Rat verhindert innovatives Wohnprojekt

Ein modernisierungsbedürftiges Haus, das seinen in die Jahre gekommenen Bewohnern zu groß geworden ist, die aber keine Erben haben. Eine junge Familie, die dieses Haus zum halben Preis erwirbt und modernisiert. Eine moderne Wohnanlage für Senioren, in das die ehemaligen Hausbesitzer im Gegenzug vergünstigt lebenslang einziehen dürfen. Das ist, knapp umrissen, die Idee, für die der Kevelaerer Gottfried Mülders im vergangenen Jahr geworben hatte (das KB berichtete). Das KB sprach mit dem früheren Rendanten von St. Marien, was aus seiner Idee geworden ist.
KB: Herr Mülders, bei unserem letzten Gespräch waren Sie noch fest überzeugt, dass Ihre Idee umgesetzt werden kann. Jetzt scheint sich kein Grundstück finden zu lassen. Ist die Sache endgültig vom Tisch?
Gottfried Mülders: Aus heutiger Sicht muss ich das wohl so annehmen. Um die Investoren für ein solches Projekt zu gewinnen, konnte ich einen ersten Entwurf präsentieren. Leider hat aber die Politik einige Tage vor Weihnachten die Option auf ein Grundstück verwehrt. Das war aber der Kernpunkt für meine weiteren Schritte.
Sie sagen, die Politik. Inzwischen haben wir aber erfahren, dass es wohl eine sehr knappe Entscheidung im Rat gab.
Ja, das stimmt. Knapp die Hälfte des Rates war wohl dafür, mir ein Jahr Zeit zu geben, um dann alle notwendigen Unterlagen vorzulegen.
Haben Sie eine Ahnung, warum die andere Hälfte dagegen gestimmt hat?
Ich kann es wirklich nur erahnen. Ein Grund ist wohl gewesen, dass ein Teil der Ratsmitglieder auf diesem Gelände bezahlbaren Wohnraum errichten will. Meine Frage, ob denn Häuser zum halben Preis für junge Familien kein bezahlbarer Wohnraum sei, blieb unbeantwortet.
Hat man Ihnen denn andere Gründe mitgeteilt?
Bisher wurde ich nur telefonisch über die Ablehnung meines Antrages informiert, natürlich ohne Begründung, weil es im nichtöffentlichen Teil der Sitzung entschieden wurde. Inzwischen hatte ich aber unter anderem ein Gespräch mit einem Ratsmitglied, von dem ich weiß, dass es dagegen gestimmt hatte. Meine Frage nach dem Warum wurde damit beantwortet, dass dieses Mitglied sich gefragt hatte, ob es denn selbst sein Haus für den halben Preis veräußern würde. Für sich hat dieses Ratsmitglied die Frage verneint und deshalb so entschieden. Aus meiner Sicht aber die vollkommen falsche Sichtweise. Für jemanden, dem das Gemeinwohl am Herzen liegt, muss die Frage sein: Gibt es in Kevelaer möglicherweise Senioren, die einen solchen Schritt tun würden. Nicht: Würde ich das selbst tun?
Sehen Sie denn Senioren, die diesen von Ihnen geplanten Schritt tun würden?
Ja, ich bin mir sicher, dass jeder von uns eine Seniorin oder einen Senior kennt, die/der in seinem Haus vereinsamt. Oft leben diese im Erdgeschoss in ihrem viel zu großen Haus, weil das Treppensteigen zu viel Mühe macht. Am Haus wird schon lange nichts mehr gemacht. Für die ist mein Projekt gedacht, nicht für die, die ans Vererben denken.
Aber haben Sie nicht doch Verständnis dafür, dass einige Menschen Ihre Idee kritisch sehen?
Klar, dafür habe ich Verständnis. Es ist ja auch eine Idee, die es nach meiner Kenntnis bisher in Deutschland noch nie gab. Was mich allerdings kolossal stört, ist die Tatsache, dass der Rat nicht einmal den Versuch gewagt hat, die weiteren Schritte zu gehen. Der hatte dabei null Risiko. Wenn ich nach einem Jahr nicht die notwendigen Investoren und genügend Senioren, die bereit wären, zu den Bedingungen zu verkaufen, gefunden hätte, wäre die Option verfallen und das Grundstück stünde wieder zur freien Verfügung.
Also ist für Sie die Idee jetzt wirklich gestorben?
Ja, zumindest für Kevelaer muss ich das jetzt wohl als „Schnapsidee“ verwerfen.
Was heißt „für Kevelaer“?
Dank der freundlichen Unterstützung des Architekten Patrick Lehn gibt es einen interessanten ersten Entwurf für die neue Senioren-Wohnanlage. Vor einigen Monaten hatte ich Kontakt zur Verwaltungsspitze einer Nachbarkommune, die meine Idee überzeugend fand. Vielleicht zeige ich denen noch mal den Entwurf und biete mich für weitere Beratung an. Mal sehen, was das neue Jahr bringt.
Der Kevelaerer Rat hat leider mal wieder ein Klischee bestätigt, das in manchen Köpfen der Kevelaerer Bevölkerung vorherrscht. Eigentlich haben die Mitglieder das nicht verdient, weil die ihren Dienst auch nur ehrenamtlich tun.
Sie engagieren sich ebenfalls ehrenamtlich. Sind solche Rückschläge da nicht demotivierend?
Davon lasse ich mich nicht entmutigen. Ich werde auch weiterhin meine Ehrenämter ausführen, zumindest dort, wo ich diese als sinnvoll erachte.
Interview: Björn Lohmann