte bis dato keinerlei Erfahrungen mit der Live-Berichterstattung vor einer Kamera: „Wir sind alle ins kalte Wasser gesprungen, anfangs noch etwas holprig, aber von Wettkampf zu Wettkampf wurde es routinierter.“ Die Kommentare im Netz und auf der Facebook-Seite bestätigen diese Aussage, noch während der Übertragung liefen die Postfächer voll: „Es gab keinerlei negative Aussagen, durch die Bank haben die User nur positive Resonanz bezüglich der Übertragung abgegeben, u.a. wurde vermerkt, dass man den Liveauftritt ohne weiteres so auch bei den Öffentlich-Rechtlichen zeigen könnte“, freut sich Social-Media-Beauftragte Nicole Bollen. Die erste Liveübertragung eines Luftgewehr-Bundesliga-Wochenendes wurde von über 14.000 Zuschauern auf Sportdeutschland.tv angeklickt, mit dieser bombastischen Einschaltquote hatten weder der Sender noch die Organisatoren gerechnet. Das sollte der Einstieg in eine neue Sportberichterstattung gewesen sein. Ob und wann es die nächsten Wettkämpfe auf dem Bildschirm zu sehen gibt, liegt jetzt ganz bei den Verantwortlichen der anderen Bundesliga-Vereine, die sich, wie bereits geplant, demnächst zu Gesprächen mit den SSGlern zusammensetzen werden.
Auch die Besucher vor Ort in der Halle mussten bei Laune gehalten werden. Mit dem Hallenmoderator Philip Bernhard haben die Organisatoren der SSG einen mit Wettkampf-Fachwissen vollgepackten und engagierten Kommentator gefunden, der das Publikum mit großem Unterhaltungswert bei guter Laune hielt. Bei den insgesamt sechs Wettkämpfen sorgte er für die entsprechenden Informationen über die Schützen und die Zwischenstände und wurde ebenfalls Teil der Livemoderation zum Interview der Schützen an der Schießline nach den Wettkämpfen.
Für weitere Stimmung und lautstarke Anfeuerung während der Wettkämpfe sorgten die KSV-Cheerleader-Queens, die auch zwischen den Pausen auftraten.
Das Rundumkonzept sollte allerdings nicht von dem eigentlichen Event, nämlich der letzten Wettkämpfe in der Saison 2016/17 der ersten Bundesliga Luftgewehr in der Gruppe Nord ablenken. Auch das hatten die Verantwortlichen der SSG im Griff. Die Sportler wurden in ihrer Konzentration und Vorbereitungen nicht gestört. Insgesamt gab  es an diesem Wochenende sechs Wettkämpfe zu sehen, zwei davon mit Kevelaerer Beteiligung. Wie im Vorfeld schon klar, mussten die Tiger der SSG beide Begegnungen gewinnen, um sich für die Finalwettkämpfe im Februar in Paderborn zu qualifizieren.
Beim Gegner Freischütz Rautheim hatten die Marienstädler schon im Vorfeld keine Bedenken, denn Rautheim hatte bis dato noch keinen Wettkampf für sich entscheiden können und lag bereits auf einem nicht mehr zu verhindernden Abstiegsplatz. Trotzdem wurde es hier Anfangs sehr spannend. Für einen Schreckmoment sorgte Katharina Kösters, die mit ihrem vierten Schuss eine Zwei auf die Scheibe brachte, völlig untypisch und nur durch einen technischen Defekt zu erklären. Im Laufe des Matches fing sie sich wieder, aber konnte nicht verhindern, dass ihr die Gegnerin aus Rautheim, Julia Schubert, den Einzelpunkt mit 389:382 Ringen abnahm. Das war jedoch der einzige verlorene Punkt aus Sicht der SSG. Mit einem 4:1-Gewinn und einer Erfahrung reicher sollte es am nächsten Tag gegen den viel stärkeren SV Gölzau an den Stand gehen.
Der letzte Wettkampf in der Gruppe Nord war für Gölzau und auch für Kevelaer die Entscheidung, wer von den beiden Teams das letzte Ticket zum Finale zieht. Alle anderen Begegnungen in beiden Gruppen waren schon entschieden. Durch die Liveübertragung durften die Wettkämpfe in Kevelaer eine Stunde später beginnen, was sicherlich dazu führte, dass einige Sportler und Bundesligavereine sich nicht haben nehmen lassen den Livestream einzuschalten. Trotzdem gingen die fünf Kevelaerer Spitzenschützen begleitet von lautstarken Fanchören gefestigt und zuversichtlich an den Stand.
An Position Fünf nahm Katrin Leuschen ihrem Gegner Richard Bennemann den Einzelpunkt mit 387:385 Ringen ab. Alexander Thomas erzielte vier 99er-Serien und beendete seine Begegnung mit 396:391 Ringen von Natalie Pfeiffer. Ganz oben auf war die Niederländerin Pea Smeets: Nur ihr erster Schuss ging in die Neun, die restlichen Schüsse blieben auf der Anzeige rot – also nur noch Zehner. Endergebnis in dieser 3. Paarung: 399:396 gegen Charleen Bänisch vom SV Gölzau. Katharina Kösters, die am Vortag vom Pech verfolgt wurde, hatte Schwierigkeiten in ihren Wettkampf zu finden. Mit für ihre Verhältnisse untypischen 96 und 97 Ringen begann sie die ersten beiden Serien, nur bei Serie drei (99 Ringe) konnte sie ihre gewohnte Leistung abrufen. Am Ende schloss sie mit 387 Ringen und hatte dabei Glück im Unglück, denn ihre Gegnerin Lena Cramer konnte nur mit 386 Ringen antworten. An Position Eins traf Jana Erstfeld auf Gegner Tomasz Bartnik. Erstfeld erzielte drei 100er-Serien hintereinander, leider konnte sie in der vierten Serie das hohe Niveau nicht halten und schoss diese mit 97 Ringen aus. Insgesamt wurden es 397 Ringe, genau wie bei ihrem Gegner. Auch wenn es jetzt schon fest stand, dass die SSG diesen Wettkampf gewonnen hatte, musste diese Partie mit einem Stechen entschieden werden.
Beide Sportler wurden an den Stand gebeten und durften sich vorbereiten, die Schussabgabe erfolgt gleichzeitig, beide schossen eine Zehn. Der nächste Stechschuss folgte – beide eine Zehn. Stechschuss drei: beide eine Neun. Erst bei dem vierten und letzten Stechschuss konnte Erstfeld mit einer 10 gegen eine 9 von Bartnik auch den fünften Einzelpunkt für die SSG Kevelaer einfahren.
Das Ticket für die Finalwettkämpfe wurde somit erfolgreich gezogen. Am 4. und 5. Februar 2017 finden diese in Paderborn statt, wo die SSG als Dritter in der Tabelle Nord gegen den Zweiten der Tabelle Süd, Eichenlaub Saltendorf, im Viertelfinale antreten muss.
Trainer Rudi Joosten kann sein Glück kaum in Worte fassen: „Wir haben ganz schön gepowert an diesem Wochenende, und den letzten Wettkampf auch noch mit 5:0 zu gewinnen ist einfach super. Unser Saisonziel, die Finalteilnahme, haben wir erreicht. Alles, was jetzt noch kommt, ist die Sahnehaube, immer nach unserem Motto: ‚Alles kann, nichts muss!‘“