Pichler will neue Regeln für Sonntagsverkauf

Die NRW-Gesetzgebung rund um das Ladenöffnungsgesetz erhitzt seit Jahren die Gemüter in Kevelaer. Unter den Pandemiebedingungen wird einmal mehr deutlich, wie schwierig die geforderte Koppelung an Großveranstaltungen umzusetzen ist, mit der die zulässigen Ausnahmen für den Sonntagsverkauf gerechtfertigt werden müssen. Speziell in Kevelaer dreht sich die Debatte zudem darum, für welche Sortimente die zusätzlichen Ausnahmen gelten, von denen Kevelaers Wirtschaft als Wallfahrtsstandort profitiert. Bürgermeister Dr. Dominik Pichler hat das zum Anlass genommen, sich mit einem Vorschlag an NRW-Wirtschaftsminister Dr. Andreas Pinkwart zu wenden und eine Überarbeitung des Gesetzes zu fordern.

In seinem Schreiben kritisiert er unter anderem die hohe Hürde, empirisch nachzuweisen, dass mehr Besucher wegen einer Veranstaltung als wegen der Ladenöffnung in die Stadt kommen. „Es genügen aber nicht unbedingt Besucherschätzungen der letzten Jahre oder gar Besucherprognosen“, erläutert Pichler gegenüber dem KB. Hinzu kämen die Pilger als dritte Gruppe. „Wie will man da trennen?“ Er moniert auch die parzellengenaue Festlegung und Begründung der Ausnahmen, die das Gesetz fordert. „Für jeden einzelnen verkaufsoffenen Sonntag muss parzellengenau und gerichtlich überprüfbar dargelegt werden, in welchem ,Einzugsbereich‘ der anlassgebenden Veranstaltung Geschäfte öffnen dürfen“, so Pichler zum Status Quo. „Das alles ist hochkompliziert und fehleranfällig.“ Eine Begrenzung des Verkaufsgebietes sei für ihn generell nicht zwingend, aber ob das verfassungsrechtlich überhaupt möglich sei, wolle er nicht beurteilen.

Kevelaers Bürgermeister plädiert stattdessen dafür, sechs statt derzeit acht Sonntage für den Verkauf zu öffnen, aber ohne dass dies anlassbezogen geschehen müsse. Mit einem Anteil von rund zehn Prozent an den Sonn- und Feiertagen eines Jahres sei dies weiterhin zweifellos eine Ausnahme. Gelten würde die Maßnahme nach Vorstellung Pichlers etwa für den zentralen Versorgungsbereich, der dann nur einmal definiert werden müsste.

Darüber hinaus wirbt Kevelaers Bürgermeister dafür, die Ausnahmen für Wallfahrtsorte, nach der „ortskennzeichnende Ware“ an 40 weiteren Sonn- und Feiertagen verkauft werden darf, an die Gesetzeslage in Niedersachsen anzupassen. Ist in NRW der Verkauf von Waren zum sofortigen Verzehr, frischen Früchten, Tabakwaren, Blumen und Zeitungen erlaubt, so benennt Niedersachsen unter anderem auch Bekleidungsartikel und Schmuck. Das sollte nach Pichlers Vorstellung auch für NRW gelten. Kevelaer sei ja neben Wallfahrtsort auch Erholungsort und wäre damit – nach dem niedersächsischen Gesetzestext – doppelt privilegiert.

Grundsätzlich sei es durchaus sinnvoll, verkaufsoffene Sonntage mit einer Veranstaltung zu verknüpfen, erläutert Kevelaers Bürgermeister auf Rückfrage des KB – in Zeiten von Corona-Beschränkungen solle man jedoch die Stadt nicht noch voller machen. Und während Pichler durchaus glaubt, dass sich ein Teil des Umsatzes durch die Sonntagsöffnung nur verlagert, sieht er aber auch zusätzliche Besucher, die Kevelaer wegen des Einkaufens besuchen würden. Einen Konflikt mit Stille suchenden Pilgern erwartet der Bürgermeister nicht, da es den auch nicht gegeben habe, als faktisch noch alle Sonntage in Kevelaer verkaufsoffen waren.

„Ich glaube schon, dass ein unkontrolliertes ganzjähriges Öffnen von Verkaufsstellen nicht erforderlich ist, auch wenn es derartige Zustände etwa in den Niederlanden jedenfalls in Teilen gibt“, betont Pichler. Darüber hinaus diene die Sonntagsruhe auch der Erholung und des individuellen Ausgleichs vom Alltag und auch die Kinder sollen etwas von ihren Eltern haben dürfen. „Ich weiß, dass sich das in manchen Arbeitsbereichen gar nicht vermeiden lässt.“ Dennoch sehe er es kritisch, die dort gegebene Notwendigkeit auch großflächig im Einzelhandel vorzugeben.