Schießmarathon: Vogel wollte nicht fallen

In den ersten Sekunden nach dem Königsschuss wirkte Bettina Stuesgen, als stünde sie unter Schock. Kurz zuvor hatte sie tatsächlich ihren ersten und einzigen Schuss als Kandidatin auf den Königsthron abgefeuert.
Dieser 454. Schuss war es tatsächlich, der das Schicksal des Restvogels besiegelte. Somit verschaffte er der 77-Jährigen vollkommen unverhofft die Würde als neue Schützenkönigin der St. Sebastianus Schützenbruderschaft Kervenheim-Kervendonk 1622 e.V. „Damit hätte ich niemals gerechnet. Ich bin fix und alle“, bekannte die rüstige Seniorin. Im letzten Jahr stand sie noch an der Seite ihres Liebsten Eckmar Leibeling. Der hatte damals die Kaiserwürde inne und wird sie als König durch das unerwartete Jahr mit begleiten.
„Ich kann das noch gar nicht begreifen, was da passiert ist“, konnte sie sich kaum beruhigen, als sie die Glückwünsche der Schützen und Zuschauer aus der Ortschaft entgegennahm. Ihr Schuss signalisierte das Ende eines Schützenmarathons, der um 14 (!) Uhr auf der Sportanlage am Everdonk mit dem Preisschießen- und dem Kinderkönigsschießen begonnen hatte.
Mit einer Spielstraße und einer Hüpfburg hatte man ein Angebot für Kinder bereitgestellt, das diese bei strahlendem Sonnenschein gerne annahmen. Auch Kaffee und Kuchen fanden reichlich Absatz. „Der Besuch war sehr gut“, bilanzierte Rainer Weber für die Schützenbruderschaft zufrieden.
Bei der jüngeren Generation dauerte es allerdings bei Weitem nicht so lange, bis der Vogel dort nachgegeben hatte. Mit der sechsjährigen Armbrust-Schützin Jagoda Choynacka stand schnell eine neue Kinderschützenkönigin fest. Als ihre Ministerin fungiert Emely Cleven. Ihr Minister ist Mika Borghs. Und als Adjutantin wählte sie Emily Tittel aus.
Die Erwachsenen hatten danach eine echte Geduldsprobe zu bestehen, da der Vogel an diesem Tag einfach nicht nachgeben wollte. Nachdem Stefan Hummel den Kopf getroffen hatte, dauerte es bis zum 246. Schuss, ehe Eckmar Leibeling den rechten Flügel herunterschießen konnte.
Erst 146 Schüsse später konnte Hans Breuer den linken Flügel beseitigen, sodass man überein kam, auf den Schwanz als Preis in diesem Jahr gänzlich zu verzichten. „Ich bin mir der Schuld bewusst“, gestand Andreas Engels angesichts eines bis in die Abendstunden dauernden Wettbewerbs. Der Vogelbauer zeigte sich aber stolz auf das Erscheinugsbild des Vogels, das die Künstlerin Ulla Genzel gestaltet hatte.