Poltergeist der politischen Pointe

„Täglich, täglich, unbeweglich, regungslos und nichts im Sinn, endlos, endlich, unverständlich, her und hin, unbeweglich wie ich bin…“.

Es ist ein Hagenbuch-Zitat aus dem Vermächtnis des Hanns Dieter Hüsch, das dem geneigten Kabarettbesucher im zweiten Teil des Programms „Kein zurück“ die Nähe Wilfried Schmicklers zu dem Niederrheindichter plaktaiv vor Augen führt. Denn bei vielen Texten, Liedern und Gedichten, die Schmickler zuvor im ausverkauften Bühnenhaus auf Kevelaerer und Konsorten losgelassen hat, fühlte man sich an den politischen Hüsch der frühen Jahre erinnert, bevor sich dieser mit den vermeintlich einfachen niederrheinischen Küchenmenschen wiedervereinigte.

Unbeweglichkeit kann man Wilfried Schmickler keinsfalls vorwerfen, schon gar nicht geistige, dazu analysiert er zu zutreffend die Asozialität sogenannter Sozialer Netzwerke und das wahre Interesse hinter den Datenkraken wie Google. Hin und her hetzt er zwischen politischen und gesellschaftlichen Themen, zeigt null Tolleranz gegen Intoleranz, wettert wütend gegen alte Betonköpfe und neue Nazis, wirbt für offene Grenzen und klare Kante.

Das muss man alles erstmal unter einen Hut, respektive in einen Kopf kriegen. Schmickler schafft das und er kriegt‘s auch wieder raus und in den Raum und rüber zum Publikum. Mal böse polternd, mal leise weinend, mal stolpernd dichtend und mal frech flötend – aber nie lächerlich. Am Ende des Programms stellt man fest, dass man zwei Stunden politisches Kabarett gesehen hat, ohne sich ein einziges Mal kaputtgelacht zu haben, und wahnsinnig viel von dieser brachialen Energie eingefangen hat, die Wilfried Schmickler auszeichnet. Er ist nicht der Kabarettist der leisen Zwischentöne, er ist der Poltergeist der politischen Pointe. Er haut oft einfach mit der Faust auf den Tisch, wo andere eben nur eine flache oder gar hohle Hand in petto haben. Trotz aller Polterei kommt dabei aber auch der poetische Geist nie zu kurz.

Langer Applaus für zwei Stunden anständige Anstrengung, die zeigt, dass Anständigkeit eben anstrengend sein kann – aber, wenn man ganz ehrlich bleibt, auch alternativlos ist.