Rat lehnt Michael Kamps ab

“Oh”, war am Donnerstagabend, 19. Oktober 2017, die erste Reaktion von Bürgermeister Dr. Dominik Pichler, als ihm der Zettel mit der Auszählung der geheimen Wahl eines neuen stellvertretenden Bürgermeister übergeben wurde. Einziger Kandidat in der Ratssitzung war der von der CDU nominierte Ratsherr Michael Kamps. Pichlers zweite Reaktion bestand darin, selbst noch einmal die Stimmzettel auszuzählen. Nach weiteren Sekunden des Schweigens stellte er leiser und ernster als sonst fest: “38 abgegebene Stimmen. Elf Ja-Stimmen, 26 Nein-Stimmen, eine Enthaltung.” Was meist eine Formalie ist, war zum Fiasko geworden. Michael Kamps war fraktionsübergreifend abgelehnt worden.
Die Nominierung hatte zunächst noch keinen Anlass zur Besorgnis gegeben. Kamps hat als Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung ein wichtiges Amt im Rat inne, in das er sich gut eingefunden hat. Ob er auch ein guter Redner ist, der auf Feiern und bei Jubiläen die Bürger begeistern kann, mag mancher in Zweifel ziehen. Vielleicht wäre das Grund genug für Mitglieder anderer Parteien, den Kandidaten abzulehnen. Es waren allerdings 17 Mitglieder der CDU anwesend. Mindestens fünf von ihnen müssen ebenfalls gegen den Bewerber aus den eigenen Reihen gestimmt haben.
Offensichtlich hat die Fraktionsspitze die Nominierung nicht gut vorbereitet. Ein interner Konsens scheint zu keiner Zeit bestanden zu haben. Und die Meinungen der anderen Fraktionen hat die CDU wohl vor der Nominierung ebenfalls nicht abgefragt oder sie ignoriert. Doch anders als bei der Wahl von Mitgliedern in politische Ausschüsse repräsentiert ein stellvertretender Bürgermeister nicht eine einzelne Partei. Der Kandidat sollte im besten Wortsinn mehrheitsfähig sein.
Woher die breite Ablehung kam, das blieb im Rat zunächst offen, da der Tagesordnungspunkt keine Aussprache vorsah. Pichler ging schließlich zügig zum nächsten Tagesordnungspunkt über, die Diskussionen erfolgten erst im privaten Kreis nach Ende der Ratssitzung. Dass es knapp werden könnte für Michael Kamps, das hatte sich im Vorfeld angedeutet. Doch mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit gegen den Kandidaten hatte wohl niemand gerechnet.


Update: Es waren 17 Mitglieder der CDU-Fraktion anwesend. In einer früheren Version des Textes war fälschlicherweise von 18 Mitgliedern die Rede.