Schwarzbrot zwischen den Jahren

Ob sie hinterher mit einem guten Wein auf das Gelingen ihres Experimentes anstoßen werden, wissen sie noch nicht. Aber das Bild mit dem Brot haben Dr. Bastian Rütten und Romano Giefer schon genau vor Augen: Sie wollen, natürlich im übertragenen Sinne, kein Weißbrot mit dick Marmelade drauf anbieten, das „ist lecker, aber hält nicht lange vor“, sagt Rütten. „Wir wollen Schwarzbrotmomente schaffen, an denen die Leute noch lange zu knabbern haben.“
Dr. Bastian Rütten, Theologischer Referent der Wallfahrt und pastoraler Mitarbeiter an St. Marien, hat das Libretto geschrieben und will gemeinsam mit Fabian Matussek (Sprecher, Moderator und Schauspieler), Chordirektor Romano Giefer (musikalischer Leiter) und rund 130 weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus dem „weihnachtlichen Klassikerding“, dem Weihnachtsoratorium von Bach, eine „Musik-Erzählung der besonderen Art“ machen.
Wenn Rütten die Idee beschreibt, hört sich das so an wie eine Art „Directors Cut“ für alle Fans des Weihnachtsoratoriums – die sich, um noch einmal das Bild zu bemühen, vielleicht auch ein bisschen sattgesehen haben an den weihnachtlichen Klassikern der Kantaten 1 bis 3, die üblicherweise in TV und Kirchen landauf, landab auf den heiligen Abend einstimmend die Weihnachtsgeschichte erzählen. In Kevelaer denke man da weiter, biete eine Art „Best of Kantate 1 bis 6“, sagt Rütten. Natürlich seien auch die Klassiker darunter, etwa das den Projektnamen gebende „Jauchzet! Frohlocket!“. Aber man wolle „bewusst nicht eine heile Welt vorgaukeln“, sondern „Tiefeninhalte aktivieren“ und Raum für „Zwischentöne“ schaffen. Deshalb wurden auch die Aufführung bewusst in die Zeit „zwischen den Jahren“ gelegt. „Wir sind dazu da, mit den Leuten unterwegs zu sein als Suchende“, beschreibt Rütten die Grundhaltung dahinter. Um die Leute abzuholen, werde die Inszenierung längst nicht nur musikalische Momente bereithalten, verspricht er. Ein Konzert werde es nicht, eine theologische Vorlesung auch nicht, eine Theateraufführung ebensowenig wie eine Tanzdarbietung. Aber von allem sei etwas dabei.
Klingt ein wenig nach weihnachtlicher Wundertüte und vielleicht ist es das auch – schließlich wissen die Macher auch noch nicht so genau, wo sie ihr Experiment schließlich hinführen und welche Menschen es mitnehmen wird. Romano Giefer, der eng mit Bastian Rütten zusammenarbeitet und glücklich ist über die „unglaublichen Freiheiten“, die das Projekt ihm als Chordirektor der Basilikamusik bietet, umschreibt das Ziel so: „Wir wollen mit Blick auf das Werk ein Gebäude entstehen lassen, das möglichst viele Fenster hat, die Einblicke gewähren auf das Geschehen.“
Nicht mehr und nicht weniger als die „richtigen Fragen an den richtigen Stellen“ seien es, die man stellen wolle, ergänzt Rütten. Und: „Wir werden den Leuten nicht ersparen, froh und glücklich, aber mit einem Fragezeichen und einem Arbeitsauftrag nach Hause zu gehen.“
Wer sich darauf einlassen will, sollte sich vermutlich beeilen: Der Vorverkauf für die zwei Aufführungen am Samstag, 28. Dezember, 19.30 Uhr, und Sonntag, 29. Dezember, 16 Uhr, in der Basilika, läuft bereits. Karten gibt es an der Pforte des Priesterhauses und im Internet auf der Seite www.basilikamusik-kevelaer.de. Sie kosten 20 Euro pro Karte und es sind je Aufführung nur 250, damit jeder Besucher die Inszenierung mit allen Sinnen erleben könne, sagen die Macher.
Unter der Leitung von Romano Giefer werden sich mehrere Formationen aus der Basilikamusik – Erwachsene, aber auch Kinder – beteiligen, weiterhin sind Sophia Bauer (Sopran), Alexandra Thomas (Alt), Leonhard Reso (Tenor) und René Perler (Bass)dabei. Das Rheinische Oratorienorchester wird den Orchesterpart übernehmen. Die Arien werden als Ballettszenen choreografiert, umgesetzt von der „Compagnie Annette Schulz“.
Rund zwei Stunden werden die Aufführungen dauern und Bastian Rütten ist es wichtig, die „Freiheit der Produktion“ noch einmal zu loben, die ihm die Wallfahrtsgemeinde gebe. Was dabei herauskommen kann, wenn man auch mal was riskiert, hat Rütten unter anderem schon bei der Produktion „Mensch! Maria!“ zum Jubiläum der Wallfahrt gezeigt. Und die Anhänger des eher klassischen Weges kann er auch beruhigen: „Wir lassen das andere, Traditionelle ja nicht“, sagt er.
Karten für die beiden Aufführungen am Samstag, 28. Dezember, 19.30 Uhr, und Sonntag, 29. Dezember, 16 Uhr in der Basilika gibt es zum Preis von 20 Euro an der Pforte des Priesterhauses und im Internet auf der Seite www.basilikamusik-kevelaer.de.