Sie möchte etwas zurückgeben

Es gibt Neues aus dem gar nicht mehr so kleinen Buschkrankenhaus der Stiftung „Aktion pro Humanität“ (APH).

Dr. Elke Kleuren-Schryvers, Medizinerin und Vorsitzende der APH, die seit 25 Jahren die humanitäre Arbeit im APH-Projekt in dem kleinen westafrikanischen Land vorantreibt, steht die Freude ins Gesicht geschrieben: „Es macht uns im Team sehr froh, dass wir auch gute Nachrichten berichten können und eine Nachricht, die zeigt, wie wertvoll es ist, humanitäre Hilfe über viele Jahre kontinuierlich aufrechterhalten zu können – dank der vielen treuen Spender.“

Und weil die Geschichte von Charlotte, einer jungen Frau aus einem Dorf nahe der APH-Krankenstation, so berührend ist, erzählt die Kevelaerer Ärztin sie von Beginn an:
„Im September 2000 wurde Charlotte in dem Dörfchen Tannou-Gola geboren. Sie wuchs zunächst in Dogbo auf, einem Städtchen etwa acht Kilometer entfernt vom Krankenhaus- und Waisenprojekt der Stiftung Aktion pro Humanität in Gohomey.

Als Charlotte fünf Jahre alt war, im Jahr 2005, kam sie in unser Waisenhaus, das wir damals aufgebaut hatten. Ihr Vater war an Aids gestorben, die Mutter war allein mit dem Mädchen, ohne Geld, ohne Arbeit. Charlotte entwickelte gesundheitliche Probleme, ihre Mutter konnte weder für das tägliche Essen noch für eine medizinische Behandlung sorgen – sie war völlig überfordert und setzte das Kind aus. Ein immer wieder vorkommendes Kinder-Schicksal in dieser Zeit.

Es sind immer wieder die gleichen Muster: Die Großfamilie des Vaters fällt als Hilfe für die Mutter komplett aus, distanziert sich schnell von der Frau mit dem Kind – oft aufgrund der Angst vor Ansteckung mit dem damals noch sehr häufig tödlichen Aids-Virus, aber wohl auch, weil man zwei zusätzliche Esser am Tisch nicht durchbringen kann“, berichtet Kleuren-Schryvers über den schwierigen Start ins Leben, den das damals kleine Mädchen hatte.

„Doch im Waisenhaus der Aktion pro Humanität in Gohomey stabilisierte sich die Situation des Kindes rasch unter regelmäßigen Mahlzeiten und medizinischer Versorgung. Charlotte besuchte sechs Jahre lang die nahe liegende Grundschule. Sie wurde im ersten Bauabschnitt mit Spenden von APH errichtet, damit dort die Dorfkinder aus Dowomey, die noch keine Schule hatten, und die Waisenkinder aus dem Projekt ‚Jardin des Enfants‘ (Garten der Kinder) zur Schule gehen konnten.

Diese Schule liegt direkt neben dem Waisenhaus-Gelände und ist bis heute in Funktion – erweitert inzwischen vom Staat. Bis heute ziehen die Kinder von APH morgens aus dem Waisenhaus über das Projektgelände, vorbei am Brunnen, zur Schule. In ihren Schuluniformen mit ihren Schultaschen – einige schon hellwach und fröhlich plappernd, andere noch eher müde und still. Doch fast immer winken die Kinder fröhlich, wenn sie im gegenüberliegenden Gästehaus das Ärzteteam vom Niederrhein bei den Vorbereitungen für den Einsatztag sehen, das vor der Corona-Pause immer einmal im Jahr für eine längere Zeit vor Ort war.“

Charlotte entwickelte sich immer mehr zur einer zielstrebigen, engagierten jungen Frau: „Nach der Grundschulzeit wechselte Charlotte auf das katholische College im benachbarten Dogbo. Mit 16 Jahren, im Jahr 2016, absolvierte sie die Fachoberschulreife. Danach begann sie eine mehrjährige Sprachenausbildung in Englisch an einer Fachhochschule und studierte parallel ab 2018 Arbeitsverwaltung und soziale Sicherheit an der UAC, der University of Abomey-Calavi in Benin. Seit Anfang Januar 2021 ist sie zurückgekehrt nach Gohomey, ins Projekt der Stiftung Aktion pro Humanität. Sie arbeitet dort nun auf ihren eigenen Wunsch in der Verwaltung des Projektes“, berichtet Kleuren-Schryvers erfreut.

Charlotte selbst sagt dazu: „Groß ist meine Freude, dass ich Teil des Teams von APH sein kann. Um einen guten Weg zu gehen, braucht es immer Menschen, die einem Orientierung und Sinn für den Lebensweg geben können. Und mit einem Herzen voll ausgelassener Freude möchte ich Ihnen allen, die meinen Weg ermöglicht haben, danken. Denn Sie alle – als Spender*innen, als APH-Verantwortliche in Deutschland und als die meinen Weg begleitenden Menschen hier in Benin, in Gohomey – sind die Säulen göttlicher Fügung, durch die ich zu dem Menschen werden konnte, der ich heute bin. Für meinen Part möchte ich der Aktion pro Humanität dienen, wie ein Kind das für seine Mutter tut. Denn APH ist für mich wie meine Mutter. Ich möchte APH mein Bestes zurückgeben in den kommenden Jahren, mein maximales Potenzial und meine ganze Kapazität, um meine Brüder und Schwestern, die nach mir kamen und kommen, hinzuführen zu selbstständiger und guter Arbeit und zu einer Disziplin, welche die Projekte von APH in Benin für die Zukunft entwickelt.“

Der Weg bei APH bietet noch weitere Chancen

Das ist, so Elke Kleuren-Schryvers, für eine 20-jährige junge Frau eine ambitionierte Absichtserklärung – gewachsen aus einem Gefühl des Angenommenseins, des Gefördertwerdens, wo es eigentlich keine Zukunftschancen, keine Perspektive mehr gab in einem Entwicklungsland wie Benin. Entscheidend mitgeprägt habe diese Entwicklung der aktuelle Projektleiter Dieudonné Bouba, der schon in den Anfangsjahren Charlotte als damals noch sozialer Projektleiter begleitete.

„Es ist großartig zu sehen, wie sich Charlotte entwickelt hat und jetzt zu uns zurückkommt“, sagt Kleuren-Schryvers. „Und wer weiß – das wäre wieder so ein wunderbares Glück – vielleicht wird Charlotte ja einmal in die Fußstapfen ihres Vorbilds Dieudonné Bouba treten und stellvertretende Projektleiterin im Sozial-Ressort werden. Das Potenzial dazu hat sie. Und eine starke innerliche Beziehung auch. Wir werden sehen.“