Spurensuche in der Geschichte Wettens

Auch wenn heute zweifelsohne die Wallfahrt mit der Trias aus Gnadenkapelle, Basilika und Priesterhaus das geistliche Zentrum Kevelaers bildet, so ist das kirchliche Leben in Wetten doch ungleich älter.

Untrennbar verbunden mit der Christianisierung ist die Entstehungsgeschichte der Ortschaft Wetten, denn beide Stränge sind fest ineinander verwoben – nicht umsonst ist das früheste Schriftzeugnis für eine Besiedlung die erste urkundliche Erwähnung eines Priesters im Jahr 1154.

Dennis Hartjes, selbst Wettener, hat die Geschichte und Kirchengeschichte seines Heimatortes zu einem seiner Forschungsschwerpunkte gemacht. Erste greifbare Frucht dieser Arbeit ist sein nun vorliegendes Buch: „Wetten bei Kevelaer – Territorialgeschichtliche Untersuchung zur Entstehung und Entwicklung einer Ortschaft und ihrer Kirche am linken unteren Niederrhein bis zum Ausgang des 12. Jahrhunderts“. Mag der Titel auf den ersten Blick sperrig wirken, ist es der Inhalt keinesfalls.

Dennis Hartjes gelingt der Spagat zwischen Masterarbeit – dort liegt der Grund für den „akademisch korrekten“ Bandwurm-Titel und dem an sich selbst formulierten Anspruch, ein Buch für einen breiten geschichtlich interessierten Leserkreis zu schreiben.

In Wetten aufgewachsen, zog es ihn zum Studium an die Westfälische Wilhelms-Universität nach Münster, wo er jüngst zwei Masterabschlüsse erwarb: einen im Lehramt für Katholische Theologie und Geschichte und einen im Fach Mittelalterliche und Frühneuzeitliche Kirchengschichte. Auch wenn Hartjes für sich selbst den Wunsch formuliert, eine „klassische“ Forschungslaufbahn als (Kirchen-) Historiker einzuschlagen, sichert er sich mit einem zweiten Standbein als Lehrer ab – aktuell absolviert er sein Referendariat in Haltern am See.

Der momentan im Vordergrund stehende Schulbetrieb lässt nur begrenzten Raum für eine umfangreiche Forschungstätigkeit. Dennoch ist Dennis Hartjes‘ nächstes Projekt schon weit fortgeschritten: Ansetzend am Zwischenziel seines vorliegenden Buches, dem Jahr 1154, arbeitet er an seiner Doktorarbeit, die seinen Forschungsgegenstand bis zur Fusion der Pfarrei im Jahr 2014 fortschreibt. Und auch hier benennt er neben dem selbstverständlichen akademischen Anspruch wieder den Willen, einen großen Leserkreis ansprechen zu wollen, der Interesse für Land, Leute und Heimatgeschichte mitbringt.

So sieht das Buch über Wetten aus. Grafik: Verlag

Diese Arbeit wird weniger eine strenge Chronologie sein, sondern sich mehr an Themenfeldern orientieren, die tiefer ausgeleuchtet werden. So werden beispielsweise die zahlreichen in der Wettener Kirchengeschichte überlieferten Anekdoten einer eingehenden Prüfung in Bezug auf ihre Herkunft und ihren Wahrheitsgehalt unterzogen – da hat sich manch Spannendes aufgetan.

Auch wenn die Literatur zur rheinischen (Kirchen-) Geschichte eine nur schwer zu überschauende Breite aufweist und im Rahmen der hiesigen Heimatforschung Beachtliches geleistet wurde, fehlte es bislang an einer groß angelegten Arbeit zum ältesten Ortsteil Kevelaers. Einen ersten Schritt diese Lücke zu schließen, hat Dennis Hartjes mit seinem Buch nun geleistet.

Immerhin kann Wetten als Urpfarrei Kevelaers bezeichnet werden – die Eigenkirche des Grafen von Geldern und später der Äbtissin des Zisterzienserinnenklosters in Roermond hatte im Hochmittelalter eine größere Bedeutung als die deutlich spätere von Weeze erfolgte Abpfarrung der heutigen Gemeinde St. Antonius.

Nicht verkannt werden sollte, dass die nur noch archäologisch belegbare Siedlungsgeschichte im Wettener Raum natürlich deutlich weiter zurückreicht als bis zum Beginn der Christianisierung, selbst wenn vieles natürlich im Dunklen bleibt. Greifbarer wird die Geschichte beim Blick in die römische Zeit. So sind auf dem Ortsgebiet zwei römische Höfe nachweisbar und auch der Sockel der St. Petrus-Kirche ist ein Zeugnis dieser Zeit, wurde er doch zu Beginn des 15. Jahrhunderts mit Bruchmaterial römischer Bauten aus dem Xantener Raum aufgemauert.

Für heimatgeschichtlich interessierte Leser aus Kevelaer und Umgebung ist Dennis Hartjes‘ Buch sicher auch eine Empfehlung für den weihnachtlichen Gabentisch. Beim Lesen des flüssig geschriebenen 240 Seiten starken Buches fällt einem die durch Corona bedingte Kontaktreduzierung ein Stück weit leichter. Allerdings muss man sich vorerst mit einem Zwischenstopp im Jahr 1154 zufrieden geben: die daran anschließende Doktorarbeit wird noch etwa zwei Jahre auf sich warten lassen, soll dann aber ebenfalls als Buch für jedermann vorliegen.

Abschließend sei erwähnt, dass auch im gerade druckfrisch erschienenen „Geldrischen Heimatkalender 2021“ sich ein Aufsatz aus der Feder Dennis Hartjes‘ findet. Er nimmt den Silberschatz der St. Petrus-Bruderschaft in den Blick.