Experten informieren über die Finanzlage im Bistum Münster: Steigende Kirchenaustritte machen sich bemerkbar. Personalkürzungen in Sicht.

Sinkende Einnahmen im Bistum

Markus Isfort (l.) und Ulrich Hörsting informierten über die finanzielle Situation des Bistums Münster.
Foto: Bischöfliche Pressestelle / Ann-Christin Ladermann

Corona, der Krieg in der Ukraine, eine hohe Inflation und der Klimawandel: Die weltweiten Krisen erschüttern die Wirtschafts- und Finanzsysteme. Das wirkt sich auch auf die Finanzsituation der katholischen Kirche im Bistum Münster aus. Hinzu kommt für das Bistum, dass die Zahl der Katholikinnen und Katholiken aufgrund demografischer Entwicklungen und zunehmenden Kirchenaustritten bereits deutlich zurückgegangen ist und weiter sinken wird.

Mit welchen finanziellen Konsequenzen kurz- und mittelfristig zu rechnen ist, darüber haben am 2. September Ulrich Hörsting, Finanzdirektor des Bistums Münster, und Markus Isfort, Leiter der Gruppe Bistumshaushalt und Kirchensteuerverwaltung im Bischöflichen Generalvikariat, den Kirchensteuerrat und Diözesanrat im Bistum Münster informiert.

Hörsting und Isfort machten deutlich, dass das Bistum Münster finanziell solide aufgestellt sei. „Sicher werden die finanziellen Rahmenbedingungen mittelfristig deutlich schwieriger werden. Wir haben in den vergangenen Jahren aber sehr konservativ gewirtschaftet. Das zahlt sich jetzt und in Zukunft aus. Wir werden auch in den kommenden Jahren handlungsfähig bleiben und durchaus finanzielle Gestaltungsspielräume haben“, sagte Finanzdirektor Hörsting.

Das sei insbesondere für die hauptberuflichen Mitarbeitenden eine wichtige Botschaft. „Rund zwei Drittel unserer Aufwendungen sind unmittelbar oder aufgrund von Zuweisungen an die Pfarreien und andere Personalkosten. Einsparungen und Reduzierungen beim Personal werden in den kommenden Jahren unvermeidlich. Dabei gehen wir aber so sozial verträglich wie möglich vor. Dennoch wird die katholische Kirche im Bistum Münster auch mittelfristig für viele Menschen ein verlässlicher und attraktiver Arbeitgeber bleiben“, meinte Hörsting.

Markus Isfort erläuterte, dass die Zahl der Kirchenaustritte im Bistum Münster in den vergangenen Jahren sehr viel höher gewesen sei, als das vor wenigen Jahren als Basis für die Finanzprognosen vorhergesehen worden war. Dennoch seien die Kirchensteuereinnahmen im gleichen Zeitraum gestiegen. „Das ist darauf zurückzuführen, dass die gute Konjunktur die Verluste bei den Kirchensteuern durch Austritte überlagert hat und die Zahl der Kirchensteuerzahler gestiegen ist, weil bis in die jüngere Vergangenheit die Kinder der geburtenstarken Jahrgänge in die Erwerbstätigkeit einsteigen“, sagte Isfort.

Die Höhe der Kirchensteuer werde durch all die Faktoren beeinflusst, die auch die Höhe des staatlichen Steueraufkommens bestimmen. Isfort nannte beispielhaft eine schlechter oder besser laufende Konjunktur, Veränderungen des Steuerrechts oder Lohnsteigerungen durch Tarifabschlüsse. „Bei so vielen Einflussfaktoren ist es uns nicht möglich, genau zu beziffern, in welcher Höhe wir durch die Kirchenaustritte Verluste bei der Kirchensteuer erlitten haben und erleiden werden“, sagte Isfort.

Fest stehe jedoch, dass das Bistum in den kommenden Jahren mit erheblichen Rückgängen bei den Einnahmen aus der Kirchensteuer rechnen müsse. Neben den Kirchenaustritten sei dafür der Eintritt der geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand von entscheidender Bedeutung. Während diese aufgrund ihrer Berufsbiografie derzeit häufig hohe Einkommen erzielten und daher erheblich zum Kirchensteueraufkommen beitrügen, würden sie als Ruheständlerinnen und Ruheständler gar keine oder recht geringe Kirchensteuern zahlen.

„Es ist zu befürchten, dass die vor drei Jahren in einer Studie von der Universität Freiburg prognostizierte Halbierung des Kirchensteueraufkommens bis zum Jahr 2060 aufgrund der hohen Austrittszahlen deutlich früher eintreten wird“, sagte Isfort. Als erste Maßnahme sollen daher bis zum Jahr 2025 rund 33 Millionen Euro im Vergleich zu den Aufwendungen des Jahres 2020 eingespart werden.

„In den Jahren danach werden wir die Sparanstrengungen weiter verstärken müssen“, sagte Hörsting. Dabei sei es wichtig – wie das im Prozess zur Entwicklung der pastoralen Strukturen gesche- hen werde – auch strategische Überlegungen im Blick auf die Zukunft der katholischen Kirche im Bistum Münster anzustellen, anstatt nur Spar- und Strukturfragen zu diskutieren.

Mittelfristige solide Finanzprognosen aufzustellen, darin waren sich Hörsting und Isfort auf der Sitzung von Kirchensteuerrat und Diözesanrat einig, „war ohnehin schon immer schwierig, aber angesichts der derzeitigen Krisensituationen ist die Halbwertzeit und Aussagekraft solcher Prognosen sehr beschränkt“.

Als grobe Orientierung könnten am ehesten die Steuerschätzungen des Bundes dienen. Diese gehen weiterhin von steigenden Einnahmen bei der Lohn- und Einkommensteuer aus. Auf der anderen Seite werde aber die Summe der Aufwendungen vermutlich deutlich stärker ansteigen. Deshalb müssten – wenn keine Sparmaßnahmen ergriffen würden – in den kommenden Jahren regelmäßig Millionenbeträge aus der Ausgleichsrücklage des Bistums entnommen werden, um den Haushalt auszugleichen.

Das Volumen dieser Ausgleichsrücklage lag Ende vergangenen Jahres bei rund 97 Millionen Euro. „Das klingt nach sehr viel. Es ist aber – das kann jeder selbst nachrechnen – relativ schnell aufgebraucht, wenn wir so weitermachen würden wie bisher. Aus dieser Rücklage können wir die Haushaltsdefizite – wenn alles in etwa wie prognostiziert läuft – zwar für die kommenden Jahre ausgleichen, aber das ist keine dauerhafte Lösung. Vielmehr müssen wir auf der Aufwandsseite zu nachhaltigen und dauerhaften Einsparungen kommen“, sagte Hörsting.

Der Haushalt des Bistums Münster wird nach dem Haushaltsplan 2023 im kommenden Jahr ein Volumen von über 740 Millionen Euro haben. Das Bistum rechnet dabei mit Kirchensteuereinnahmen von rund 490 Millionen Euro und einem Fehlbedarf von rund drei Millionen Euro. Dieser soll der Ausgleichsrücklage entnommen werden.

Wenn die Ausgleichsrücklage aufgebraucht ist, gelte der Haushaltsplan als unausgeglichen, erklärten die Experten. Das Bistum müsse in dem Fall zum Zweck des Haushaltsausgleichs auf Mittel aus der Allgemeinen Rücklage zurückgreifen. Eine Verringerung der Allgemeinen Rücklage in zwei aufeinanderfolgenden Haushalts- jahren dürfe allerdings jeweils nicht mehr als fünf Prozentpunkte betragen.

Zu unterscheiden von der Ausgleichsrücklage und der Allgemeinen Rücklage seien die Pensionsrückstellungen. Diese seien für laufende Haushaltsgeschäfte nicht verfügbar, sondern würden für die Pensionszahlungen der Priester und beamtenähnlich angestellten Mitarbeitenden benötigt.

Der Haushaltsplan für das Haushaltsjahr 2022 ist im Internet frei abrufbar unter https://bit.ly/3KVXdEe.