Pastor zieht Bilanz nach einem Jahr
Gut ein Jahr ist es her, dass der neue Wallfahrtsdirektor von Kevelaer und Pastor von St. Marien seinen Dienst antrat. Dr. Gerhard Hartmann nahm dies zum Anlass, um Gregor Kauling in die Kevelaerer Glaubensgespräche einzuladen und ihm viele interessante Fragen zu stellen.
Rund 20 Personen waren gekommen. Sie beteiligten sich rege an der Diskussion und erlebten einen spannenden Abend, in dem der Hüter des Gnadenbildes Einiges über sein Leben preisgab.
Die Teilnehmer erfuhren etwa, dass sich Pastor Kauling auch als die Stelle vakant war, nie hatte vorstellen können, hier zu landen. Als er durch Weihbischof Wilfried Theising nach der Firmung in Dinslaken (am 27. Juni 2017) erfuhr, dass er für das Amt des Wallfahrtsrektors angedacht war, musste er erst mal Luft holen und allein in eine Kirche gehen: „Ich war bewegt, berührt, tausend Sachen gingen mir durch den Kopf. Ich dachte an meine Gemeinde, die erst einen langwierigen Fusionsprozess hinter sich hatte. Hier war ich nach neun Jahren endlich angekommen. Nun sollte ich alles zurücklassen?“ Als nach zwei Tagen ein Anruf des Bischofs kam, erbat er erst noch 24 Stunden Bedenkzeit, bevor er am nächsten Tag dann sein volles „Ja“ sprechen konnte.
Zu Fuß durch Kevelaer
So kam der gebürtige Westfale aus Haltern am See schließlich nach Kevelaer. Da er vor seinem Theologiestudium auch in Aachen Stadtplanung studierte, begann er auch in Kevelaer, sich die Pfarrei zu Fuß zu erlaufen, um alle räumlich-baulichen Zusammenhänge zu erfassen.
Auch wenn er zunächst nicht Priester sondern Stadtplaner werden wollte, erfuhr Kauling durch sein Elternhaus ein tiefe katholische Sozialisierung. Er wirkte früh als Messdiener, später auch als Gruppen- und Ortsbüchereileiter. „Religiöses Leben war für unsere Familie immer ganz selbstverständlich“, fügt der Pastor an.
Eine eucharistische Prägung und Intensivierung seines Glaubensleben fand er in der Gemeinschaft Foyers de Charité, die von der französischen Mystikerin Marthe Robin geleitet wurde, durch Wallfahrten nach Medjugorje sowie durch die Gemeinschaft Emmanuel.
Nach den fünf Jahren Stadtplaner-Studium entschied er sich mit 28 Jahren noch zu einem Theologiestudium in Münster. Nach seiner Weihe am 23. Mai 1999 war Kauling für ein Jahr in Altötting.
Dort konnte er intensive Erfahrungen mit einem Marienwallfahrtsort machen und Studierende aus neun verschiedenen europäischen Ländern begleiten. Auch beim Sakrament der Beichte saß er zum ersten Mal auf der anderen Seite des Gitters: „Ich, als Mensch, darf im Beichtstuhl für Gott sprechen. Das war erst mal eine ganz neue Erfahrung. Aber für junge Priester ist diese Erfahrung sehr wichtig und es ist gut, dass in Altötting wie auch in Kevelaer dieses Sakrament noch angenommen wird.“
Später wirkte er als Kaplan, Pfarrer und schließlich Dechant in Ahaus, Warendorf und Dinslaken, bevor 2017 der Wechsel nach Kevelaer anstand. Noch Ende 2017 wurde Kauling zudem Dechant von Goch, 2018 nichtresidierender Domkapitular und gehört somit zum Kreis der zukünftigen Bischofswähler.
Dass der Pastor in der ruhigeren Winterzeit hier beginnen konnte, sieht er als Glück. So konnte Kauling sich erst mit dem Priesterhaus und der Pfarrei vertraut machen, bevor am 1. Mai die neue Pilgerzeit eröffnet wurde. Ganz so ruhig war es nicht, denn am 16. Dezember stand sofort der Besuch des Bundespräsidenten an. Er wurde von dem frisch ernannten Wallfahrtsdirektor aber als sehr beglückend erlebt wurde.
Die hohe Messdienerzahl und die Kirchenmusik an St. Marien seien, so kann er nach einem Jahr sagen, etwas ganz Besonderes: „Kevelaer ist in der Hinsicht wie eine heilige Insel. Die feierliche Liturgie und Kirchenmusik haben in der ganzen Region eine große Vorbildfunktion und strahlen aus.“
Als Höhepunkte des Wallfahrtsjahres nannte Kauling den Besuch von Kardinal Ernest Simoni und von Bischof William Kyrillos, sowie die Begegnung mit Bernadette Soubirous und der Botschaft von Lourdes: „Welcher Ort kann jährlich mehrere 100.000 Menschen von außen begegnen? Wir haben in Kevelaer eine Riesenchance, die wir nutzen müssen“. Manchmal müsse man gewohnte Wege oder Kirchenräume auch verlassen, um die Menschen zu erreichen.
Als Beispiel nannte er eine Lichterprozession, die nur spärlich besucht war, während die Eisdiele direkt am Kapellenplatz voll war. Über Mikrofon habe er einfach auch die Eisdielenbesucher angesprochen und mitgesegnet. Kurz darauf habe er einen Brief von einem dieser Eisesser bekommen, der ihm ausdrücklich dankte für diese Form der unmittelbaren Kontaktaufnahme.
Jeder Ort hat ein eigenes Charisma
„Wir müssen mit den Menschen sein, ihnen zuhören, sie wahrnehmen, Vertrauen aufbauen. Man muss nicht immer gleich missionieren, sondern wir müssen die Menschen empfangen, wie sie sind, und abholen, wo sie stehen“, gab der Dechant zu bedenken. „Jeder Ort hat ein eigenes Charisma. Ich wurde vom Bischof nach Kevelaer geschickt, um Kevelaer zu dienen. Kevelaer ist europadimensioniert und hat einen internationalen Charakter. Ich bin hier mit Leib und Seele Pastor“.
Gregor Kauling erzählte von dem Treffen internationaler Wallfahrtsorte mit dem Papst vor wenigen Wochen. „Eure Heiligtümer sind das Immunsystem der Kirche“, gab der Papst den Verantwortlichen mit. „Sie schützen und sie schenken Widerstandskraft. Unsere Aufgabe in Kevelaer ist das Sichöffnen, Berührenlassen, Empfangen und Weitergeben“, so fügte Pastor Kauling den Papstworten noch an.
Die rege Diskussion ging noch über das Zölibat, über das Charisma von Laien und es kam auch zur Sprache, dass einige Ordensgemeinschaften oft nur kurz in Kevelaer waren. „Wichtig ist, dass der Pfarrer lange bleibt“, meinte ein Teilnehmer und bekam sofort den vollen Zuspruch der Versammlung.