Premiere für einen Meister

Olivier Eisenmann überzeugte bei seine Basilika-Orgelkonzert mit Werken von Rougiuer, Bonnal, Rheinberger und seine Vaters Will. „Ich habe bisher hier noch nicht gespielt“, gestand der 78-jährige Organist. Einige Minuten später entlockte er der Basilika-Orgel seine ersten Töne. Sorgsam hatte er sich auf seine Premiere in der Marienstadt vorbereitet.
„Ich freue mich sehr, dass er die Fahrt aus der Schweiz auf sich genommen hat“, begrüßte ein sichtlich stolzer Elmar Lehnen den internatonal renommierten Musiker. „Ich bin immer gespannt bei Stücken, die ich noch nicht kenne“, hoffte er wie die gut dreißig Zuhörer auf eine unterhaltsame Orgelmusik-Stunde.
Festliche Stimmung wunderbar getroffen
Für den Auftakt hatte sich der erfahrene Organist das „Präludium F-Dur“ von Fanny Hensel-Mendelssohn ausgesucht – damals als Eingangsstück zu ihrer Vermählung mit dem Hofmaler Wilhelm Hensel komponiert.
Eisenmann gelang es mit seinem erhaben-gefühlvollen Spiel dabei, die festliche Stimmung mit der Mischung aus dem im Basspedal auftretenden Dominantseptakkord und dem liedhaften, vierstimmigen Satz akustisch wunderbar zu treffen.
Im Anschluss daran interpretierte er die „Fantasie d-Moll, op. 176“ von Gustav Adolf Merkel – eine vierteilig-zyklische Komposition mit gleitendem Toccatasatz im „Moderato assai“, einem dezent-lyrischen „Adagio“, dem kurzen zweiten „Moderato assai“ und dem D-Dur-Allegro in Sonatenhauptsatzform bis zur furiosen Coda am Ende.
Sehr stimmungsvoll und überzeugend in ihrer Varianz gerieten die sechs Varianten des achttaktigen Dur-Themas in Josef Rheinbergers „Tema variato“, ehe die „Toccata e-Moll und Fuge e-moll“ von Max Reger mit Dynamik, modulierter Chromatik und mehrstimmigem Thema sich zu einer sich immer weiter steigernden Klang-Polyphonie aufschwang.
Eisenmann verwob dabei mit seinem souveränen, reifen Anschlag die Themen zu einem kunstvollen Gesamtklang.
Adrien Rougiers „Arabesque“ bestach durch eine entspannt-schwebende Atmosphäre – getragen und doch leicht, mit einer umgekehrten Reprise und ruhigem Ausklang. Die „Fantasie I, op. 45“ seines Vaters Will geriet zu einer durchaus belebten, mehrstimmig dynamischen Klangerfahrung mit sich ablösenden Stimmen und fast „albtraumartiger“, mystischer Atmosphäre.
Höhepunkt des 66-minütigen musikalischen Abends waren die baskischen Klanglandschaften des französischen Komponisten Joseph Ermend Bonnal, der mit den „Paysages euskariens“ seine poetische Huldigung an den Landstrich musikalisch formulierte.
Die Meisterschaft
Hier konnte Eisenmann seine Meisterschaft besonders zum Ausdruck bringen: Den impressionistisch-malerischen Charakter der Musik traf er glänzend, man sah „La Vallée du Béhorléguy, au matin“ vor dem geistigen Auge in seiner Weite auferstehen.
Tragend geriet „Le Berger d´Ahusquy“. Und bei „Cloches dans le Ciel“ konnte man die majestätisch anmutenden „Glocken am Himmel“ tatsächlich mehrstimmig wahrnehmen – eine komplex-beeindruckende Komposition, die der Organist mit dem Gespür für Spannung und Melodien souverän zu Gehör brachte.