Schritt für Schritt in den Sport einsteigen

Am Eingangstor von Viktoria Winnekendonk hingen vor dem Betreten des Platzes drei Schilder am Zaun: eines Verhaltensmaßregeln, eins zur Verantwortung der Trainer und ein Schreiben des Vorstandes.

Die Lockerungen seien ein „Vertrauensvorschuss an uns alle, den jeder Einzelne und wir alle als Verein nehmen müssen“, heißt es da – verbunden mit der eindeutigen Botschaft: „Bitte haltet Euch zum Wohle aller an die vorgeschriebenen Regeln.“ Dementsprechend vorsichtig agierten die Spieler und Coaches auf dem Gelände – immer kontaktlos und in dem angemessenen Abstand, wie D-Jugend-Betreuer Boris Mischke zufrieden feststellte.

In seiner Gruppe waren lediglich zehn Jungen. „Wir sind sonst 20, teilen das auf Dienstag und Donnerstag auf. Die Anlage ist aber auch groß genug, dass später vielleicht auch 20 zusammen gehen.“ Von jedem Team sei jeweils ein Trainer am Vorabend vor Ort noch gebrieft worden, was die Abstandsregeln und auch alle anderen Dinge wie die Desinfektion aller Materialien angeht.

Mike Berns und Simon Janssen ließen ihre C-Jugend-Schützlinge diverse Torschuss- und Passübungen machen. „Das war ´ne Herausforderung, da so kurzfristige kontaktlose Übungen zu finden“ erklärt Berns. So habe man dann alte Übungen etwas aufgepeppt. Sein Kollege staunte nicht schlecht anhand der Disziplin der Kids. „Wir haben drei, vier Mal klar gesagt, haltet Euch an alles, sonst ist das Training nicht möglich. Diesmal sind auch alle 17 da, so viele waren es in der Saison noch nie.“

„Am Mittwochnachmittag, als die Nachricht der Öffnung kam, kamen sofort die Nachrichten: Können wir morgen auf den Platz?“, erzählt der Vorsitzende des SV Viktoria Winnekendonk, Peter Schlossarek. „Und wir sagten: Moment. Sie sind noch zu und es müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein, die wir noch nicht alle kennen. Da bedarf es ja irgendwelcher Umsatzvorgaben.“ Auf dem Sportplatz ein kontaktloses Training durchzuführen, ohne dass die Spieler den Ball in die Hand nehmen, und das bei mindestens 1,50 Meter Abstand, sei schon eine Sache die das konsequente Handeln der Trainer erforderlich mache, sagt Schlossarek. Das gehe bei den Kindern schon damit los, „dass die, wenn sie kommen, schon ihre Räder im Abstand abstellen, dass da keine Rudelbildung entsteht.

Die einen rennen auf den Platz, die anderen warten. Die sollen sich nicht körperlich begegnen.“ Und man habe überlegt, wie der Platz begangen und wieder verlassen wird. „Die einen links drauf, die anderen rechts runter.“
Spannend sei auch die Frage, wie man die Hygiene gewährleisten kann. „Die Toilette halten wir natürlich verfügbar mit Seife.“

Auch Desinfektionsmittel soll vorhanden sein, damit die Sportmaterialien und Geräte gereinigt werden können. Allerdings sei auf dem freien Markt da schwer dranzukommen. „Unser Platzwart hat Montagmorgen versucht, das Thema über die Stadt auf den Weg zu bringen. Die haben aber die gleichen Probleme bei den Schulen, die auch Desinfektions- und Hygienemittel brauchen.“ Die Platzsperren-Schilder hat man Montag schon einmal entfernt, den Trainern am Vorabend eine Art „Trainings-Knigge“ mit auf den Weg gegeben.

Die dreiseitigen Verhaltensmaßregeln seitens der Stadt umfassen auch Anwesenheitslisten. „Jede(r) SpielerIn muss umgezogen zum Training erscheinen und es darf keine Zuschauer geben.“ Ob das ein Training im Vorlauf für Wettbewerbs-Fußball sein wird, das hält Schlossarek für unwahrscheinlich.

Vom Fußballverband Niederrhein gibt es zwar noch keine abschließende Entscheidung, was mit der laufenden Saison geschehen soll – eine Online-Umfrage soll letzte Klarheit bringen. Aber die Signale deuteten in Richtung Absage. „Das ist auf jeden Fall die richtige Entscheidung“, betont Schlossarek. Die Frage, wie man die Turnhalle nutzen kann, die habe man zunächst mal zurückgestellt. „Da ist die Organisation noch viel schwieriger. Da kann ich mir persönlich wenig vorstellen – für Mannschaftssport eh nicht. Vielleicht geht Gymnastik mit eigener Matte.“

Auch der Vorsitzende des SV Union Wetten, Manfred Nilkens, versteht, warum sich viele jetzt auf gemeinsamen Sport freuen: „Man merkt schon, dass zum einen die sozialen Kontakte, Kameradschaft und die Freude am Sport fehlt. Gerade im Gruppen-und Mannschaftssport ist das was anderes. Der Spaß bei und nach dem Training, das Miteinander – das ist gerade beim Dorfverein ein wichtiger Aspekt.“ Am Wochenende setzte sich der Union-Vorstand zusammen. Demnach ist klar: „Im Fußballbereich werden wir bis Ende Mai / Anfang Juni kontaktloses Training freigeben – aber erstmal nur für die Seniorenteams.“

Man werde sich dabei an dem Leitfaden von Landessportbund und DFB orientieren und ähnlich wie Winnekendonk agieren. „Einzeln zum Sportplatz kommen, am Sportplatz Hände desinfizieren, die Übungsgeräte werden nur von den Trainern angefasst und weggeräumt.“ Pro Trainer wird es Zehnergruppen auf einer großen Fläche geben, wo man den Mindestabstand einhalten kann. „Wir haben gesagt, wir nehmen da drei Meter Abstand“, unterstreicht Nilkens. „Denn wenn du auf 1,50 Meter sagst, bleib so stehen, egal welche Übung“, dann sei das schwer durchzuhalten. Pro Trainingsabend soll nur eine Fußballmannschaft auf dem Platz stehen, „damit die das ganze Feld zur Verfügung haben.“ Natürlich würden sich alle freuen, endlich trainieren zu dürfen und die anderen Mitspieler zu sehen. „Man möchte aber nicht, dass da irgendwas ist, wo man sich später Vorwürfe machen muss.“

Die Abteilungsleiter wie die Jugendtrainer haben eine Mail erhalten, wer welche Berechtigungen hat und wer aussetzt. „Kindertraining sehen wir momentan noch als schwierig an“, sagt der Klub-Vorsitzende.

Bis zum 1. Juni wolle man das noch nicht erlauben. „Von den Bambinis bis zur E-Jugend, da steht das Spielerische im Vordergrund. Da macht das gar keinen Sinn, mit denen eine Stunde Passübungen zu machen. Die rennen uns nach fünf Minuten über den Haufen.“ Was Wettbewerbssport generell angeht, ist Nilkens skeptisch. Denn wenn zwei Teams gegen-einander spielen, nur einer auf dem Feld aber Corona hat, „dann müssten beide Teams in Quarantäne.“ Deshalb glaubt er, dass „der Profifußball in zwei Wochen abgebrochen wird – trotz aller Maßnahmen.“

Und Kontaktsport im Amateurbereich sieht er auch noch lange nicht. „Entweder heißt das, dass alle Sportler getestet sind oder dass keiner in Wetten Corona hat und es Training wie gehabt geben kann.“ Wer aber könne das gewährleisten, „will die Verantwortung dafür übernehmen, sowas gemacht zu haben – und dann haben sich Leute angesteckt?“

Dass die Saison beendet wird, davon geht Nilkens fest aus. Bei der Videokonferenz des Fußballverbandes Niederrhein letzte Woche Montag hätten sich „alle für einen Abbruch ausgesprochen. Der Beschluss werde auf der FVN-Jahreshauptversammlung am 20. Mai sicher fallen. Sollte das der Fall sein, fragt Nilkens, „muss man dann das Risiko eingehen, ein Kontakttraining durchzuführen?“ Kicken mit Abstand, aber ohne Trainings- oder Wettkampfspiele für ein paar Wochen, das hält er in den nächsten Wochen für verantwortbar. Und dann? „Wir werden uns schwer damit tun, ohne Impfwirkstoff beim Mannschaftssport in eine Normalität zurück zu kommen.“

In Sachen Turnhalle werde man Gymnastik in Kleingruppen freigeben – mit zwölf Personen und mit einem Mattenabstand von drei Metern. Auf jeden Fall werde da „die Eingangstür offen gestellt und ein Desinfektionsmitteltisch hingestellt.“ Alle Teilnehmer müssen ihre eigene Matte und ihr eigenes Handtuch mitbringen. „Und es werden erst mal auch da keine Trainingsgeräte benutzt.“