Reaktionen auf den Lockdown
Ab dieser Wochen gilt der neue „Lockdown light“, nachdem die Kontakte massiv eingeschränkt werden, die Gastronomie ihre Pforten dicht machen muss und Künstler sich nicht mehr frei betätigen können. Was denken die Betroffenen von all diesen Maßnahmen?
Dirk Winkels von „Mutter&Kind“:
Wir tragen das natürlich alles mit. Wir müssen die steigende Zahl eindämmen, dass wir was tun, halte ich für richtig. Aber ich glaube, dass an den falschen Schnittstellen gedreht wird. Die in den Partyräumen sollten sich hinterfragen. Warum 10.000 Leute ins Fußballstadion dürfen oder ins Phantasialand – die Gastronomie ist da falsch. Auch wenn wir offen haben, trifft es uns mit, wenn keine Gastronomie geöffnet ist, da tue ich mich ein bisschen schwer.
Für uns steht in drei Wochen das Kommunionsgeschäft wieder an.
Wir kleiden jährlich über 400 Kinder aus einem Rieseneinzugsgebiet. Da werden wir Maßnahmen treffen, werden nicht mehr als drei Kommunionkinder gleichzeitig bedienen. Jedes Kind darf nur noch zwei Erwachsene dabei haben. Und wir haben extra Paravents angeschafft, um die Kinder zu separieren.“
Ursula Grootens vom „Einhorn“-Restaurant:
„Die Erwartung, dass wir komplett schließen, war nicht da. Als der Beschluss kam, hab ich geschluckt. Ich hatte ein Hygienekonzept aufgebaut und viele Gäste, die sich sicher fühlten.
Wir sind unendlich dankbar um die Unterstützung der Gäste, das gab uns soviel Aufwind. Ich hoffe, dass das so bleibt. Es gilt: Aufstehen und weiterlaufen !
Wir holen dann das „Flying Einhorn“ mehr hervor. Seit eineinhalb Wochen bestellen die Leute wieder massiv. Ich kann verstehen, dass die Regierung Entscheidungen für alle treffen muss, finde es für unseren Bereich nicht so plausibel.
Ich sehe uns nicht als Verbreiter, aber es gibt halt „schwarze Schafe“, die großen Städte. Das Gefühl von vor einem halben Jahr und die Angst um die Mitarbeiter, das kommt jetzt zurück.“
Hans Ingenpass, Musiker:
„Das ist schon bescheiden. Ich hatte Aufträge, die sind alle abgesagt. Mich hat der Tanzpalast angerufen, im Dezember was zu machen, wenn es möglich ist. Aber da sitzen dann in drei, vier Metern Abstand ein paar Leute, wie will man da Stimmung reinkriegen ?
Eigentlich ist das ganze Jahr abgesagt. Zum Glück habe ich ein zweites Standbein. Ein Bekannter macht Hochzeits-DJ, der hat eine Anstellung gesucht. Der ist seit 20 Jahren selbstständig, aber da kommt ja nix rein.
Ich mach ja auch Technik. Das steht bei mir rum für 70 000 Euro, was eigentlich verliehen werden soll. Ich habe gerade auch eine Anlage günstig gekauft. Die Leute verticken alles.
Ich bin da zwiegespalten. Es ist schlecht, dass die Zahlen so hoch steigen, aber auch ein bisschen ungerecht für die Veranstaltungsbranche. Die ist am Kraxeln. Die Restaurants haben alles umgebaut, damit alles passt, mit Plexiglas und Stühlen auseinander. Die können einen Monat Däumchen drehen, das ist alles nicht so einfach.
Das ist auch für die Veranstalter schlecht, was wollen die bezahlen? Mit der Band für 150 Euro spielen, da kann ich lieber zwei Stunden länger arbeiten. Und alle , die Musik machen, aus Spaß an der Freude und in der Bigband – da sind die Hälfte Risikopatienten.Unser Bassist hat es an der Lunge und hatte einen Herzinfarkt im Sommer, den kannste nicht mit auf die Bühne schleppen. Und im Trio proben, da sagst du eher, da machst du nichts mehr. Wer weiß schon , was richtig ist. Keiner weiß, wie es weitergeht.“
Dominik Haarkotter, Betreiber von „Dom´s Tattoo“:
„Wir haben seit Januar offen, dann hatten wir den ersten Lockdown und jetzt den zweiten. Wir müssen Kunden nach hinten verschieben, die Monate warten müssen.
Warum Friseure auf haben und wir nicht, weiß ich nicht. Wir sind hygienischer als viele andere, „verballern“ hier soviel Desinfektionsmittel.“
Michael Schmidt, Besitzer „Herr Lehmann“:
„Schon in der letzten Woche kamen weniger Leute, weil die Angst hatten. Das war für uns eine reine Subventionsgeschichte so. Die Leute sind veränstigt.
Es bleibt uns nix anderes übrig. Es heißt dann, nicht rumjammern und das Beste draus machen – die Zeit nutzen, um kreativ zu sein ,um auf 2021 mit den neuen Projekten Dinge aufzufangen. Wir sehen dann, was der Bund sagt, wie es weiter geht.
Ich kann es eigentlich nicht verstehen. Wenn ich im Bus fahre oder im Zug, ist der so voll. Die haben da zwar Maske auf, aber sind so eng aneinander. Und 70 Prozent Ansteckungen sollen über den Breitensport gehen. Das ist eher so das Problem. Und unser Hygienekonzept ist so ausgereift mit Maskentragen, immer wieder Hände waschen und alles wird desinfiziert in der Waschmaschine.
Wir werden anders als beim letzten Mal nicht direkt „to go“ machen, weil das mit Qualität zu tun hat, annähernd so sein soll wie im Restaurant. Es gibt auch bei uns Pläne, Social Media voran-zutreiben. Wir werden das auch mit unseren Lieferanten machen, die Regionalität darzustellen, um da gemeinsam durchzukommen.
Janik Hensen, Geschäftsführer von „Dekor Event“:
„Erstmal ist es so eine Katastrophe, jeder Lichtblick für die Monate genommen. Kevelaer im Licht – das ist jetzt auch abgesagt worden, da waren wir im engen Kontakt mit der Stadt und den Veranstaltern.
Ich kann die Maßnahmen nachvollziehen, aber sehe auch da eine gewisse Unklarheit in Bezug auf die Auswahl der Geschäfte, die geschlossen worden sind. Ich vertraue darauf, dass die Leute, die entscheiden, zum Besten der Allgemeinheit entscheiden
Es ist fragwürdig, warum die Schulen noch offen sind. Ich sehe die Gefahr für das Bildungssystem im Ganzen, aber auch da eine Risikoversammlung jedesmal, wenn 30 Leute im Klassenraum zusammensitzen. Das finde ich unverhältnismäßig.
Uns geht für unsere Branche das Vertrauen verloren, mit uns weiter zu planen. Das Vertrauen, ins Risiko zu gehen, wird genommen. Wir haben an Konzepten gearbeitet und Leute überzeugt, dass was möglich ist. Da wird ganz viel Vertrauen zerstört.
Nichtsdestotrotz ist es eine vernünftige Maßnahme, das exponentielle Wachstum zu bremsen. Wenn es exponentiell ist, kann das extrem ausschlagen, und wenn es zwei Wochen braucht, bis wir finale Zahlen haben, kann das immens sein. Auf lange Sicht ist es der richtige Weg, aber man ist hart getroffen.
Auf lange Sicht ist die psychologische Bremse das größte Risiko für unsere Branche. Kevelaer und was hier an Veranstaltungen passiert, wird geprägt von dem, was in dem nächsten halben Jahr passiert. Und das wird in ganz Deutschland so sein.
Da darf jetzt keine Panikmache passieren, das wäre das Schlimmste, dass alle die Ruhe bewahren und sich an Regeln halten, dass Rettungsschirme ausgerollt werden, die Unternehmen wie uns unterstützen. Es gibt viele, die mit dem Rücken gegen die Wand stehen.“
Felix Moeselaegen, Gastronom mit Imbiss:
„Wir wissen alle, man investiert in Sicherungsmaßnahmen und guckt in die Röhre. Veranstaltungen sind alle abgesagt, unser Imbissbetrieb ist zu. Es ist ja gastronomisch alles verboten.
Wir haben uns auf das „to-go“-Geschäft vorbereitet, haben wir damals auch schon gemacht – Hausmannskostmenüs zum Abholen. Und am Wochenende machen wir dann unsere „sparerips-to-go“, auf Samstags und Sonntags aber beschränkt.
Muss man sich mit arrangieren und für Probleme Lösungen finden, das ist unser Job – auch beim Catering. Das ist sehr wichtig im Leben. Es gibt immer wieder Widrigkeiten, aber statt zu möppern, geben wir Antworten. Wir werden jetzt Projekte anpacken, die kann man sonst nicht anpacken. Man muss sich halt weiterentwickeln und mit coolen Sachen die Leute begeistern. “
Joachim Kastell, Werbeunternehmer:
„Ich schlag mich durch, hab die Woche noch gut zu tun mit schönen Aufträgen, und dann müssen wir mal abwarten. Wir sind ein kleines Rad im großen Getriebe. Ich kann das nicht abschätzen.
Es ist aber traurig, was in der Gastronomie los ist. Die Maßnahmen sind da am falschen Ende angesetzt, die hätten was anderes tun sollen. Die haben die Hygienekonzepte, Gesichtsschutz und Hände, Tische weit auseinander mit Plexiglas.
Man sollte die Bevölkerung beruhigen und deutlicher so eine Botschaft nach außen tragen: „Haltet alle zusammen, schützt die Alten, reißt euch einen Monat zusammen.“ Eine vernünftige Botschaft an die Bevölkerung, dass alle an einem Strang ziehen, Rücksicht auf die anderen nehmen
Jeder sollte nachdenken, sich zu schützen und dass er in der Familie Menschen hat, die gefährdeter sind als er selbst und an den Mitmenschen denken: Da sollte sich jeder am Kopf packen und in den Hintern kneifen und nicht diese konzeptlose Notbremse.“
Ingrid Baers, Hotelbesitzerin:
„Wenn wir alle gesund bleiben, ist es okay. Schön ist anders – einen Monat ohne Gäste – , aber da müssen wir durch. Und ich bin nichrt sicher, dass da vier Wochen ausreichen. Wir haben Glück, dass wir Eigentum haben. Sonst ginge das nicht.“
Christina Schaller, Yogalehrerin bei der „Lebensart“:
Die Regierung hat die die Notbremse gezogen. Sie wissen warum. Sie wissen mehr als wir. Ich finde das in Ordnung. Für mich kommt das etwas spät. Ich hätte das gerne gehabt, dass die Herbstferien inbegriffen sind, damit nicht die ganzen Reisen passieren. Aber es ist so, wie es ist. Für mich stellt sich das so dar, dass ich jetzt meine Yogakurse online machen werde. Wie die Menschen damit umgehen, weil sie schon die Erfahrung gemacht haben vom Frühjahr, ob sie mitmachen werden, wird sich dann zeigen.
Ich hoffe, wir kommen alle gesund durch diese Zeit, dass jeder auf seine Art in die Gemeinschaft etwas einbringt. Achtet auf Euch selbst, übernehmt Verantwortung für euch selbst – esst gesund, trinkt genug, macht Sport und achtet auf alle anderen, die um euch herum sind – so dass wir das gemeinsam mit möglichst wenig Schaden überstehen.
Es ist nicht einfach, weil es schon das zweite Mal ist. Die Vorschläge der Regierung mit 75 Prozent kann ich nicht erfüllen, weil ich erst letztes Jahr angefangen habe. Wir haben sehr viel neue Kurse hier in der Lebensart und im November vier Veranstaltungen , die jetzt alle ausfallen. Das tut der Lebensart nicht gut. Aber es geht weiter.“