Schöne Kunst mit wenig Besuchern bei der Landpartie in Kevelaer

So richtige Begeisterung will in diesem „Landpartie“-Jahr bei Markus Nießen nicht aufkommen. Der in der Corona-Zeit 60 Jahre alt gewordene Tischler und Möbelrestaurator ist von Beginn an bei dem „Landpartie“-Projekt mit dabei. „Im ersten Jahr war ich noch bei Lisa Lepper in der Steinwerkstatt in Weeze-Wemb und danach dann immer wieder hier am Johanneshof.“ So richtig in Gang kommen tut das Ganze bei ihm in diesem Jahr bislang nicht. „Das erste Wochenende war ja noch ganz gut“, sehnt er sich natürlich nach der Zeit vor Corona, wo noch „hier ganz viel Zauber mit Livemusik und Weinausschank war, aber das durften wir alles nicht.“ Beim zweiten Mal, „da waren jetzt mehr Freunde und Bekannte hier als Besucher“, musste er enttäuscht zur Kenntnis nehmen. Die Maskenpflicht drücke da auf die Bereitschaft zu kommen, vermutet er. „Die Stimmung ist nicht so entspannt wie in den letzten Jahren.“

Selbst arbeitet Nießen seit 35 Jahren in seiner Werkstatt und Winothek an der Johannesstraße 28, wobei sich der Schwerpunkt vom Möbelbau und der -restauration auf kunsthandwerkliche Sachen verlagert hat. „Wir wollen ja auch nicht nur quatschen, sondern auch etwas verkaufen. Und da tut sich nicht so viel.“ Das ist umso bitterer, als ja auch für alle Kunsthandwerker die Marktsaison 2020 aufgrund der Corona-Krise ins Wasser fällt. „Wir wären ja sonst auch beim Krefelder Flachsmarkt, bei ‚Kunst auf dem Parkdeck‘ in Düsseldorf. Das ist alles abgesagt worden.“ Da blieb nur der Humor als Ventil. „Schön wär´s, wenn wir im Lotto gewinnen, dann machen wir solange ‚Landpartie‘, bis die Kohle zu Ende ist.“

Trotzdem lohne sich der Gang über seinen Hof, zumal er auch in diesem Jahr wieder interessante Künstlerkollegen für die „Landpartie“ gewinnen konnte – wie die Meerbuscher Goldschmiedemeisterin Katja Pollok, die bereits 2019 mit dabei war. „Dieses Jahr waren leider kaum welche da. Die waren zwar alle happy, dass sie raus konnten, aber kauffreudig waren sie nicht.“

Grafik-Design oder Goldschmiedin?

Schon von klein auf, „seitdem ich den Stift halten konnte“, war sie in irgendeiner Form künstlerisch tätig, erzählt die 54-Jährige. Mit 21 stand sie vor der Wahl. „Ich hatte Grafik-Design oder Goldschmiedin in petto.“ Das Praktikum in einer Werbeagentur gefiel ihr dann gar nicht. „Da bin ich auf die Goldschmiedeschule in Hanau gegangen für dreieinhalb Jahre.“ Und so blieb sie diesem Kunsthandwerk erhalten. Wenn sie beschreiben soll, was sie bis heute daran noch fasziniert, dann muss sie schon überlegen: „Schwer zu sagen, wenn man das so lange macht. Das ist fast der Entwurf und nicht speziell das Material. Sich etwas ausdenken und das dann daraus herstellen, ob in Silber oder Gold.“ Natürlich gebe es auch mal „zuerst schöne Steine, um die herum man sich ein Schmuckstück ausdenkt – das ist auch eine Challenge“, sagt sie.

Veranstaltungen wie die „Landpartie“ seien gerade in diesen Zeiten enorm wichtig. „Und dass man sich zeigen kann, ist generell wichtig, weil das immer weniger wird. Wir haben ja leider als Kunsthandwerker das ‚große Internet‘ als Konkurrenz und das ist zum Teil sehr traurig.“

Der Wunsch nach mehr Besuchern

Ilex Hild reiste aus Köln an, um ihr Kunsthandwerk in Kevelaer zu präsentieren. Sie produziert seit 40 Jahren Schals und Herrenwesten. Foto: AF

Für die 62-jährige Kölnerin Ilex Hild ist die „Landpartie“ 2020 ihre persönliche Premiere. „Der Markus hat mich eingeladen – wir sind gemeinsam in der Arbeitsgemeinschaft der Kunsthandwerker Düsseldorf, die heute ‚angewandte Kunst Düsseldorf‘ heißt“, erläuterte sie den Hintergrund. „Der Eindruck hier ist sehr gut, man fühlt sich sehr wohl, aber man wünscht sich mehr Besucher.“ Ihr Kunsthandwerk ist die Weberei. „Ich fand immer schon Stoffe und Textilien spannend und wollte dementsprechend was Handwerkliches machen.“ Ihre Eltern gaben ihr für diesen Traum vollständige Rückendeckung. „Mein Vater war von Beruf ja selbst Grafik-Designer, der hat das unterstützt.“

So produziert sie seit 40 Jahren Schals und Herrenwesten in verschiedenen Größen und Ausführungen. „Wenn sie mal nicht passen, dann kann man das mal auf Maß fertigen.“ Auf jeden Fall sind es keine maschinell hergestellten Stoffe, „sondern alles Unikate“, ist es ihr wichtig herauszustellen. Für ihre Kunst findet sie auf den diveren Ausstellungen immer wieder Abnehmer. „Normalerweise ist es so. Aber wenn alle Veranstaltungen ausfallen, dann geht gar nichts.“

Alle Beteiligten hoffen nach wie vor auf die Neugierigen, die sich von Corona nicht abhalten lassen. „Jetzt können wir uns das ja nicht aussuchen, diesmal müssen wir das ja entzerren“, meint Markus Nießen zum diesjährigen Format. „Wir hätten entweder komplett darauf verzichten können oder als ‚Landpartie light‘ machen können.“ Grundsätzlich findet er es persönlich schöner, „wenn man konzentriert alles an einem Wochenende hat, aber vielleicht ergibt sich ja jetzt ein anderes Konzept, dass man es ein bisschen länger zieht.“ Richtig überzeugt, das merkt man, ist er davon aber nicht. „Die Erfahrungen der Wochenenden tragen wenig dazu bei, so etwas nochmal so zu machen.“